Normen
ABGB §914;
BAO §4 Abs1;
KVG 1934 §17 Abs1;
KVG 1934 §18 Abs1;
KVG 1934 §21 Z1;
VwRallg;
ABGB §914;
BAO §4 Abs1;
KVG 1934 §17 Abs1;
KVG 1934 §18 Abs1;
KVG 1934 §21 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Beschwerdefall liegt eine mit 11. August 1989 datierte Urkunde zugrunde, derzufolge Ing. Fritz E. als "Verkäufer" und die Beschwerdeführerin als "Käuferin" einen "Rahmenvertrag" abgeschlossen haben. Unter Punkt I. des Vertrages wird ausgeführt, Ing. Fritz E. sei alleiniger Gesellschafter der W. GmbH. Die W. GmbH sei alleiniger Gesellschafter von fünf im einzelnen angeführten Gesellschaften mit beschränkter Haftung, "im folgenden kurz St.-Gruppe genannt". Die Punkte III. und X. des "Rahmenvertrages" lauten:
"III.
Kaufgegenstand
Mit notariellem Abtretungsvertrag wird Zug um Zug gegen Unterfertigung dieser Kaufvereinbarung Herr Ing. Fritz E. einen Teil seines Geschäftsanteiles an der prot. Firma W. Gesellschaft m.b.H., der einer im Betrag von S 190.000,-- bar einbezahlten Stammeinlage im Nennbetrag von S 380.000,-- entspricht, um den Abtretungspreis von S 1,000.000,-- (in Worten: Schilling eine Million) an die prot. Firma Sch. Gesellschaft m.b.H. & Co. KG abtreten, und diese wird die Vertragsannahme erklären.
X.
Bezahlung des Kaufpreises
Die Käuferin verpflichtet sich, nachstehende Zahlungen zu
leisten:
1. Bezahlung sämtlicher Lieferverbindlichkeiten der St.-Gruppe
an die P. AG in Höhe von S 4,506.769,20
bis längstens 14. 9. 1989 gemäß Punkt IV.
2. Rückzahlung des Kredites bei der E. Bank, Konto
Nr. 4240.5610 in Höhe von S 4,404.621,99,
sodaß die Haftung des Herrn Ing. Fritz E. zur Gänze gemäß Punkt IV. erlischt.
3. Bezahlung der mit der P. AG, der W. Gesellschaft m.b.H. und sämtlichen Unternehmen der St.-Gruppe vereinbarten Kosten für
Werkzeuge in Höhe von S 2,786.010,81
bis längstens 13. 10. 1989 gemäß Punkt IV.
Die Käuferin verzichtet auf jede Anfechtung wegen Gewährleistung und Irrtums hinsichtlich dieser Verträge.
4. Bezahlung des Abtretungspreises, für die Abtretung der Geschäftsanteile des Herrn Ing. Fritz E. an der prot. Firma W. Gesellschaft m.b.H., die einer im Betrag von S 190.000,-- bar einbezahlten Stammeinlage im Nennbetrag von S 380.000,--
entsprechen, in Höhe von S 1,000.000,--
bei Vertragsunterfertigung.
5. Bezahlung der Provisionsansprüche aufgrund geleisteter Vorbereitungsarbeiten in Polen an eine von Herrn Ing. Fritz E.
namhaft zu machende Person für deren Tätigkeiten in Höhe
von S 5,000.000,--
(in Worten: Schilling fünf Millionen) bis längstens 30. 9. 1989
6. Bezahlung der Abfertigungsansprüche von Frau Ilse E. an
St. Gesellschaft m.b.H. bei Vertragsunterfertigung
S 446.598,--
sohin insgesamter Kaufpreis S 18.144.000,--
(in Worten: Schilling achtzehn Millionen
einhundertvierundvierzigtausend)."
In Punkt I. einer weiteren als "Abtretungsvertrag" bezeichneten Urkunde ebenfalls vom 11. August 1989 wurde vereinbart, daß Ing. Fritz E. von seinem Geschäftsanteil an der W. GmbH einen Teil, der einer mit dem Betrag von S 190.000,-- bar eingezahlten Stammeinlage im Nennbetrag von S 380.000,-- entspricht, um den Abtretungspreis von S 1,000.000,-- an die Beschwerdeführerin abtritt.
Das Finanzamt setzte die Börsenumsatzsteuer auf Grund eines Preises von S 18,144.000,-- mit S 90.720,-- fest.
Gegen den Börsenumsatzsteuerbescheid wurde Berufung erhoben. In einem die Berufung ergänzenden Schriftsatz wurde ausgeführt, bei der Bezahlung der Lieferverbindlichkeiten an die P. AG und bei der Rückzahlung des Kredites bei der E. Bank handle es sich um reine Umschuldungen. Die Provisionsansprüche für Polengeschäfte hätten erbrachte oder noch zu erbringende Leistungen vorausgesetzt. Die Bezahlung der Abfertigungsansprüche der Ilse E. habe sich auf Grund der Auflösung des Dienstverhältnisses ergeben.
Nach Erlassung einer die Berufung als unbegründet abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde ein Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt. In dieser Eingabe wurde ausgeführt, in Ergänzung des Abtretungsvertrages sei ein Rahmenvertrag geschlossen worden, in dem "Finanzierungskonditionen" und zusätzliche Leistungen geregelt worden seien. Die zusätzlichen Finanzierungskonditionen hätten Verbindlichkeiten der St. GmbH betroffen. Die Provisionsregelung für Polengeschäfte hätte einen gesonderten Leistungsaustausch betroffen und könne daher nicht in einem Zusammenhang mit dem Erwerb der Stammanteile gesehen werden. Die sogenannten übernommenen Verbindlichkeiten seien nicht Verbindlichkeiten der W. GmbH, sondern vielmehr Verbindlichkeiten "im Firmenverband der St.-Gruppe". Die Regelungen in der Rahmenvereinbarung hätten ausschließlich auf eine Umstrukturierung in der Finanzierungsstruktur der St.-Gruppe abgezielt.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat dabei die Auffassung, daß zum vereinbarten Preis für die Übertragung der Gesellschaftsanteile sämtliche Leistungen der Beschwerdeführerin, also auch die Übernahme von Verbindlichkeiten anderer Gesellschaften (des St.-Konzerns), zu zählen seien.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 21 Z 1 KVG wird die Börsenumsatzsteuer regelmäßig von dem vereinbarten Preis berechnet.
Unter dem "vereinbarten Preis" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist jedenfalls ein ziffernmäßig bestimmter Geldbetrag zu verstehen (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1969, 956 bis 959/68). Im Punkt X. des in Rede stehenden "Rahmenvertrages" wurde der "Kaufpreis" für den "Kauf" des Anteiles an der W. GmbH in diesem Sinne mit S 18,144.000,-- bestimmt, welcher Betrag somit die Bemessungsgrundlage für die Börsenumsatzsteuer darstellt.
Soweit sich die Beschwerdeführerin zunächst auf den für die Auslegung von Verträgen maßgebenden § 914 ABGB beruft, so ist ihr entgegenzuhalten, daß unter der nach dieser Bestimmung zu erforschenden Absicht der Parteien nicht die Auffassung einer Partei oder ein nicht erklärter und nicht kontrollierbarer Parteiwille, sondern nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen ist, den jede der vertragschließenden Parteien redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muß (vgl zB die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. April 1986, 84/15/0140, und vom 9. Oktober 1991, 89/13/0098, sowie die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 9. Juli 1980, 1 Ob 803/79, SZ 53/104). Nach § 914 ABGB ist also dann, wenn ein Vertrag oder eine Erklärung ausgelegt wird, nicht zu erforschen, welchen subjektiven, dem Partner nicht erkennbaren Willen die erklärende Partei hatte, sondern nur, wie der andere Vertragsteil die Erklärung verstehen mußte (vgl die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 13. Februar 1979, 2 Ob 578/78, JBl 1979, 596).
Die Beschwerdeführerin hat weder im Abgabenverfahren noch in der Beschwerde vorgebracht, welche von der Beurkundung abweichende Absicht die Parteien allenfalls gehabt haben sollten. Daß die Beschwerdeführerin Verbindlichkeiten insbesondere der St. GmbH übernommen hat, wird von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt. Ihre Argumentation läßt jede Auseinandersetzung damit vermissen, für welche Leistung sonst - wenn nicht für die Übertragung des Gesellschaftsanteiles - sich die Beschwerdeführerin zur Übernahme der Verbindlichkeiten verpflichtet haben sollte. Die Ausführungen insbesondere im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz über eine "Umschuldung" innerhalb der St.-Gruppe stellen bloß das für die rechtliche Beurteilung unmaßgebliche Motiv für den Abschluß des in Rede stehenden Anschaffungsgeschäftes dar. Dieses Motiv kann somit darin nichts ändern, daß der Preis für die Übertragung des Anteiles an der W. GmbH S 18,144.000,-- beträgt, wobei die Abstattung dieses Preises überwiegend durch die Übernahme von Verbindlichkeiten eines Dritten (nämlich der konzernmäßig verflochtenen, aber ein von den Vertragspartnern selbständiges Rechtssubjekt bildenden St. GmbH) erfolgte. Die belangte Behörde war damit auch nicht gehalten, die Schriftenverfasser zur Motivation der Vertragspartner als Zeugen zu befragen, zumal von der Beschwerdeführerin in ihrem Beweisantrag kein Beweisthema angeführt worden ist. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß die von der Beschwerdeführerin bezogenen Vorschriften des AVG im Verfahren zur Erhebung von bundesrechtlich geregelten Abgaben nicht zur Anwendung kommen.
Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin ist es nicht maßgeblich, auf welche Weise der im Punkt X. des "Rahmenvertrages" vereinbarte "Kaufpreis" berichtigt wird. Ob die Beschwerdeführerin durch die Bezahlung der übernommenen Verbindlichkeiten ein Forderungsrecht gegen die primäre Schuldnerin erwirbt und ob diese Forderungen der Beschwerdeführerin einbringlich sind, ändert nichts an der Höhe des für die Übernahme des Gesellschaftsanteiles vereinbarten Preises. Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, ob die von ihr übernommenen Schulden tatsächlich auch von ihr oder von einer anderen Gesellschaft der St.-Gruppe bezahlt werden, ist für die Bemessungsgrundlage des gegenständlichen Anschaffungsgeschäftes nicht von Bedeutung. Entsteht doch die Steuerschuld bei der Börsenumsatzsteuer im Sinne des § 4 Abs. 1 BAO mit dem Abschluß des Anschaffungsgeschäftes. Ob die Bestimmungen über die Erfüllung dieses Rechtsgeschäftes vereinbarungsgemäß befolgt werden, hat keinen Einfluß auf die Höhe der entstandenen Steuerschuld, da bei den Verkehrsteuern der Grundsatz gilt, daß die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden kann (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. März 1992, 91/15/0109).
Im Hinblick auf diesen Grundsatz ist auch nicht maßgeblich, daß Ing. Fritz E. mit einer Vereinbarung vom 12. September 1991 auf die Provisionsansprüche aus einem "Polengeschäft" verzichtet habe. Die hinsichtlich dieser Provisionsansprüche vertretene Meinung der Beschwerdeführerin, es habe sich dabei um eine "gesonderte Vereinbarung" gehandelt, geht ins Leere. Die Übernahme einer Verpflichtung aus diesem Vermittlungsgeschäft stellt vielmehr ebenso wie die zuletzt genannte Übernahme von Verbindlichkeiten der St.-GmbH lediglich die Erfüllung des für die Übertragung des Gesellschaftsanteiles vereinbarten Preises dar. Dies gilt in gleicher Weise auch für die Übernahme der Abfertigungsansprüche der Ilse E., wobei es ebenfalls nicht maßgeblich war, daß das diesen Ansprüchen zugrunde liegende Rechtsverhältnis - also das entsprechende Dienstverhältnis - in keinem Zusammenhang mit der Übertragung der Gesellschaftsanteile stand.
Die Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)