BFG RV/5100185/2010

BFGRV/5100185/201026.8.2016

1. Übertragung einer Aufschließungsstraße in das öffentliche Gut; 2. Errichtung einer Aufschließungsstraße durch die öffentliche Hand

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.5100185.2010

 

Beachte:
Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2017/15/0003. Mit Erk. v. 27.11.2017 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/5101938/2017 erledigt.

Anmerkungen:
Abweichend VwGH vom 25.10.2011, 2008/15/0299, vom 30.04.2015, 2012/15/0163, vom 25.07.2013, 2011/15/0055, vom 19.12.2013, 2009/15/0137 und BFG vom 22.12.2015, RV/5100330/2006

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Thomas Krumenacker in der Beschwerdesache ABC, über die Beschwerden gegen die Bescheide des Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2004 bis 2008 zu Recht erkannt: 

Die Bescheide werden abgeändert.

Umsatzsteuer 2004:
Vorsteuern: -705.104,06 €
Die übrigen Bemessungsgrundlagen bleiben unverändert.
Die Umsatzsteuer wird daher festgesetzt mit -635.829,15 € (Gutschrift).

Umsatzsteuer 2005:
Vorsteuern: -603.480,76 €
Die übrigen Bemessungsgrundlagen bleiben unverändert.
Die Umsatzsteuer wird daher festgesetzt mit -417.887,22 € (Gutschrift).

Umsatzsteuer 2006:
Vorsteuern: -516.642,84 €
Die übrigen Bemessungsgrundlagen bleiben unverändert.
Die Umsatzsteuer wird daher festgesetzt mit -256.090,14 € (Gutschrift).

Umsatzsteuer 2007:
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen: 3.481.378,38 €
Davon mit 20% zu versteuern: 3.454.748,67 €
Vorsteuern: -704.742,97 €
Die übrigen Bemessungsgrundlagen bleiben unverändert.
Die Umsatzsteuer wird daher festgesetzt mit -11.130,27 € (Gutschrift).

Umsatzsteuer 2008:
Vorsteuern (ohne solche betreffend Übergang der Steuerschuld und ohne Berichtigungen):
-321.741,61 €
Die übrigen Bemessungsgrundlagen bleiben unverändert.
Die Umsatzsteuer wird daher festgesetzt mit 297.937,14 € (Zahllast).

 

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

 

I. Anlässlich einer Betriebsprüfung stellt der Prüfer fest und nahm nachstehende Beurteilungen vor:

 

I.A. Übersiedlung Sportplatz

Zwischen der Gemeinde XY (nachfolgend XY) und der Gemeinschaft ABC (nachfolgend ABC, der Beschwerdeführer ist deren Rechtsnachfolger) wurde u.a. folgende Vereinbarung getroffen:
ABC übersiedelt den gesamten derzeitigen Bestand des Sportplatzes und der Badeanlage der XY auf eine Fläche südlich der Straße BB (nachfolgend BB) auf ihre Kosten.
XY verpflichtet sich, die Grundflächen zwischen der Eisenbahntrasse und der BB in Bauland umzuwidmen (sogenanntes Gewerbegebiet).

Am 17.12.2002 erfolgte besagte Umwidmung. Am 19.12.2002 hat ABC die für die (Neu)Errichtung der Sport- und Badeanlage nötigen Grundflächen an XY verkauft. Im Jahr 2003 hat ABC den Auftrag zur (Neu)Errichtung besagter Anlagen erteilt. Die Fertigstellung erfolgte im Jahr 2005.

Im Jahr 2003 hat ABC auch mit dem Verkauf von Grundstücksteilen im o.a. Gewerbegebiet begonnen und jeweils als steuerpflichtig behandelt (§ 6 Abs. 2 UStG 1994).

ABC hat die ihr für die Errichtung besagter Anlagen in Rechnung gestellten Umsatzsteuern als Vorsteuer abgezogen. Dies sei jedoch aus folgenden Gründen nicht zulässig:

Da bereits zu Beginn der Bauarbeiten feststand, dass die gesamte Anlage auf Kosten der ABC auf einer zuvor durch XY erworbenen Liegenschaft erfolgt und unentgeltlich in das Eigentum der XY übergeht, liege eine einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellte Entnahme aus dem Unternehmen für eine unentgeltliche Zuwendung iSd § 3 Abs. 2 UStG 1994 vor. Die Vorsteuern werden nicht anerkannt, weil dies der Vorschreibung der Umsatzsteuer infolge Entnahme gleichkomme.

Im Hinblick auf die direkte und unmittelbare Zuordnungsmöglichkeit (der Entnahme) sei unerheblich, dass ABC (als gewerbliche Grundstückshändlerin) mit der unentgeltlichen Übertragung letztlich bezweckte, die Grundstücke des Erschließungsgebietes (steuerpflichtig) liefern zu können.

 

I.B. Straße im Gewerbegebiet

Zwischen XY und ABC wurde am 19.12.2002 folgende Vereinbarung getroffen:
ABC verpflichten sich, sämtliche Kosten der infrastrukturellen Erschließung des Gewerbegebietes, die ab der Grundstückgrenze dieses Gebietes anfallen und soweit die Herstellung von XY und nicht von ABC beauftragt wurde, zu tragen.
Von dieser Regelung ausgenommen ist die Errichtung der Straßen, die ABC selbst beauftragen wird. Nach Errichtung dieser Straßen durch ABC verpflichtet sich XY, diese Straßen einschließlich Bankette, Gehsteige, Radwege und dazugehörige Grünstreifen in das öffentliche Gut zu übernehmen.

Die für die Errichtung der Straße nötigen Grundflächen hat ABC im Jahr 2003 an XY abgetreten.
Im Jahr 2005 wurde mit dem Bau der Straße begonnen. Die Fertigstellung erfolgte im Jahr 2007.

Laut Beschluss der XY vom 28.02.2007 hat ABC die Straße entschädigungslos abgetreten. Die Kosten für den Betrieb sowie Reinigung und Instandhaltung dieser Straßen werden zur Gänze von XY getragen. Die Straße ist im Grundbuch als öffentliches Gut mit der Anmerkung "Straßenanlage" ausgewiesen und ist Teil einer Zufahrt von/zur Gemeinde auf die bzw. von der BB.

Nach erfolgter Umwidmung als Gewerbegebiet hat ABC (wie auch unter 1. ausgeführt) ab dem Jahr 2003 mit dem Verkauf von Grundstücksteilen im o.a. Gewerbegebiet begonnen und jeweils als steuerpflichtig behandelt (§ 6 Abs. 2 UStG 1994).
Für die Errichtung der Straße hat ABC den Grundstückserwerbern kein gesondertes Entgelt verrechnet. XY hat die Beiträge für den Wasser- und Kanalanschluss den Grundstückserwerbern vorgeschrieben.

Der Prüfer verneinte die Berechtigung zum Vorsteuerabzug mit der Begründung, dass bereits bei Beginn der Straßenherstellung feststand, dass die Straße entschädigungslos an XY übertragen wird, was den Tatbestand des § 3 Abs. 2 UStG 1994 erfülle.

 

I.C. Wasserleitung und Kanal

Auf Grundlage der (unter B. angeführten) Vereinbarung vom 19.12.2002 hat XY am 26.09.2005 eine Rechnung an ABC über die Wasserleitungs- und Kanalkosten im Gewerbegebiet und des Sport- und Freizeitzentrums gelegt. Die darin ausgewiesene Umsatzsteuer hat ABC als Vorsteuer abgezogen.

Der Prüfer hat die Abzugsberechtigung mit folgender Begründung verneint:

XY hat die Aufträge zur Herstellung der Wasserleitung und des Kanals erteilt und sei daher alleiniger Leistungsempfänger. Zwischen XY und ABC habe insofern kein Leistungsaustausch stattgefunden, weil ABC durch Bezahlung keine Rechte erworben habe. Solange keine Rechnungsberichtigung erfolgt, schulde XY die Umsatzsteuer aufgrund der Rechnung.

 

II. Bescheide des Finanzamtes

Das Finanzamt folgte den Feststellungen und Beurteilungen des Prüfers und erließ entsprechend geänderte Bescheide (Aberkennung der Vorsteuern).

 

III. Beschwerden

Beantragt wurde, die Vorsteuern iZm der Übersiedelung des Sportplatzes, der Herstellung der Straße im Gewerbegebiet sowie der Wasserleitungs- und Kanalkosten erklärungsgemäß anzuerkennen.

Zur Begründung führte die steuerliche Vertreterin aus:

III.1. Übersiedlung Sportplatz und Herstellung Straße Gewerbegebiet:

In den Feststellungen anlässlich der Außenprüfung wird vom Prüforgan dargestellt, dass Unternehmenszweck und Betriebsgegenstand der gewerbliche Grundstückshandel ist.

Darunter fallen nach Ansicht der belangten Behörde nicht die Herstellung, der Bau und die anschließende Übertragung von infrastrukturellen Einrichtungen an die Gemeinde.

Nach Ansicht des Prüfers liegt hier die Entnahme von Gegenständen gem. § 3 Abs. 2 UStG 1994 vor, wobei im konkreten Fall diese Besteuerung aus Praktikabilitätsgründen durch die Versagung des Vorsteuerabzuges vorgenommen wurde.

Der Prüfer begründet dies dahingehend, dass die bezogenen Leistungen von Vornherein für eine Entnahme nach § 3 Abs. 2 UStG 1994 und somit für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen sind. Im Hinblick auf den Grundsatz der direkten unmittelbaren Zuordnung sei es unerheblich, dass der Unternehmer mit der unentgeltlichen Übertragung auf die Gemeinde letztlich bewirkte Grundstücke im Erschließungsgebiet steuerpflichtig liefern zu können.

III.1.1. Betriebswirtschaftliche Veranlassung der Aufwendungen:

Dieser Auffassung ist entgegen zu halten, dass nach unserer Rechtsauffassung die Vorleistungen durch ABC klar im Kontext gewerblichen Grundstückshandel stehen. Dabei ist festzuhalten, dass im Prüfungszeitraum hinsichtlich sämtlicher Grundstückslieferungen von der Option zur Steuerpflicht gem. § 6 Abs. 2 UStG 1994 Gebrauch gemacht wurde. Somit liegen jedenfalls Vorleistungen vor, die als Voraussetzung für die Umwidmung und den gegenständlichen Grundstückshandel anzusehen sind. Da diesbezüglich zur Umsatzsteuer optiert wurde, besteht auch das Recht auf Vorsteuerabzug. Hinsichtlich der Straße ist auszuführen, dass die Anbindung selbst ausschließlich den angesiedelten Unternehmen und deren Kunden dient. Die Befahrung von anderen Personen zu anderen Zwecken ist zwar nicht ausgeschlossen, jedoch nicht sinnvoll.

Die Gemeinde XY hätte an sich überhaupt keine Veranlassung gehabt, die Anbindung in ihrer Funktion als Träger von Hoheitsrechten zu errichten, dieser Teil der Anbindung wurde nämlich auch nicht von der Allgemeinheit benötigt. Dies bedeutet daher, dass die ABC die Kosten nicht im Interesse der Allgemeinheit getragen hat. Die Motivation der Errichtung der Straße und der Übersiedlungskosten war, dieses Gebiet für die Ansiedlung von Gewerbetreibenden attraktiv zu machen und somit eindeutig unternehmerisch veranlasst.

Es geht auch aus der Vereinbarung zwischen der Gemeinde XY und ABC vom 11.12.2000 hervor, wonach nur unter der Voraussetzung, dass eine Umwidmung der Grünflächen in eine Baulandwidmung durch die Gemeinde erfolgt, die ABC sich verpflichteten, den Stand des Sportplatzes auf ihre Kosten zu übersiedeln. In der Vereinbarung zwischen der Gemeinde XY und ABC vom 19.12.2002 ist in diesem Zusammenhang auch festgehalten, dass die notwendige Straße für die Verwertung der Liegenschaften ABC selbst beauftragen wird und sich die Gemeinde verpflichtet, diese Straßen in das öffentliche Gut zu übernehmen. Auch hier ist klar dargelegt, dass die Errichtung der Straße bzw die Übernahme der Infrastruktur-Kosten durch ABC ausschließlich aus unternehmerischen Gründen erfolgt ist und eine Vorbedingung und Vorleistung für den zukünftigen gewerblichen Grundstückshandel darstellten. Die vom Prüfer unterstellte Verwendung für nicht-wirtschaftliche Tätigkeiten ist daher nicht zutreffend, da geradewohl das Gegenteil der Fall ist und die gegenständlichen Kosten eine Vorbedingung für eine Verwertung der Liegenschaften darstellten und entsprechend auch in den Grundstückspreisen entsprechend Niederschlag finden. Das Motiv für die Kostentragung ist daher ein rein betriebswirtschaftliches und stehen diese Kosten iZm umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen.

III.1.2. Rechtsprechung:

Auch in der Rechtsprechung wurde in mehreren UFS und VwGH-Entscheidungen bereits zur Thematik Stellung genommen und der Vorsteuerabzug in vergleichbaren Fällen zugestanden. So führt der UFS in seiner Entscheidung vom 24.9.2008 (RV/0679-11/08) zum gänzlich gemachten Vorsteuerabzug des Berufungswerbers betreffend einer inneren Aufschließungsstraße, also einer Straße, die ausschließlich zum Betriebsansiedlungsgebiet führt aus, dass diesbezüglich ein Vorsteuerabzug zustehe, da das Motiv des Berufungswerbers die Straße zu bauen letztlich darin lag, Anreize für Unternehmen zu schaffen sich in dem betreffenden Gebiet anzusiedeln. Die Schaffung solcher Anreize sei keine hoheitliche Aufgabe, weshalb es auch nicht im Interesse der Gemeinde lag.

Hätten die angesiedelten Unternehmer die Straße errichten bzw adaptieren lassen, dürften sie zweifelsfrei die diesbezüglichen Vorsteuern abziehen (sofern sie nicht steuerfreie Umsätze tätigen). Dies selbst dann, wenn ihnen der hierfür benötigte Grund und Boden nicht gehört. Eine daran anschließende Übertragung der Straße an das öffentliche Gut würde auch keine sonstige Leistung iSd § 3a Z 1 UStG 1994 darstellen, weil die Straße nicht deshalb errichtet bzw adaptiert worden wäre, um sie ins öffentliche Gut zu übertragen, sondern damit die übrigen Grundstücke des Betriebsansiedlungsgebiet zugänglich und damit unternehmerisch nutzbar werden (vgl auch UFS vom 30.5.2007, RV0884-11/04). Ob die Straße eine private oder öffentliche sei, sei demnach nicht für die Frage des Vorsteuerabzuges von Bedeutung.

Im Erkenntnis des VwGH vom 25.10.2011, 2008/15/0299, wurde eine diesbezügliche Amtsbeschwerde des Finanzamtes vom VwGH als unbegründet abgewiesen, da hinsichtlich des Abzuges der Vorsteuer aus der Errichtung einer inneren Aufschließungsstraße „keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides“ erkannt werden konnte.

Auch in der Entscheidung des UFS vom 30.6.2008 (RV/0237-11/07) wurde klar zum Ausdruck gebracht, dass für die Frage des Vorsteuerabzuges das Motiv des Berufungswerbers entscheidend ist. Auch in diesem Fall lag das Motiv des Berufungswerbers die Straße zu bauen letztlich darin, Anreize für Unternehmer zu schaffen, sie im betreffenden Gebiet anzusiedeln. Es lag somit eine unternehmerische Tätigkeit diesbezüglich vor. Auch in diesem Fall wurde die nachfolgende Amtsbeschwerde durch den VwGH am 25.10.2011 (2008/15/0261) als unbegründet abgewiesen. Im Ergebnis kommt der UFS in seiner Entscheidung vom 30.6.2008 (RV6/603-11/07) zum gleichen Urteil, welches ebenfalls vom VwGH bestätigt wurde. Entscheidend zur steuerlich korrekten Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ist auch die Entscheidung des UFS vom 30.5.2007 (RV/0884-11/04) und die daraus resultierende VwGH-Entscheidung vom 16.12.2009 (2007/15/0176) wobei die Berufungswerberin eine Erweiterung der Geschäftsflächen beabsichtigte und zu diesem Zweck sowohl an die Gemeinde einen Infrastrukturbeitrag zu bezahlen hatte, als auch die baulichen Maßnahmen zur Umlegung einer entsprechenden Straße inklusive aller notwendigen Herstellungsmaßnahmen auf eigene Kosten durchzuführen hatte. Aus diesem Grund ließ die Berufungswerberin auf fremden Grund und Boden die Straße neu errichten und zog die für die Errichtung der Straße in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer ab. Auch in diesem Fall wurde die Übertragung der Straße an das öffentliche Gut nicht als (steuerfreie) Grundstückslieferung gesehen und stellte somit keinen Vorsteuerausschlussgrund dar. Begründet wird dies auch hiermit dadurch, dass die Straßenverlegung bzw deren Errichtung Voraussetzung dafür war, dass das Parkdeck, welches unstrittig der Ausführungen der Umsätze diente, errichtet werden konnte, somit dient auch die Straßenverlegung bzw der Errichtung der Ausführung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze. Da die Straße nicht zu dem Zweck errichtet wurde, dass sie (unentgeltlich) im Eigentum der Gemeinde übertragen werden kann, sondern damit, dass das Parkdeck errichtet werden konnte, erfolgt die Errichtung der Straße daher aus unternehmerischen Gründen. Ein Eigenverbrauch liegt daher nicht vor. Auch der VwGH hat sich dieser Entscheidung angeschlossen und ausgeführt, dass der Vorsteuerabzug deshalb zusteht, da die Gemeinde keinen Grund hat, die Straße zu verlegen oder erneut zu errichten. Die Umlegung der Straße stand ausschließlich im betrieblichen Interesse des Berufungswerbers. Die Kosten sind somit auch nach Auffassung des VwGH dem Unternehmen zuzuordnen. Der Umstand, dass die Straße nach Umlegung für den allgemeinen öffentlichen Verkehr freigegeben wurde, ändert daran nichts. Durch die Übernahme der Kosten für die Umlegung der Straße hat die Berufungswerberin nicht von der Gemeinde zu tragende Kosten übernommen. Für die Gemeinde bestand kein Anlass für eine Umlegung der Straße. Grund für die Umlegung der Straße war die Geschäftsausweitung der Berufungswerberin.

III.1.3. Zusammenfassung:

Zusammenfassend halten wir daher fest, dass uE im vorliegenden Fall ein Vorsteuerabzug zustehen muss, da das Motiv für die Kostentragung der Übersiedlung des Sportplatzes und der Herstellung der Straße im Gewerbegebiet ausschließlich ein unternehmerisches war, nämlich die Umsätze aus dem gewerblichen Grundstückshandel zu ermöglichen. Es handelt sich somit eindeutig um Vorleistungen iZm den Umsätzen aus dem gewerblichen Grundstückshandel. Da für diese ausnahmslos die Option zur USt gem. § 6 Abs. 2 UStG 1994 gezogen wurde, besteht auch kein Zusammenhang mit unecht befreiten Umsätzen. Auch aus der Rechtsprechung kann klar abgeleitet werden, dass die Übertragung der Straße ins öffentliche Gut nichts an der vorhergehenden Beurteilung ändert und auch keinen Eigenverbrauch darstellt, da diese primär zur Verwertung der Grundstücke im Gewerbegebiet durch die Berufungswerberin diente.

III.2. Leistungsaustausch mit der Gemeinde über die Wasserleitungs- und Kanalkosten:

In der Vereinbarung vom 19.12.2002 zwischen der Gemeinde XY und der ABC über die Errichtung des Baugebietes wurde vereinbart, dass ABC die Infrastrukturkosten tragen werden. Die Errichtung der notwendigen Wasser- und Kanalleitungen soll durch die Gemeinde durchgeführt werden, die die Errichtungskosten an ABC weiterverrechnet.

Auf Grundlage dieser Vereinbarung hat die Gemeinde XY am 26.9.2005 eine Rechnung an die ABC über die Wasserleitungs- und Kanalkosten iHv 305.000,00 € zuzüglich 20 % USt von 61.000,00 € gelegt. Die darin ausgewiesene USt wurde vom geprüften Unternehmen als Vorsteuer abgezogen. Nach Meinung des prüfenden Organs hat ein Leistungsaustausch lediglich zwischen der Gemeinde und dem ausführenden beauftragten Unternehmen stattgefunden. Zwischen der ABC und der Gemeinde hätte diesbezüglich kein Leistungsaustausch stattgefunden. Bei der Verrechnung zwischen den Vertragsparteien würde es sich ausschließlich um die Weiterverrechnung von Kosten der Herstellung handeln, ohne dass damit besondere Rechte oder sonstige Verpflichtungen abgegolten werden (ausgenommen der vertraglichen Verpflichtung zur Kostentragung). Nach Ansicht der Betriebsprüfung ist daher der Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung nicht zulässig, weil das geprüfte Unternehmen nicht Empfänger der Leistung ist. Die Zahlung an die Gemeinde wäre aus ihrer Sicht als Entgelt von dritter Seite zu behandeln und die Rechnung wäre ohne Umsatzsteuerausweis an das Unternehmen zu legen. Auf Seiten der Gemeinde stehe der Vorsteuerabzug aus den Errichtungskosten hinsichtlich dieses Betriebes gewerblicher Art zu. Solange keine Rechnungsberichtigung der Gemeinde erfolgt schulde diese die Steuer gem. § 11 Abs. 12 UStG.

Dieser Rechtsansicht der Prüfung ist aus folgenden Gründen nicht zuzustimmen:

III.2.1. Leistung im Rahmen des Betriebes gewerblicher Art:

Der Prüfer stellt in seiner rechtlichen Würdigung selbst fest, dass der Leistungsbezug durch die Gemeinde im Rahmen des Unternehmens der Gemeinde (Betrieb gewerblicher Art) erfolgt. Dies bedeutet uE auch einen Leistungsaustausch bezüglich der Errichtung der Wasserleitungen und Kanalanlagen zwischen dem Unternehmensbereich der Gemeinde und der ABC. Die erhaltene Leistung der ABC liegt in der Möglichkeit der Aufschließung des Grundstückes und der Verwertung der selben.

Baukostenbeiträge und Anschlussgebühren zu Kanalanlagen und zu Wasserversorgungsanlagen bilden unselbständige Nebenleistungen zur Abwasserbeseitigung und zur Lieferung von Wasser (vgl VwGH 19.3.2002, 1997/14/0133, VwGH 26.4.2004, 2000/15/0140, EuGH 3.4.2008, RSC-442/05), welche das Schicksal der Hauptleistung teilen. Auch in der UStR Rz 1170 wird davon ausgegangen, dass eine Anschlussgebühr als Nebenleistung zur Lieferung von Wasser anzusehen ist. Da die Gemeinde in diesem Zusammenhang als „Wasserlieferant und Unternehmer zur Abwasserbeseitigung“ anzusehen ist, ist diese Vorgehensweise konsequent. Da die Lieferung von Wasser etc gem. § 10 Abs. 2 UStG 1994 dem 10%igen Steuersatz unterliegt, wäre die Rechnung von 20 % auf 10 % zu berichtigen und könnte die Gemeinde XY diesbezüglich ebenfalls nach Berichtigung eine Minderung gegenüber dem Finanzamt vornehmen.

III.2.2. Vorsteuerabzug aus der Rechnung nach § 11 Abs. 12 UStG:

Die Berichtigung kann nach Meinung der Finanzverwaltung jedenfalls aus verwaltungsökonomischen Gründen unterlassen werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit für die Leistungsempfänger und um Wirtschaftsabläufe nicht in systemwidrigerweise zu behindern, kann gem. UStR Rz 1825 eine gem. § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldete Steuer vom Leistungsempfänger abgezogen werden, wenn die Steuer in einer vom Leistenden erstellten Rechnung iSd § 11 Abs. 12 UStG 1994 ausgewiesen ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn dem Leistungsempfänger Umstände vorliegen aus denen er schließen muss, dass die in der Rechnung ausgewiesene USt vom Leistenden bewusst nicht an das Finanzamt abgeführt wird oder wenn für den Leistungsempfänger erkennbar ist, dass die ausgewiesene Steuer höher ist als sie dem Normalsteuersatz entspricht. Weiters gilt diese Erleichterung nicht für Gutschriften.

Da im vorliegenden Fall die Gemeinde XY unstrittig die USt abgeführt hat, kein Gutschriftverfahren angewendet wurde und der Normalsteuersatz von 20 % statt irrtümlich 10 % in Rechnung gestellt wurde, ist uE von der Anwendbarkeit dieser Bestimmung auszugehen.

III.2.3. Passivierung der Vorsteuerkürzung in 2005:

Anmerkung: Nicht verfahrensgegenständlich.

 

III.2.4. Zusammenfassung:

Zusammenfassend halten wir fest, dass nach unserem Verständnis sehr wohl von einem Leistungsaustausch zwischen der Gemeinde XY und der ABC auszugehen ist, da die Zahlung geleistet wurde, um einen Wasser- und Kanalanschluss zu erhalten und damit die Grundstücke aufgeschlossen verwerten zu können. Nach unserem Verständnis wurde lediglich irrtümlich statt dem begünstigten Steuersatz ein 20%iger Steuersatz in Rechnung gestellt. Aus Praktikabilitätsgründen kann mit Hinblick auf UStR Rz 1825 der gegenständliche Vorsteuerabzug beibehalten werden.

 

Stellungnahme zur Beschwerde:

In der Stellungnahme zur Beschwerde wiederholte der Prüfer seine Ansicht, dass im Hinblick darauf, dass die Bauarbeiten bereits auf öffentlichem Gut durchgeführt wurden, der Vorsteuerabzug nicht zustehe. Dem Umstand, dass die angefallenen Kosten als allgemeine Kosten in die Preiskalkulation der steuerpflichtigen Ausgangsleistungen der Verwerter Eingang gefunden haben (Berücksichtigung in der Kalkulation für den Kaufpreis der gewerblichen Grundstücke), komme keine Bedeutung zu. Die Grundstückserwerber zahlen nämlich ausschließlich ein Entgelt für den Erwerb eines Gewerbegrundstückes, sodass ihre Zahlungen auch nicht anteilig in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Übertragung der errichteten Straßenanlagen und noch viel weniger der errichteten Sportanlage an die Gemeinde XY als Leistungsempfängerin stehen, was Voraussetzung für das Vorliegen eines Entgelts von dritter Seite wäre.

Betreffend die Wasserleitungs- und Kanalkosten führte der Prüfer aus, dass es sich dabei nicht um Baukostenbeiträge und Anschlussgebühren handle, sondern um die Kostentragung der für die Nutzung dieser Fläche notwendigen Infrastruktur (Wasserleitung, Kanal usw.). Die Wasser- und Kanalanschlussgebühren seien den Erwerbern der jeweiligen Grundstücke separat von der Gemeinde XY vorgeschrieben worden.

 

Äußerung zur Stellungnahme:

Die steuerliche Vertreterin führte aus, dass die Ansicht, dass die Grundstückerwerber ausschließlich ein Entgelt für den Grundstückerwerb zahlen, sei unzutreffend, weil gerade die gegenständlichen Kosten Voraussetzung dafür waren, dass es überhaupt zu einem Grundstücksverkauf gekommen ist.

Es dürfe keinen Unterschied ausmachen, ob es sich um eine als solche bezeichnete Gebühr für den Anschluss von Wasser und Kanal handle der ob diesbezüglich die Bezeichnung als Infrastrukturkosten gegen sei. Im Endeffekt handle es sich um eine dem Grunde nach gleiche Leistung.

 

IV. Über diesbezügliche Frage teilte das Amt der OÖ. Landesregierung Folgendes mit:

Die Bestimmungen des OÖ. Straßenrechts räumen niemandem ein Recht auf Errichtung (Ausbau) einer öffentlichen Straße in einer bestimmten Art und Weise ein bzw. besitzt niemand einen Rechtsanspruch darauf, dass eine Straße oder ein Weg in einen bestimmten Zustand gebracht wird (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.03.1991, 87/05/0188). Diejenigen, die beispielsweise öffentliche Verkehrsflächen im Rahmen des Gemeingebrauchs benützen, können zwar Maßnahmen hinsichtlich des Baues und der Erhaltung einer Straße anregen, ein verfolgbarer Anspruch auf den Ausbau oder auf eine wesentliche Verbesserung kommt ihnen jedoch nicht zu. Zeitpunkt und Umfang der Errichtung neuer oder des Ausbaues bestehender Verkehrsflächen richten sich in erster Linie nach den gegebenen finanziellen Möglichkeiten des Trägers der Straßenbaulast (jeweilige Gemeinde oder Land OÖ). Die Ausbesserung von Straßen und Wegen hat ganz allgemein unter Berücksichtigung ihrer Verkehrsbedeutung, der Dringlichkeit und der verfügbaren Mittel der jeweiligen Gebietskörperschaft zu erfolgen (vgl. Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 26.03.1969, Zl. 2 Ob 51/69).

Zusammengefasst kann Folgendes festgehalten werden: Das Oö. Straßengesetz 1991, LGBl. Nr. 84/1991, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 42/2015, kennt keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung einer Gebietskörperschaft (Gemeinde oder Land OÖ) zur Errichtung einer öffentlichen Straße.

 

Der steuerlichen Vertreterin wurde Folgendes vorgehalten:

Die Gemeinde XY führt die Erhaltung und Wartung (zB den Winterdienst) der von der Gemeinschaft ABC errichteten Anbindungsstraße durch. Dies ist eine Leistung, die (auch) der Gemeinschaft ABC Zugute kommt, weil die Anbindungsstraße (auch) unternehmerischen Zwecken dient. Da die Gemeinschaft ABC dafür nichts bezahlen muss, liegt eine Leistung der Gemeinde XY vor, die (genauso wie ein im konkreten Fall allerdings nicht erfolgter Zuschuss) die Gegenleistung für die Übertragung der Anbindungsstraße in das öffentliche Gut und für die Befriedigung des öffentlichen Ansiedlungsinteresses darstellt. Da sich die Höhe des Umsatzes nach der Höhe der Gegenleistung bemisst, sind die Erhaltungs- und Wartungsarbeiten zu bewerten und weil sie fortlaufend erbracht werden, zu kapitalisieren.

 

Über Ersuchen, eine Berechnung des kapitalisierten Wertes vorzulegen, teilte die steuerliche Vertreterin mit:

Wir haben uns bei den zu ermittelnden Kosten an den vom Land OÖ in der VO betreffend den Kostenbeitrag der Gemeinden an das Land für die Durchführung des Winterdienstes auf Verkehrsflächen des Landes orientiert (siehe beiliegende VO; diese ist nach Auskunft der Gemeinde XY nach wir vor gültig und wird auch so im Jahr 2016 gegenüber den Gemeinden verrechnet). Eine analoge Anwendung dieser Durchschnittskosten auch auf die Straße im beschwerdegegenständlichen Gewerbegebiet scheint uE sachgerecht zu sein.

Lt. Vermessung im Doris (siehe Beilage) hat die gegenständliche Straße im Gewerbegebiet samt anteiliger Überführung über die BB eine Straßenlänge von rund 0,850 km. Multipliziert mit 600 €/km (Kostenbeitrag laut o.a. Verordnung) wären das jährliche Kosten von 510 €. Vereinfachend würden wir den Sommerdienst einfach in gleicher Höhe wie den Winterdienst ansetzen, sodass wir hier bei Reinigungskosten und Winterdienst von jährlich rund 1.000 € liegen.

Den Wert dieser wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen würden wir gemäß § 15 Abs. 1 BewG mit einem Kapitalisierungszinsfuß von 5,5 % berechnen, womit sich als Barwert einer ewigen Rente der Betrag von 18.181,81 € brutto (1.000,00 €/5,5 %) als „Vorteil“ für ABC ergibt.

 

Das Finanzamt (HR Schatzl) wurde wie folgt um Stellungnahme ersucht:

Wie bereits telefonisch besprochen werde ich im Erkenntnis die Ansicht vertreten, dass der begehrte Vorsteuerabzug zusteht (ist selbst laut VwGH eindeutig) und dass weder ein Entgelt von dritter Seite noch eine Entnahme für eine unentgeltliche Zuwendung (fiktive Lieferung) vorliegt. Letzteres u.a. deswegen, weil die Gemeinde die Erhaltung und Wartung der ihr übertragenen Straßenteile übernimmt. Da die Straßen nach wie vor unternehmerischen Zwecken dienen (durch diese wird erst die unternehmerische Betätigung ermöglicht), ist dies eine Leistung, die der Gemeinschaft ABC (und nunmehr dem Beschwerdeführer) Zugute kam bzw. kommt und daher die Gegenleistung für die Übertragung in das öffentliche Gut bzw. dafür, dass die Gemeinschaft ABC das offensichtliche Interesse der Gemeinde XY an der Ansiedlung befriedigt, darstellt. Da sich die Höhe des Umsatzes nach der Höhe der Gegenleistung bemisst, sind die Erhaltungs- und Wartungsarbeiten zu bewerten und weil sie fortlaufend erbracht werden, zu kapitalisieren.

Die steuerliche Vertreterin hat sich meiner Meinung angeschlossen und über diesbezügliches Ersuchen einen Berechnungsvorschlag unterbreitet. Die entsprechenden E-Mails leite ich an sie weiter.

Da die gegenständlichen Straßen im Jahr 2007 fertiggestellt wurden, ist die Umsatzversteuerung für das Jahr 2007 vorzunehmen.

Unter der Annahme, dass meine Meinung rechtlich zutreffend ist, ersuche ich sie, zum Berechnungsvorschlag Stellung zu nehmen. Sie könnten beispielsweise einwenden, dass die Kostensätze laut Verordnung einem Fremdvergleich nicht standhalten und dass daher jener Wert anzusetzen ist, der von einem Dritten für die Erhaltung und Wartung verlangt würde. Bitte beziffern sie diesfalls diesen Wert.

Zum besseren Verständnis meiner Rechtsansicht (des erkennenden Richters) war dem Ersuchen noch ein Auszug aus dem Erkenntnisentwurf (5.5. bis 6.) beigelegt. Anmerkung: Dieser ist abgesehen von dem damals noch zu ermittelnden Wert ident mit der Enderledigung.

 

HR Schatzl nahm seitens des Finanzamtes dazu wie folgt Stellung:

Ich möchte festhalten, dass dem Finanzamt nur die Punkte 5.5. und 6 aus dem Erkenntnisentwurf übermittelt wurden. Meine Ausführungen können daher ausschließlich im Hinblick auf diese beiden im Rahmen des Parteiengehörs dem Finanzamt bekanntgegebenen Punkte erfolgen.

Es wird gebeten, die nachfolgenden Ausführungen des Finanzamtes in der Entscheidung des BFG zu berücksichtigen:

1.

Hinsichtlich der geschilderten rechtlichen Beurteilung vertritt das Finanzamt folgende Auffassung:

Anlässlich jeder entgeltlichen/unentgeltlichen Übertragung eines Gegenstandes gehen naturgemäß im Zeitpunkt der Übertragung der Verfügungsmacht Kosten und Risiko auf den Erwerber/Empfänger des Gegenstandes über.

Es ist – wenn keine anderen Vereinbarungen getroffen werden – selbstverständlich, dass der Empfänger eines iSd § 3 Abs. 2 UStG 1994 entnommenen Gegenstandes ab der Übernahme des Gegenstandes sämtliche Kosten iZm Gegenstand zu tragen hat.

Würde man der geschilderten Argumentation des BFG folgen und (unabhängig davon, dass die zu tragenden Kosten außer Verhältnis zum weit höheren Wert der Zuwendung stehen) aus der Kostentragung als selbstverständlicher Folge der Übertragung eines Gegenstandes das Konstrukt einer „fiktiven“ Gegenleistung schaffen, so wäre die Regelung des Eigenverbrauchstatbestand im § 3 Abs. 2 UStG dritter Teilstrich teilweise obsolet, weil in der überwiegenden Anzahl der Fälle ein tauschähnlicher Umsatz zu unterstellen wäre. Eine derartige Auslegung kann jedoch dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.

2.

Die geschilderte rechtliche Beurteilung widerspricht nach Auffassung des Finanzamtes auch dem nach außen in Erscheinung getretenen Willen der Vertragspartner:

Lt. Gemeinderatsbeschluss vom 8.3.2007 der Gemeinde XY „TOP 11: Abschluss eines Grundabtretungsvertrages zwischen der Gemeinde XY und ABC betreffend die Zufahrtstraße“ treten die Grundbesitzer den Grund, der der Aufschließung des Gewerbeparks dient, für die Zufahrtsstraße „Gewerbepark II“ kostenlos an das öffentliche Gut ab.

Auch in TZ III des Abtretungsvertrages wird noch einmal ausdrücklich festgehalten, dass die gegenständliche Abtretung unter Hinweis auf § 16 oö BauO entschädigungslos erfolge.

Dementsprechend beantwortete die Gemeinde XY ein Auskunftsersuchen des Finanzamtes vom 1. März 2012 zur ausdrücklichen Frage des Finanzamtes, ob es Gegenleistungen für die Übertragung des Grundstückes gegeben habe, die nicht in der Urkunde über die Übertragung festgehalten seien, dahingehend, dass derartige Vereinbarungen nicht getroffen worden seien.

Es gab demnach auch keinerlei inoffizielle Nebenabreden zu Gegenleistungen für die Übertragung des Grundstückes .

Wohl wurde von der Gemeinde bestätigt, dass die Kosten für den Betrieb, sowie die Reinigung und Instandhaltung dieser Straße zur Gänze die Gemeinde XY trage. Nach den Ausführungen im Gemeinderatsbeschluss, im Abtretungsvertrag und in der Anfragenbeantwortung ist jedoch zweifelsfrei ersichtlich, dass die Abtretung aus der Sichtweise der Käuferin (Gemeinde) unentgeltlich erfolgt ist.

3.

Zu Tz 5.5. des Erkenntnisentwurfes:

Die rechtlichen Beurteilung des BFG beruht nicht nur darauf, dass einerseits die bloße Kostentragung durch die Käuferin nach der Übertragung des Wirtschaftsgutes als eine fiktive Gegenleistung herangezogen wird, sondern andererseits auch auf der bloßen Annahme, dass andernfalls die öffentliche Hand wohl dazu bereit gewesen wäre, einen Zuschuss zu leisten und einen solchen (jedenfalls) bezahlt hätte. Diese These wird als feststehende Tatsache beurteilt. Diese Annahme wird unter Verweis auf Pkt 5.1 des Erkenntnisentwurfes, der jedoch dem Finanzamt nicht bekannt gegeben wurde, ins Treffen geführt, offenbar um einen Bezug zu VwGH 30.04.2015, 2012/15/0163 herzustellen.

Diese Zuschussfiktion wird nach Auffassung des Finanzamts nicht durch den Akteninhalt getragen (vgl. insbesondere die unter Tz 2 geschilderten Sichtweise der Gemeinde).

Nach Auffassung des Finanzamtes wird hier ein Bezug zum genannten Erk. hergestellt, der nicht vom Sachverhalt getragen wird und im zu beurteilenden Fall nicht besteht.

4.

Zum Zahlenbeispiel bei Nichtvorliegen eines Zuschusses: Die Zahlen entsprechen nicht dem zu beurteilenden Fall. Wenn man, wie das BFG im Zahlenbeispiel, die kapitalisierte Erhaltungsleistung als Gegenleistung im Ausmaß des 20-prozentigen öffentlichen Interesses an der Straße ansähe, so würde man implizieren, dass hinsichtlich der restlichen 80 Prozent der Errichtungskosten kein öffentliches Interesse bestünde. Fakt ist aber, dass auch die restlichen 80 % der Straße an die öffentliche Hand abgetreten wurden.

Es wäre keineswegs zwingend anzunehmen, dass für die Übertragung der restlichen 80 % der Straße keine umsatzsteuerlichen Konsequenzen beim übertragenden Unternehmer entstünden.

Ein Gegenstand kann nach Auffassung des Finanzamtes nicht zur Gänze an einen Dritten übertragen werden und gleichzeitig zu 80 Prozent im Unternehmen des Übertragenden verbleiben.

Umsatzsteuerliche Konsequenzen beim Übertragenden würden nur dann entfallen, wenn man (trotz des nur 20-prozentigen öffentlichen Interesses an der Straße) die im Beispiel angeführten 24.000,000 Euro als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von 100 Prozent der Straße ansehen würde (oder wenn 80 Prozent der Straße im Eigentum und damit im Unternehmen des Übertragenden verblieben).

5.

Ein weiteres Indiz gegen das Vorliegen einer „Gegenleistung“ im zu beurteilenden Fall ergibt sich auch aus der Höhe des Rentenbarwertes der von der BW geschätzten Kosten für die Erhaltung der Straße, die außer Verhältnis zu den Errichtungskosten stehen:

Unstrittig ist, dass die Straße zunächst für unternehmerische Zwecke gebaut wurde. Zu beurteilen ist nun aber, ob hinsichtlich der Übertragung der Straße in das öffentliche Gut ein tauschähnlicher Umsatz unterstellt werden kann.

Die Einnahmenerzielung ist nach der EuGH-Rechtsprechung eine Mindestanforderung jeder wirtschaftlichen Tätigkeit ist. Auch das UStG betrachtet nachhaltige Tätigkeiten, die nicht auf die Einnahmenerzielung gerichtet sind, nicht als unternehmerisch.

Zugegebenermaßen handelt es sich bei der Höhe der Gegenleistung nur um eines von mehreren Indizien, zu beurteilen ist jedoch das Gesamtbild der Verhältnisse. Betrachtet man die unverhältnismäßig niedrige Gegenleistung, insbesondere die nicht einmal ansatzweise gegebene Kostendeckung,  im Gesamtbild mit den Ausführungen unter Tz 1. bis Tz 4., so ist nach Auffassung des Finanzamtes von einer Unentgeltlichkeit der Abtretung der Straße an die Gemeinde XY auszugehen.

6.

Zu Pkt 6. Des Erkenntnisentwurfes wird lediglich darauf hingewiesen, dass das zitierte Erk. des BFG vom 29.12.2015, RV/5100770/2009, keinerlei auf den entschiedenen Fall bezogene Aussagen zu Erhaltung und Wartung der Straße und zum Winterdienst enthält.

7.

Zur Frage des BFG nach der Angemessenheit der vom BFG angenommenen „Gegenleistung“:

Offensichtlich besteht die Absicht, eine Gegenleistung durch Ermittlung eines Rentenbarwertes der zukünftigen Erhaltungskosten auf den Zeitpunkt der Übertragung der Straße ins öffentliche Gut anzusetzen und (mangels des Abhängigkeit der Dauer der Zahlungen vom Lebensalter einer oder mehrerer Personen) durch eine Kombination von § 16 Abs. 1 und § 15 Abs. 2 BewG zu ermitteln.

Rechtslage:
Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON 2.06 § 4 UStG Rz 81 (Stand 1.9.2014, rdb.at)

„Besteht die Gegenleistung des Käufers in einer Rente, so ist das Entgelt in der Einräumung des Rentenstammrechts zu sehen (vgl Ruppe/Achatz, UStG 4 § 4 Tz 46, ebenso; 24. 5. 2011, RV/3598-W/07). Nach anderer Auffassung wird die Gegenleistung im Kapitalwert der Renten gesehen, wobei nachträgliche Entgeltsänderungen gem § 16 zu berücksichtigen sind (vgl Stoll, Rentenbesteuerung 4 Rz 541 und 555 ff - siehe Rz 83).

Renten sind wiederkehrende Zahlungen, deren Dauer nicht von vornherein feststeht, sondern durch ein aleatorisches Moment geprägt ist (idR Abhängigkeit von der Lebensdauer einer oder mehrerer Personen). Nach der erstgenannten Auffassung ist Bemessungsgrundlage für die USt der Wert des Rentenstammrechts, der nach der Bestimmung des § 16 BewG zu ermitteln ist. Der Wert ergibt sich gem § 16 BewG 1955 aus der Summe der von der Erlebenswahrscheinlichkeit abgeleiteten Werte sämtlicher Rentenzahlungen abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen (versicherungsmathematische Berechnung - siehe dazu auch den Erlass des BMF 17. 12. 2003, 08 0104/2-IV/8/03, sowie das Berechnungsprogramm zur Bewertung von Renten, das auf der Homepage des BMF unter https://www.bmf.gv.at/services/berechnungsprogramme /berechnungsprogramme.html/ zur Verfügung steht). Der Rentenbarwert berücksichtigt die Verzinsung sowie die Wahrscheinlichkeit des Anfalls der Renten.  …“

Wie oben dargestellt wurde, teilt das Finanzamt die Ansicht des BFG zum Vorliegen einer Gegenleistung nicht.

Der Sachbearbeiter hat sich selbst davon überzeugt, dass die errichteten Straßen in der Ausführung recht unterschiedlich angelegt sind, von einer hochwertigen breiten Straße mit Leitplanken und Nebenfahrbahn, die man mit Landesstraßen vergleichen könnte, bis zu kurzen Stichstraßen, die man mit typischen Gemeindegüterwegen vergleichen könnte.

Gegen die Schätzung des Winterdienstes mit 600,00 Euro je Straßenkilometer bestehen im Hinblick auf die Lage der Stadt XY keine Bedenken.

Fremdübliche Vergleichswerte für die Straßenerhaltung zu finden, ist jedoch in der Tat nicht einfach.

Der WEV oM, bei dem die Gemeinde XY lt. Internetrecherche Mitglied sein dürfte, verrechnet für die Erhaltung von Güterwegen und Radwegen 581,00 Euro je Kilometer LGBl 98/1999 in der Fassung LGBl 65/2001. Dieser Betrag ist jedoch zweifellos nicht annähernd kostendeckend.

Lt. Nr. 113 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Landes Salzburg wurde in einer Anfragebeantwortung der Erhaltungsaufwand für Gemeindestraßen, Genossenschaftswege und Privatwege für die Jahre 2007-2011 mit 2.711,00 Euro je Kilometer angegeben.

Für das höherrangige Straßennetz errechnet der Rechnungshof für die Länder Burgenland und Steiermark Erhaltungskostenkosten von 6.000,00 bis 7.800.00 Euro je Fahrstreifenkilometer (Bericht des RH zur Verländerung der Bundesstraßen, Steiermark 2014).

Wollte man im gegenständlichen Fall trotz der unterschiedlichen Ausführung der Straßenteile einen einzelnen pauschalen Wert ansetzen, so erschiene es angebracht, den von der steuerlichen Vertretung ins Treffen gebrachten Wert zumindest auf 2.000,00 Euro pro Jahr zu verdoppeln.

Schlussfolgerung (geänderter Antrag des Finanzamtes):

Erfolgte die Errichtung einer Straße zu unternehmerischen Zwecken und stand dem Abgabepflichtigen daher der Vorsteuerabzug aus den Errichtungskosten zu, so erfüllt die anschließende unentgeltliche Übertragung an den Straßenerhalter (ab 2004) den Entnahmetatbestand (vgl. VwGH 19.12.2013, 2009/15/0137; 25.7.2013, 2011/15/0055).

Das Finanzamt folgt der Rechtsauffassung des VwGH, somit besteht im zu beurteilenden Fall Einigkeit insoweit, als der Vorsteuerabzug aus der Errichtung der an die Gemeinde XY abgetretenen Straßen zu gewähren ist.

Die Übertragung der gegenständlichen Straßen ins öffentliche Gut im Jahr 2007 erfüllt aber nach der mit der Judikatur des VwGH übereinstimmenden Rechtsaufassung des Finanzamtes den Eigenverbrauchstandbestand gem. § 3 Abs. 2 dritter Teilstrich UStG.

Abschließend wird beantragt, die Revision im Erk. des BFG zuzulassen (Abweichung von der Rechtsprechung des VwGH).

 

Der steuerlichen Vertreterin wurde Gelegenheit gegeben, zu den Ausführungen des Finanzamtes Stellung zu nehmen und es wurde ihr Folgendes vorgehalten:

Der Vorschlag des Finanzamtes, die Leistung mit 2.000,00 pro Jahr anzusetzen, erscheint im Hinblick darauf, dass nicht entscheidend ist, was zwischen Körperschaften öffentlichen Rechts verrechnet wird, sondern darauf, was ein Fremder Dritter für die Erhaltung und Wartung verlangen würde, realistisch.

Die steuerliche Vertreterin stimmte daraufhin dem Vorschlag des Finanzamtes zu.

 

 

Über die Beschwerden wurde erwogen:

 

1. Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 darf der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden ist, als Vorsteuer abziehen.

Eine Leistung gilt nach § 12 Abs. 2 UStG 1994 als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgt.

Gemäß § 3 Abs. 1 UStG 1994 sind Lieferungen Leistungen, durch die ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Die Verfügungsmacht über den Gegenstand kann von dem Unternehmer selbst oder in dessen Auftrag durch einen Dritten verschafft werden.

Gemäß § 3 Abs. 2 dritter Teilstrich UStG 1994 wird die Entnahme eines Gegenstandes durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für jede andere unentgeltliche Zuwendung, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens, einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt. Eine Besteuerung erfolgt jedoch nur dann, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben .

 

2. Leistender und Leistungsempfänger:

Nach den Ausführungen des Prüfers (und ihm folgend des Finanzamtes) wurden die für die Übersiedlung des Sportplatzes und die Errichtung der Straßen im Gewerbegebiet in Rechnung gestellten Umsatzsteuern deswegen nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen, weil bereits bei Beginn der Bauarbeiten feststand, dass besagte Anlagen unentgeltlich in das Eigentum von XY übertragen werden. Dies erfülle den Tatbestand der einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellten Entnahme iSd § 3 Abs. 2 UStG 1994. Die Nichtanerkennung der Vorsteuern komme der (nicht vorgenommenen) Vorschreibung der Umsatzsteuer infolge Entnahme gleich.

Das Finanzamt hat daher die Vorsteuern nicht deswegen aberkannt, weil XY insofern nicht Unternehmer oder ABC nicht Empfänger der fraglichen Leistungen sei. Im Ergebnis hat daher das Finanzamt die Eigenschaft von ABC als Leistungsempfänger hinsichtlich der Übersiedlung des Sportplatzes und der Errichtung der Straßen im Gewerbegebiet nicht in Zweifel gezogen. Betreffend die für die Übersiedlung des Sportplatzes nötigen Arbeiten hat der Prüfer sogar ausdrücklich festgestellt, dass diese von ABC in Auftrag gegeben wurden.

Im (nicht mit Revision bekämpften) Erkenntnis vom 29.12.2015, RV/5100770/2009, hat das Bundesfinanzgericht die Unternehmereigenschaft von XY hinsichtlich der Errichtung der Straße und Einräumung deren Nutzungsmöglichkeit bestätigt.

Betreffend die Herstellung der Wasserleitung und des Kanals hat das Finanzamt hingegen den Vorsteuerabzug deswegen aberkannt, weil XY alleiniger Leistungsempfänger sei und (daher) zwischen XY und ABC kein Leistungsaustausch stattgefunden habe.

Nun trifft zwar zu, dass XY Leistungsempfängerin der für die Herstellung der Wasserleitung und des Kanals nötigen Arbeiten ist. Da jedoch ABC einen Beitrag für die Herstellung leisten musste, ist offensichtlich, dass XY ihrerseits eine Leistung an ABC erbracht hat.

Im Erkenntnis vom 30.04.2015, 2013/15/0195, hat der VwGH Folgendes ausgesprochen:

Errichtet eine GmbH eine neue Auffahrt zur Autobahn und verpflichtet sich ein Liegenschaftseigentümer, der sein Grundstück als Parkplatz für ein angrenzendes Einkaufszentrum vermietet, im Gegenzug zur Zahlung eines Kostenbeitrages, ist der gesamte vereinbarte Kostenbeitrag als Entgelt für die von der GmbH erbrachte, in der Zurverfügungstellung und Erhaltung der Autobahnanschlussstelle bestehende Leistung anzusehen (und die Vorsteuerabzugsberechtigung des Liegenschaftseigentümers zur Gänze zu bejahen).

Auf den gegenständlichen Fall umgelegt bedeutet dies, dass die Leistung der XY an ABC in der Zurverfügungstellung besagter Wasser- und Kanal-Anlagen besteht.

 

3. Vorsteuerabzug:

Unstrittig war die Verlegung des Sportplatzes Voraussetzung dafür, dass die Anbindungsstraße und die Straßen im Gewerbegebiet gebaut werden konnten. Aufgrund des Straßenbaus waren infrastrukturelle Arbeiten durchzuführen. Die Straßen (samt Infrastruktur) dienen ihrerseits dafür, den Grundstückserwerbern die Zufahrt zu den und die Nutzung der (erworbenen) Grundstücke(n) zu ermöglichen. Die anteiligen Erschließungskosten fließen in den von den Erwerbern zu zahlenden Preis ein. Die Einräumung der Zufahrts- und Nutzungsmöglichkeit der Grundstücke gegen anteilige Erschließungskosten stellt eine von Grundstückslieferung getrennte, daher stets steuerpflichtige Leistung dar. Dies auch dann, wenn ein Gesamtpreis vereinbart ist. Daher ist auch nicht von Bedeutung, ob die Grundstücke steuerpflichtig oder steuerfrei geliefert werden (siehe auch Krumenacker in UFSjournal 2012, 280, Pkt. 2.2.3.). Selbst wenn dies nicht zuträfe, würden die strittigen Vorsteuern im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen stehen, weil die Grundstücke unter Verzicht auf die Steuerfreiheit geliefert worden sind.

Mit der Vornahme der fraglichen baulichen Maßnahmen (I.A. Übersiedlung Sportplatz, I.B. Errichtung eines Teils der Straßen im Gewerbegebiet) und der Übernahme von Kosten (I.B. von XY errichtete Straßenteile, I.C. Wasserleitung und Kanal) verfolgte ABC somit unternehmerische Zwecke. Die ihr von dritten Unternehmern bzw. von XY in Rechnung gestellten Umsatzsteuern (dies sind die strittigen) berechtigen ABC bzw. nunmehr den Beschwerdeführer daher zum Vorsteuerabzug.

 

4. Entgelt von dritter Seite (§ 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1994):

Im Erkenntnis vom 25.10.2011, 2008/15/0299, hat der VwGH betreffend den Fall, dass ein Initiator auf einem öffentlichen Grundstück eine Anbindungsstraße von der bisher bestehenden öffentlichen Straße in das Gewerbegebiet errichten ließ und den Käufern der im Gewerbegebiet liegenden Grundstücke die anteiligen Errichtungskosten in Rechnung gestellt hat, wobei die öffentliche Hand nichts zu bezahlen hatte, u.a. ausgesprochen, dass die Anbindungsstraße in das öffentliche Eigentum übergegangen sei. Es liege daher eine Lieferung vor. Das Entgelt bestehe in den von den Grundstückskäufern zu zahlenden anteiligen Errichtungskosten. Es liege daher ein Entgelt von dritter Seite vor (vgl. Wäger, DStR 2011, 439, Pkt. 3.3.2.1). Angemerkt hat der VwGH noch, dass die Grundstückskäufer diesbezüglich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt seien, weil sie nicht Empfänger der Lieferung der Anbindungsstraße seien.

Im Erkenntnis vom 30.04.2015, 2012/15/0163, hat der VwGH seine Ansicht betreffend das Vorliegen eines Entgelts von dritter Seite bestätigt (und weiters ausgesprochen, dass daneben auch ein anteiliges direktes Leistungsentgelt vorliegen könne).

Dieser Ansicht wird entgegengehalten:

Nach § 4 Abs. 1 UStG 1994 ist Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufzuwenden hat, um die Leistung zu erhalten.

Gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 gehört zum Entgelt auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt.

Selbst unter der Annahme, dass die Übertragung der Anbindungsstraße in das öffentliche Gut eine Lieferung darstellt, liegt aber kein Entgelt von dritter Seite vor. Dies deswegen, weil die Grundstückskäufer die anteiligen Anbindungskosten nicht deswegen an den Errichter zahlen, weil die Anbindungsstraße in das öffentliche Gut übertragen wird bzw. wurde, sondern deswegen, weil ihnen die Anbindungsstraße die (unternehmerische) Nutzung ihrer Grundstücke ermöglicht. Es liegen daher insofern nur Leistungsbeziehungen zwischen dem Errichter (Initiator) und den Grundstückskäufern vor.

Grundstückskäufer, die nicht zum (vollen) Vorsteuerabzug berechtigt sind, dürfen diese Umsatzsteuer nicht oder nur anteilig als Vorsteuer abziehen. Damit kommt es systemkonform im Ergebnis zu einer (teilweisen) Egalisierung des Vorsteuerabzugs. Bei voller Vorsteuerabzugsberechtigung kommt es systemkonform zu keiner Umsatzsteuerbelastung in der Unternehmerkette.

Trotz Übergangs des zivilrechtlichen Eigentums ins öffentliche Gut bleibt die Anbindungsstraße im Unternehmensbereich des Errichters der Anbindungsstraße, weil sie auch nach Übertragung in das öffentliche Gut unternehmerischen Zwecken dient. Diese bestehen darin, dass der Errichter den Grundstückskäufern und deren Kunden die Zufahrt zu den Grundstücken und damit deren (unternehmerische) Nutzung (gegen Ersatz der anteiligen Anbindungskosten) ermöglicht.

Entgelte von dritter Seite liegen daher gegenständlich nicht vor.

 

5. Fiktive Lieferung ( § 3 Abs. 2 dritter Teilstrich UStG 1994):

In den Erkenntnissen vom 25.07.2013, 2011/15/0055, und vom 19.12.2013, 2009/15/0137, hat der VwGH die Ansicht vertreten, dass eine unentgeltliche Übertragung einer Anbindungsstraße in das öffentliche Gut eine fiktive Lieferung sei, sofern keine Entgelte von dritter Seite (im Sinn der oben angeführten diesbezüglichen Erkenntnisse) vorlägen. Zur Begründung verwies er auf Art. 5 Abs. 6 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie (nunmehr Art. 16 RL 2006/112/EG ), wonach u.a. die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen als unentgeltliche Zuwendung einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt wird, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt haben. Im Urteil vom 27.04.1999, C-48/97 , habe der EuGH daraus gefolgert, dass Entnahmen, auch wenn sie für Zwecke des Unternehmens getätigt werden, als steuerbare Lieferungen betrachtet werden müssen.

Diesen Ansichten wird entgegengehalten:

5.1. Entnahme?

Trotz Übergangs des zivilrechtlichen Eigentums ins öffentliche Gut bleibt eine Anbindungsstraße im Unternehmensbereich des Errichters der Anbindungsstraße, weil sie auch nach Übertragung in das öffentliche Gut unternehmerischen Zwecken dient. Diese bestehen darin, dass die Anbindungsstraße die Zufahrt zu den Grundstücken und damit deren (unternehmerische) Nutzung ermöglicht.

Auch ertragsteuerlich scheidet eine Anbindungsstraße nicht mit Übertragung in das öffentliche Gut aus dem Betriebsvermögen aus, sondern wird auf die Nutzungsdauer abgeschrieben.

Auch angemietete Gegenstände befinden sich im Unternehmensbereich. Dies verdeutlicht, dass sich auch nicht (mehr) im zivilrechtlichen Eigentum des Unternehmers befindliche Gegenstände im Unternehmensbereich befinden können.

Eine Anbindungsstraße dient ganz überwiegend unternehmerischen Zwecken. Würde sie auch in einem nicht unwesentlichen Ausmaß öffentlichen Zwecken dienen, wäre die öffentliche Hand wohl dazu bereit gewesen, etwas für die Anbindungsstraße zu zahlen (siehe nachfolgend Pkt. 5.5.) bzw. wäre ein Hersteller der Anbindungsstraße nicht bereit gewesen, sämtliche Kosten zu tragen. Überdies darf die öffentliche Hand nicht nach ihrem Gutdünken über die Anbindungsstraße verfügen, also beispielsweise diese abtragen. All dies spricht dafür, dass der Hersteller wirtschaftlicher Eigentümer einer Anbindungsstraße ist bzw. bleibt.

Mit deren Übertragung in das öffentliche Gut wird daher keine Entnahme bewirkt.

5.2. Unentgeltliche Zuwendung?

Wie bereits unter 5.1. ausgeführt dient eine Anbindungsstraße, zu deren Errichtung die öffentliche Hand nichts beisteuert, ganz überwiegend nicht öffentlichen Interessen. Mit Übertragung in das öffentliche Gut wird der öffentlichen Hand daher kein verbrauchbarer Nutzen zugewendet.

Ein Vorteil durch Übertragung in das öffentliche Gut würde nur dann der öffentliche Hand zugewendet, wenn sie verpflichtet wäre, eine Anbindungsstraße zu errichten. Eine solche Verpflichtung besteht jedoch nicht (siehe Auskunft der OÖ. Landesregierung und die dort angeführte Judikatur).

Auch wenn eine Anbindungsstraße nach öffentlich-rechtlichen Vorgaben zu errichten ist, betrifft dies nur die Modalität der Errichtung, sagt jedoch nichts über den Errichtungszweck aus. Anders als in der Entscheidung des BFG vom 22.12.2015, RV/5100330/2006, vertreten wird daher der öffentlichen Hand infolge Einhaltung von öffentlich-rechtlichen Vorgaben kein (zielgerichteter) Vermögensvorteil verschafft.

5.3. EuGH vom 17.07.2014, C-438/13

Aus Rz 33 ist zu schließen, dass der EuGH der Ansicht ist, dass eine auf einem Fehlverhalten des Empfängers des Vermögens beruhende unfreiwillige Vermögensübertragung keine unentgeltliche Zuwendung darstellt. Warum dies nur für eine auf besagtes Fehlverhalten zurückzuführende Vermögensübertragung gelten soll, ist nicht ersichtlich.

Die Übertragung einer Straße in das öffentliche Gut erfolgt nun nicht freiwillig, sondern ist gesetzlich erzwungen. Daraus könne geschlossen werden, dass keine unentgeltliche Übertragung vorliegt.

Dagegen könnte eingewendet werden, dass die Errichtung einer Anbindungsstraße aus freiem Entschluss erfolgt ist, weshalb von einer Unfreiwilligkeit nicht die Rede sein könne.

Darauf ist aber zu erwidern, dass (anders als bei Werbegeschenken, die unabhängig davon, ob sie erbracht werden oder nicht, eine unternehmerische Tätigkeit ermöglichen) erst besagte Straßenerrichtung die Entfaltung einer unternehmerischen Tätigkeit ermöglicht. Es ist also zwischen dem Entschluss, überhaupt eine unternehmerische Tätigkeit zu entfalten, und Tätigkeiten, die in der Folge im Rahmen eines Unternehmens entfaltet werden, zu unterscheiden. Die freiwillige Entscheidung, eine unternehmerische Tätigkeit zu entfalten, führt also nicht dazu, dass alle anderen Tätigkeiten im Rahmen des Unternehmens als freiwillig erfolgt zu beurteilen sind.

Schlussfolgerung aus 5.1. bis 5.3.: Selbst wenn XY für die Übertragung (des Sportplatzes und von Teilen der Anbindungsstraße) in das öffentliche Gut nichts zu leisten (bezahlen) hat, liegt keine Entnahme für Zwecke einer unentgeltlichen Zuwendung vor.

Eine unentgeltliche Zuwendung liegt allerdings gegenständlich bereits infolge Gegenleistung der XY nicht vor (siehe 5.5.).

5.4. Überdies spricht noch Folgendes gegen das Vorliegen einer fiktiven Lieferung bzw. eines Entgelts von dritter Seite:

Bei Zugrundelegung der Ansichten des VwGH's (Erkenntnisse vom 25.07.2013, 2011/15/0055, und vom 19.12.2013, 2009/15/0137) stellt sich die nicht eindeutig zu beantwortende Frage, ob für den Fall, dass vor Übertragung in das öffentliche Gut hinsichtlich eines aufgeschlossenen Grundstückes keine Verkaufsabsicht bestand, nach Übertragung in das öffentliche Gut jedoch ein Verkauf stattfand (wobei der Käufer die anteiligen Anbindungskosten zu zahlen hatte), die zunächst vorliegende fiktive Lieferung dadurch wegfällt, dass in der Folge ein Entgelt von dritter Seite gezahlt wird oder ob es bei der fiktiven Lieferung bleibt und die Zahlung durch den Käufer kein Entgelt von dritter Seite darstellt.

Bestand vor Übertragung in das öffentliche Gut eine Verkaufsabsicht hinsichtlich eines aufgeschlossenen Grundstückes und wird deswegen die Meinung vertreten, das keine fiktive Lieferung vorliegt, weil ein zukünftiges Entgelt von dritter Seite zu erwarten ist, kommt es jedoch (bis auf weiteres) zu keinem Verkauf, ist fraglich, ab wann kein zukünftiges Entgelt von dritter Seite, sondern eine fiktive Lieferung vorliegt.

Wurde eine Anbindungsstraße durch die öffentliche Hand errichtet und muss der Eigentümer des/der im Gewerbegebiet liegenden Grundstücke(s) die Errichtungskosten tragen, erbringt die öffentliche Hand eine steuerpflichtige, in der Zurverfügungstellung der Anbindungsstraße bestehende Leistung (siehe BFG vom 29.12.2015, RV/5100770/2009, unter Hinweis auf VwGH vom 30.04.2015, 2013/15/0195, sowie oben Pkt. 3.). Die öffentliche Hand darf daher die ihr für die Errichtung der Straße in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen (eventuell nur anteilig; siehe 6.). Wenn der Grundstückseigentümer das Grundstück für besteuerte Umsätze nutzt, darf er seinerseits die ihm von der öffentlichen Hand in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Falls der Grundstückseigentümer das/die Grundstück(e) verkauft, räumt er seinerseits dem/den Käufer(n) die Möglichkeit ein, die Anbindungsstraße zu nutzen. Dies unterliegt der Umsatzsteuer (siehe oben). Käufer, die die Grundstücke für besteuerte Umsätze verwenden, dürfen diese jedoch wieder als Vorsteuer abziehen. Es kommt daher systemkonform zu keiner Umsatzsteuerbelastung in der Unternehmerkette.

Hat jedoch nicht die öffentliche Hand die Anbindungsstraße errichtet, kommt es bei Zugrundelegung der Ansichten des VwGH's zu einer Umsatzsteuerbelastung in der Unternehmerkette. Dies ist nicht sachgerecht (siehe dazu auch nachfolgend).

5.5. Zuschuss und tauschähnliche Leistung

Hat der (ehemalige) Grundstückseigentümer die Anbindungsstraße errichtet und würde diese auch in einem nicht unwesentlichen Ausmaß öffentlichen Zwecken dienen, wäre die öffentliche Hand wohl dazu bereit gewesen, etwas für die Anbindungsstraße zu zahlen bzw. wäre ein Hersteller der Anbindungsstraße nicht bereit gewesen, sämtliche Kosten zu tragen (siehe auch oben Pkt. 5.1.). Die öffentliche Hand hätte daher einen Zuschuss gewährt. Dieser ist das Entgelt für die Übertragung in das öffentliche Gut und die damit verbundene Zurverfügungstellung der Anbindungsstraße auch für öffentliche (allgemeine) Zwecke (vgl. VwGH vom 30.04.2015, 2012/15/0163).

Führt die öffentliche Hand die Erhaltung und Wartung (zB Winterdienst) der Anbindungsstraße durch, ist dies eine Leistung, die (auch) dem (ehemalige) Grundstückseigentümer Zugute kommt. Muss er dafür nichts bezahlen, liegt eine Leistung der öffentlichen Hand vor, die (genauso wie besagter Zuschuss) die Gegenleistung für die Übertragung der Anbindungsstraße in das öffentliche Gut darstellt. Die Erhaltungs- und Wartungsleistung ist zu bewerten und - weil sie bis auf Weiteres erbracht wird - zu kapitalisieren.

Die Übertragung in das öffentliche Gut ist also insofern zu versteuern, als die öffentliche Hand dafür besagten Zuschuss zahlt bzw. Erhaltungs- und Wartungsleistungen erbringt.

Die öffentliche Hand bezieht die Übertragung in das öffentliche Gut nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art und darf daher diese Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen. Es kommt daher systemkonform nur insofern zu einer Umsatzsteuerbelastung, als die Anbindungsstraße auch öffentlichen Zwecken dient. Im Ergebnis wird also der Vorsteuerabzug durch Besteuerung insofern rückgängig gemacht, als ein öffentliches Interesse an der Anbindungsstraße besteht. Infolge Entgelts scheidet eine fiktive Lieferung aus.

Zahlenbeispiel:

Der Bauunternehmer (B) stellt dem Grundstückeigentümer (G) für die Errichtung der Anbindungsstraße 100.000,00 + 20.000,00 in Rechnung. Der Zuschuss der öffentlichen Hand (H) beträgt 36.000,00. Der kapitalisierte Wert der Erhaltungs- und Wartungsleistungen beträgt 24.000,00.

Es besteht daher ein öffentliches Interesses an der Anbindungsstraße in Höhe von 50% (120.000,00 zu 36.000,00+24.000,00).

B führt 20.000,00 USt ab, G zieht 20.000,00 als Vorsteuer ab und führt 6.000,00 (in 36.000,00 enthaltene) USt und 4.000,00 (in 24.000,00 enthaltene) USt ab.
Dem Fiskus verbleiben daher 10.000,00 USt (20.000,00 - 20.000,00 + 6.000,00 + 4.000,00).
Aufwand für G: 74.000,00 (120.000,00 - 20.000,00 + 6.000,00 + 4.000,00 - 36.000,00).

Variante (es wird kein Zuschuss gewährt):
Es besteht daher nur ein öffentliches Interesses an der Anbindungsstraße in Höhe von 20% (120.000,00 zu 24.000,00).
B führt 20.000,00 USt ab, G zieht 20.000,00 als Vorsteuer ab und führt 4.000,00 (in 24.000,00 enthaltene) USt ab.
Dem Fiskus verbleiben daher 4.000,00 USt (20.000,00 - 20.000,00 + 4.000,00).
Aufwand für G: 104.000,00 (120.000,00 - 20.000,00 + 4.000,00).

 

6. Die öffentliche Hand ist Errichter der Anbindungsstraße

Hat die öffentliche Hand eine Anbindungsstraße errichtet und liegt ein öffentliches Interesse an deren Errichtung vor, wird sie dem davon profitierenden Grundstückseigentümer nur jene Kosten in Rechnung stellen, die dem Verhältnis der öffentlichen zu den unternehmerischen Zwecken entsprechen und die oben angeführten Erhaltungs- und Wartungsleistungen erbringen. Der öffentlichen Hand steht (für die Errichtung) nur der anteilige Vorsteuerabzug zu (vgl. BFG vom 29.12.2015, RV/5100770/2009). Hinsichtlich des auf die unternehmerischen Interessen entfallenden Anteils muss die öffentliche Hand Umsatzsteuer abführen, die der Grundstückseigentümer als Vorsteuer abziehen darf (insofern er grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt ist).

Wie dem rechtskräftig gewordenen Erkenntnis des BFG vom 29.12.2015, RV/5100770/2009, zu entnehmen ist, hat XY für die von ihr errichteten Straßenteile nur den anteiligen Vorsteuerabzug geltend gemacht und Umsatzsteuer nur in Höhe des geltend gemachten Vorsteuerbetrags der ABC in Rechnung gestellt.

Führt die öffentliche Hand die Erhaltung und Wartung (zB Winterdienst) der Anbindungsstraße durch, ist dies eine Leistung, die (auch) dem o.a. Grundstückseigentümer Zugute kommt. Muss er dafür nichts bezahlen, ist die Erhaltung und Wartung die Gegenleistung für die Leistung des Grundstückeigentümers, die darin besteht, dass er das offensichtliche Interesse der öffentlichen Hand an der Ansiedlung befriedigt. Die Erhaltungs- und Wartungsleistung ist zu bewerten und - weil sie bis auf Weiteres erbracht wird - zu kapitalisieren.

Die in der Befriedigung des Ansiedlungsinteresses bestehende Leistung ist also insofern zu versteuern, als die öffentliche Hand dafür Erhaltungs- und Wartungsleistungen erbringt.

Verrechnet die öffentliche Hand nicht die gesamten Errichtungskosten weiter (versteckter Zuschuss), weil der Grundstückseigentümer das öffentliche Ansiedlungsinteresse befriedigt, steht ihr nur der anteilige Vorsteuerabzug zu.

Es kommt also auch bei dieser Fallkonstellation systemkonform nur insofern zu einer Umsatzsteuerbelastung, als die Anbindungsstraße auch öffentlichen Zwecken dient.

Zahlenbeispiel:

Der Bauunternehmer (B) stellt der öffentlichen Hand (H) für die Errichtung der Anbindungsstraße 100.000,00 + 20.000,00 in Rechnung. H stellt dem Grundstückeigentümer (G) für die Zurverfügungstellung (die Nutzungsmöglichkeit) der Anbindungsstraße nur 70.000,00 + 14.000,00 in Rechnung. Der kapitalisierte Wert der Erhaltungs- und Wartungsleistungen beträgt 24.000,00.

Es besteht daher ein öffentliches Interesse an der Anbindungsstraße in Höhe von 50% (120.000,00 zu 120.000,00-70.000,00-14.000.00+24.000,00).

B führt 20.000,00 USt ab, H verwendet die Anbindungsstraße jedoch nur zu 70% für unternehmerische Zwecke (120.000,00/84.000,00 bzw. 100.000,00/70.000,00) und darf daher davon nur 14.000,00 als Vorsteuer abziehen. H führt 14.000,00 an USt ab, die G als Vorsteuer abzieht. Für die in der Befriedigung des Ansiedlungsinteresses bestehende Leistung muss G 4.000,00 an USt abführen, der H steht dafür kein Vorsteuerabzug zu.
Dem Fiskus verbleiben daher 10.000,00 USt (20.000,00 - 14.000,00 + 14.000,00 - 14.000,00 + 4.000,00).
Aufwand für G: 74.000,00 (84.000,00 - 14.000,00 + 4.000,00).

Variante (es wird kein "versteckter" Zuschuss gewährt):
Der Bauunternehmer (B) stellt der H für die Errichtung der Anbindungsstraße 100.000,00 + 20.000,00 in Rechnung. H stellt dem G für die Zurverfügungstellung (die Nutzungsmöglichkeit) der Anbindungsstraße 100.000,00 + 20.000,00 in Rechnung. Der kapitalisierte Wert der Erhaltungs- und Wartungsleistungen Leistung beträgt 24.000,00.
Es besteht daher ein öffentliches Interesse an der Anbindungsstraße in Höhe von 20% (120.000,00 zu 24.000,00).
B führt 20.000,00 USt ab, H verwendet die Anbindungsstraße zu 100% für unternehmerische Zwecke und darf daher 20.000,00 als Vorsteuer abziehen. H führt 20.000,00 an USt ab, die G als Vorsteuer abzieht. Für die in der Befriedigung des Ansiedlungsinteresses bestehende Leistung muss G 4.000,00 an USt abführen, der H steht dafür kein Vorsteuerabzug zu.
Dem Fiskus verbleiben daher 4.000,00 USt (20.000,00 - 20.000,00 + 20.000,00 - 20.000,00 + 4.000,00).
Aufwand für G: 104.000,00 (120.000,00 - 20.000,00 + 4.000,00).

 

Den Ausführungen des Finanzamtes in der Stellungnahme wird entgegengehalten:

Zu 1. und 5. der Stellungnahme:

Es trifft zu, dass der Empfänger eines Gegenstandes ab der Übernahme des Gegenstandes sämtliche Kosten iZm dem Gegenstand zu tragen hat, wenn keine andere Vereinbarung getroffen worden ist. Hätte die Gemeinde keinerlei Interesse am Vorhandensein der strittigen Straßen, hätte sie der Errichtung der Straße durch ABC nur zugestimmt, wenn ABC sich verpflichtet hätten, die Straßen zu erhalten bzw. einen (laufenden) Betrag für die Erhaltung und Wartung durch die Gemeinde an diese zu bezahlen. Gerade das keine "andere Vereinbarung" getroffen wurde, dokumentiert das Interesse der Gemeinde am Vorhandensein der Straßen.

Bemessungsgrundlage für einen Umsatz ist der Wert der Gegenleistung und nicht der objektive Wert der Leistung. Es ist also (anders als das Finanzamt meint) nicht von Bedeutung, dass die (von ABC) zu tragenden Kosten außer Verhältnis zum weit höheren Wert der Zuwendung stehen. Vielmehr kommt es darauf an, was der Leistungsempfänger (konkret die Gemeinde) bereit ist, für die Zuwendung aufzuwenden. Konkret war die Gemeinde bereit, die Straßen zu erhalten und zu warten.

Anders als im konkreten Fall hat ein Unternehmer, der etwas zuwendet, normalerweise keinen Vorteil mehr aus einem späteren Verhalten des Zuwendungsempfängers. In solchen (Normal)Fällen kommt es also zu keiner Leistung des Zuwendungsempfängers. Die Ansicht, dass § 3 Abs. 2 dritter Teilstrich UStG 1994 bei Zugrundelegung der im Entwurf vertretenen Ansicht obsolet wäre, ist demnach nicht zutreffend.

Zu 2. der Stellungnahme:

Dass die Übertragung in das öffentliche Gut kostenlos bzw. entschädigungslos erfolgte, betrifft nur die Übertragung an sich und ändert nichts an der Tatsache, dass die Gemeinde in der Folge besagte Erhaltungs- und Wartungsleistungen an ABC erbracht hat.

Zu 3. der Stellungnahme:

Im Entwurf wurde nur die Ansicht vertreten, dass die Gemeinde für den Fall, dass sie ein entsprechend höheres Interesse am Vorhandensein der Straßen gehabt hätte, wohl bereit gewesen wäre, einen Zuschuss zu gewähren. Es wurde aber nicht die Ansicht vertreten, dass dies konkret der Fall war. Die Rüge des Finanzamtes geht daher ins Leere.

Zu 4. der Stellungnahme:

Die Zahlen eines Zahlenbeispiels entsprechen nie einem konkret zu beurteilenden Fall. Abgesehen davon, dass sich ein Gegenstand sehr wohl im Bereich zweier Unternehmen befinden kann (dies ist insbesondere bei Vermietungen der Fall), läuft die Argumentation des Finanzamtes wiederum (unzutreffend; siehe zu 1. und 5.) darauf hinaus, dass das objektive Ungleichgewicht einen Leistungsaustausch verhindere.

 

Aus 5.5. und 6. ergibt sich daher für den konkreten Fall:

Da XY die Erhaltung und Wartung der von ihr und der von ABC errichteten Straßenteile vornimmt, dies der ABC (und nunmehr dem Beschwerdeführer) Zugute kam bzw. kommt und ABC (und in der Folge der Beschwerdeführer) dafür nichts zu bezahlen haben, ist besagte Leistung von XY zu bewerten und weil fortlaufend erbracht zu kapitalisieren. Betreffend die Höhe wird besagter Wert einvernehmlich mit jährlich 2.000,00 € festgelegt. Dies entspricht einem kapitalisierten Wert von 36.363,64 € (netto 30.303,03 €).

Die Erhaltungs- und Wartungsleistungen sind die Gegenleistung für die Übertragung in das öffentliche Gut (I.A. Übersiedlung Sportplatz, I.B. Errichtung eines Teils der Straßen im Gewerbegebiet) und die Befriedigung des öffentlichen Ansiedlungsinteresses.

Da die Straßen im Jahr 2007 fertiggestellt wurden, ist die Umsatzversteuerung für das Jahr 2007 vorzunehmen.

Betreffend das Beschwerdebegehren und den "Abänderungsantrag des Finanzamtes" wird auf Pkt. 3. (der Vorsteuerabzug steht zu), auf Pkt. 4. (Entgelte von dritter Seite liegen nicht vor) und Pkt. 5.1. bis 5.4. (es sind keine fiktiven Lieferungen gegeben) verwiesen.

 

Zulässigkeit einer Revision

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, war die Revision nicht für unzulässig zu erklären.

 

 

Linz, am 26. August 2016

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 6 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3a Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 10 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 11 Abs. 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 16 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 16 RL 2006/112/EG , ABl. Nr. L 347 vom 11.12.2006 S. 1

Schlagworte:

Verkehrsanbindung, Aufschließungsstraße, Anbindungsstraße, Fiktive Lieferung, Entgelt von dritter Seite

Verweise:

VwGH 25.10.2011, 2008/15/0299
VwGH 19.03.2002, 1997/14/0133
VwGH 26.04.2004, 2000/15/0140
VwGH 19.03.1991, 87/05/0188
OGH 26.03.1969, 2 Ob 51/69
VwGH 30.04.2015, 2012/15/0163
VwGH 19.12.2013, 2009/15/0137
EuGH 17.07.2014, C-438/13
VwGH 30.04.2015, 2013/15/0195
BFG 22.12.2015, RV/5100330/2006

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