BFG RV/4100059/2023

BFGRV/4100059/202324.4.2023

Rückforderung Familienbeihilfe - Nichteinzahlung des ÖH-Beitrages

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100059.2023

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 08. November 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 17. Oktober 2022 betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Mai 2022 bis September 2022 für das Kind ***1***, geb. ***2***, Ordnungsbegriff ***3***, SVNr. ***4***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Tochter der Beschwerdeführerin (Bf.), ***1***, geb. ***2***, legte im Oktober 2021 die Reifeprüfung ab. Ab dem Wintersemester 2021/22 war sie an der ***5***Universität im Bachelorstudium Philosophie (***6***) gemeldet.

Das Finanzamt (FA) forderte im August 2022 im Rahmen der Anspruchsüberprüfung das Studienblatt und den Studienerfolgsnachweis von der Tochter der Bf. an.

In Beantwortung des Vorhaltes übermittelte die Bf. am 12.09.2022 nachfolgende Stellungnahme ihrer Tochter:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Aufgrund Erkrankung konnte ich, ***1***, mein Bachelorstudium Philosophie im Studienjahr 2021/22 nicht vollständig verfolgen. Daher kann ich auch keinen Studienerfolgsnachweis für das Studienjahr 2021/22 abrufen. Im Anhang finden sie dazu die ärztliche Bestätigung. Jedoch bin ich wieder gesund und führe ab diesem Studienjahr 2022/23 mein Studium in einem anderen Bereich, Bachelor Angewandte Kulturwissenschaft weiter. Für das Wintersemester 2022/23 gibt es noch keinen Studienerfolgsnachweis, da das Studium noch nicht begonnen hat. Die Bestätigungen dazu (Studienblatt, Studienbestätigung) finden Sie ebenfalls im Anhang.
Ich bestätige hiermit ebenfalls, dass ich seit dem 09.11.2022 durchgehend Studentin war/bin. Davor habe ich das ***7*** besucht, dort mit Matura im Schuljahr 2021 erfolgreich abgeschlossen (Nachprüfung in Mathematik im Oktober bestanden) und direkt danach im November begonnen zu studieren. Somit steht mir laut meiner Information die Familienbeihilfe als auch die Halbwaisenrente weiterhin ohne Unterbrechung zur Verfügung, da ich mich seit dem Abschluss meiner Matura im Jahr 2021 weiterhin dauerhaft in Ausbildung befunden habe.."

Beigefügt wurde(n)
- die ärztliche Bestätigung eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 19.01.2022; Darin heißt es:
"Schreiben zur Vorlage bei der Studienbehörde
Sehr geehrte Damen und Herren!
Aufgrund Ihres aktuellen Gesundheitszustandes ist sie (Anm.: ***1***) nicht in der Lage den Unterricht an der Universität ausreichend folgen zu können und auch ihr Lernpensum absolvieren zu können, sodass derzeit die Belastbarkeit zur Absolvierung ihres Studiums nicht gegeben ist. Dies gilt retrospektiv betrachtet seit Anfang November 2021 und sollte bis zumindest inklusive des Sommersemesters 2022 gelten, wir ersuchen höflichst zu berücksichtigen und verbleiben…."

- das Studienblatt der ***5***Universität. Daraus ist zu entnehmen, dass ***1*** am 30.04.2022 vom Bachelorstudium Philosophie (***6***) abgemeldet wurde. Seit 20.09.2022 ist ***1*** als ordentlich Studierende im Bachelorstudium Angewandte Kulturwissenschaft (***8***) gemeldet;

- Kopien der Waisenpension vom 01/2022 und Witwenpension vom 01/2022.

Mit Bescheid vom 17.10.2022 forderte das FA die Familienbeihilfe (€ 1.005,50) und die Kinderabsetzbeträge (€ 292,00) für ***1*** für die Zeiträume Mai 2022 bis September 2022 zurück. Unter Hinweis auf § 26 Abs. 1 FLAG 1967 begründete das FA die Rückforderung damit, dass ***1*** das Studium mit 30.04.2022 abgebrochen habe. Aus diesem Grunde seien die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge zurückzuzahlen.

Am 08.11.2022 langte die Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid beim FA ein. Im Einzelnen führte die Bf. aus:

"Meine Tochter ***1*** befand sich in der angegebenen Periode (von April 2022 bis Oktober 2022) im Krankenstand, welcher schon damals ärztlich bestätigt wurde. Allerdings war sie bis Ende April offiziell als Studentin gemeldet. Das Studium wollte sie auch weiterführen, wurde aber wegen einer VERSEHENTLICH nicht eingelangten Zahlung des ÖH-Beitrages automatisch vom Studium abgemeldet. Da sich ***1*** sowieso zu dieser Zeit im Krankenstand befand, ging sie fälschlicherweise davon aus, dass es auch nicht mehr nötig ist den ÖH-Beitrag einzuzahlen, was leider dazu führte, dass sie von der Universität ***5*** von April bis Oktober fälschlicherweise abgemeldet wurde. Aufgrund ihrer Erkrankung ging sie der ausständigen Zahlung auch nicht mehr nach, da für sie sowieso klar war, dass sie im Oktober, nach Ablauf ihres Krankenstandes ihr Studium weiterführen wird.
Mittlerweile ist meine Tochter wieder als Studentin gemeldet. Die Unterlagen dazu haben wir Ihnen bereits zukommen lassen.
Nichtsdestotrotz haben wir nochmals eine ärztliche Bestätigung angefordert, welche den Sachverhalt erneut wiedergibt.
Meine Tochter bezog in der angeführten Periode sowie davor und danach kein zusätzliches Einkommen. Deshalb sind wir auf die Familienbeihilfe auch in diesem Zeitraum angewiesen. Sämtliche Unterlagen und Bestätigungen finden sie in den beiliegenden Dokumenten."
Beigelegt wurden Studienbestätigungen, der Rückforderungsbescheid samt Buchungsmitteilungen, die Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe, Kopien der Waisen- und Witwenpension vom Jänner 2022, der Meldezettel sowie das Schreiben des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 19.01.022 und ein erneutes Schreiben dieses Arztes vom 31.10.2022. Darin führt er aus: "Die Pat. berichtet, dass sie mittlerweile seit dem Wintersemester 2022/23 zu studieren begonnen hat und zwar an der Universität ***5***.

Wie schon im Schreiben meinerseits, welches zur Vorlage bei der Studienbehörde diente vom 19.01.2022 angeführt, war sie zumindest seit 19.01.22 beginnend bis zum Ende des Sommersemesters 2022 aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht in der Lage den Studienerfolg erbringen zu können, insbesondere waren auch die kognitiven Leistungsfertigkeiten so deutlich beeinträchtigt, dass die Absolvierung des Studiums nicht möglich war, dies auch aufgrund zahlreicher anderer Problemkreise und Symptome, sodass jedenfalls für das Sommersemester 2022 erkrankungsbedingt der Studienerfolg nicht umsetzbar gewesen war. Wir ersuchen höflicherseits dies zu berücksichtigen und…."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20.12.2022 wies das FA die Beschwerde ab. Begründend wurde auf § 2 Abs. 1 FLAG 1967 und die höchstgerichtliche Rechtsprechung iZm krankheitsbedingten Unterbrechungen des Ausbildungsvorgangs sowie den Abbruch einer Berufsausbildung Bezug genommen. Konkret führte das FA aus, dass ***1*** im WS 21/22 im Bachelorstudium Philosophie inskribiert war und am 30.04.2022 vom Studium abgemeldet wurde. Ab diesem Zeitpunkt liege ein Abbruch des Studiums und nicht nur eine Unterbrechung vor, weil das Studium nicht wiederaufgenommen worden sei. Vielmehr habe ***1*** ab dem WS 22/23 ein anderes Studium begonnen. Im Hinblick auf den krankheitsbedingt verstrichenen Zeitraum könne nicht von einer "Unterbrechung" ausgegangen werden.

Am 20.01.2023 beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Unter Punkt 1. Einspruch wiederholte die Bf. die Vorbringen der Beschwerde. Unter Punkt 2. ergänzte sie:

"Außerdem stand beim Status der Einzahlung für die Beiträge an der ***5*** der Status "befreit" was meine Tochter fälschlicherweise als "befreit vom ÖH-Beitrag" betrachtete. Auch bei Rücksprache mit der Universität wegen der Krankmeldung wurde keine Zahlung eingefordert und nichts vom ÖH-Beitrag erwähnt. Was schlussendlich dazu führte, dass ***1*** fälschlicherweise von der Universität abgemeldet wurde.
Zum "Wechsel" des Studiums:
Meine Tochter hat das Studium nicht freiwillig gewechselt, ihr blieb lediglich nichts anderes übrig, da aufgrund ihrer Erkrankung zum Zeitpunkt der Genesung alle Kurse im Studium Philosophie fast zur Gänze besetzt waren und sie daher keine andere Möglichkeit mehr hatte, als sich für ein ähnliches Studium (Angewandte Kulturwissenschaften) einzuschreiben.
Nun ist es sehr bedauerlich, dass meine Tochter aufgrund dieser Reihung von ungünstigen Umständen die Familienbeihilfe vom in Ihrem Schreiben genannten Zeitraum zurückzahlen muss.
Falls sie die Summe nun trotz meiner ausführlichen Erklärung des Sachverhalts erstatten muss, möchte ich hinzukommend erwähnen, dass es meiner Tochter ***1***, als auch mir nicht möglich ist, die volle Summe auf einen Schlag zurückzuzahlen, da wir das bezogene Geld zum Leben brauchten und auch jetzt kein zusätzliches Einkommen beziehen. Ich kann Ihnen meinerseits eine Ratenzahlung anbieten, welche in möglichst geringen Raten OHNE ZINSEN ODER SONSTIGE ZUSÄTZLICHE KOSTEN erfolgen müsste. Nochmals möchte ich gerne anmerken, dass ich die Forderung einer Rückzahlung unter diesen Umständen als äußerst ungerechtfertigt empfinde und daher höflichst um Verständnis und Entgegenkommen Ihrerseits bitte…"
Beigelegt wurden Kopien der Zahlungsaufforderung, der ärztlichen Bestätigung vom 19.01.2022, des Rückforderungsbescheides sowie ein mit 04.05.2022 zurückgewiesener Beurlaubungsantrag (Nr. ***9***) der ***5***-Universität für das Sommersemester 2022.

Das FA legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom 22.03.2023 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das FA beantragte die Abweisung der Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Tochter der Bf. ist am ***2*** geboren.

Nach Ablegung der Matura im Oktober 2021 inskribierte ***1*** an der ***5***Universität ***5*** das Bachelorstudium Philosophie (***6***). Prüfungen wurden nicht abgelegt.

Mit 19.01./31.10.2022 bestätigte ein Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, dass ***1*** aufgrund ihres Gesundheitszustandes seit Anfang November 2021 bis inklusive des Sommersemesters 2022 nicht in der Lage ist das Studium zu absolvieren.

***1*** hat den ÖH-Beitrag für das Wintersemester 2021/22 nicht entrichtet.

Am 17.02.2022 beantragte ***1*** eine Beurlaubung wegen "Erkrankung, die nachweislich am Studienfortschritt" hindert. Dieser Antrag wurde - nachdem er wieder an ***1*** zur Nachbearbeitung zurückgegeben wurde - von der Universität am 04.05.2022 zurückgewiesen.

Die Universität hat ***1*** mit 30. April 2022 - mangels Entrichtung des ÖH-Beitrages - exmatrikuliert.

Seit dem Wintersemester 2022/23 absolviert ***1*** das Bachelorstudium Angewandte Kulturwissenschaft (***8***) an der ***5***Universität.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen beruhen auf dem Akteninhalt, den Abfragen im Abgabeninformationssystem sowie den im Beschwerdeverfahren von der Bf. selbst vorgelegten Unterlagen und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 lautet:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer zu Unrecht Familienbeihilfe bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen aufgrund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden.

Die Zulassung zum Studium ist die Berechtigung ein bestimmtes Studium an einer österreichischen Universität bzw. einen Fachhochschul-Studiengang ohne weitere Erfordernisse aufnehmen zu können. Die Studierenden sind verpflichtet, innerhalb der allgemeinen Zulassungsfrist oder der Nachfrist jedes Semester an der Universität, an der eine Zulassung zum Studium besteht, die Fortsetzung des Studiums zu melden. Die Wirkung der Meldung der Fortsetzung des Studiums für ein Semester erstreckt sich bis zum Ende der Nachfrist des unmittelbar darauffolgenden Semesters, sofern die Zulassung zum Studium noch nicht erloschen ist (§ 62 abs. 1 und 3 Universitätsgesetz UG 2002).

Die Meldung muss jedes Semester erfolgen. § 4 Abs. 1 Universitäts-Studienevidenzverordnung 2004 bestimmt, dass die ordnungsgemäße Einzahlung des Studienbeitrages und des Studierendenbeitrages einschließlich allfälliger Sonderbeiträge an jener Universität, auf deren Studienbeitragskonto einbezahlt wurde, die Meldung der Fortsetzung für jedes Studium des betreffenden Studierenden bewirkt, sofern nicht die Fortsetzungsmeldung studienrechtlich unzulässig ist (VwGH 25.4.2017, Ra 2016/16/0072).

Die Zulassung zu einem Studium erlischt, wenn der Studierende die Meldung der Fortsetzung des Studiums unterlässt, ohne beurlaubt zu sein (§ 68 Abs. 1 Z 2 UG 2002). Wird ein Student mangels (rechtzeitiger) Einzahlung des ÖH-Beitrages von der Universität exmatrikuliert, liegt keine Berufsausübung iSd FLAG mehr vor (Lenneis/Wanke, FLAG, Familienlastenausgleichsgesetz, Kommentar2, § 2 Tz 62 ff).

Die Tochter der Bf. hat das von ihr im Wintersemester 2021/22 begonnene Bachelorstudium Philosophie abgebrochen. Sie ist im Wintersemester 2021/22 zu keiner Prüfung angetreten. Letzteres ist krankheitsbedingt unterblieben. Im Sommersemester 2022 war die Tochter der Bf. an der ***5***Universität auch nicht mehr zur Fortsetzung gemeldet. Sie wurde von der Universität - mangels Einzahlung des ÖH-Beitrages - mit 30.04.2022 exmatrikuliert. Im September 2022 hat die Tochter der Bf. ein ganz anderes Studium (Bachelorstudium Angewandte Kulturwissenschaft) begonnen.

Wird - wie im vorliegenden Fall - die Tätigkeit, durch die ein Kind "für einen Beruf ausgebildet wurde", abgebrochen und nicht mehr wiederaufgenommen, sondern krankheitsbedingt oder aus welchen Gründen auch immer endgültig beendet, so kann ab der Beendigung nicht mehr von einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gesprochen werden (vgl. VwGH 21.10.1999, 87/15/0111; VwGH 14.12.1995, 93/15/0133) und es besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Die Aufgabe einer Berufsausbildung zufolge Krankheit ohne Wiederaufnahme dieser Berufsausbildung nach der Genesung bedeutet den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen für die Familienbeihilfe (Lenneis/Wanke, FLAG, Familienlastenausgleichsgesetz, Kommentar2, § 2 Tz 38 ff).

Aus § 26 Abs. 1 ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat (vgl. etwa VwGH 20.12.1968, 0486/68; 9.6.1978, 1019/77; 28.2.2008, 2006/15/0076; 22.4.2009, 2008/15/0323; 8.7.2009, 2009/15/0089; 28.10.2009, 2008/15/0329; 29.9.2010, 2007/13/0120; 19.12.2013, 2012/16/0047).
Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von Familienbeihilfe an (vgl. etwa VwGH 10.12.1997, 97/13/0185; 22.4.1998, 98/13/0067), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. VwGH 28.11.2002, 2002/13/0079; 9.7.2008, 2005/13/0142); (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 12f).

Die Verpflichtung zur Rückerstattung zu Unrecht bezogener Beihilfen ist also von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft. § 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat.

Insofern können die Vorbringen der Bf., dass seitens der Tochter versehentlich der ÖH-Beitrag nicht eingezahlt wurde, dass irrtümlich der von der ***5***Universität angegebenen Status "befreit" von der Tochter als "befreit vom ÖH-Beitrag" betrachtet wurde, dass auch anlässlich der Krankmeldung seitens der Universität keine Zahlungsaufforderung erfolgte, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Dazu ist anzumerken, dass es wohl eine allseits bekannte Tatsache ist, dass für die Zulassung zu einem Studium die Leistung bestimmter Beiträge Voraussetzung ist. Jeder Student wird schriftlich über eine allfällige Exmatrikulation infolge Nichtentrichtung der Studiengebühren bzw. des Studienbeitrages oder ÖH-Beitrages von seiner Universität vorher informiert!

Bezüglich der Kinderabsetzbeträge ist festzustellen, dass diese gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 dann gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige auch Familienbeihilfe bezieht. Der Kinderabsetzbetrag ist somit derart mit der Familienbeihilfe verknüpft, dass ein unrechtmäßiger Bezug der Familienbeihilfe auch den gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlten Kinderabsetzbetrag unrechtmäßig macht. Die Kinderabsetzbeträge waren somit zusammen mit der Familienbeihilfe gemäß § 26 FLAG zurückzufordern.

Soweit die Bf. schließlich um Ratenzahlung ersucht, ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesfinanzgericht hiefür nicht zuständig ist; vielmehr ist ein entsprechender Antrag beim Finanzamt einzubringen.

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Beschwerde wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt bzw. es um Fragen der Beweiswürdigung geht.

Klagenfurt am Wörthersee, am 24. April 2023

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, FLAG

betroffene Normen:

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 68 Abs. 1 Z 2 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
§ 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 66 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
§ 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 22.04.1998, 98/13/0067
VwGH 25.04.2017, Ra 2016/16/0072
VwGH 28.11.2002, 2002/13/0079
VwGH 09.07.2008, 2005/13/0142
VwGH 21.10.1999, 87/15/0111
VwGH 14.12.1995, 93/15/0133
VwGH 20.12.1968, 0486/68
VwGH 09.06.1978, 1019/77
VwGH 28.02.2008, 2006/15/0076
VwGH 22.04.2009, 2008/15/0323
VwGH 08.07.2009, 2009/15/0089
VwGH 28.10.2009, 2008/15/0329
VwGH 29.09.2010, 2007/13/0120
VwGH 19.12.2013, 2012/16/0047
VwGH 10.12.1997, 97/13/0185

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