1. Schimmelpilzsporen in der Raumluft als Katastrophenschaden oder allgemeiner Schadensfall 2. Ausgaben für Haarwebebehandlungen als Krankheitskosten
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.7101106.2011
Entscheidungstext
.
.
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf. , vertreten durch Schwab & Partner, Steuerberater GmbH, 7400 Oberwart, Schulgasse 7, 1. über die Beschwerde vom 11.02.2009 gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 12.01.2009 , zugstellt am 15.01.2009, betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2007 und 2. über die Beschwerde vom 17.02.2011 gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 08.02.2011 , zugestellt am 11.02.2011, betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2009 nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2016 entschieden:
1. Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2007 wird teilweise statt gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.
2. Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2009 wird teilweise statt gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom 24.02.2011 zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.
3. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Als die im Spruch angeführten Bescheide angefochten wurden, war der Unabhängige Finanzsenat für die Rechtsmittelerledigung zuständig. Diese Zuständigkeit des Unabhängigen Finanzsenates endete a m 31.12.2013. An die Stelle des Unabhängigen Finanzsenates trat am 01.01.2014 das Bundesfinanzgericht (BFG), das alle mit Ablauf des 31.12.2013 anhängigen Rechtsmittelverfahren – und damit auch dieses Rechtsmittelverfahren – weiterführt.
Mit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit (01.01.2014) haben sich die Bezeichnungen der Rechtsmittel geändert. Das Bundesfinanzgericht verwendet in seinen Verfahren die verwaltungsgerichtsübliche Terminologie: „Berufungen “ werden als „ Beschwerden “ bezeichnet, „ Berufungsvorentscheidungen “ als „ Beschwerdevorentscheidungen “ und „ Berufungswerberinnen “ als „ Beschwerdeführerinnen ( Bf .)“.
Aus den Verwaltungsakten:
1. Arbeitnehmerveranlagung 2007:
Da die Bf. die ihr zugesandte Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung nicht beantwortet hatte, wurden Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen im Arbeitnehmerveranlagungsbescheid 2007 vom 12.01.2009 nicht berücksichtigt.
Dieser Bescheid wurde am 15.01.2009 zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom 11.02.2009 angefochten.
In der Beschwerde vom 11.02.2009 beantragte die Bf., folgende Ausgaben als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen: 1.) ärztliche Behandlungen, Medikamente, Haare (EUR 2.442,00), Probe zur Untersuchung, Untersuchungen, Behandlungsbeiträge, Heilgymnastik iHv insgesamt EUR 4.801,36; 2.) Kosten Haus (Post wegen Umbau, Kopie Gutachten Haus, Kopie wegen Umbau und I) iHv insgesamt EUR 36,49; 3.) Kilometergeld EUR 1.474,40; 4.) Reisekosten EUR 162,80; Miete Z EUR 7.440,00 und „Sanierung Haus“ EUR 14.423,99.
Die Kilometergelder (880 km; 2400 km) und Reisekosten (EUR 35,20; EUR 105,60) wurden für Arztfahrten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht; die Kilometergelder (600 km) und Reisekosten (EUR 22,00) für Fahrten in ein Haarinstitut.
Die Ausgaben für die Sanierung des Wohnhauses waren die Ausgaben für Wohnraumlüftung, Mauerwerk sanieren, Mauerwerk sanieren Bad, Verputzarbeiten und Minibaggereinsatz iHv insgesamt EUR 52.260,00. Sie wurden nach dem verfügbaren Einkommen auf die Bf. zu 28% (= EUR 14.423,99) und ihren Ehegatten zu 72% aufgeteilt.
Die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Ausgaben betragen in Summe EUR 28.302,55.
Die vorgelegten Belege waren: 1.) Verordnung für 10 x Heilgymnastik und 10 x Heilmassage; Honorarnote vom 05.09.2007 für 10 x Einzelheilgymnastik (EUR 360,00); davon wurden EUR 163,40 von der Burgenländischen Gebietskrankenkasse rückerstattet; 2.) Vereinbarung vom 07.01.2007 zwischen der Bf. und einem Haarinstitut über eine vom Haarinstitut durchgeführte Haarwebebehandlung und Auftragsbestätigung vom 09.02.2007 über die Zahlung von EUR 2.442,00.
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom 03.06.2009 wurde der Beschwerde teilweise statt gegeben. Als Topf-Sonderausgaben wurden EUR 685,99 anerkannt und als außergewöhnliche Belastungen vor Abzug des (EUR 4.694,21 betragenden) Selbstbehaltes EUR 10.882,36.
Die als außergewöhnliche Belastung iHv EUR 10.882,36 anerkannten Ausgaben waren die Ausgaben für ärztliche Behandlungen EUR 2.195,96, Kilometergeld EUR 1.246,40 und Miete Z EUR 7.440,00.
Begründend wurde vorgebracht, dass die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Ausgaben für Sanierung Sonderausgaben seien. Arztfahrten seien keine beruflich veranlassten Reisen weshalb Tagesdiäten nicht Einkünfte mindernd zu berücksichtigen seien. Ausgaben für eine Haarwebebehandlung und dabei entstehende Fahrtkosten seien keine außergewöhnliche Belastung. Die von der Gebietskrankenkasse rückerstatteten EUR 163,40 seien von den Heilgymnastikkosten abzuziehen.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde am 08.06.2009 zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem Vorlageantrag vom 03.07.2009 angefochten.
Im Vorlageantrag vom 03.07.2009 beantragte die Bf., die Ausgaben für die Sanierung des Wohnhauses und die Kosten der Haarbehandlung als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Der Sanierungsbedarf sei gegeben, da das 1992 errichtete und bezogene Haus bereits spätestens 2006 unbewohnbar sei, da der Aufenthalt im Haus gesundheitsgefährdend sei. Die Kontaminierung des Hauses werde in einem Gutachten mit einem durch Asbest verursachten Katastrophenschaden verglichen, weshalb die Sanierungsausgaben eine außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt seien. Die Ausgaben seien zwangsläufig erwachsen, da das Haus lt. Gutachtermeinung wegen gesundheitsgefährdender Mängel unbewohnbar sei. Auf BFH – Urteile zur Asbestsanierung wird hingewiesen. Die Ausgaben für die Haarwebebehandlung dienen der Wiederherstellung eines ansprechenden Aussehens. Die Bf. sei Kindergärtnerin und Vortragende in der Kindergärtnerinnenausbildung. Der Umgang mit Jugendlichen erfordere ein entsprechendes Aussehen. Haarwebebehandlungen seien mit einer zeitgemäßen Zahnbehandlung mit Zahnersatz vergleichbar. Auch seien Kosten für Haarbehandlungen aufgrund von Erkrankungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
Dem Vorlageantrag waren beigelegt: 1.) Doralt, EStG11, Seite 15, § 34 Rz 21 mit den darin zitierten BFH Entscheidungen BStBl 2002 II 240 zur Sanierung einer asbestverseuchten Fassade und BFH 08.02.2007, III B 11/06, NV 2007, 1108 zum Austausch einer asbestverseuchten Heizungsanlage; 2.) Baldauf, Seite 1124, § 34, Rz 90, lautend: „ Haarbehandlung. Ausgaben für Haartransplantationen und -ersatz sind idR nicht abzugsfähig. Ausnahmen ggf bei Kindern (Q/Sch § 34 Rz 38) bzw. Krankheit, zB nach einer Chemotherapie (Wiesner u.a. § 34 Rz 78). S auch „kosmetische Operation “; 3.) Baldauf, Seite 1127, § 34, Rz 90, lautend: „ Kosmetische Operation. Nur zwangsläufig, wenn sie zur Wiederherstellung nach Verletzungen und Verunstaltungen und der Gefahr psychischer Defekte erfolgen (Müller SWK 98, S 239 1.3.2. “ und 4.) Gutachten vom 27.01.2006, erstellt von X , ..., in Zusammenarbeit mit L.V.M.A. Dr. ZR, y, Adr1 .
Ad Gutachten vom 27.01.2006:
Das begutachtete Objekt war ein Reihenhaus, dessen Baubeschreibung „Plattenverkleidung innen und außen mit Betonkern“ lautete.
Zielsetzung des Gutachtens war: „Nachweis von möglichen mikrobiellen Substanzen in und am Wohnhaus der Bf., welche Auswirkungen auf die Bausubstanz und/oder den Gesundheitszustand der betroffenen Personen – Personengruppe haben. Insbesondere in humanpathologischer Hinsicht. Die Untersuchung findet mittels Raumluftfallen statt. Hiermit kann eine orientierende Untersuchung zur Belastung der Raumluft mit Schimmelpilzen oder anderen Sporen durchgeführt werden.
Die Proben wurden selbst entnommen und an X eingesandt (© aus dem Gutachten „Vorgehensweise: … Nach Ablauf der Fangzeit Sporenfalle geschlossen und vor Bruch gesichert in das Labor zur weiteren Bearbeitung schicken“ .
Im Gutachten werden Schimmelpilzarten, der organische Aufbau von Schimmelpilzen, wachstumsbegünstigende Faktoren bei Schimmelpilzen und mögliche toxische Wirkungen von Schimmelpilzen aufgezählt. Es sollen Schimmelpilzarten nachgewiesen worden sein, die sich auch unter extremsten Bedingungen behaupten können.
© aus dem Gutachten „Die Schlüsselstellung, die der organisch gebundene Kohlenstoff einnimmt, ist verantwortlich für die Synthese von Stoffen, welche das Wachstum der Pilze fördern. Beispielhaft ist dies Zusammensetzung für Materialien, die ganz oder teilweise organisch sind. Dazu gehören Holz, Spanplatten, Pappe, Bitumen, Rigips, Kork, Mineral- und Glasfiberwolle sowie in der Folge auch Tapeten, Stoffe, Möbel, Gardinen und Bücher … Mykotoxine sind Pilzgifte die, als hochgiftige Stoffwechselprodukte, von höheren Fadenpilzen gebildet werden. Sie gehören zu den gefährlichsten Giften der Natur und sind künstlich nicht zu synthetisieren. Sie entstehen im Sekundärstoffwechsel von Mikromyceten und werden von dort in das jeweilige Medium abgegeben. Bekannt sind die lntoxikationen durch die Gifte von Makromyceten, die, über das Fruchtfleisch aufgenommen, die Pilzvergiftungen verursacht. Der Verzehr des giftproduzierenden Pilzes ist die Voraussetzung für eine lntoxikation. Eine solche Einschränkung besteht für die Gifte der Mikromyceten nicht. Deren Toxine können unabhängig vom produzierenden Pilz aufgenommen werden. Die wahrscheinlichsten Aufnahmewege: Orale Aufnahme über die Nahrung, inhalative Aufnahme von Sporen, Aufnahme über Hautkontakte, Mykotoxinbelastungen im Rahmen systemischer Pilzinfektionen. Haut und Schleimhäute, sowie das Einatmen von Sporen und die Aufnahme über Speisen können zum Kontakt mit den Toxinen führen. Eine inhalative Aufnahme von Toxinen dieser Art ist bis zu 20 mal toxischer als die orale Zufuhr. Tierexperimentell wurde nachgewiesen, dass es bei systemischen Pilzinfektionen, insbesondere bei immunsuppremierten Patienten, zu einer endogenen Mykotoxinbildung kommen kann. Wahrscheinlich benutzen diese höherrangigen Pilze die Mykotoxine zur Auseinandersetzung mit dem Wirtsorganismus. Diese Erkrankungen äußern sich in nervösen Störungen, Gangränen und Fertilitälsstörungen. Auch werden in neuester Zeit mykotoxische Auswirkungen, vor allem in Form von Aflatoxikosen, mit einer erhöhten lnzidenz von Leberkazinomen, bei Ochratoxikosen – hier zeigen sich - Nephropathien und Gliotoxin sowie Patulin, diese greifen in die lmmunkaskade des menschlichen lmmunsystems ein, beschrieben … Quellen für die Herkunft solcher Kohlenwasserstoffe können verschiedene Materialien wie z.B. Kunststoffbeläge, Farben, Spanplatten und andere Baumaterialien sein. VOC (Volatile Organic Compound) und MVOC, können schon in geringsten Mengen beim Menschen Befindlichkeitsstörungen hervorrufen. Über die Toxizität der einzelnen Substanzen weiß man noch relativ wenig … Hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung dieser Substanzen wird in der wissenschaftlichen Literatur in erster Linie auf Reizungen der Atemwege hingewiesen. Diese Substanzen sind in der Lage mit Leichtigkeit in den meisten Baumaterialien einzudringen, ja sie passieren sogar Dampfsperren und können so in den Wohnbereich gelange … Die Schwierigkeit des Nachweises besteht vor allem darin, dass die meisten der mikrobiellen Schäden nicht sichtbar sind. Auch werden oft die Menschen die auf solche Schäden reagieren als psychosomatisch hingestellt. Dazu kommt dass es in den meisten Fällen Frauen ab einem Alter von 45 Jahren sind die besonders darunter leiden weil sie viel sensibler reagieren als Männer. Da auch Schwangere sehr empfindlich reagieren, stellt sich die Frage, ob diese Reaktion mit dem veränderten Hormonspiegel zusammenhängt. Viele dieser Menschen machen einen ständig gleichen Leidensweg durch. Die Symptome über die sie klagen sind Depressionen, Kopfschmerzen und Übelkeit bis hin zum Erbrechen, andere Magen - Darm - Probleme und Schlaflosigkeit um nur die häufigsten Beschwerden zu nennen. Da es für diese Symptome keinen erklärbaren Grund zu geben scheint, werden diese Patienten sowohl von ihrer Umgebung als auch von den konsultierten Ärztin auf die Psycho - Schiene abgeschoben. Da sie sich vielen Untersuchungen unterziehen müssen die zu keinem Ergebnis führen sind diese Erscheinungen nicht nur für die Betroffenen eine Belastung, zumal teilweise eine jahrelange unnötige und kostenintensive medikamentöse Behandlung mit allen möglichen Medikamenten, allen voran Psychopharmaka, erfolgte. Durch diesen massiven Einsatz von Medikamenten hat man letztlich keine Besserung erreicht sondern, da diese Präparate, insbesondere Psychopharmaka, teilweise gravierende Nebenwirkungen haben, neue Krankheitsbilder bis hin zu Persönlichkeitsveränderungen geschaffen. Daher ist es dringend erforderlich bei Patienten mit therapieresistenten Beschwerden auch Fragen nach dem Wohnmilieu zu stellen. Bei ca.70 % dieser Fälle liegen die Ursachen in einer mikrobiellen Belastung der Wohnräume. Dieses gilt nicht nur für Altbauten sondern auch und besonders für Neubauten. Diese, meist diffusen Gesundheitsprobleme werden unter dem Begriff „Sick-Building Syndrome“ (SBS) zusammen gefasst ...“
Die Gesamtbeurteilung lautete: „Die Probenauswertung und der Gesundheitszustand von … lassen diagnostisch nur den Schluss zu, dass das vorliegende Krankheitsbild ausschließlich auf eine lnfektion mit Schimmelpilzen und deren Stoffwechselprodukten zurück zu führen ist. Als ursächlich gelten aufgrund des hohen Kohlenstoffanteils mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die in diesem Haus verwendeten Verkleidungsplatten. Der Betonkern kann aus materialtechnischen Gründen als unverdächtig angesehen werden, da er im Wesentlichen alkalisch ist. Die Kontamination des Objektes ist so weit fortgeschritten, dass es im derzeitigen Zustand als unbewohnbar gilt. Jeder längere Aufenthalt innerhalb des Hauses ist, wegen des hohen Krankheitsrisiko und einer Verstärkung der bereits bestehenden Beschwerden, zu vermeiden. Textilien, Möbel. Teppiche und andere Einrichtungsgegenstände sind als kontaminiert anzusehen und umgehend zu reinigen. Falls dieses, wie bei einigen Textilien, unmöglich ist kommt nur deren Vernichtung in Betracht. Bitte beachten Sie dass es sich hier um kontaminiertes Gefahrengut der Gefahrenklasse 2 der Bioverordnung der EU handelt und gestalten Sie die Entsorgung des gefährlichen Materials entsprechend dieser Verordnung (Sondermüll). Eine Sanierung des Objektes erscheint mir aufgrund der Messungen und der umfassenden Kontamination, schwer, oder nur unter dem nicht zu vertretenden Kostenaufwand, möglich zu sein. Allein die Beseitigung der durch Stachybotris verursachten Schäden hat beinhaltet einen hohe Kostenaufwand, da solche Sanierungen ähnlich einer Asbestsanierung durchgeführt werden müssen um giftige Stäube zu verhindern. Es wird gutächterlicherseits dazu geraten das Objekt aufzugeben, da es in diesem Zustand auch nicht veräußert werden kann. Begutachtet wurden ausschließlich die Stoffe und Sekundärmetaboliten die tatsächlich nachgewiesen werden konnten. Das vorliegende Gutachten wurde nach bestem Wissen und Gewissen unter Beachtung des geltenden Standards der Wissenschaft und Technik erstellt.“
Weiters wurden vorgelegt: 1.) Befunde des Medizinisch Diagnostischen Laboratoriums von Dr.med. ZR , Facharzt für Labormedizinische Naturheilverfahren, in y vom 12.12.2005; 2.) Befund Dr.med. EX, Arzt für Laboratoriumsmedizin, z, vom 27.04.2007; 3.) eMail vom 03.01.2006, worin Firmen für Ursachenermittlung und Beseitigung von Pilzsporen empfohlen werden, die Fußbodenheizung als Verursacher einer Sporenbelastung der Innenräume vermutet wird, da durch aufsteigende Bodenwärme eine große Luftzirkulation stattfinde, samt Anleitung zur Reinigung und Wischdesinfektion von Bucheinbänden; 4.) Beurteilung der Meßwerte der Bf., datiert mit „Rostock, 04.10.2005“; Name und Adresse Desjenigen, der beurteilt hat, sind nicht lesbar; 5.) Befundinterpretation vom 10.05.2006 von X, ......
2. Arbeitnehmerveranlagung 2009:
In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2009 beantragte die Bf. 1.) den Werbungskostenabzug iHv insgesamt EUR 432,90 für Mitgliedsbeiträge an Berufsverbände (EUR 50,00), Arbeitsmaterial (EUR 210,89), Büromaterial (EUR 137,81) und Werbung (EUR 34,20) und 2.) EUR 9.680,30 als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Die EUR 9.680,30 waren die Ausgaben für Chinesisches Granulat, EAV-Austestungen, Behandlungen im Haarinstitut (EUR 2.816,00; EUR 2.200,00 und EUR 2.594,00), Behandlungsbeiträge, Einsendung Probe, Untersuchung und Kilometergelder.
Im Arbeitnehmerveranlagungsbescheid 2009 vom 08.02.2011 wurden die Werbungskosten mit dem Pauschbetrag veranlagt und EUR 432,30 als außergewöhnliche Belastungen vor Abzug des EUR 4.658,67 betragenden Selbstbehalts anerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass die iZm der Haarwebebehandlung stehenden Ausgaben keine außergewöhnliche Belastung seien und Gewerkschaftsbeiträge, Arbeitsmittel und sonstige Ausgaben wegen fehlender Nachweise nicht als Werbungskosten anzuerkennen seien.
Dieser Bescheid wurde am 11.02.2011 zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom 17.02.2011 angefochten.
In der Beschwerde vom 17.02.2011 beantragte die Bf. die antragskonforme Veranlagung und legte als Nachweis folgende Belege vor: 1.) Behandlungsbeitrag EUR 14,84; 2.) Behandlungsbeitrag EUR 14,99; 3.) Honorarnote vom 01.07.2009 für eine AK-Austestung und der Diagnose Pilzbelastung EUR 50,00; 4.) Vereinbarung vom 31.08.2009 zwischen der Bf. und einem Haarinstitut über eine vom Haarinstitut durchgeführte Haarwebebehandlung (EUR 2.200,00) samt Zahlungsbestätigung; 5.) Behandlungsbeitrag EUR 33,01; 6.) Behandlungsbeitrag EUR 33,59; 7.) Vereinbarung vom April 2009 zwischen der Bf. und einem Haarinstitut über die von diesem Haarinstitut durchgeführte Haarwebebehandlung (EUR 2.816,00) samt Zahlungsbestätigung; 6.) Honorarnote vom 27.03.2009 für Laborleistungen (EUR 103,74); 7.) Rechnung für Einschreiben vom 09.03.2009 (EUR 1,60); 8.) Honorarnote vom 11.02.2009 für EAV-Austestung, Diagnose Pilzbefall (EUR 50,00) und 9.) Rechnung vom 11.02.2009 für Chinesisches Granulat und Versandspesen iHv insgesamt EUR 14,30.
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom 24.02.2011 wurde der Beschwerde vom 17.02.2011 teilweise stattgegeben. Als Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, wurden EUR 321,91 anerkannt und als Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag EUR 50,00. EUR 432,30 wurden als außergewöhnliche Belastungen vor Abzug des EUR 4.658,67 betragenden Selbstbehalts anerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass die iZm der Haarwebebehandlung stehenden Ausgaben keine außergewöhnliche Belastung seien. Ein Gesellschaftsspiel und die Einladung der Schüler in ein Cafe seien mangels erkennbaren Werbungskostencharakter nicht als Werbungskosten anzuerkennen und von den Ausgaben für den USB-Stick sei ein 40%iger Privatanteil abzuziehen.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde am 01.03.2011 zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem Vorlageantrag vom 21.03.2011 angefochten.
Im Vorlageantrag vom 21.03.2011 beantragte die Bf. die Neufestsetzung der Einkommensteuer 2009 unter Berücksichtigung der Krankheitskosten (Haarwebebehandlung) als außergewöhnliche Belastung.
BFG – Ermittlungen:
X ist lt. Website 1 Mikrobiologe, Pharmareferent, Verkaufsleiter, uvm. und lt. Stadtbranchenbuch o Heilpraktiker.
In der Ladung für die mündliche Verhandlung wurde die Bf. gebeten, die Rechnungen für die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Sanierungskosten vorzulegen, die Ausbildung(en) des Gutachters bekanntzugeben und folgende Fragen zu beantworten: Aus welchem Material wurden die Außen- und Innen - Verkleidungsplatten hergestellt? Womit wurde die Außenfläche der Verkleidungsplatten behandelt? Wer hat die Verkleidungsplatten verkauft? Wer hat die Verkleidungsplatten eingebaut? Wann wurden die Verkleidungsplatten eingebaut? Wurden die Verkleidungsplatten als Gefahrengut entsorgt?
Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung:
1. Der steuerliche Vertreter überreicht Rechnungen und eine Aufteilung der außergewöhnlichen Belastung - Umbau Haus 2007. Sie werden zum Akt genommen. Vorgelegt wird eine Ablichtung aus dem Internet über die Ausbildung des Gutachters X . Die Ablichtung wird zum Akt genommen. Vorgebracht wird, dass die Verkleidungsplatten I Platten waren. Ein Gutachten wurde von der Fa. I erstellt. Dieses Gutachten wird zum Akt genommen. Die Fa. I hat € 3.500,00 Schadenersatz geleistet.
2. X hat lt. vorgelegter Internetseite „Physikum, Medizin“ in Frankreich studiert.
3. Die vorlegten Rechnungen sind Rechnungen den Einbau einer Komfort – Wohnraumlüftungsanlage, Mauerwerk – Sanierung (Fuge zwischen Estrich und Außenwand säubern und verfüllen, Klima- und Wärmedämmungsplatten), Mauerwerk Bad – Sanierung (Fuge zwischen Estrich und Außenwand säubern und verfüllen, Klima- und Wärmedämmungsplatten), Kellerabdichtung (Entfernen der Holzplatten außen, Keller abdichten, Drainage verlegen, Lichtschacht mit Anschluss an Kanal, im Bad Aufbringen der Dichtungsschlämme), Keller Abdichtung außen, Minibagger.
4. Das Gutachten der Fa. I vom 11.09.2006 wurde von SE, ...., erstellt. Durchgeführt wurden Luftkeimmessungen; geklärt werden sollte, ob in den untersuchten Räumen eine erhöhte Sporenbelastung durch Schimmelpilze auftritt. Die Probenentnahmen erfolgten am 31.08.2006 in 10 Räumen; für die Kontrollprobe im Außenbereich wurden 2 Messorte verwendet. Die Luftkeimmessungen ergaben in den Räumen im Keller eine stark erhöhte Gesamt – Sporenbelastung durch Schimmelpilze. Die Werte für die Kolonien-bildenden Einheiten lagen um das ca. 15-fache über den Werten der Außenluft, eine bauliche Sanierung wird in diesem Bereich dringend empfohlen. Eine ca. 2-fache Überschreitung der Werte wurde im Büro 1. Stock ermittelt. Die Werte für die Kolonien-bildenden Einheiten in allen übrigen Räumen im Parterre und im 1. Stock entsprachen jenen der Außenluft. Die Untersuchungen stellen eine Momentaufnahme dar.
Im Begleitschreiben der Firma I zu diesem Gutachten steht, dass Schimmelpilze in großem Ausmaß nur im Keller vorgefunden wurden und die Werte im Büro wahrscheinlich auf den durchfeuchteten Parkettboden zurückzuführen seien. Empfohlen wird nur die bauliche Sanierung des Kellers.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Alle Vorlageanträge sind frist- und formgerecht eingebracht worden. Deshalb scheiden die Beschwerdevorentscheidungen mit dieser Entscheidung aus dem Rechtsbestand aus und werden zum Vorhalt. Da alle Beschwerden auch frist- und formgerecht eingebracht worden sind, ist über die Beschwerden und das Beschwerdevorbringen in den Vorlageanträgen „in der Sache“ zu entscheiden.
Beschwerdepunkt/e
In den Jahren 2007 und 2009 ist strittig, ob die Ausgaben für ärztliche Behandlungen, Be-handlungen im Haarinstitut, Kilometergelder, Reisekosten, Miete Z und Sanierung eines Wohnhauses als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt anzuerkennen sind.
Im Jahr 2009 ist auch der Werbungskostenabzug für Mitgliedsbeiträge an Berufsverbände (EUR 50,00), Arbeitsmaterial (EUR 210,89), Büromaterial (EUR 137,81) und Werbung (EUR 34,20) strittig.
1. Ad. Streitpunkt außergewöhnliche Belastung
Sach- und Beweislage
Der Entscheidung über diesen Streitpunkt sind die vor und während der mündlichen Verhandlung vorgelegten Belege und Gutachten zugrunde zu legen.
Rechtslage
Gemäß § 34 Abs 1 Einkommensteuergesetz – EStG 1988 in der 2007 und 2009 geltenden Fassung sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie muss außergewöhnlich sein. 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen. 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Gemäß § 34 Abs 2 EStG 1988 idF 2007 und 2009 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Gemäß § 34 Abs 3 EStG 1988 idF 2007 und 2009 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 idF 2007 und 2009 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
Gemäß § 34 Abs 6 EStG 1988 idF 2007 und 2009 können folgende Aufwendungen ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden: …. Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.
Rechtliche Würdigung und Entscheidung
Katastrophenschäden iSd § 34 Abs 6 EStG 1988 sind eine außergewöhnliche Belastung, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 34 EStG 1988 vorliegen. Was ein Katastrophenschaden iSd § 34 Abs 6 EStG 1988 ist (und wodurch sich Katastrophenschäden von allgemeinen Schadensfällen, deren Beseitigungskosten außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt sind, unterscheiden), lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Aus der bspw. Aufzählung in Abs 6 leg.cit. ist erkennbar, dass es sich dabei jedenfalls um Elementarereignisse mit folgenschweren Auswirkungen auf Leben, Gesundheit, Umwelt und Sachgüter handelt. Nach Lehre und Rechtsprechung sind auch technische Katastrophen wie bspw. Brände, Explosionen, Terroranschläge, udgl. Katastrophenschäden (siehe Jakom EStG 2016, § 34, Rz. 58) sowie die Schäden durch Umweltgifte wie bspw. Asbest, die nach der in Jakom, EStG 2016, § 34 Rz 90, zit. VwGH Rechtsprechung allgemeine Schadensfälle sein können.
Nach dem (von der Bf. zitierten) Urteil des Bundesfinanzhofes BFH 09.08.2001, III R 6/01 , können Aufwendungen für die Asbestsanierung der Außenfassade eines Wohnhauses als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, wenn durch ein vor Durchführung der Maßnahme erstelltes amtliches Gutachten nachgewiesen ist, dass eine Sanierung zur Beseitigung einer von der Fassade ausgehenden konkreten Gesundheitsgefährdung infolge der Freisetzung von Asbestfasern in das Innere des Hauses unverzüglich erforderlich ist. Dieses Urteil ist zu § 33 (deutsches) Einkommensteuergesetz ergangen, dessen Gesetzestext sinngemäß mit dem Gesetzestext von § 34 EStG 1988 idgF übereinstimmt. Das Urteil BFH 09.08.2001, III R 6/01 ist daher iVm § 34 (österreichisches) EStG 1988 anwendbar, wenn Schäden durch freigesetzte Asbestfasern und andere Umweltgifte behauptet werden.
Nach Absatz 14 des vorzit. BFH-Urteils muss eine konkrete Gesundheitsgefährdung durch ein vor der Sanierung erstelltes amtliches Gutachten nachgewiesen werde. In diesem Gutachten muss die Quelle der Freisetzung des Umweltgiftes genau beschrieben werden und es ist zu den notwendigen Sanierungsmaßnahmen Stellung zu nehmen. Den Nachweis in dieser qualifizierten Weise zu führen, ist für den deutschen Bundesfinanzhof unverzichtbar, um die Inanspruchnahme ungerechtfertigter Steuervorteile zu Lasten der Allgemeinheit zu verhindern.
Für das Bundesfinanzgericht ist dieser qualifizierte Nachweis durch ein amtliches Gutachten auch unverzichtbar, weshalb dieser Nachweis nur durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen oder ausnahmsweise durch andere geeignete, von den Abgabenbehörden oder dem Bundesfinanzgericht als Sachverständige bestellte Personen geführt werden kann (§ 177 BAO idgF).
In der ggstl. Beschwerdesache kann ein Gutachten iSd § 177 BAO idgF nicht erstellt werden, da das Wohnhaus vor Beginn des Beschwerdeverfahrens saniert worden ist. Es gibt aber zwei Privatgutachten, die Beweismittel – und als solche zu würdigen – sind. N ach dem Ergebnis des Beweisverfahrens ist nach freier Überzeugung zu beurteilen, welche Fakten als erwiesen oder nicht erwiesen anzunehmen sind (§ 166 BAO idgF, § 167 Abs 2 BAO idgF).
Bei jedem Gutachten haben die Sachverständigen den vom Beweisthema vorgezeichneten Sachverhalt nach allfälligen eigenen Erhebungen festzustellen und daraus auf Grund ihrer besonderen Ausbildung, ihrer fachlichen (wissenschaftlichen, künstlerischen) Kenntnisse und Fähigkeiten durch Herstellung von Ursachen – Wirkungen – Beziehungen Schlussfolgerungen zu ziehen (siehe Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO³ § 177, E 6., Stand: 01.08.2011, rdb.at).
Die Beweisthemen in der ggstl. Beschwerdesache sind die Sporenbelastung durch Schimmelpilze in Wohnräumen und durch Pilzsporen verursachte Krankheiten. Zu diesen Beweisthemen ist aus den beiden Gutachten festzustellen:
Eine erhöhte Sporenbelastung durch Schimmelpilze haben zwar beide Gutachter festgestellt, jedoch konnte der Gutachter SE diese erhöhte Sporenbelastung nur in den Kellerräumen feststellen. Die für das Gutachten SE entnommenen Proben sind beweiskräftiger, da die Proben für das Gutachten X an den Gutachter gesandt worden sind, weshalb nicht auszuschließen ist, dass diese Proben während des Versandes kontaminiert worden sind. Auch hat nur der Gutachter SE wegen seiner Ausbildung und der Tätigkeit am .... das für eine Gebäudediagnostik erforderliche Expertenwissen, da die Bf. nicht nachweisen konnte, dass X eine gleichwertige Ausbildung und Berufserfahrung hat. Deshalb ist der Entscheidung das Gutachten SE und damit „nur“ eine erhöhte Sporenbelastung in den Kellerräumen zugrunde zu legen.
Wie den auszugsweise zitierten Absätzen zu entnehmen ist, ist das Gutachten X in Wirklichkeit ein Vortrag über Mykologie (= die Wissenschaft von den Pilzen, zu denen lt. wikipedia auch Schimmelpilze gehören). X legt sich nicht auf eine bestimmte Ursache für den Schimmelpilzbefall fest und übersieht dabei, dass Schimmelpilzbefall auch durch Baumängel, Innenausbauten (bspw. Fußbodenheizung), eindringende Feuchtigkeit, Kältebrücken und unzureichende Belüftung entstehen kann. Die Verkleidungsplatten, die den Schimmelpilzbefall verursacht haben sollen, hat X nicht vor Ort begutachtet, da nur die eingesandten Proben untersucht worden sind, und da die Verkleidungsplatten nur in der Baubeschreibung und der Gesamtbeurteilung erwähnt werden, ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen X zu der Schlussfolgerung gelangt, dass ausgerechnet die Verkleidungsplatten die Schimmelpilzsporenträger sind. Die gebäudediagnostischen Äußerungen des X sind nicht schlüssig und sind daher nicht als Entscheidungsgrundlage zu verwenden.
X ist lt. Stadtbranchenbuch o Heilpraktiker und kein praktizierender Arzt: Gemäß § 2 Abs 1 österreichisches Ärztegesetz 1998 dürfen nur Ärzte die Heilkunst ausüben und ärztliche Gutachten erstellen (§ 2 Abs 3 leg.cit .). Da die Ausübung des Berufs des Heilpraktikers in Österreich verboten und strafbar ist, ist ein von einem Heilpraktiker erstelltes Gutachten in Österreich nicht als Nachweis eines durch Pilzsporen verursachten Krankheitsbildes anzuerkennen. Die Äußerungen des X zu Ursachen – Wirkungen – Beziehungen bei medizinischen Themen sind daher nicht als Entscheidungsgrundlage zu verwenden.
Nach dieser Beweislage ist eine durch Schimmelpilzsporen verursachte Krankheit der Bf. nicht als erwiesen anzusehen. Die Ausgaben für die Haussanierung, die Miete Z und alle iZm der Haarwebebehandlung stehenden Ausgaben sind daher weder Ausgaben für Katastrophenschäden noch Ausgaben zur Beseitigung allgemeiner Schadensereignisse und sind als solche weder außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt noch außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt.
Damit stellt sich die Frage, ob die iZm der Haarwebebehandlung stehenden Ausgaben Krankheitskosten sind. Krankheitskosten iSd § 34 EStG 1988 sind Ausgaben, die typischerweise eine Krankheit dadurch erträglich machen, dass sie sie lindern oder ihr Fortschreiten verhindern. Welche Krankheit die Bf. hat, wird weder durch ein ärztliches Attest noch durch ein ärztliches Gutachten bestätigt, da mit X ein Heilpraktiker die Schimmelpilzsporen als Krankheitsursache diagnostiziert hat und Diagnosen von Heilpraktikern in Österreich nicht als ärztliche Atteste anzuerkennen sind. Liegt kein anzuerkennendes ärztliches Attest über eine durch Schimmelpilzsporen verursachte Krankheit vor, ist ein durch Schimmelpilzbefall verursachter Haarausfall nicht als erwiesen anzusehen. Alle iZm der Haarwebebehandlung stehenden Ausgaben sind daher schon deshalb nicht als Krankheitskosten iSd § 34 EStG 1988 anzuerkennen und die Frage, ob Haarwebebehandlungen bei dem Krankheitsbild der Bf. typische Krankheitskosten sind, musste demzufolge nicht beantwortet werden.
Zu allen übrigen vom Finanzamt als außergewöhnliche Belastung anerkannten Ausgaben ist festzustellen, dass ihre Eignung, Krankheitskosten iSd des § 34 EStG 1988 zu sein, aus der Bezeichnung der Ausgaben zweifelsfrei erkennbar ist. Das Bundesfinanzgericht bestätigt daher die in den Beschwerdevorentscheidungen getroffenen Entscheidungen des Finanzamtes in diesem Punkt.
Wie den in der Verhandlung vorgelegten Belegen zu entnehmen ist, sind eine Wohnraumlüftungsanlage eingebaut, Fugen verfüllt, Drainagen verlegt, Bad und Keller abgedichtet sowie Klima- und Wärmedämmungsplatten verlegt worden. Wer eine Wohnraumlüftungsanlage in einem Wohnhaus aufstellt und Abdichtungsarbeiten im Keller durchführt, verhindert das Eindringen von Feuchtigkeit durch einen nicht optimal abgedichteten Keller, indem er Baumängel beseitigt. Da die Bf. und ihre Familie de dato im Wohnhaus wohnen, ist das Wohnhaus offenbar bewohnbar und sein Nutzwert hat sich wesentlich dadurch erhöht, dass es trocken gelegt werden konnte. Die Ausgaben für diese Baumaßnahmen sind daher typische Sanierungsausgaben und Sonderausgaben iSd § 18 EStG 1988; sie sind mit dem gesetzlichen Höchstbetrag als Sonderausgaben abziehbar.
Abschließend wird festgestellt, dass das Finanzamt richtigerweise entschieden hat, dass die Ausgaben für die Haussanierung Sonderausgaben sind. Das Bundesfinanzgericht bestätigt daher die in der Beschwerdevorentscheidung 2007 getroffene Entscheidungen des Finanzamtes auch in diesem Punkt.
2. Ad. Streitpunkt Werbungskosten:
Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Ausgaben oder Aufwendungen zum Erwerb, zur Sicherung und zur Erhaltung der Einnahmen. Ihre berufliche Veranlassung ist nachzuweisen. Diesen Nachweis hat die Bf. de dato nicht erbracht.
Das Finanzamt hat aus der Art der als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben Schlussfolgerungen auf die berufliche oder private Veranlassung gezogen und hat dabei bspw. auch den Privatanteil bei den Ausgaben für den USB – Stick berücksichtigt.
Da diese Beweisführung schlüssig und als Ergebnis Privatausgaben in der Beschwerdevorentscheidung nicht als Werbungskosten anerkannt wurden, hat das Finanzamt in diesem Beschwerdepunkt rechtsrichtig entschieden. Die Beschwerdevorentscheidung wird daher in diesem Punkt vom Bundesfinanzgericht bestätigt.
Revision
Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt.
Im ggstl. Beschwerdeverfahren ist die Beweiskraft von Gutachten und damit eine in freier Beweiswürdigung zu beantwortende Sachfrage entscheidungsrelevant. Da die Antworten auf Sachfragen nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sind, ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof auszuschließen, (vgl. VwGH 05.10.1993, 93/11/0200).
Wien, am 6. Juni 2016
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |