BFG RV/5100526/2017

BFGRV/5100526/201715.10.2019

Vom Bf. in Abrede gestellte elektronische Zustellung des Grundlagenbescheides für einen Säumniszuschlag

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100526.2017

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Binder in der Beschwerdesache des BF, whft. WS, über die Beschwerde vom 19.2.2017 gegen den Bescheid der belangten Behörde FA vom 9.2.2016, betreffend die Festsetzung eines Säumniszuschlages für Einkommensteuer 2015 zur Steuernummer (StNr.) 12 iHv. € 4.667,00 gemäß § 217 Abs. 1 und 2 Bundesabgabenordnung (BAO), zu Recht erkannt: 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

 

Mit Bescheid vom 9.2.2017 setzte das bezeichnete Finanzamt zur genannten StNr. gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO einen (ersten) Säumniszuschlag iHv. € 93,94 (2 % von € 4.667,00) fest, da die aus der Festsetzung der Einkommensteuer 2015 vom 2.5.2016 resultierende Abgabenschuld mit einem Betrag von € 4.667,00 nicht bis zum 2.1.2017 entrichtet worden sei.

In der dagegen form- und fristgerecht im Wege von Finanz-Online erhobenen Beschwerde (§ 243 BAO) vom 19.2.2017 brachte der Beschwerdeführer (Bf.) vor, dass ihm bis zum 14.2.2017 kein Einkommensteuerbescheid 2015 (elektronisch) zugestellt worden sei bzw. kein entsprechender Eintrag in seiner Databox aufscheine. Auch eine E-Mail-Verständigung sei nicht erfolgt, obwohl von ihm beide Verständigungsarten im Finanz-Online unter Zustellung eingestellt worden seien. Eine mündliche Rückfrage beim Finanzamt im Oktober 2016 sei von einer Mitarbeiterin der Servicestelle mit dem Hinweis auf eine mindestens 6-monatige Dauer der Bescheidausstellung beantwortet worden. Am 10.2.2017 habe der Bf. eine entsprechende Zahlungsaufforderung (ohne Bescheid) erhalten, der er dann auch umgehend nachgekommen sei. Eine (neuerliche) Rückfrage beim Finanzamt habe zuerst kein Ergebnis ergeben, und habe sich erst danach, u. zw. am 14.2.2017, der entsprechende Einkommensteuerbescheid 2015 (erstmals) als Eingang in seiner Databox (Eingangsdatum: 14.2.2017) befunden. Sinngemäß wurde vom Bf. daher die Aufhebung des ausgesprochenen Säumniszuschlages begehrt.

Am 6.3.2017 übermittelte der Bf. der Abgabenbehörde am 6.3.2017 den tagesaktuellen Inhalt seiner Databox als angeschlossene pdf-Datei, aus dem u. a. hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Grundlagen- bzw. Einkommensteuerbescheides vom 2.5.2016 als Zeitpunkt des Einlangens in die Databox des Bf. das Datum 14.2.2017 ersichtlich war.

Eine (von der Abgabenbehörde durchgeführte, schriftliche) Anfrage an die für das Verfahren Finanz-Online zuständige Abteilung I/10-BF des Bundesministeriums für Finanzen (BMF), wurde von der ersuchten Stelle am 6.3.2017 bzw. am 17.3.2017 dahingehend beantwortet, dass der Einkommensteuerbescheid 2015 (erstmals) am 2.5.2016 um 19:56:35 Uhr in die Databox des Bf. übermittelt und dort am 3.5.2016, um 14:51:50 Uhr, auch (aus)gelesen worden sei. Das in der Databox des Bf. (pdf-Datei vom 6.3.2017) aufscheinende neuerliche Eingangsdatum für den Einkommensteuerbescheid 2015 (14.2.2017) sei auf eine offenbar zwischenzeitig erfolgte persönliche Anforderung des genannten Bescheides durch den Bf. zurückzuführen.

Mit Beschwerdevorentscheidung (§ 263 BAO) vom 14.3.2017 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte begründend dazu (unter Hinweis auf § 98 Abs. 2 BAO) aus, dass der Einkommensteuerbescheid vom 2.5.2016 mit dem dort ausgewiesenen Fälligkeitszeitpunkt dem Bf. noch am gleichen Tag ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Der (neuerliche) Bescheid-Eingang in der Databox des Bf. vom 14.2.2017 sei auf eine (neuerliche) Bescheid-Anforderung zurückzuführen. Da die im angefochtenen Bescheid festgestellte Abgabenschuld innerhalb der gemäß § 206 Abs. 10 BAO für deren Entrichtung zur Verfügung stehenden Frist nicht zur Gänze entrichtet worden sei, stehe die Festsetzung eines Säumniszuschlages im Einklang mit der geltenden Rechtslage. Im Übrigen wurde darauf hingewiesen, dass einerseits eine unterbliebene Benachrichtigungs-E-Mail für die bewirkte Zustellung keinerlei Auswirkungen habe und, andererseits, aus der Databox des Teilnehmers ausgelesene Bescheide 31 Tage nach dem Auslesevorgang aus der Databox des Teilnehmers automatisch gelöscht würden.

Mit E-Mail vom 17.3.2017 wurden dem Bf. die Ergebnisse der oa. (abgabenbehördlichen) Anfrage an das BMF (Übermittlung des Bescheides vom 2.5.2016 an den Bf. durch Eingang in seine Databox, sowie anschließende Auswertung/Lesen am 3.5.2016) zur Kenntnis gebracht.

Gegen die bezeichnete Beschwerdevorentscheidung stellte der Bf. (form- und fristgerecht; im Wege von Finanz-Online) den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht (§ 264 BAO; Vorlageantrag) und ersuchte um nochmalige Überprüfung der Angelegenheit.

Begründend dazu, wurde vom Bf. (nochmals) geltend gemacht, dass der Einkommensteuerbescheid 2015 nicht zeitgerecht in seinen elektronischen Verfügungsbereich (Databox) gelangt sei, er auch keine Verständigung über eine erfolgte Zustellung per E-Mail erhalten habe, sowie über (erstmalige) Erkundigung im Oktober 2016, seitens des Finanzamtes auf eine Erledigung nach sechs Monaten verwiesen worden sei. Die nunmehr abgabenbehördlich behauptete Zustellung des, in Erledigung eines Antrages des Bf. vom 1.5.2016 ergangenen Bescheides am 2.5.2016 (Einbringung in die Databox) bzw. dessen angebliche Kenntnisnahme durch den Bf. am 3.5.2016 (Auslesen), erscheine insofern unrealistisch, als kein Mensch eine, beim Bf. ca. einmal monatlich erfolgende Kontrolle der Databox bereits zwei Tage nach erfolgter Antragstellung durchführen würde. Erneut wurde darauf verwiesen, dass sich erst über eine neuerliche Kontaktaufnahme des Bf. mit dem Finanzamt, der gegenständliche (Einkommensteuer-)Bescheid im Steuerakt und schließlich auch in der Databox des Bf. (Eingangsdatum: 14.2.2017) gefunden habe.

Das Finanzamt legte die verfahrensgegenständliche Beschwerde unter Anschluss der relevanten Akten am 13.4.2017 dem Bundesfinanzgericht (BFG) vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

 

Über die vorliegende Beschwerde wurde erwogen:

 

1. Sachverhalt:

Der dem angefochtenen Säumniszuschlag zugrundeliegende Einkommensteuerbescheid 2015 (Einkommensteuer: € 4.867,00 = Abgabennachforderung aus Gegenüberstellung der nunmehrig und bisher festgesetzten Einkommensteuer; genanntes Fälligkeitsdatum: 10.6.2016) erging unter vollinhaltlicher Berücksichtigung der vom Bf. beim Finanzamt am 1.5.2016 eingebrachten elektronischen Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2015 am 2.5.2016. Als Zeitpunkt der Erstellung der elektronischen Amtssignatur gemäß § 19 E-Government-Gesetz, BGBl I Nr. 10/2004 idgF, ist in dem am Ende des Bescheid-Dokumentes angebrachten Signaturblock samt „Zeitstempel“ der 2.5.2016, 19:56:32 Uhr, genannt. Der Bescheid wurde noch am gleichen Tag, um 19:56:35 Uhr, dem seit Jahren an dem u. a. die Zustellung von abgabenbehördlichen Erledigungen in automationsunterstützter Form regelnden Verfahren Finanz-Online teilnehmenden Bf., der von der ihm beim Systemeinstieg in Finanz-Online angebotenen Möglichkeit eines Verzichtes auf die elektronische Zustellung keinen Gebrauch gemacht hatte, in die für ihn eingerichtete Databox zugestellt und dort am 3.5.2016 um 14:51:50 Uhr (aus)gelesen.

Eine (abgabenbehördliche) Verständigung des Bf. über den og. Databox-Zugang vom 2.5.2016 per E-Mail an die von ihm zu diesem Zweck bekanntgegebene E-Mail-Adresse erging nicht bzw. ist derartiges nicht feststellbar.

Die vorgenannte, sich aus dem bezeichneten Bescheid ergebende Abgabenschuld wurde vom Bf. durch jeweils im Rahmen der zusammengefassten Verbuchung von Zahlungen (ohne Verrechnungsweisung) gemäß § 214 Abs. 1 BAO am Abgabenkonto kontokorrentmäßig als entsprechende Saldozahlungen verbuchten Banküberweisungen vom 16.2.2016 und vom 17.5.2016, iHv. jeweils € 100,00 bzw., hinsichtlich des (anschließend) noch offenen Teilbetrages von € 4.667,00; (ebenfalls durch Banküberweisung) am 16.2.2017, entrichtet (Verbuchung am Abgabenkonto am 21.2.2017).

Mit dem hier angefochtenen Bescheid wurde unter Berücksichtigung des sich aus der dem Bf. hinsichtlich eines am Verrechnungskonto bestehenden Abgabenrückstandes iHv. € 4.638,00 (aus der am 25.1.202016 bescheidmäßig festgesetzten, am Abgabenkonto am 25.1.2016 verbuchter Einkommensteuer 2014 von € 4.238,00 zuzüglich mit Bescheid vom 3.2.2016 festgesetzter, bis zum Ablauf einer gewährten Zahlungserleichterung zu belastender Einkommensteuervorauszahlungen für 2016 von € 400,00) über elektronischen Antrag vom 26.1.2016 gemäß § 212 Abs. 1 BAO eingeräumten Zahlungserleichterung vom 4.2.2016 (gewährte Ratenzahlungen vom 1.3.2016 bis zum 2.1.2017), aufgrund der Bestimmungen der §§ 210 Abs. 6; 230 Abs. 2 und § 217 Abs. 4 lit. b BAO, hinsichtlich des nicht bis zum 2.1.2017 entrichteten Restbetrages an Einkommensteuer 2015 von € 4.667,00; ein (erster) Säumniszuschlag in der genannten Höhe festgesetzt.           

2. Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Finanzamtsakt, dem elektronischen Steuerakt zur genannten StNr., sowie aus den über entsprechende Anfragen ergangenen Mitteilungen des BMF über die erfolgten Eintragungen in dem Bf. bzw. dessen StNr. zugehörigen Finanz-Online-Verfahren, insbesondere betreffend die aus dem System ersichtlichen Zustellvorgänge des genannten Grundlagenbescheides. Dabei ist hinsichtlich der vom Beschwerdevorbringen abweichenden Feststellung des Zeitpunktes der (erstmaligen) Einbringung des Einkommensteuerbescheides 2015 in die Databox des Bf. Nachstehendes auszuführen:

Grundsätzlich kommt im Abgabenverfahren als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts geeignet bzw. nach der Lage des Falles zweckdienlich ist. Die Abgabenbehörde bzw. das Bundesfinanzgericht (vgl. § 269 Abs. 1 BAO) haben unter sorgfältiger Berücksichtigung der gewonnenen Verfahrensergebnisse nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine bestimmte Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht (vgl. §§ 166 f BAO). Dass dabei, wie etwa in einem Strafverfahren, jeder Zweifel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist, ist ebenso wenig erforderlich (vgl. etwa VwGH 20.04.2004, 2003/13/0165), wie ein Nachweis von der Partei bestrittener, für sie nachteiligen Tatsachen in einem „naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn“ (VwGH 23.2.1994, 92/15/0159), sondern genügt als (erforderliches) Beweis(aus)maß bereits eine höhere Wahrscheinlichkeit. Sowohl die Behörde, als auch das Verwaltungsgericht (BFG) hat daher im Rahmen der freien Überzeugung von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit bzw. eine entsprechende Gewissheit für sich haben und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließen oder solches zumindest wenig(er) wahrscheinlich erscheinen lassen (so etwa VwGH 28.10.2010, 2006/15/0301, bzw. 24.02.2011, 2010/15/0204, bzw. Ritz, BAO 6 , § 167 Tz 8 ff mwN).

Betrachtet man die vom Beschwerdevorbringen abweichenden Darlegungen der Abgabenbehörde zum entscheidungserheblichen Sachverhalt (Zeitpunkt des erstmaligen Einganges des Einkommensteuerbescheides 2015 in den elektronischen Verfügungsbereich des Bf.), so ergeben sich aus dem (elektronischen) Steuerakt und aus den abgabenbehördlich eingeholten Auskünften der für Administration und Überwachung der Applikation Finanz-Online zuständigen, im Beschwerdefall auf im System für den Bf. noch vorhandene Datensätze zurückgreifenden Schnittstelle des BMF, ein Einlangen der elektronischen Einkommensteuererklärung 2015 des Bf. beim Finanzamt am 1.5.2016; die amtsinterne Bearbeitung, mit anschließender Verarbeitung und Bescheiderstellung (im Wege des BRZ) mit Hinzufügung der elektronischen Signatur am 2.5.2016, 19:56:32 Uhr; eine (erstmalige) Einbringung des Bescheides in die Databox des Bf. am gleichen Tag um 19:56:35 Uhr, sowie ein Auslesen dieses Databox-Einganges am 3.5.2016 um 14:51:50 Uhr.

Berücksichtigt man nun einerseits, dass diese im Abgabenverfahren ermittelte Datenlage betreffend die (erstmalige) Bescheidübermittlung an den Bf. bzw. deren Kenntnisnahme (Auslesen) durch den Bf., auf jeweils im System Finanz-Online zur genannten StNr. erfasste, jedenfalls bis zum Auskunftszeitpunkt dort gespeicherte und noch abrufbare Vorgänge und Abläufe zurückzuführen ist, und sowohl deren dargestellter zeitlicher Ablauf bzw. deren Dauer insofern realistisch erscheinen, als ja auch in den Veranlagungsjahren 2012 und 2013 die amtliche Erledigungsdauer von Arbeitnehmererklärungen des Bf. (zwischen Erklärungseinreichung und Bescheiderstellung mit anschließender elektronischer Zustellung) nicht mehr als zwei Tage betragen hat, und, andererseits, zur Erklärung des späteren Bescheid-Eingangsdatums 14.2.2017 bzw. zu einem, für den Bf. nachträglich nicht mehr feststellbaren früheren Bescheid-Zuganges, feststeht, dass im Finanz-Online-Verfahren vom Teilnehmer einmal aus seiner Databox ausgelesene Inhalte nach 31 Tagen automatisch gelöscht werden und erst über persönliche Anforderung wiederum als (neuerlicher) Eingang in die Databox des Teilnehmers gelangen, so ergibt sich insgesamt eine entsprechend hohe bzw. überragende Wahrscheinlichkeit für die von der Abgabenbehörde dargelegte, letztlich auch nicht durch die sich als nicht stichhaltig erweisenden Einwendungen des Bf., der ja den grundsätzlichen Zugang zu seiner Databox am 2. bzw. am 3.5.2016 nicht in Abrede gestellt hat, entkräftete, Faktenlage.                 

Wenngleich das Auftreten eines Systemfehlers dahingehend, dass der von der zentralen Verfahrens-Schnittstelle des BMF (nachträglich) für den Bf. festgestellte Databox-Eingang vom 2.5.2016 tatsächlich nicht in dessen elektronischen Verfügungsbereich gelangt bzw. in dessen Databox-Ansicht nicht (als Eingang) aufgeschienen ist, und in weiterer Folge vom Bf. auch nicht (am 3.5.2016 durch Auslesen) zur Kenntnis genommen wurde bzw. gar nicht genommen werden konnte, mit letzter Gewissheit auch nicht völlig ausgeschlossen werden kann, so kommt der lückenlosen, angesichts der Einzelfallumstände realistisch und plausibel anmutenden Dokumentation der geschilderten Verfahrensabläufe durch die genannten Beweismittel ein größerer Überzeugungsgrad zu, sodass, im Gegensatz zum Vorbringen des Bf., davon ausgegangen werden konnte, dass der Einkommensteuerbescheid 2015 bereits am 2.5.2016 um 19:56:35 Uhr erstmals in den (elektronischen) Verfügungsbereich des Bf. gelangt ist und dort von ihm am 3.5.2016 (durch Auslesen) auch entsprechend zur Kenntnis genommen wurde.                                   

3. Rechtslage:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Abs. 2 leg. cit zufolge, beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 4 lit. b BAO sind Säumniszuschläge insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2 (Ausschluss von Einbringungsmaßnahmen während gesetzlicher oder bescheidmäßig zuerkannter Zahlungsfristen) gehemmt ist (§ 217 Abs. 4 lit. b leg. cit.).

Die auf die Vermeidung von ungewollten, sich aus der in § 214 Abs. 1 BAO vorgesehenen zusammengefassten (kontokorrentmäßigen) Verbuchung für den Abgabepflichtigen ergebenden Nachteilen abzielende  Bestimmung des § 210 Abs. 6 BAO sieht vor, dass dann, wenn eine Abgabe nur deswegen als nicht entrichtet anzusehen ist, weil vor dem Ablauf einer zur Entrichtung einer anderen Abgabenschuldigkeit zur Verfügung stehenden Zahlungsfrist eine (kontokorrentmäßige kumulative) Verrechnung gemäß § 214 auf diese andere Abgabenschuld erfolgt ist, dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung der erstgenannten Abgabe eine Nachfrist bis zum Ablauf der später endenden Zahlungsfrist für eine der genannten Abgaben, zusteht. 

Über Antrag des Abgabepflichtigen sind gemäß § 217 Abs. 7 BAO Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als den Abgabepflichtigen an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft bzw. insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden (behördliche) Erledigungen, wie etwa Abgabenbescheide, dadurch wirksam, dass sie demjenigen, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind, bekanntgegeben werden, wobei bei schriftlichen Erledigungen die Bekanntgabe regelmäßig durch Zustellung erfolgt. Abs. 3 leg. cit. zufolge, kann der Inhalt einer behördlichen Erledigung (anstelle der Zustellung) nicht nur telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden, sondern kann darüber hinaus durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen vorgesehen werden, dass die Mitteilung des Inhalts auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise erfolgt, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen/privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf und die Verordnung technische und organisatorische Maßnahmen zur Gewährleistung von Mitteilungen in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren, den Erfordernissen des Datenschutzes entsprechenden Weise festlegt.

Gemäß der Bestimmung des § 5b der nach § 97 Abs. 3 BAO erlassenen FinanzOnline-Verordnung 2006 idgF (FOnV) haben die Abgabenbehörden, nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten, Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Abs. 2 leg. cit. zufolge kann jeder Teilnehmer in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Erledigungszustellung selbst wird durch Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen bzw. ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.

Nach § 5b Abs. 3 FOnV kann ein FinanzOnline-Teilnehmer auf die elektronische Zustellungsform verzichten. Zu diesem Zweck ist ihm bei seinem ersten nach dem 31.12.2012 erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten und auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten.

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente dann als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.   

4. Rechtliche Würdigung:

Bei dem nach der geltenden Rechtslage als objektive Säumnisfolge gestalteten, nicht im abgabenbehördlichen Ermessen gelegenen (vgl. VwGH 14.11.1988, 87/15/0138), sondern bei Vorliegen der in § 217 BAO geforderten Voraussetzungen bescheidmäßig geltend zu machenden Säumniszuschlag handelt es sich um ein allein auf den (objektiven) Zahlungsverzug (nicht aber auf ein allfälliges Verschulden) abstellendes „Druckmittel“ zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht (vgl. VwGH 16.12.2003, 2000/15/0155 bzw. Ritz, aaO, § 217 Tz 2 ff, mwN).

Auch wenn die (eingetretene) Säumnis bzw. die Geltendmachung eines Säumniszuschlages unabhängig davon ist, ob die Festsetzung der entsprechenden Bemessungsgrundlage (Stammabgabe) rechtmäßig, rechtskräftig oder richtig ist, so setzt bei anderen als Selbstbemessungsabgaben (schon) der Eintritt einer Säumnis einen entsprechend rechtswirksamen Grundlagenbescheid iSd § 198 BAO (mit dem eine Stammabgabe bzw. deren, allenfalls von § 210 Abs. 1 BAO abweichende Fälligkeit festgesetzt wurde) voraus, sodass daher für derartige Abgaben, so lange dem Abgabenschuldner noch kein solcher Grundlagenbescheid nach § 97 BAO bekanntgegeben wurde (vgl. Ritz aaO, § 97 Tz 1 ff), es auch zu keiner dem Abgabepflichtigen „anzulastenden“ bzw. ihm zuzurechnenden Säumnis iSd § 217 Abs. 1 BAO kommen kann.

Der Zeitpunkt, an dem die (an einen Abgabepflichtigen im Wege von Finanz-Online übermittelten Daten) in den elektronischen Verfügungsbereich des (angesprochenen) Empfängers gelangen, ist der Zeitpunkt der Einbringung der (übermittelten) Daten in dessen Databox (vgl. etwa Ritz, aaO, § 98 Tz 4, mwN). Dabei ist die Databox eine solche, zu der der Empfänger – zum fraglichen Zeitpunkt – auch tatsächlich Zugang hat (vgl. VwGH 1.7.2013, 2009/13/0105). Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den VwGTeilnehmer, beispielsweise durch ein Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides, kommt es für die Bewirkung einer Zustellung nicht an (vgl. etwa BFG 14.2.2019, RV/7100457/2019, bzw. die bei Ritz aaO genannte BFG-Judikatur).

Ebenso kommt es für die (Feststellung des Zeitpunktes einer) elektronische(n) Zustellung auf das Datum der allenfalls nach § 5b Abs. 2 FOnV 2006 erfolgten (zusätzlichen) abgabenbehördlichen Information des Teilnehmers darüber, nicht an. Auch dann, wenn eine solche zusätzliche Information des Empfängers (über die erfolgte Zustellung) überhaupt unterblieben ist, so beeinträchtigt derartiges nicht die Zustellwirkung, da einer solchen (zusätzlichen) Mitteilung ein reiner Service-Charakter zukommt (vgl. Ritz, aaO).

Da im Anlassfall feststeht, dass einerseits der Einkommensteuerbescheid 2015 dem Bf. rechtswirksam zugestellt (bzw. von ihm auch zur Kenntnis genommen) wurde und, andererseits, die daraus resultierende Abgabenschuld hinsichtlich eines Teilbetrages von € 4.667,00 nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet wurde, ist die hier angefochtene gemäß § 217 Abs. 4 lit. b BAO den Ablauf der für die Entrichtung der säumigen Abgabe zusätzlich zur Verfügung stehenden Nachfrist des § 210 Abs. 6 BAO, entsprechend berücksichtigende Festsetzung eines (ersten) Säumniszuschlages zu Recht ergangen.

Im Hinblick auf § 217 Abs. 7 BAO (Absehen von der Festsetzung bzw. Herabsetzung eines Säumniszuschlages, wenn kein grobes Verschulden, d. h. bloß leicht fahrlässiges oder gar schuldloses Verhalten im Zusammenhang mit der eingetretenen Säumnis, vorliegt) ist festzuhalten, dass der Bf. den ihm ordnungsgemäß übermittelten Einkommensteuerbescheid durch den Lesevorgang am 3.5.2016 zur Kenntnis genommen, in weiterer Folge aber offenbar, bis zum Erhalt der Zahlungsaufforderung am 10.2.2017, dessen Zahlungsgebot hinsichtlich des nach Teilzahlungen vom 16.2.2016 und vom 17.5.2016 (jeweils € 100,00) weiterhin offenen Restbetrages von € 4.667,00 nicht mehr weiter beachtet bzw. die entsprechende Zahlungspflicht vergessen hat. Indem aber weder das Beschwerdevorbringen, noch die sonstige Aktenlage Gründe bzw. Argumente dafür erkennen lassen, dass die bereits mit Ablauf des 10.6.2016 (§ 108 BAO) zu einer entsprechenden Säumnis führende Nichtbeachtung der Zahlungsverpflichtung völlig schuldlos oder leicht fahrlässig erfolgt ist (zur diesbezüglich erhöhten Behauptungs- und Beweislast des säumigen Abgabepflichtigen vgl. etwa BFG 16.5.2017, RV/5101646/2015), ist das Verhalten des Bf., indem er offenbar die für die Einhaltung von behördlichen bzw. gesetzlichen Terminen und Fristen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat, als auffallend sorglos bzw. als ein jedenfalls nicht bloß minderer Grad des Versehens einzustufen (vgl. dazu etwa VwGH 14.10.2015, 2013/17/0137; VwGH 26.2.2014, 2012/13/0051; VwGH 27.1.1999, 98/16/0290, ÖStZB 1999, 463, bzw.  Ritz, aaO, § 308 Tz 15 mwN). Daran vermag insbesondere auch das nach Eintritt der Säumnis eingetretene Ereignis der nach dem Zugang einer entsprechenden abgabenbehördlichen Zahlungsaufforderung zeitnahen Entrichtung der gegenständlichen Abgabenschuld etwas zu ändern.    

   

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die rechtliche Beurteilung des im Rahmen der freien Beweiswürdigung festgestellten Sachverhaltes der genannten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war eine Revision nicht zuzulassen.

 

 

Linz, am 15. Oktober 2019

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 4 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 210 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5b FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Säumnis, Säumniszuschlag, elektronische Zustellung, Verschulden

Verweise:

VwGH 28.10.2010, 2006/15/0301
VwGH 16.12.2003, 2000/15/0155
VwGH 01.07.2013, 2009/13/0105
VwGH 14.10.2015, 2013/17/0137
VwGH 27.01.1999, 98/16/0290

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