§ 17 Grunderwerbsteuergesetz - Rückgängigmachung zum Weiterverkauf an die Tochter der ursprünglichen Erwerber
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2018:RV.5101647.2017
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., Adresse1, vertreten durch RA, Adresse2, über die Beschwerde vom 29.08.2017 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom 09.08.2017 betreffend Grunderwerbsteuer (Antrag gemäß § 17 GrEStG) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahren:
Mit Kauf- und Bauträgervertrag vom 06.04.2017 kauften die Bf. und deren Ehegatte die in Vertragspunkt 2. näher beschriebene und von der Baugesellschaft (in der Folge: Verkäuferin) noch zu errichtende Wohnung Top 4, Garagenabstellplatz Top 8 und Abstellplatz Top 17. Die weiteren Vertragspunkte beinhalten u.a. Kaufpreis (Gesamtkaufpreis inklusive Garage und Abstellplatz von EUR 173.963,50), Zahlungsmodus mit Ratenplan, Baubeginn, Übergabe, Regelungen betreffend den zu errichtenden Wohnungseigentumsvertrag, Aufsandungserklärung, zusätzlich mit Einwilligung zur Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumrechts gemäß § 40 Abs. 2 WEG 2002 betreffend den Kaufgegenstand, Regelungen betreffend Selbstberechnung und Tragung der Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr.
Mit Aufhebungsvertrag vom 06.06.2017 wurde der oben genannte Vertrag einvernehmlich ex tunc zwischen denselben Vertragspartnern aufgehoben und die Verkäuferin zur Rückzahlung der bereits entrichteten ersten Kaufpreisrate verpflichtet. Im Vertragspunkt III wird festgehalten, dass "die seinerzeitige Verkäuferin nach beidseitiger Unterfertigung dieses Aufhebungsvertrages wiederum völlig frei ist in ihrer Disposition über den Vertragsgegenstand". Vertragspunkt IV. enthält u. a. die Zustimmung zur Löschung der Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts gemäß § 40 Abs. 2 WEG 2002. Im Vertragspunkt V. wird für grunderwerbsteuerliche Zwecke darauf hingewiesen, dass der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung rückgängig gemacht wird und ein Antrag gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) gestellt werde.
Am selben Tag (06.06.2017) wurde die vertragsgegenständliche Liegenschaft mit inhaltsgleichem Kauf-und Bauträgervertrag an die Tochter der seinerzeitigen Käufer veräußert. Sowohl der Aufhebungsvertrag als auch der neu abgeschlossene Kauf-und Bauträgervertrag sind am selben Tag unterfertigt.
Mit Schriftsatz vom 27.06.2017 (eingelangt beim FA am 28.06.2017) stellte der bevollmächtigte Vertreter einen Antrag auf Rückerstattung der bereits entrichteten Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG hinsichtlich des ursprünglichen Erwerbsvorganges vom 06.04.2017, welcher mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 09.08.2017 abgewiesen wurde.
In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom 29.08.2017 wird eingewendet, dass die seinerzeitige Verkäuferin durch den Aufhebungsvertrag wieder ihre freie Dispositionsfähigkeit erlangt hätte. Die neuerliche, am selben Tag erfolgte Disponierung über den Vertragsgegenstand seitens der Verkäuferin stünde dem nicht entgegen, naturgemäß läge es im wirtschaftlichen Interesse eines Bauträgers, die in Bau befindlichen Wohnungen und Kfz-Abstellplätze so rasch wie möglich wieder weiter zu verkaufen. Auch Sale-and-lease-back-Verträge könnten den Tatbestand des § 17 Abs. 2 GrEStG erfüllen.Unter Verweis auf hg. Judikatur wird ausgeführt, dass im Gegenstandsfall lediglich die Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes gemäß § 40 Abs. 2 WEG 2002, nicht jedoch das grundbücherliche Eigentum einverleibt worden wäre.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 05.09.2017 wurde die Beschwerde abgewiesen. Mit Schriftsatz vom 28.09.2017 wurde der Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht eingebracht. Mit Vorlagebericht vom 02.11.2017 legte das Finanzamt die Beschwerde und den entsprechenden Verwaltungsakt an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Sachverhalt:
Mit Aufhebungsvertrag vom 06.06.2017 wurde der Kauf- und Bauträgervertrag vom 06.04.2017 einvernehmlich ex tunc aufgehoben und die Verkäuferin zur Rückzahlung der bereits entrichteten ersten Kaufpreisrate verpflichtet. Am selben Tag (06.06.2017) wurde die beschwerdegegenständliche Liegenschaft mit inhaltsgleichem Kauf-und Bauträgervertrag an die Tochter der seinerzeitigen Käufer, welche noch nicht grundbücherliches Eigentum erworben hatten, veräußert.
Strittig ist die beantragte Rückerstattung gemäß § 17 GrEStG der bereits entrichteten Grunderwerbsteuer bezüglich des ursprünglichen Erwerbsvorganges vom 06.04.2017.
Beweiswürdigung:
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den elektronisch vorgelegten Verwaltungsakt des FA.
Rechtslage und Erwägungen:
§ 17 GrEStG lautet auszugsweise:
(1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,
1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.........
(4) Ist in den Fällen der Abs 1 bis 3 die Steuer bereits festgesetzt, so ist auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern. Bei Selbstberechnung ist in den Fällen der Abs 1 bis 3 die Steuer entsprechend festzusetzen oder ein Bescheid zu erlassen, wonach die Steuer nicht festgesetzt wird.
(5) Anträge nach Abs 1 bis 4 sind bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres zu stellen, das auf das Jahr folgt, in dem das den Anspruch auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer begründende Ereignis eingetreten ist. Die Frist endet keinesfalls jedoch vor Ablauf eines Jahres nach Wirksamwerden der Festsetzung.
Dazu Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II Grunderwerbsteuer § 17 Rz 1 ff:
Den Bestimmungen über die Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer in den Fällen, in denen entweder ein vereinbarter Erwerb später nicht durchgeführt oder in denen nach grundbücherlicher Durchführung zum Rückerwerb ein Rechtsvorgang in umgekehrter Reihenfolge notwendig wird, liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Steuer, da sie nach den Vorschriften des § 1 GrEStG nur durch den Erwerb eines Grundstückes ausgelöst wird, nicht zu erheben oder zu erstatten ist, wenn der Erwerb trotz eines ursprünglich darauf gerichteten Rechtsvorganges später tatsächlich nicht eintritt.
Zweck der Bestimmungen des § 17 GrEStG 1987 ist es also, Vorgänge nicht mit Steuer zu belasten, deren wirtschaftliche Auswirkungen von den Beteiligten innerhalb der im Gesetz gesetzten Frist wieder beseitigt werden (VwGH je vom 3. Juni 1993, 90/16/0144 und 90/16/0145, 0146, vom 21. Jänner 1998, 97/16/0345, vom 29. Oktober 1998, 98/16/0115, 0116, vom 26. Mai 2011, 2011/16/0001 und vom 30. Jänner 2014, 2013/16/0078).
Bei den Ansprüchen aus § 17 GrEStG 1987 auf Nichtfestsetzung der Steuer oder Abänderung der Steuerfestsetzung handelt es sich um selbstständige (gegenläufige) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, die den ursprünglichen Steueranspruch unberührt lassen.
§ 17 GrEStG haben in gleicher Weise Anwendung zu finden, wenn das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber noch nicht übergegangen ist, wie auch dann, wenn der Erwerber bereits grundbücherlicher Eigentümer geworden ist. Die Bestimmungen des Abs 2 regeln die Fälle der Nichterhebung der Steuer beim Eigentumsrückerwerb (vgl RV zur GrEStG-Novelle 1969, 1233 BlgNR 11. GP ).
Die Bestimmungen des § 17 GrEStG sind erforderlich, weil die Steuerschuld grundsätzlich mit der Verwirklichung eines Steuertatbestandes unmittelbar auf Grund des Gesetzes entsteht und in der Regel durch nachträgliche privatrechtliche Vereinbarungen,
mag diesen von den Parteien auch Rückwirkung beigelegt worden sein, nicht mehr beseitigt werden kann (VwGH vom 8. November 1973, 666/73, und vom 26. Juni 1997,
97/16/0024).
Spätere Änderungen können eine entstandene Steuerschuld nur dann in Wegfall bringen, wenn sie einen steuervernichtenden Tatbestand erfüllen (VwGH vom 26. Februar 1981, 15/0439/80, 15/1307/80, vom 30. August 1995, 94/16/0295, und vom 30. April 2003,
2003/16/0008).
§ 17 GrEStG 1987 stellt eine Ausnahme von dem für die Verkehrsteuern geltenden Grundsatz dar, dass die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden soll (vgl VwGH vom 2. März 1992, 91/15/0109, vom 25. Februar 1993, 92/16/0160, vom 29. Oktober 1998, 98/16/0115, 0116, vom 30. März 2000, 99/16/0404, vom 18. September 2007, 2007/16/0037, vom 23. Oktober 2008, 2007/16/0230, und vom 26. Mai 2011, 2011/16/0001).
§ 17 GrEStG setzt voraus, dass die Steuerschuld im Sinne des § 4 Abs 1 BAO und § 8 GrEStG bereits entstanden ist (VwGH vom 12. April 1984, 83/16/0074, vom 26. Jänner 1989, 88/16/0030, und vom 14. November 1996, 96/16/0099).
Die Bestimmungen des § 17 GrEStG 1987 gelten für alle Erwerbsvorgänge iSd § 1 leg cit (VwGH je vom 3. Juni 1993, 90/16/0144 und 90/16/0145, 0146). § 17 GrEStG
bezieht sich - ebenso wie die Tatbestände des § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG - ausschließlich auf das den Anspruch auf Übereignung begründende Verpflichtungsgeschäft. Ob das Verpflichtungsgeschäft erfüllt worden ist, ist für die Frage der Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges, also des Verpflichtungsgeschäftes, nicht maßgebend (VwGH vom 9. August 2001, 2000/16/0085).
Alle Tatbestände des § 17 GrEStG haben also gemeinsam, dass sie sich auf eine Parteivereinbarung gründen (VwGH vom 9. August 2001, 2000/16/0085). Die Anwendung des § 17 GrEStG hat nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges zur unabdingbaren Voraussetzung (vgl VwGH je vom 25. Oktober 1990, 88/16/0153, 89/16/0029, und vom 9. August 2001, 2000/16/0085). Es wird also vorausgesetzt, dass auf Grund eines nachfolgenden gesonderten Willensaktes der Parteien oder auch nur einer Partei der seinerzeitige Erwerbsvorgang hinfällig gemacht oder doch zumindest anders gestaltet worden ist (vgl VwGH vom 19. Oktober 1959, Slg 2091/F, und vom 9. August 2001, 2000/16/0085).
Eine solche Parteivereinbarung muss zwischen denselben Vertragsparteien abgeschlossen werden, zwischen denen der seinerzeitige Erwerbsvorgang vereinbart wurde (vgl VwGH vom 21. November 1951, Slg 496/F, vom 26. Juni 1997, 97/16/0024, vom 29. Oktober 1998, 98/16/0115, 0116, vom 9. August 2001, 2000/16/0085, und vom 8. September 2010, 2008/16/0183).
Bei der rechtlichen Beurteilung, ob das Tatbestandsmerkmal einer Rückgängigmachung iS des § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 vorliegt, kommt es nur darauf an, dass der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor dem Vertragsabschluss innegehabt hatte, durch einen der in § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 genannten Rechtsvorgänge wiedererlangt.
Ein Erwerbsvorgang ist somit nicht iS des § 17 Abs 1 Z 1 EStG 1987 rückgängig gemacht, wenn der Vertrag zwar - was die Vertragsfreiheit des Schuldrechtes erlaubt - der Form nach aufgehoben wird, die durch diesen Vertrag begründete Verfügungsmacht aber weiterhin beim Erwerber verbleibt und der Verkäufer seine ursprüngliche (freie) Rechtsstellung nicht wiedererlangt. VwGH vom 23. Februar 1989, 88/16/0187, je vom 25. Oktober 1990, 88/16/0153, und 89/16/0146, je vom 11. April 1991, 90/16/0009, und 90/16/0087, je vom 26. Jänner 1995, 89/16/0186, und 94/16/0139, vom 27. Februar 1995, 94/16/0074, vom 26. Juni 1997, 97/16/0024, vom 12. November 1997,97/16/0390, 0391, und vom 27. Jänner 2000, 99/16/0481). Erfolgt die Aufhebung des Kaufvertrages lediglich zu dem Zweck der gleichzeitigen Übertragung des Grundstückes auf eine vom Käufer ausgewählte dritte Person zu vom Käufer bestimmten Bedingungen und Preisen, ohne dass der Verkäufer in irgendeiner Weise sein früheres Verfügungsrecht über das Grundstück zurückerlangt, ist der frühere Kaufvertrag über seine formale Aufhebung hinaus auch nicht teilweise „rückgängig gemacht“ worden (VwGH vom 2. April 1984, 82/16/0165, verstärkter Senat, zu § 20 GrEStG 1955).
Rückgängig gemacht ist ein Erwerbsvorgang dann, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (vgl VwGH vom 25. Oktober 1990, 88/16/0153, und vom 25. November 2015, 2013/16/0034).
Ob der ursprüngliche Kaufvertrag bereits erfüllt und der (ursprüngliche) Käufer bereits im
Grundbuch eingetragen war, ist für die Frage der Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges ohne Bedeutung (VwGH vom 30. März 2000, 99/16/0403, und vom 26. April 2001, 2000/16/0871).
Erfolgte die Rückgängigmachung des Kaufvertrages nur, um den Verkauf des Grundstückes an den im Voraus bestimmten neuen Käufer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Kaufvertrages gleichsam uno actu erfolgten, hat der Verkäufer in Wahrheit nicht die Möglichkeit wiedererlangt, über das Grundstück anderweitig frei zu verfügen (vgl VwGH vom 16. März 1995, 94/16/0097, 0098, 0099, vom 12. November 1997, 97/16/0390, 0391, vom 17. Oktober 2001,
2001/16/0184, 0190, vom 29. November 2001, 2001/16/0489, vom 19. März 2003, 2002/16/0258, und vom 8. September 2010, 2008/16/0141).
Eine Rückgängigmachung liegt also dann nicht vor, wenn ein Vertrag zwar formell, aber nur zu dem Zweck aufgehoben wird, gleichzeitig das Grundstück auf eine vom Käufer ausgesuchte andere Person zu übertragen (VwGH vom 20. August 1998, 98/16/0029, und vom 26. Jänner 2006, 2003/16/0512).
Hatte der Verkäufer seine Zustimmung zur Vertragsaufhebung am gleichen Tag erteilt, an dem er mit der von der Beschwerdeführerin namhaft gemachten zweiten Käuferin kontrahierte und wurde überdies der Kaufpreis vom Verkäufer an die Beschwerdeführerin nicht zurückgezahlt, dann lag eine solche Rückgängigmachung nicht vor (VwGH vom 20. August 1998, 98/16/0029).
Volpini de Maestri/Stanek in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner, GrEStG, § 17 Rz 15ff führt hinsichtlich der Rückgängigmachung zum Weiterverkauf mit Judikatur- und Literaturverweisen aus:
"Wird der Vertrag lediglich zum Zweck der Übertragung des Grundstückes zu vom Käufer bestimmten Bedingungen und Preis auf eine vom Käufer ausgewählte dritte Person aufgehoben, ohne dass dabei der Verkäufer sein früheres Verfügungsrecht über das Grundstück zurückerlangt, liegt keine Rückgängigmachung iSd § 17 GrEStG vor. Dies ist dann der Fall, wenn der Verkäufer nicht sowohl das Interesse als auch die Möglichkeit hat, das Grundstück an einen Dritten weiterzuverkaufen. Die zeitliche Abfolge der Vertragsabschlüsse kann dabei einen Hinweis darauf geben, dass eine Wiedererlangung der freien Verfügungsgewalt durch den Verkäufer nicht beabsichtigt war. Damit der Verkäufer wieder freie Verfügungsmacht erlangen kann, muss die Rückgängigmachung aber zeitlich jedenfalls vor Abschluss des zweiten Kaufvertrages mit dem Dritten liegen.....Aus dem Inhalt der zugrunde liegenden Verträge, der zeitlichen Nähe der Vertragsabschlüsse und aus dem persönlichen Naheverhältnis zwischen dem Erst- und Zweiterwerber der Liegenschaft, den Zahlungsmodalitäten und der Zahlungsabwicklung kann auf das Fehlen der freien Verfügungsmacht des Verkäufers geschlossen werden, wenn dem Verkäufer kein finanzielles Risiko aus der Aufhebung des ersten Kaufvertrages und dem kurz darauf erfolgten Abschluss des zweiten Kaufertrages entsteht.
Eine Rückgängigmachung liegt daher nur dann vor, wenn der ursprüngliche Verkäufer wieder das volle wirtschaftliche Risiko der Liegenschaftsverwertung tragen muss. Darauf, dass dieses Risiko wieder vom Verkäufer übernommen wird, deutet insbesondere der Umstand hin, dass ihm vom Käufer ein entsprechender Ausgleich (Stornogebühr) gezahlt wird. Entsteht dem Verkäufer durch eine in der Parteienvereinbarung erfolgte Regelung kein finanzielles Risiko aus der Aufhebung des ersten Kaufvertrages, kann auf das Fehlen der freien Verfügungsmacht des Verkäufers geschlossen werden. Vermittelt der Käufer dem Verkäufer einen neuen Käufer, der das Grundstück zu denselben Konditionen erwirbt, zahlt dem Verkäufer aber nur einen geringen pauschalen Schadenersatz, liegt keine tatsächliche Rückgängigmachung vor, weil der Verkäufer zu keinem Zeitpunkt das Risiko wieder übernehmen muss, einen neuen Käufer für die Liegenschaft zu finden".
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden Aufhebungsvertrag und neuer, inhaltsgleicher Kauf-und Bauträgervertrag am selben Tag abgeschlossen. Überdies erfolgte die Weiterveräußerung nicht an einen, den ursprünglichen Erwerbern unbekannten Dritten, sondern an deren Tochter, zudem zum gleichen Kaufpreis und zu gleichen Bedingungen. Aus der gesamten Konstellation der Geschehnisse ist zu erschließen, dass die ursprünglichen Erwerber dem Veräußerer einen neuen Käufer, nämlich deren Tochter vorgeschlagen haben, der Veräußerer deshalb einer Vertragsaufhebung zugestimmt hat, zumal er kein finanzielles Risiko einer Weiterveräußerung hatte. Wird doch in der Beschwerde selbst vorgebracht, dass es aus wirtschaftlichen Überlegungen Intention des Verkäufers gewesen sein musste, die Liegenschaft so rasch wie möglich weiter zu veräußern. Da Vertragsaufhebung und Neuabschluss gleichsam uno actu erfolgten, der Verkäuferin somit kein wirtschaftlicher Schaden entstand, behielt sich diese auch keine Stornogebühr zurück. Nach Lage des gegenständlichen Beschwerdefalles kann vor dem Hintergrund der zitierten hg. Judikatur nicht davon ausgegangen werden, dass die Verkäuferin durch die Aufhebungsvereinbarung vom 06.06.2017 ihre ursprüngliche freie Rechtsstellung über die beschwerdegegenständliche Liegenschaft wieder erlangt hat. Die Rückabwicklung sowie die Rückzahlung der ersten Kaufpreisrate erfolgten nach Ansicht des BFG deswegen, um formal die Voraussetzungen des § 17 GrEStG zu erfüllen.
Aus all diesen Erwägungen liegt keine Rückgängigmachung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG betreffend den ursprünglichen Erwerbsvorgang vom 06.04.2017 vor.
Der Hinweis auf Sale-and-lease-back-Verträge vermag im Übrigen dem Beschwerdebegehren nicht zum Erfolg zu verhelfen, ist doch Zweck dieser Verträge keineswegs ein Übergang von Grundstücken, der nach den Zielsetzungen des GrEStG über die Besteuerung des Grundstücksverkehrs abgabepflichtig ist; vielmehr dient die Vereinbarung der langfristigen Finanzierung eines Investitionsprojektes, wobei dem in wirtschaftlicher Hinsicht als Kreditgeber zu betrachtenden Vertragspartner zur Sicherung des Kredites das Eigentum an der Liegenschaft übertragen wird (vgl. Fellner, aaO § 17 Rz 54).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch im Erkenntnis zitierter höchstgerichtlicher Judikatur ausreichend geklärt, nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die Auslegung des Gesetzes ist unstrittig. Damit liegt kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Salzburg-Aigen, am 27. Juni 2018
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | VwGH 02.03.1992, 91/15/0109 |