Keine finanzielle Verbindung zum Gruppenmitglied während des gesamten Wirtschaftsjahres
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2025:RV.7101207.2024
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** und ***AB***, ***Ort2***, vertreten durch Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH, Renngasse 1 Tür Freyung, 1010 Wien, über die Beschwerde vom 29. Dezember 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe vom 22. September 2022 betreffend Gruppenfeststellungsbescheid 2021 zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Gruppenantrag
Mit Schreiben vom 20.12.2021 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe und übermittelte dem Finanzamt für Großbetriebe (belangte Behörde) die entsprechenden Formulare. Unter anderem wurde beantragt, die ***AB*** mit Wirksamkeit ab dem Veranlagungsjahr 2021 in die Gruppe einzubeziehen.
Hinsichtlich der finanziellen Verbindung des Gruppenträgers wurde im Formular G4 angegeben, dass die Gruppenträgerin (Beschwerdeführerin) mit der ***AB*** seit 1.10.2020 unmittelbar am Kapital zu 96,64% beteiligt sei. In einer ergänzenden Offenlegung wurde erläutert, dass die Beschwerdeführerin mit Kaufvertrag vom 1.10.2020 die Beteiligung erworben hatte, die Eintragung des Erwerbs im Firmenbuch jedoch erst im März 2021 erfolgte, weil eine grundverkehrsrechtliche Genehmigung abgewartet werden musste.
Ebenfalls am 1.10.2020 wurde von den (bisherigen) Gesellschaftern der ***AB*** eine unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht an den Erwerber erteilt.
Abweisungsbescheid
Mit Bescheid vom 22.9.2022 hat die belangte Behörde den Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe hinsichtlich der ***AB*** abgewiesen. In der Begründung ist ausgeführt, dass nach Ansicht der belangten Behörde durch die Stimmrechtsvollmacht dem Gruppenträger noch kein wirtschaftliches Eigentum an den Gesellschaftsanteilen der ***AB*** verschafft wurde. Die finanzielle Verbindung sei erst im März 2021 mit Erteilung der grundverkehrsrechtlichen Genehmigung hergestellt worden und habe demnach nicht das gesamte Wirtschaftsjahr bestanden.
Beschwerde
Mit Beschwerde vom 29.12.2022 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Abtretung der Gesellschaftsanteile nur unter der aufschiebenden Bedingung der grundverkehrsrechtlichen Genehmigung stand und dass die Verkäufer eine Vollmacht zur Ausübung der Gesellschaftsrechte erteilt haben. Darüber hinaus habe die Erwerberin (Beschwerdeführerin) der ***AB*** schon vor der grundverkehrsrechtlichen Genehmigung ein Darlehen gewährt, zu dessen Rückzahlung weder die ***AB*** noch die Verkäufer in der Lage waren. Wirtschaftliches Eigentum und eine ausreichend finanzielle Verbindung wären daher am 31.12.2020 vorgelegen. Darüber hinaus entspreche der Sachverhalt einer Entscheidung des deutschen Bundesfinanzhof.
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 24.10.2023 hat die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass es grundsätzlich möglich wäre, dass auch ein Nutzungsberechtigter, der nicht zivilrechtlicher Eigentümer der Gesellschaftsanteile ist, die finanzielle Verbindung vermittelt, sofern dieser Nutzungsberechtigte der wirtschaftliche Eigentümer ist. Mangels einer unbefristeten, vollumfänglichen Vollmacht erlangte die Beschwerdeführerin nach Ansicht der belangten Behörde jedoch kein wirtschaftliches Eigentum.
Zur vorgebrachten Entscheidung des deutschen Bundesfinanzhofs merkte die belangte Behörde an, dass die Sachverhalte nicht vergleichbar seien.
Vorlageantrag
Mit Schreiben vom 21.11.2023 beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Vorlagebericht
Mit dem Vorlagebericht vom 25.3.2024 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Beschluss
Mit Beschluss vom 22.10.2024 wandte sich das Bundesfinanzgericht an die Beschwerdeführerin und ersuchte um Vorlage des Abtretungsvertrages vom 15.3.2021 sowie der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung.
Mit Schreiben vom 8.11.2024 legte die Beschwerdeführerin beide Unterlagen vor. Daraus ist ersichtlich, dass am 18.2.2021 ein Notariatsakt grundverkehrsbehördlich genehmigt wurde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist eine im Firmenbuch eingetragene österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie hat Anteile an der ***AB*** erworben und den Antrag gestellt, ab dem Jahr 2021 eine Unternehmensgruppe zu bilden und die ***AB*** in die Gruppe einzubeziehen.
Am 1.10.2020 wurde ein Notariatsakt zum Kauf der Geschäftsanteile an der ***AB*** errichtet. Der diesem Notariatsakt als Privaturkunde angeschlossene Kaufvertrag enthält unter anderem folgende Bestimmunen:
- "§1
- Verkauf von Geschäftsanteilen; weitere Pflichten
(1) Der Verkäufer und die Mitverkäufer verkaufen an den dies annehmenden Käufer und die dies annehmenden Manager nach näherer Aufteilung nach § 8 die Geschäftsanteile nach V Abs. 2 und 3 mit Wirkung zum 1. Oktober 2020 (Stichtag).
(2) Die Abtretung der Kaufgegenstände (Closing) an die dort genannten Personen erfolgt am Stichtag nach näherer Maßgabe des § 8.
[…]
- §2
- Gegenleistung
(1) Der vom Käufer geschuldete Kaufpreis für die Geschäftsanteile nach V Abs. 2 und 3 beträgt 400.000 Euro. […]
(2) Dem Kaufpreis liegt der Jahresabschluss der GmbH zum 31. Dezember 2019 zugrunde (JA). Der Käufer wird unverzüglich nach dem Closing verbindlich dafür Sorge tragen, dass der Verkäufer von allen persönlichen Sicherheiten für Verbindlichkeiten der GmbH befreit wird. […]
- §6
- Wettbewerbsverbot
(3) Der Verkäufer sichert dem Käufer zu, dass er während der nächsten 5 Jahre nach dem Stichtag unmittelbar oder mittelbar mit dem Geschäftsbetrieb der GmbH in deren maßgeblichen Wettbewerbsgebiet nicht in Wettbewerb treten wird.
[…]
(4) Diesem Wettbewerbsverbot ist bei der Bemessung des Kaufpreises Rechnung getragen worden.
- §8
- Closing
(5) Das Closing erfolgt am Stichtag um 11 Uhr vor dem Notar Dr. ***Notar*** in den Geschäftsräumen des Käufers oder zu einem anderen zwischen den Parteien vereinbarten Zeit, Ort oder Notar. Der Verkäufer wird zum Closing eine BWA zum 31. August 2020 vorlegen.
(6) Beim Closing verpflichten sich die Vertragsparteien zum Abschluss eines Abtretungsvertrages in Notariatsaktsform gemäß beiliegendem Entwurf. Nach diesem
[…]
(7) Das Closing steht unter den aufschiebenden Bedingungen, dass
(a) Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nach dem burgenländischen Grundverkehrsgesetz vorliegt und
[…]"
Ebenfalls am 1.10.2020 haben die drei Gesellschafter der ***AB*** der Erwerberin (Beschwerdeführerin) eine bis 31.3.2021 unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht zur Vertretung in allen Generalversammlungen und bei Umlaufbeschlüssen erteilt. Diese Stimmrechtsvollmacht lautet:
"Stimmrechtsvollmacht
mit welcher wir, ***Ges1***, geboren am ***Ges1_Datum***, ***Ges1_Adr***, ***Ges2***, geboren am ***Ges2_Datum***, ***Ges2_Adr***, und die ***Ges3***, eingetragen im Unternehmensregister von ***australischer Bundesstaat*** unter ***Nr***, mit dem Sitz in ***australische Stadt*** und der Geschäftsanschrift ***Ges3_Adr***, - jeder für sich - hiermit die
***Bf1***, FN ***Nr***, ***Bf1-Adr***,
ermächtigen und bevollmächtigen uns als Gesellschafter der ***AB*** mit dem Sitz in ***Ort1*** und der Geschäftsanschrift ***Ort2***, eingetragen im Firmenbuch des Landesgericht ***Ort4*** unter der Firmenbuchnummer FN ***Nr*** (im Folgenden "Gesellschaft"), zu vertreten und in unserem Namen und mit Rechtswirksamkeit für uns das Stimmrecht in allen Generalversammlungen der Gesellschaft und im Rahmen von Umlaufbeschlüssen gemäß § 34 GmbHG zu allen Punkten der Tagesordnung auszuüben.
Die oben genannte Bevollmächtigte ist ermächtigt und bevollmächtigt, im Rahmen dieser Vollmacht Subvollmacht zu erteilen und unter Befreiung vom Verbot der Doppelvertretung und des Selbstkontrahierens auch andere Parteien zu vertreten.
Der für die ***Ges3*** Unterzeichnende erklärt ausdrücklich […].
Diese Vollmacht unterliegt österreichischem Recht. Diese Vollmacht ist bis 31.3.2021 unwiderruflich."
Im Jahresabschluss der Beschwerdeführerin zum 31.12.2020 ist eine Beteiligung an der ***AB*** nicht enthalten. Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung wurde am 18.2.2021 erteilt.
Am 15.3.2021 wurde ein weiterer Notariatsakt erstellt. Auf Grund des darin enthaltenen Abtretungsvertrages wird zunächst festgehalten, dass die abtretenden Personen "Gesellschafter der ***AB***" sind und ***Ges1***, ***Ges2*** und die ***Ges3*** Geschäftsanteile im Ausmaß von € 132.500 an die ***Bf1*** abtreten. Als Zeitpunkt des Übergangs der mit den Geschäftsanteilen verbundenen Rechte und Pflichten wurde der Zeitpunkt der Unterfertigung des Abtretungsvertrages vereinbart. Dieser Abtretungsvertrag entspricht nicht exakt dem Entwurf, auf den in der Vereinbarung vom 1.10.2020 verweisen wurde.
Die Eintragung des Anteilserwerbs im Firmenbuch erfolgte im März 2021 auf Grund eines Anbringens vom 15.3.2021. Die Beschwerdeführerin, die mehr als 94 % an der ***AB*** erwarb, ist eine österreichische Kapitalgesellschaft, deren Mehrheitsgesellschafterin eine in Deutschland ansässige Europäische Gesellschaft (SE) ist.
Im Dezember 2021 beantragte die Beschwerdeführerin die Feststellung einer Unternehmensgruppe, wobei die ***AB*** ab dem Veranlagungsjahr 2021 als Gruppenmitglied in die Unternehmensgruppe einbezogen werden sollte. Bilanzstichtag der Beschwerdeführerin sowie der ***AB*** war der 31.12. Im Jahresabschluss zum 31.12.2021 ist die Beteiligung an der ***AB*** (im Gegensatz zum Jahresabschluss zum 31.12.2020) ausgewiesen.
Die ***AB*** weist zum 31.12.2019 einen Bilanzverlust von ca € 2,9 Mio, Verbindlichkeiten von ca € 1 Mio und Kapitalrücklagen von ca € 3,7 Mio auf. Dem stand ein Sachanlagevermögen von € 685.699,08 sowie ein Umlaufvermögen von € 1,466 Mio gegenüber. Im Anlagevermögen sind Liegenschaften im Ausmaß von ca. 83.000 m², wobei ca 76.000 m² auf Weingärten entfallen, enthalten.
Strittig ist, ob das wirtschaftliche Eigentum an den Gesellschaftsanteilen bereits mit Abschluss des Kaufvertrages im Oktober 2020 auf die Beschwerdeführerin übergegangen ist und somit eine ausreichende finanzielle Verbindung während des gesamten Wirtschaftsjahres 2021 zur ***AB*** vorlag.
Beweiswürdigung
Aus dem Firmenbuch ist ersichtlich, dass die ***AB*** zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Eigentum von vier Gesellschaftern, zwei natürlichen Personen mit Wohnsitz in Österreich (beide selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer), einer natürlichen Person mit Wohnsitz in China und einer australischen Kapitalgesellschaft stand. Das Gesellschaftskapital betrug € 140.000. 97,5 % entfallen auf die Gesellschafter ***Ges1***, ***Ges2*** und ***Ges3***. Aus dem Firmenbuchauszug vom 31.3.2021, in dem darauf hingewiesen wurde, dass zuletzt am 25.3.2021 eine Eintragung erfolgte, geht hervor, dass auf die Beschwerdeführerin eine Stammeinlage in Höhe von € 132.500 entfällt, weil mit Kaufvertrag vom 1.10.2020 und Abtretungsvertrag vom 15.3.2021 der Gesellschafter ***Ges1*** nur einen Geschäftsanteil in Höhe von € 97.500 an die ***Bf1*** abgetreten hatte und einen Geschäftsanteil in Höhe von € 250 an ***Ges4*** und einen Geschäftsanteil in Höhe von € 3.750 an ***Ges5***. Die ***Bf1*** verfügte somit über einen Geschäftsanteil in Höhe von € 132.500. Dies entspricht einem prozentuellen Anteil von 94,64 % (diese Prozentsatz ist auch in der "Offenlegung des dem Gruppenantrag zugrunde liegenden Sachverhalts" genannt).
Die Feststellungen zum Kaufvertrag, der als Privaturkunde dem Notariatsakt vom 1.10.2020 angefügt ist, gründen sich auf die Einsichtnahme in diese Unterlagen.
Die Feststellung, dass die grundverkehrsbehördliche Genehmigung im ersten Quartal 2021 erteilt wurde, ergibt sich einerseits aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde ("Am 18. Februar 2021, also in die unkündbare Laufzeit der Vollmacht hinein, erfolgte die grundverkehrsrechtliche Genehmigung"); andererseits hat auch die belangte Behörde keinen gegenteiligen Sachverhalt behauptet. Auch im Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Güssing (Grundverkehrsbezirkskommission) vom 18.2.2021 ist ersichtlich, dass an diesem Tag eine Sitzung der Grundverkehrsbezirkskommission stattgefunden hatte und ein Notariatsakt genehmigt wurde.
Schließlich wird auch im Antrag vom 15.3.2021 an das Firmenbuchgericht, der in der Urkundensammlung des Firmenbuchs hinterlegt ist und in den Einsicht genommen wurde, zur Änderung des Gesellschafterstandes eine grundverkehrsrechtliche Genehmigung erwähnt (wenn auch in einem unvollständigen Satz).
Die Feststellung, dass am 1.10.2020 neben einem "Kaufvertrag" eine Stimmrechtsvollmacht für die Erwerberin abgegeben wurde, ist einerseits unstrittig und gründet sich andererseits in die Einsichtnahme in diese Urkunde, die dem Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe beigelegt wurde. Die Vollmacht wurde von jenen drei Gesellschaftern erteilt, die ihre Anteile veräußerten.
Für sämtliche Verkäufer (eine natürliche Person aus Österreich, eine natürliche Person aus China und die australische Kapitalgesellschaft) hat der ehemalige Mehrheitsgesellschafter ***Ges1*** diese Vollmacht unterschrieben. Bereits einen Tag zuvor, nämlich am 30.9.2020, haben die natürliche Person mit Wohnsitz in China und der Geschäftsführer der australischen Kapitalgesellschaft (eine andere Person mit Wohnsitz in China) der natürlichen Person aus Österreich eine Vollmacht erteilt (samt Beglaubigung des österreichischen Generalkonsulats in Shanghai), wonach der österreichische Verkäufer für die beiden anderen Verkäufer
a) den Unternehmenskaufvertrag abschließen darf,
b) die Gesellschaftsanteile auf Basis des Unternehmenskaufvertrages abtreten darf sowie
c) "bis zur Durchführung der Abtretungen der Gesellschaftsanteile im Firmenbuch das Stimmrecht in allen Generalversammlungen der Gesellschaft und im Rahmen von Umlaufbeschlüssen gemäß § 34 GmbHG zu allen Punkten einer Tagesordnung auszuüben" berechtigt ist. Die Einräumung einer Stimmrechtsvollmacht an die Erwerberin ist zumindest nicht ausdrücklich in den Vollmachten vom 30.9.2020 erwähnt. Allerdings war der österreichische Verkäufer mit 72,5% der Hauptgesellschafter der ***AB***.
Bereits im Notariatsakt bzw. dem Kaufvertrag ist festgehalten, dass die ***AB*** über Liegenschaftsbesitz verfügt. Insofern war allen Beteiligten klar, dass für die Übertragung der Gesellschaftsanteile eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung erforderlich war. Dies wurde auch im Kaufvertrag ausdrücklich festgehalten und als aufschiebende Bedingung formuliert. Das Burgenländische Grundverkehrsgesetz 2007 (Bgld GVG 2007; LGBl 79/2013 idF 83/2020) regelt unter anderem den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken. Auf Grund von Liegenschaftserwerben durch die ***AB*** in der Vergangenheit (zB Kaufvertrag aus dem Jahr 2014 über den Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen bzw. Weingärten) waren auch schon in der Vergangenheit grundverkehrsrechtliche Genehmigungen einzuholen, die auch stets erteilt wurden (siehe zB die am Kaufvertrag angebrachte grundverkehrsrechtliche Genehmigung vom 14.11.2014 - Tagebuchzahl ***TZ*** des BG **Ort5***).
Im Unterschied zu einzelnen Grundstückserwerben war auf Grund des Kaufvertrages vom Oktober 2020 eine Genehmigung über den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung erforderlich. Als "ausländische Staatsangehörige" definiert § 2 Abs 7 Bgld. GVG 2007 unter anderem juristische Personen mit Sitz im Inland, an denen mindestens zur Hälfte ausländische Staatsangehörige (entweder als natürliche oder juristische Personen) beteiligt sind. Allerdings enthält § 3 Bgld. GVG 2007 eine Bestimmung über die Gleichstellung der ausländischen Staatsangehörigen mit inländischen Staatsangehörigen auf Grund der Grundfreiheiten des Unionsrechts. Insofern war gem § 4 Abs 2 Z 1 Bgld. GVG 2007 für die Genehmigung maßgeblich, dass Grundstücke nicht der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden und dem öffentlichen Interesse zur Sicherung der landwirtschaftlichen Nutzung Rechnung getragen wird. Wenn sich ein Investor durch den Erwerb einer Kapitalbeteiligung an einer Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat die Möglichkeit schafft, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft auszuüben und ihre Geschäftstätigkeit zu kontrollieren, kann er sich auf die Niederlassungsfreiheit berufen, andernfalls er sich nur auf den freien Kapitalverkehr berufen kann (zB Enzinger in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 49 AEUV Rz 6). In weiterer Folge wurde die Genehmigung im Jahr 2021 auch tatsächlich erteilt.
Die Feststellung zum Bilanzstichtag der Beschwerdeführerin und des möglichen Gruppenmitglieds gründen sich auf die Angaben in den Anträgen auf Feststellung einer Unternehmensgruppe vom Dezember 2021 (Formulare G1 und G2). Darüber hinaus ist aus den historischen Firmenbuchdaten der Beschwerdeführerin ersichtlich, dass die Umstellung des Bilanzstichtages auf den 31.12. bereits im Jahr 1998 erfolgte.
In der Vereinbarung vom 1.10.2020 ist unter "§ 8 Closing" unter anderem festgehalten, dass sich die Vertragsparteien "zum Abschluss eines Abtretungsvertrages in Notariatsaktsform gemäß beiliegendem Entwurf" verpflichten. Dieser beiliegende Entwurf sah unter anderem vor, dass der Abtretungspreis durch die Beschwerdeführerin bereits vor Vertragsunterfertigung erfolgt. Im tatsächlich abgeschlossenen Abtretungsvertrag wird der Beschwerdeführerin eine Frist von sieben Tagen nach Vertragsunterfertigung eingeräumt. Insofern weicht der tatsächliche Abtretungsvertrag in der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises, somit eines wesentlichen Elements eines Kaufvertrages, vom vereinbarten Entwurf ab.
Die Feststellungen zum Abtretungsvertrag (in Notariatsaktsform) gründen sich auf die Einsichtnahme in dieses Dokument (ins. Punkt "Viertens: ÜBERGABSZEITPUNKT", in dem festgehalten ist, dass alle Rechte und Pflichten sowie Nutzen und Lasten auf die Übernehmer übergehen). Als Zeitpunkt des "Übergangs aller mit den vertragsgegenständlichen Geschäftsanteilen verbundenen Rechte und Verbindlichkeiten auf die Übernehmer" wurde sowohl im Entwurf, auf den in der Vereinbarung vom 1.10.2020 verwiesen wurde als auch im tatsächlich abgeschlossenen Abtretungsvertrag "der Zeitpunkt der Unterfertigung dieses Vertrages" (somit des Abtretungsvertrages) vereinbart.
Die Feststellung, dass die Beteiligung an der ***AB*** nicht im Jahresabschluss 2020 der Beschwerdeführerin enthalten ist, hingegen sehr wohl im Jahresabschluss 2021 gründet sich auf die Einsichtnahme dieser beiden - im Firmenbuch hinterlegten - Jahresabschlüsse.
Die Feststellungen zum Vermögen der ***AB*** zum Bilanzstichtag 31.12.2019 sind einerseits aus dem im Firmenbuch hinterlegten Jahresabschluss ersichtlich; darüber hinaus ist aus dem Grundbuch ersichtlich, dass die ***AB*** über Liegenschaftsvermögen verfügt (das ja Gegenstand der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung war).
Rechtslage
§ 9 KStG 1988 idF BGBl I 34/2015 lautet auszugsweise:
Unternehmensgruppen
§ 9. (1) Abweichend von § 7 können finanziell verbundene Körperschaften (Abs. 2 bis 5) nach Maßgabe des Abs. 8 eine Unternehmensgruppe bilden. Dabei wird das steuerlich maßgebende Ergebnis des jeweiligen Gruppenmitglieds (Abs. 6 und Abs. 7) dem steuerlich maßgebenden Ergebnis des beteiligten Gruppenmitglieds bzw. Gruppenträgers jenes Wirtschaftsjahres zugerechnet, in das der Bilanzstichtag des Wirtschaftsjahres des Gruppenmitgliedes fällt.
[…]
(4) Als finanziell verbundene Körperschaften gelten solche, bei denen
- die beteiligte Körperschaft unmittelbar mehr als 50% des Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals und der Stimmrechte der Beteiligungskörperschaft besitzt,
- die beteiligte Körperschaft mittelbar über eine Personengesellschaft oder zusammen mit einer unmittelbar gehaltenen Beteiligung in einem Ausmaß beteiligt ist, dass sie unter Berücksichtigung der an der Personengesellschaft bestehenden Beteiligungsquote mehr als 50% des Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals und der Stimmrechte der Beteiligungskörperschaft besitzt,
- die beteiligte Körperschaft mittelbar über eine oder mehrere unmittelbar gehaltene Beteiligung(en) an Gruppenmitgliedern, die für sich nicht im Sinne des ersten Teilstriches an der Beteiligungskörperschaft beteiligt sind, allein oder zusammen mit einer unmittelbar gehaltenen Beteiligung insgesamt eine Beteiligung von mehr als 50% des Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals und der Stimmrechte der Beteiligungskörperschaft besitzt,
- die Beteiligungsgemeinschaft insgesamt unmittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft mehr als 50% des Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals und der Stimmrechte an einer Beteiligungskörperschaft besitzt und zumindest ein Mitbeteiligter der Gemeinschaft eine Beteiligung am Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital und an den Stimmrechten von mindestens 40% der Beteiligungskörperschaft und jeder weitere Mitbeteiligte eine solche von mindestens 15% besitzt.
(5) Die finanzielle Verbindung im Sinne des Abs. 4 muss während des gesamten Wirtschaftsjahres des jeweiligen Gruppenmitgliedes vorliegen. Erfüllen im Falle einer Beteiligungsgemeinschaft die Mitbeteiligten die Voraussetzungen des Abs. 4 zu Beginn des Wirtschaftsjahres des jeweiligen Gruppenmitglieds, kann die Beteiligungsgemeinschaft bis zum Gruppenantrag gebildet werden. Steuerlich wirksame rückwirkende Anteilserwerbe und Anteilsübertragungen im Sinne der Abgabenvorschriften sind auch für die Frage der finanziellen Verbindung maßgebend.
Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe gelten nicht als Änderung der Voraussetzungen für Gruppenverhältnisse, sofern die Unternehmensgruppe weiterhin finanziell verbunden bleibt.
[…]
§ 24 BAO lautet:
4. Zurechnung.
§ 24. (1) Für die Zurechnung der Wirtschaftsgüter gelten bei der Erhebung von Abgaben, soweit in den Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist, folgende Vorschriften:
a) Wirtschaftsgüter, die zum Zweck der Sicherung übereignet worden sind, werden demjenigen zugerechnet, der die Sicherung einräumt.
b) Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen übereignet worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet.
c) Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen für einen Treugeber erworben worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet.
d) Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, werden diesem zugerechnet.
e) Wirtschaftsgüter, die mehreren Personen ungeteilt gehören, sind diesen so zuzurechnen, als wären sie nach Bruchteilen berechtigt. Die Höhe der Bruchteile ist nach den Anteilen zu bestimmen, zu denen die beteiligten Personen an dem Vermögen ungeteilt berechtigt sind, oder, wenn die Anteile nicht feststellbar sind, nach dem Verhältnis dessen, was den beteiligten Personen bei Auflösung der Gemeinschaft zufallen würde.
(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten auch für wirtschaftliche Einheiten im Sinn des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 9 Abs. 4 KStG 1988 ist materielle Voraussetzung für die Bildung einer Unternehmensgruppe die finanzielle Verbindung durch eine Beteiligung von mehr als 50% am Grund- bzw Stammkapital und an den Stimmrechten jener Körperschaft, die in die Gruppe einbezogen werden soll. Ein kapitalmäßiger Anteilsbesitz erfordert das wirtschaftliche Eigentum (§ 24 BAO) am Grund- bzw Stammkapital (Vgl KStR 2013 Rz 1033; Knotzer/Pinetz in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer, KStG3 (2022), § 9, Rz 78; Knechtl/Mitterlehner, SWK-Spezial Die Körperschaftsteuererklärung 2023, 87).
Das wirtschaftliche Eigentum ist (wie im Übrigen auch das zivilrechtliche Eigentum) dann übergegangen, wenn nicht nur das Verpflichtungsgeschäft abgeschlossen, sondern auch das Verfügungsgeschäft durchgeführt wurde (zB Urtz in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 9 Tz 408). Erfolgt die Anschaffung unter einer aufschiebenden Bedingung, liegt eine "Anschaffung" erst mit dem Eintritt dieser Bedingung vor (Urtz in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 9 Tz 410; Bernwieser/Fichtinger in Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Der Konzern im Gesellschafts- und Steuerrecht (2021), 147).
Wirtschaftlicher Eigentümer ist, wer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist und zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, d.h. auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen kann (VwGH vom 28.11.2002, 2001/13/0257 mwN). Der wirtschaftliche Eigentümer muss nicht nur in der Lage sein, eine mit einer Veräußerung oder Verpfändung des Anteils vergleichbare wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Anteil zu haben, sondern ihm muss auch die Stimmrechtsausübung und der Bezug allfälliger Früchte zustehen (Plansky/Stefaner/Weninger, SWK 2004, 993). Wirtschaftliches Eigentum an einer Sache setzt gemäß § 24 Abs. 1 lit d BAO voraus, dass der wirtschaftliche Eigentümer die Herrschaft über die Sache gleich einem Eigentümer ausübt.
Wirtschaftlicher Eigentümer ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum fallen jedoch auseinander, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, wie insbesondere Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung und Veräußerung, auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, geltend machen kann. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des jeweiligen Falles festzustellen (VwGH vom 19.10.2016, Ra 2014/15/0039).
Gemäß § 696 iVm § 897 ABGB ist eine vertragliche Bedingung ein ungewisses Ereignis, von dem ein Recht abhängig gemacht wird. Sie ist aufschiebend, wenn das zugedachte Recht erst nach ihrer Erfüllung wirksam wird. Aufschiebend bedingte Rechte entstehen mit dem Eintritt der Bedingung oder des Termins; bis dahin besteht bloß eine Anwartschaft auf die künftige Erwerbung des Rechts. Auch bei einem aufschiebend bedingten Vertrag treten seine Wirkungen erst ein, wenn die Bedingung verwirklicht ist.
Der Kaufvertrag zwischen der Beschwerdeführerin und den ehemaligen Gesellschaftern stand nach dem klaren Wortlaut unter der aufschiebenden Bedingung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung durch die zuständige Grundverkehrsbehörde. Dabei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine Suspensivbedingung (zB OGH 16.2.2022, 7Ob114/21x). Der aufschiebend bedingt geschlossene Vertrag wird zivilrechtlich durch den Bedingungseintritt wirksam; bis zu diesem Zeitpunkt befindet er sich in einem Schwebezustand (zB OGH 2.9.2015, 7Ob13/15k). Somit sind auch die Wirkungen aus dem Verpflichtungsgeschäft erst im Februar 2021 eingetreten.
Auch die Geschäftsanteile einer GmbH werden mit Abschluss eines Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäftes übertragen, wobei im Jahr 2020 zwingend die Notariatsaktsform vorgesehen war (vgl Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 § 76 Rz34). Wird die Formpflicht nicht eingehalten (oder ist die Notariatsaktsform fehlerhaft), hat dies die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung zur Folge (zB Zollner in U. Torggler, GmbHG § 76 Rz23). Der Begriff "Modus" bezeichnet die "in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zum Zwecke der Begründung einer sachenrechtlichen Rechtsposition vollzogene willentliche Besitzübertragung", wobei vom Modus die Formvorschriften zu unterscheiden sind (Warto, ÖJZ 2012/45).
Sachenrechtlich ist der GmbH - Geschäftsanteil nach hA als eine bewegliche, nicht körperliche Sache einzuordnen (vgl OGH 9.7.1997, 3 Ob 188/97m; Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 § 75 Rz 7). Voraussetzung für eine Veräußerung einer Sache mit Eigentumsverschaffung wäre nach dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz "nemo plus iuris transferre potest, quam ipse habet" nämlich, dass dem Veräußerer selbst das Alleineigentum daran zukam (vgl zB OGH 21.3.2018, 3Ob40/18f). Im Falle einer Verpfändung ist es notwendig, dass der Pfandbesteller Eigentümer der Pfandsache ist oder vom Eigentümer zur Verpfändung ermächtigt wurde oder die Voraussetzungen für einen gutgläubigen Pfandrechtserwerb gegeben sind. An einem Recht das nicht übertragbar ist, kann auch kein vertragliches Pfandrecht bestellt werden kann (vgl Umfaher, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (2008) Rz 743). Es kann nicht unterstellt werden, dass die Käufer vor zivilrechtlichem Eigentumserwerb die zu erwerbenden Anteile bereits etwa verpfänden oder weiterveräußern hätten können (vgl. in diesem Sinne auch VwGH 9.5.1989, 89/14/0033, wonach die Option auf den Erwerb des Geschäftsanteiles an einer GmbH für sich alleine kein wirtschaftliches Eigentum an diesem Anteil verschafft).
Nicht schon der Notariatsakt an sich ist das Verfügungsgeschäft, sondern erst die darin enthaltene Erklärung der Vertragspartner, mit der Unterfertigung dieser Vertragsurkunde die Übertragung zu vollziehen, macht diesen Vertrag auch zum Verfügungsgeschäft (Feltl, GmbHG § 76 E 7). Ohne Eintritt aller aufschiebenden Bedingungen gibt es keinen Übergang des Geschäftsanteils (Frenzel, GesRZ 2017, 24). Die Erklärung, die Geschäftsanteile übertragen zu wollen, findet sich erst im Notariatsakt vom 15.3.2021, wobei ja bereits im Kaufvertrag darauf hingewiesen wurde, dass ein solcher Notariatsakt abzuschließen ist.
Die Firmenbucheintragung ist für die Wirksamkeit der Übertragung nicht erforderlich (deklarativer Charakter - zB OGH 17.2.2005, 6 Ob 205/04x). Nach § 78 Abs 1 GmbHG gilt im Verhältnis zur Gesellschaft jedoch nur derjenige als Gesellschafter, der im Firmenbuch als solcher aufscheint. Vor der Eintragung hat der Neugesellschafter grundsätzlich keine Rechte aus der Gesellschafterstellung (zB Teilnahme- und Stimmrecht - OGH 28.2.2018, 6 Ob 167/17b). Solange die Stellung als Gesellschafter im Firmenbuch nicht aufscheint, kann die Gesellschaft dem Erwerber des Geschäftsanteils die Ausübung der Gesellschafterrechte verweigern (Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 §78 Rz 4).
Der wirtschaftliche Eigentümer muss auf Grund eines Rechtsanspruches auf den Besitz der Sache in der Lage sein, mit dieser Sache wie ein Eigentümer "zu schalten und zu walten" (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 24 E 49). Bei Erwerb einer Beteiligung ist für den Anschaffungszeitpunkt nicht das signing (Verpflichtungsgeschäft), sondern das closing (Verfügungsgeschäft) entscheidend. Erst zu diesem Zeitpunkt erlangt der Erwerber nicht nur die rechtliche, sondern auch die faktische Verfügungsmöglichkeit über die Beteiligung (Vgl Lachmayer, RdW 2014/245 [230]; Atzmüller/Wiesner/Zangerl-Reiter in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 6 Anm 26).
Obwohl im Kaufvertrag (Beilage als Privaturkunde zum Notariatsakt vom 1.10.2020) festgehalten wurde, dass die Abtretung der Geschäftsanteile ebenfalls am 1.10.2020 - unter der aufschiebenden Bedingung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung - erfolgen soll, ist im Notariatsakt vom 15.3.2021, mit dem ein "Abtretungsvertrag" abgeschlossen wurde (nachdem die Genehmigung hinsichtlich des Kaufvertrages vom Oktober 2020 erteilt wurde) festgehalten, dass die Verkäufer - noch am 15.3.2021 - Gesellschafter der ***AB*** sind und die Übergabe der Gesellschaftsanteile erst mit dem Notariatsakt vom 15.3.2021 erfolgen soll.
Im Abtretungsvertrag ist auch ausdrücklich vereinbart, dass der Zeitpunkt des Übergangs aller Rechte und Verbindlichkeiten, die mit den zu veräußernden Geschäftsanteilen verbunden sind, der Zeitpunkt der Unterfertigung des Abtretungsvertrages anzusehen ist. Erst in diesem Zeitpunkt - so war es zwischen den Parteien vereinbart - gehen Rechte und Pflichten sowie Nutzen und Lasten auf die Übernehmer über. Damit kann auch erst in diesem Zeitpunkt das wirtschaftliche Eigentum übergehen (vgl bspw Bertl/Hirschler, RWZ 2015/23).
Für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums ist insbesondere (aber nicht ausschließlich) von Bedeutung, wer die Substanzverwertungsmöglichkeiten und Chance von Wertsteigerungen und das Risiko von Wertminderungen trägt (VwGH 25.1.2017, Ra 2014/13/0029; VwGH 13.9.2018, Ra 2018/15/0055); zusätzlich sind noch der Übergang des Gewinnbezugsrechts sowie die Ausübung der Stimmrechte relevant (vgl Hasanovic, Der Zeitpunkt der Veräußerung von Beteiligungen, in Lang et al (Hrsg), Aktuelle Fragen des Unternehmenskaufs (2016), 79 ff)
Der Umstand, dass ein Wirtschaftsgut zu einem späteren Zeitpunkt übertragen werden soll (in Zukunft ein Abtretungsvertrag abgeschlossen werden soll), führt nicht zum Auseinanderfallen von wirtschaftlichem und zivilrechtlichem Eigentum (VwGH 26.7.2005, 2002/14/0009).
Die Vollmacht vom 1.10.2020, mit welcher die Veräußerer die Beschwerdeführerin bevollmächtigen, ist eine reine "Stimmrechtsvollmacht". Damit erlangte die Beschwerdeführerin (unwiderruflich) das Recht, die Veräußerer in allen Generalversammlungen und im Rahmen von Umlaufbeschlüssen zu vertreten und deren Stimmrecht auszuüben. Die Vollmacht bezieht sich somit auf die Gesellschafterrechte als Ausfluss aus der Gesellschafterstellung (der Zurechnung des Geschäftsanteils) und wies eine Befristung auf. Die Vollmacht bezieht sich jedoch nicht auf den Geschäftsanteil selbst. Auf Grund dieser Vollmacht konnte die Beschwerdeführerin die Anteile, deren zivilrechtliche Eigentümerin sie mangels Verfügungsgeschäfts noch nicht war, zB nicht verpfänden. Auch enthält die Vollmacht nicht das Recht, eine allfällige Gewinnausschüttung zu vereinnahmen. Eine unbeschränkte, unbefristete und unwiderrufliche Vollmacht (vgl VwGH 8.7.2009, 2006/15/0264) liegt gerade nicht vor. Auch konnte die Beschwerdeführerin (als potentielle Erwerberin) auf Grund dieser Vollmacht nicht den Ausschluss der Einwirkung der verkaufenden Gesellschafter auf die Geschäftsanteile geltend machen. Verwaltungs- und Nutzungsrechte rechtfertigen nicht, die Sache dem Berechtigten zuzuordnen (VwGH 25.6.2014, 2010/13/0105).
Zur Frage der Chance von Wertsteigerungen und dem Risiko von Wertminderungen ist anzuführen, dass aus dem Kaufvertag vom 1.10.2020 ersichtlich ist, dass der Kaufpreis von € 400.000 nicht von einem bestimmten Nettovermögen der GmbH oder ihrem Eigenkapital abhängt und dem Käufer bekannt ist, dass Geschäftsbetrieb der ***AB*** deutlich defizitär ist. Aus dem Kaufvertrag vom 1.10.2020 geht jedoch auch hervor, dass bei der Bemessung des Kaufpreises dem fünfjährigen Wettbewerbsverbot für den Verkäufer (***Ges1***) Rechnung getragen wurde. Da die Beschwerdeführerin als Erwerberin ausdrücklich auf die defizitäre Lage der ***AB*** hingewiesen wurde und sie dennoch bereit war, einen Kaufpreis von € 400.000 (ohne Wertsicherung) zu bezahlen, der erst nach Eintritt der aufschiebenden Bedingung fällig wurde (wobei niemand wusste, wann oder ob diese eintritt) und für die Preisfindung andere Faktoren eine gewichtige Rolle spielten, ist zum 1.10.2020 von keiner nennenswerten Chance von Wertsteigerungen oder eines nennenswerten Risikos von Wertminderungen auszugehen.
Zur Frage des Übergangs eine Gewinnbezugsrechts findet sich erst im Abtretungsvertrag vom 15.3.2021 die Passage, dass die Verkäufer am Ergebnis jener Geschäftsjahre, deren Abschluss noch nicht festgestellt wurde, nicht mehr teilnehmen. In diesem Zusammenhang ist jedoch auf den Bilanzverlust zu verweisen sowie auf den Hinweis der Verkäufer auf die defizitäre Geschäftsführung. In der Stimmrechtsvollmacht ist keine Aussage zum Gewinnbezugsrecht enthalten, obwohl die Kapitalrücklage zum 31.12.2020 in Höhe von € 3.991.982,11 den Bilanzverlust von € 2.900.602,68 überstieg (und dies auch schon zum 31.12.2019), zumal gem § 229 Abs 7 UGB die Auflösung von gebundenen Rücklagen zum Ausgleich eines ansonsten auszuweisenden Bilanzverlustes möglich ist.
Anschaffungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Lieferung (Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums), also die Erlangung der betrieblichen Nutzungsmöglichkeit im Sinne der faktischen Verfügungsmöglichkeit über das Wirtschaftsgut (VwGH 25.2.1997, 97/14/0006).
Gemäß § 196 Abs 1 UGB hat der Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände zu enthalten. Das Prinzip der Bilanzwahrheit gilt bei Kapitalgesellschaften auch für den Anhang, der nicht durch das Nichtaufnehmen einzelner Vermögensgegenstände bei den geforderten Erläuterungen (zB im Beteiligungsspiegel des § 238 Abs 1 Z 4 UGB) verkürzt werden darf (Ch. Nowotny in Straube/Ratka/Rauter, UGB II/RLG3 § 196 Rz 2).
Für die Aktivierung eines Vermögensgegenstandes gem § 203 Abs 1 UGB ist ein bestimmter Anschaffungszeitpunkt, nämlich der Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht, maßgeblich (Urnik/Urtz/Fellinger/Niedermoser in Straube/Ratka/Rauter, UGB II/RLG3 § 203 Rz 11). Das ist dann der Fall, wenn Besitz, die Möglichkeit der Nutzung sowie das Risiko auf den Erwerber übergegangen sind (Konezny in U. Torggler, UGB3 § 203 Rz 7 mit Verweis auf Schubert/Gadek in Beck BilK11 § 255 Rz 31; Schubert/Hutzler in Beck BilK14 § 255 Rz 20). Zu diesem Zeitpunkt wechselt bilanziell die Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstandes. Er scheidet aus dem Vermögen des Veräußerers aus und geht in das Vermögen des Erwerbers über.
Für rechnungslegungspflichtige Gewerbetreibende (§ 5-Gewinnermittler; vgl § 7 Abs 3 KStG) sind die unternehmensrechtlichen Bewertungsgrundsätze maßgebend, soweit nicht zwingende steuerliche Regeln dem entgegenstehen (Atzmüller/Wiesner/Zangerl-Reiter in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 6 Anm 51).
Aus dem Jahresabschluss 2020 der Beschwerdeführerin vom 29.9.2022 (samt Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers vom 5.10.2022) ist nicht ersichtlich, dass die Beteiligung an der ***AB*** enthalten wäre. Hingegen geht aus dem Jahresabschluss 2021 der Beschwerdeführerin hervor, dass im Jahr 2021 eine Aufnahme in die Bilanz (und den Anhang) erfolgte; aus den Anhangangaben ist auch ersichtlich, dass der Vermögensgegenstand (die Beteiligung an der ***AB***) im Jahr 2020 nicht im Jahresabschluss enthalten war. Sowohl der Jahresabschluss 2020 als auch der Jahresabschluss 2021 tragen einen Bestätigungsvermerk einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, aus dem hervorgeht, dass die Jahresabschlüsse den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
Damit ist von einer (subjektiven) Richtigkeit der Jahresabschlüsse auszugehen und die Beschwerdeführerin war im Ergebnis im Jahr 2020 (zum Bilanzstichtag 31.12.2020) selbst nicht der Ansicht, dass ihr die Beteiligung an der ***AB*** bereits zuzurechnen wäre.
In Betrachtung der Gesamtumstände ist davon auszugehen, dass das wirtschaftliche Eigentum an den Gesellschaftsanteilen noch nicht mit Abschluss des Notariatsaktes vom 1.10.2020 übergegangen ist, sondern erst mit Abschluss des notariellen Abtretungsvertrages vom 15.3.2021.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Gemäß § 9 Abs 8 KStG 1988 hat das für die Erhebung der Körperschaftsteuer des Antragstellers zuständige Finanzamt das Vorliegen der Voraussetzungen für das Bestehen der Unternehmensgruppe gegenüber allen den Antrag unterfertigten Körperschaften bescheidmäßig festzustellen. Auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts hat einheitlich an die betroffenen Gesellschaften (Gruppenträger und Gruppenmitglieder) zu ergehen (VwGH 1.3.2023, Ro 2022/13/0015).
Revisionszulassung
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Entscheidung hing im Wesentlichen von der Würdigung der Umstände des Einzelfalles ab.
Wien, am 4. April 2025
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 24 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | VwGH 01.03.2023, Ro 2022/13/0015 |
