Kosten im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastung
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101168.2019
Beachte:
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0047. Mit Erk. v. 22.06.2022 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss v. 19.9.2022 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Stb, über die Beschwerden gegen die Bescheide der belangten Behörde FA betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2012 und 2013, zu Recht erkannt:
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Arbeitnehmerveranlagung 2012
Der Beschwerdeführer (Bf.) machte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahre 2012 u.a. folgende Aufwendungen steuerlich geltend:
a) Werbungskosten:
- € 1.600,00 für Coaching
b) außergewöhnliche Belastungen
- € 2.956,65 an Krankheitskosten (davon entfielen € 2.730,00 auf Heilmassagen und € 226,65 auf Medikamentenkosten) sowie
- € 10.640,00 an Rechtsanwaltskosten (Honorarnoten vom 9.5. und 6.11.2012) im Zusammenhang mit einem von seiner Ehefrau gegen ihn angestrengten Scheidungsprozess
Im Einkommensteuerbescheid vom 28.10.2016 hat das Finanzamt den Coachingkosten unter Hinweis auf das in § 20 EStG normierte Aufteilungsverbot und die fehlende berufsspezifische Bedingtheit die Abzugsfähigkeit versagt.
Die Krankheitskosten wurden zwar in der beantragten Höhe von € 2.956,65 angesetzt, fielen allerdings unter den iHv € 7.769,47 errechneten Selbstbehalt und blieben demzufolge unberücksichtigt. Die Rechtsanwaltskosten wurden mit folgender Begründung nicht anerkannt: "Die beantragten Ausgaben für die Scheidungsklage stellen keine absetzfähige Ausgaben im Sinne des § 34 EStG dar."
Die gegen den Einkommensteuerbescheid vom 28.10.2016 eingebrachte Beschwerde richtet sich gegen die Nichtanerkennung der Coachingkosten als Werbungskosten und die Nichtanerkennung der Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastung.
Zu den Werbungskosten betonte der Bf. die berufliche Veranlassung aufgrund der Umstrukturierungsmaßnahmen seines Arbeitgebers.
Zu den Rechtsanwaltskosten wurde eingewendet, dass die kursorische Begründung in dieser generellen Form weder durch Gesetz noch Judikatur gedeckt sei. Der Bf. habe in der Beantwortung des Ergänzungsauftrages vom 28.7.2016 bereits erläutert, dass die Anwaltskosten durch eine unberechtigte Scheidungsklage seiner Ehefrau entstanden seien und dazu auf das Erkenntnis des VwGH vom 25.9.2012, 2008/13/0216 verwiesen. In diesem Erkenntnis werde grundsätzlich ausgesprochen, dass auch im Fall von letztendlich einvernehmlichen Ehescheidungen, wenn die daraus entstandene Belastung "zwangsläufig erwachsen" sei, diese als außergewöhnlich anzuerkennen sei.
Zur näheren Begründung der Beschwerde folgte eine Beschreibung der Umstände und zeitlichen Abläufe:
- Mit Schreiben vom 9.11.1011 habe der Anwalt der Ehegattin dem Bf. mitgeteilt, dass sich diese scheiden lassen möchte und er mit der Durchführung der Ehescheidung beauftragt sei (Beilage 2).
- Mit Schreiben vom 15.11.2011 habe der Bf. dargetan, dass er eine Scheidung weder anstrebe, noch Gründe für eine solche gesetzt habe und die Klägerin ihre Vorstellungen zusammen schreiben möge (Beilage 3).
- Im Schreiben seines Anwaltes vom 9.5.2012 (Beilage 4) werde nochmals dargelegt, dass der Bf. keinerlei Eheverfehlungen begangen habe, eine Scheidung nicht wolle und dem Scheidungsbegehren auch zu widersprechen berechtigt sei, aber mit Rücksicht auf die gemeinsame Tochter und zur Vermeidung unnötiger Kosten sich Gesprächen über eine einvernehmliche Scheidung nicht verschließe.
- Im Schreiben seines Anwaltes vom 25.5.2012 (Beilage 5) werde nochmals auf die vergeblichen Versuche des Bf. hingewiesen, an der Erhaltung der Ehe zu arbeiten, diese scheiterten aber an der ständigen Ablehnung der Klägerin auf dazu dienliche Vorschläge einzugehen.
- Am 5.7.2012 sei von der Ehegattin des Bf. eine Scheidungsklage beim BG A. eingebracht und beantragt worden, die Scheidung aus alleinigem Verschulden des Beklagten vorzunehmen, der auch die Kosten des Verfahrens zu tragen habe (Beilage 6).
- In der Folge sei es zu 5 Verhandlungen bei Gericht gekommen, bei welchen von der Klägerin immer wieder 36 Protokollseiten füllende haltlose Beschuldigungen vorgebracht worden seien, die vom Bf. bestritten und widerlegt worden seien. Erst die Ankündigung der Vorlage eines Detektivberichtes, der den ehewidrigen Umgang der Klägerin mit einem Bekannten beweise und der Antrag des Beklagtenvertreters, diesen Bekannten und andere Personen als Zeugen zu laden, habe schließlich ein Einlenken der Klägerin bewirkt, deren Vertreter nun einen Scheidungsvergleich vorgeschlagen habe (Beilage 7).
Der Bf. habe in Anbetracht des Vergleichsinhaltes (der Vorwurf seines Verschuldens an der Ehezerrüttung sei nun vom Tisch gewesen), und um weiteren ungewollten Streit hintanzuhalten, einer einvernehmlichen Scheidung auf Basis dieses Vergleiches zugestimmt.
- Mit Beschluss vom 5.3.2014 des BG A. (Beilage 8) sei die Ehe schließlich rechtsgültig geschieden worden.
Zur Beurteilung, ob die Prozesskosten zwangsläufig im Sinne des Gesetzes und der Judikatur entstanden seien, sei entsprechend den vorgelegten Unterlagen zu bedenken:
a) Die Klage auf Ehescheidung wurde von der Ehegattin eingebracht und dem Bf. somit aufgezwungen.
b) Die vom Bf. vorgeschlagene Mediation zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung sei von der Klägerin nach kurzer Zeit ohne Begründung abgebrochen worden.
c) Versuche der Rechtsanwälte der Klägerin vom rechtlich unhaltbaren streitorientierten Handeln abzuraten seien von dieser mit dem viermaligen Wechsel ihres Rechtsvertreters beantwortet worden, was dem Bf. die Beendigung des Gerichtsverfahrens ebenso verunmöglicht habe.
d) Die umfangreich vorgebrachten Begründungen und Erklärungen zur Klage hätten sich zum größten Teil als haltlos oder zumindest weit überzogen erwiesen. Der Bf. sei gezwungen gewesen, sich dagegen zu wehren, insbesondere um die väterliche Obsorge zu gewährleisten.
e) Die Vorstellungen der Klägerin zur Aufteilung des Vermögens seien absurd weit von den rechtlichen Grundlagen entfernt gewesen. Ein Nachgeben in dieser Hinsicht hätte existenzbedrohende finanzielle Konsequenzen zur Folge gehabt (Verlust sämtlicher vorehelicher Ersparnisse, Totalausfall hoher Darlehen die der Bf. der Klägerin zur Unternehmensgründung überlassen habe).
f) Die von der Klägerin im Rahmen der Trennung am Bf. betriebene Rufschädigung habe gedroht zum beruflichen Risiko zu werden.
g) Auch die von der Klägerin in diesem Zusammenhang beantragte Erhöhung der monatlichen Unterhaltsleistungen für die gemeinsame Tochter sei erst nach Gegenwehr des Bf. zurückgezogen und auf jenen Betrag festgesetzt worden, den der Bf. schon bisher trotz umfangreicher Kinderbetreuung freiwillig bezahlt hätte.
Zusammenfassend ergebe sich daraus, dass dem Bf. die angelaufenen Prozesskosten aufgezwungen worden seien und er der Klage im weiteren Verfahren nicht leichtfertig oder mutwillig entgegengetreten sei. Der mit der Klage zusammenhängenden Belastung habe er sich aus tatsächlichen, rechtlichen und sittlichen Gründen nicht entziehen können. Sie sei daher zwangsläufig erwachsen und würde die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 EStG erfüllen. Auf die dazu ergangene Rechtsprechung, VwGH 25.9.2012, 2008/13/0241 und VwGH 18.9.2013, 2011/13/0029, werde ergänzend verwiesen.
Die Voraussetzungen zur Anerkennung der Ausgaben als außergewöhnliche Belastung seien daher erfüllt und es werde um deren Berücksichtigung wie erklärt ersucht.
Im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom 14. Februar 2017 änderte das Finanzamt den angefochtenen Einkommensteuerbescheid zu Ungunsten des Bf. ab, indem die bisher festgesetzte Gutschrift von € 803,00 auf € 753,00 vermindert wurde (abweichend vom Erstbescheid blieben bei den außergewöhnlichen Belastungen als Krankheitskosten iHv € 2.730,00 geltend gemachte Massagekosten und bei den Werbungskosten - abgesehen von den Coachingkosten - auch Bewirtungskosten iHv € 100,80 steuerlich unberücksichtigt). Zu den Kosten im Zusammenhang mit der Ehescheidung hielt das Finanzamt Folgendes fest:
"Eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 liegt dann vor, wenn die Ausgaben außergewöhnlich und zwangsläufig erwachsen sind und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
Gem. § 34 Abs 3 EStG 1988 ist eine Belastung dann zwangläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Nach der Rechtsprechung ist die Zwangsläufigkeit einer Ausgabe grundsätzlich stets dann zu verneinen, wenn die Ausgabe auf Tatsachen zurückgeht, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden oder sonst die Folge eines Verhaltens ist, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat. (vgl. VwGH 19.3.1998, 95/15/0024)
Bezüglich der Kosten im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren spricht sich die Judikatur eindeutig dann gegen das Vorliegen der Zwangsläufigkeit aus, wenn die Prozessführung lediglich eine direkte oder indirekte Verhaltensfolge darstellt. Es ist auch nicht ausschlaggebend, welcher Ehepartner die Scheidungsklage am Gericht einbringt, wenn durch den Abschluss des Verfahrens mittels Vergleich sämtliche Ansprüche aus dem ehelichen Verhältnis bereinigt werden.
Im gegenständlichen Fall hat Ihre Gattin im Jahr 2011 einen Rechtsbeistand mit der Durchführung der Ehescheidung beauftragt und hierbei eine einvernehmliche Scheidung angestrebt.
Laut den vorgelegten Unterlagen wurden bis zum tatsächlichen Einreichen der Scheidungsklage am 5.7.2012 mehrere Gespräche bzw. Schriftverkehr zwischen den Eheleuten (beide rechtsfreundlich vertreten) geführt, jedoch ist aus keiner der Unterlagen eindeutig erkennbar, wen in welchem Ausmaß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft. Da somit nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte, dass Ihnen die Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren zwangsläufig erwachsen sind, können die beantragten Ausgaben der letztendlich einvernehmlichen Scheidung gern. § 55a EheG (Beschluss vom Bezirksgericht A. vom 5.3.2014 GZ 2**) nicht als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 anerkannt werden."
Im Vorlageantrag wiederholte der Bf. unter neuerlichem Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 25.9.2012, 2008/13/0216, im Wesentlichen sein bisheriges Beschwerdevorbringen und legte zum Beweis weitere Unterlagen vor (zB Schriftverkehr der Rechtsanwälte, Detektivbericht etc.). Zusammenfassend hielt der Bf. mit Hinweis auf die von ihm vorgelegten Unterlagen den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung im Wesentlichen entgegen:
- er habe die gerichtliche Auseinandersetzung nicht freiwillig eingegangen, sondern sei von der Klägerin in diese gezwungen worden, es sei ihm nicht möglich gewesen, sich dieser zu entziehen;
- bis kurz vor der einvernehmlichen Scheidung hätten keine Handlungsalternativen bestanden;
- das Risiko des Rechtsstreites sei gering, die Klage auf schuldige Scheidung unberechtigt gewesen;
- er habe von Anfang an eine einvernehmliche Scheidung angestrebt;
- das Verhalten der Exfrau habe eine frühere einvernehmliche Scheidung unmöglich gemacht.
Im Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht hat das Finanzamt in der Rubrik "Sachverhalt und Anträge" ausgeführt:
"Sachverhalt: Strittig sind die Kosten im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren des Bf. Es wurde ein Gesamtbetrag in Höhe von 10.640,00 € an Kosten für Anwalt, Observation und Mediation als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht. Die Ehe wurde laut Beschluss vom Bezirksgericht A. vom 5.3.2014 GZ 2** gem. § 55a EheG einvernehmlich geschieden
Beweismittel: Scheidungsverlauf Observationsbericht Vorhaltsbeantwortungen (Belege, Schriftverkehr)
Stellungnahme: Mangels Zwangsläufigkeit wurden die Kosten im Zusammenhang mit der Scheidung des Bf. nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen konnte das Ausmaß des Verschuldens an der Zerrüttung der Ehe nicht erkannt werden. Der Rechtsvertreter verweist in seiner Vorlage auf das Erkenntnis des VwGH vom 25.9.2012, 2008/13/0216 und führt im Vorlageantrag an, dass der Bf nicht freiwillig das Risiko eines nicht eindeutig erfolgversprechenden Rechtsstreites eingegangen ist, anstatt von vornherein eine einvernehmliche Scheidung anzustreben. Der Bf gibt an, dass er von der Exehegattin in die gerichtlichen Auseinandersetzungen gezwungen wurde und er sich gegen die haltlosen Anschuldigungen wehren musste, um die väterliche Obsorge zu gewährleisten und eine Rufschädigung im beruflichen Umfeld abzuwehren."
2. Arbeitnehmerveranlagung 2013
In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahre 2013 machte der Bf. u.a. Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren iHv € 9.400 steuerlich geltend, welche vom Finanzamt mit dem Hinweis auf das anhängige Verfahren betreffend das Jahr 2012 nicht anerkannt wurde.
Das BFG hat in den Akt des BG A. GZ 2** Einsicht genommen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Im Vorlageantrag bekämpft der Bf. ausschließlich die Nichtanerkennung der Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastung. Zu den weiteren in der Beschwerdevorentscheidung angeführten Punkten (Werbungskosten, Massagekosten) wurde kein Vorbringen erstattet. Das BFG geht daher davon aus, dass diese Punkte vom Bf. nicht weiter in Streit gezogen werden.
Auf Grundlage des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens, der aktenkundigen Unterlagen sowie nach Einsichtnahme in den Akt des BG A. betreffend das Scheidungsverfahren (GZ 2**) stellt das Bundesfinanzgericht folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
- In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahre 2012 machte der Bf. u.a. außergewöhnliche Belastungen iHv € 10.640,00 an Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit dem von seiner Ehefrau gegen ihn angestrengten Scheidungsprozess geltend. Strittig ist, ob ihm diese zwangsläufig im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwachsen sind. Das Finanzamt hat die Zwangsläufigkeit mit der Begründung verneint, es sei "aus keiner der vorgelegten Unterlagen eindeutig erkennbar, wen in welchem Ausmaß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft…"
- Im November 2011 wurde der Bf. durch den Anwalt seiner Gattin davon in Kenntnis gesetzt, dass sich diese entschlossen habe, die Ehe scheiden zu lassen, wobei die Möglichkeiten der Herbeiführung einer einverständlichen Lösung sondiert werden sollten (Schreiben RA Dr. B. vom 9.11.2011 - Beilage 2 zur Beschwerde). In seinem Antwortschreiben vom 15.11.2011 (Beilage 3 zur Beschwerde) teilte der Bf. mit, dass er eine Scheidung weder anstrebe noch Gründe für eine solche gesetzt habe. Nach Erhalt eines entsprechenden Schreibens, in welchem seine Gattin ihre Vorstellungen zu den Punkten wie Obsorge, Unterhaltspflichten, Vermögensaufteilung etc. zusammen schreiben möge, werde er Stellung nehmen und könne auch eine gemeinsame Besprechung stattfinden.
- Im Februar 2012 hat die Ehegattin des Bf. die häusliche Gemeinschaft unter Mitnahme der gemeinsamen Tochter aufgehoben.
- Aus weiteren Schreiben des Anwaltes des Bf. geht hervor, dass der Bf. zwar keine Scheidung anstrebe, sich aber einer einvernehmlichen Scheidung mit Rücksicht auf die gemeinsame Tochter und zur Vermeidung unnötiger Kosten nicht verschließt (Schreiben RA Dr. C. vom 9.5.2012 - Beilage 4 zur Beschwerde).
- Am 5.7.2012 brachte die Ehegattin des Bf. eine Scheidungsklage beim BG A. ein und beantragte, die Scheidung aus alleinigem Verschulden des Beklagten vorzunehmen, der auch die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Von der Klägerin wurde dem Bf. vor allem liebloses, rücksichtsloses und herabwürdigendes Verhalten vorgeworfen (Beilage 6 zur Beschwerde).
- In Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Bf. im Beschwerdeverfahren ergibt sich aus dem Gerichtsakt weiters, dass im Zeitraum von August 2012 bis November 2013 insgesamt 5 Gerichtsverhandlungen stattgefundenen haben. Den darüber erstellten Protokollen ist zu entnehmen, dass diese in erster Linie von gegenseitigen Anschuldigungen und Vorwürfen der Eheleute geprägt sind, wobei die Klägerin konkrete Beweise für ein alleiniges Verschulden des Bf. an der Zerrüttung der Ehe bzw. die ihm vorgeworfenen Eheverfehlungen nicht erbracht hat.
- Aus den vorgelegten Unterlagen geht weiters hervor, dass der Bf. wiederholt sein Interesse an einer einvernehmlichen Lösung bekundet hat.
- Zusammenfassend geht das BFG im gegenständlichen Fall davon aus, dass sich der Bf. nicht freiwillig auf eine Prozessführung eingelassen hat. Der mit zahlreichen Unterlagen dokumentierte Verlauf der Auseinandersetzungen zeigt über einen langen Zeitraum, in dem die Klägerin mehrfach ihre anwaltliche Vertretung gewechselt hat, deren mangelnde Konsensbereitschaft und damit verbunden für den Bf. das Fehlen von Handlungsalternativen.
Rechtsgrundlagen und Würdigung:
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, sie muss zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Die Belastung erwächst nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Ob eine Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst, ist stets nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen. Aufwendungen, die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat, sind nicht zwangsläufig erwachsen.
Das BFG teilt die in der Beschwerdevorentscheidung vertretene Auffassung des Finanzamtes nicht, wonach der Umstand, dass aus den vorgelegten Unterlagen nicht eindeutig erkennbar war, wen in welchem Ausmaß das Verschulden an der Zerrüttung trifft, entscheidungswesentlich sein soll.
Gerichtliche Vergleiche dienen in aller Regel dazu, Rechtsstreitigkeiten in einer für beide Seiten erträglichen Form zu beenden, ohne dass es - wie etwa im Falle einer Scheidung - zu einer gerichtlichen Klärung der Schuldfrage kommt.
Aufgrund der Aktenlage hat der Bf. nachvollziehbar aufgezeigt, dass ihm die Prozessführung aufgezwungen wurde. Das Vorbringen des Bf. wird durch die Einsichtnahme in die von ihm vorgelegten Unterlagen sowie in den Gerichtsakt bestätigt. Der Bf. hat die Scheidung nicht angestrebt, die Initiative ging allein von seiner Ehegattin aus. Weder den vorgelegten Unterlagen noch dem Akt des BG A. kann entnommen werden, dass der Bf. schwere Eheverfehlungen und somit sich gegen das Wesen der Ehe richtende Handlungen und Unterlassungen begangen hat.
Der Bf. hat in seiner Beschwerde und im Vorlageantrag glaubhaft ins Treffen geführt, dass erst die Ankündigung der Vorlage eines Detektivberichtes zum Beweis des ehewidrigen Verhaltes der Klägerin, diese zum Einlenken und zum Vorschlag eines Scheidungsvergleiches bewogen habe. Das Finanzamt hat dieses Vorbringen unwidersprochen gelassen. Für das BFG ergibt sich weder aus den vom Bf. vorgelegten Unterlagen - darunter findet sich u.a. auch der erwähnte 10-seitige Observationsbericht einer Detektei zum Beweis für die Eheverfehlungen seiner Gattin - noch aus dem Inhalt des Gerichtsaktes ein Anlass, die diesbezüglichen Ausführungen des Bf. anzuzweifeln. Gegenteilige Feststellungen hat das Finanzamt jedenfalls nicht getroffen, sondern sich auf den nach Auffassung des BFG nicht entscheidungsrelevanten Hinweis beschränkt, es sei nicht eindeutig erkennbar, wen in welchem Ausmaß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft.
Zwangsläufigkeit von Prozesskosten wird nach der Judikatur des VwGH stets dann verneint, wenn die Prozessführung auf Tatsachen zurückzuführen ist, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden, oder die sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat. Mit dem Fehlen von Handlungsalternativen hat sich der VwGH in seinem - auch vom Bf. ins Treffen geführten - Erkenntnis vom 25. September 2012, 2008/13/0216 auseinandergesetzt. In diesem ähnlich gelagerten Verfahren, in welchem gleichfalls die Ehefrau gegen den Bf. dieses Verfahrens einen Scheidungsprozess angestrengt hat und es in weiterer Folge dann zu einer einvernehmlichen Scheidung gekommen ist, hat der unabhängige Finanzsenat den geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen die Anerkennung versagt, weil die in § 34 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 verankerte Voraussetzung, wonach die Belastung "zwangläufig erwachsen" sein müsse, nicht erfüllt sei. Der VwGH hat dem u.a. Folgendes entgegen gehalten:
"…..Geht es um die Kosten des Steuerpflichtigen in - wie im vorliegenden Fall - gegen ihn angestrengten Prozessen im Zusammenhang mit der Scheidung, und mündeten die Auseinandersetzungen letztlich in eine einvernehmliche Scheidung, so ist zu prüfen, ob der Steuerpflichtige freiwillig das Risiko eines nicht eindeutig erfolgversprechenden Rechtsstreites eingegangen ist, statt von vornherein eine einvernehmliche Scheidung anzustreben (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1985, 84/14/0007, ÖStZB 1986, 214; Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, § 34 Einzelfälle, Stichwort Prozesskosten). Die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einzelheiten betreffend den Verlauf der Auseinandersetzungen und das Fehlen von Handlungsalternativen bis kurz vor der einvernehmlichen Scheidung wären für die Prüfung der Frage, ob ihm die geltend gemachten Belastungen zwangsläufig erwachsen waren, daher von Bedeutung gewesen (vgl. auch das - eine aktive Klagsführung betreffende - hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1991, 89/13/0037, und die dem Erkenntnis vom 13. März 1991, 90/13/0034, offenbar zugrunde liegende Annahme eines ehewidrigen Verhaltens und überwiegenden Verschuldens des damaligen Beschwerdeführers)…."
Die vom Bf. vorgelegten Unterlagen sowie die ergänzende Einsichtnahme in den Akt des BG A. ergaben für das BFG zweifellos, dass die geltend gemachten Aufwendungen dem Bf. zwangsläufig erwachsen sind. Die Rechtsanwaltskosten waren daher als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lagen keine Rechtsfragen vor, denen grundsätzliche Bedeutung zukam. Vielmehr hing der Beschwerdefall von der Lösung der nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfrage ab, ob die Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit der Ehescheidung zwangsläufig erwachsen sind.
Wien, am 21. Februar 2020
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |