BFG RV/2100610/2020

BFGRV/2100610/20202.11.2021

Erträge aus einer Kapitalanlage im Zusammenhang mit einem Betrugssystem als Einkünfte aus Kapitalvermögen

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100610.2020

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/15/0111. Mit Erk. v. 28.6.2022 hinsichtlich WA des Verfahrens hins. ESt 2008 sowie Einkommensteuer 2008 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRin der BeschwerdesacheBf, vertreten durch stV, über die Beschwerde
vom 24.10.2013 gegen die Bescheide desFinanzamtes Judenburg Liezen vom 26.09.2013 betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für 2006, 2007 und 2008 sowie Einkommensteuer für 2008 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für 2006 und 2007 wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

Die Beschwerde betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für 2008 wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid betreffend Einkommensteuer für 2008 wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

27.027,40

Nicht endbesteuerungsfähige Einkünfte aus Kapitalvermögen

70.190,17

Gesamtbetrag der Einkünfte

97.217,57

Sonderausgaben (Ihr Gesamtbetrag der Einkünfte übersteigt 50.900 Euro. Ihre Topf-Sonderausgaben können daher nicht (mehr) berücksichtigt werden)

-100,00

Einkommen

97.117,57

Steuer vor Abzug der Absetzbeträge

40.143,79

Pensionistenabsetzbetrag

0,00

Steuer nach Abzug der Absetzbeträge

40.143,79

Steuer sonstige Bezüge

231,05

Einkommensteuer

40.374,84

Anrechenbare Lohnsteuer

-6.838,74

Festgesetzte Einkommensteuer

33.536,10

Die Höhe und die Fälligkeit der zu entrichtenden Abgabe sind der Buchungsmitteilung des Finanzamtes zu entnehmen.

Gegen dieses Erkenntnisist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein fortgesetztes Verfahren (vgl. VwGH 18.05.2020, Ra 2018/15/0090).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit o.a. Erkenntnis die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts BFG 04.04.2017, RV/2100778/2014, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für 2006 bis 2008 sowie Einkommensteuer für 2006 bis 2008 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof kommt in seiner rechtlichen Würdigung zum Schluss, dass es das Bundesfinanzgericht - abgesehen vom Jahr 2008 - unterlassen habe, Feststellungen dahingehend zu treffen, dass sich der Revisionswerber monatlich fällige "Wertsteigerungen" habe zusagen lassen (Rz 29).

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts BFG 04.04.2017, RV/2100778/2014, und die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 18.05.2020, Ra 2018/15/0090, verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren erfolgten dann im Wesentlichen noch

Über die Beschwerde wurde Folgendes erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in den Entscheidungsgründen zu VwGH 18.05.2020,
Ra 2018/15/0090, ua. ausgeführt wie folgt (Rz aus VwGH-Entscheidung):

22 Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen somit alle Vermögensvermehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung darstellen. Unerheblich ist es, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Titel zu Grunde liegt (vgl. zu Verzugszinsen VwGH 15.9.2016, Ra 2014/15/0018) (…)

Daraus leitet das Bundesfinanzgericht ab, dass der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall grundsätzlich sehr wohl von Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeht. Zentral ist demnach die Vermögensvermehrung, unerheblich hingegen der Titel der Kapitalüberlassung.

23 Einnahmen sind dann als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger rechtlich und wirtschaftlich über sie verfügen kann. Der Gläubiger verfügt (auch dann) über einen Geldbetrag, wenn die Auszahlung des Geldbetrages auf Wunsch des Gläubigers verschoben wird, obwohl der Schuldner zahlungswillig und zahlungsfähig ist. Der Zufluss ist damit bereits in diesem Zeitpunkt (Fälligkeitstag) erfolgt. Ist eine Auszahlung grundsätzlich möglich, entscheidet sich der Gläubiger aber - wenn auch nach Überredung durch den Schuldner - die fälligen Erträge wieder zu veranlagen, so ist der Zufluss im Sinne des § 19 EStG 1988 durch die Verfügung der Wiederveranlagung in diesem Zeitpunkt erfolgt. Der wiederveranlagte Ertrag bildet eine neue Einkunftsquelle (oder einen Teil einer Einkunftsquelle), deren Untergang auf die Steuerpflicht früher zugeflossener Erträge steuerlich keine Auswirkung hat. Ein nachfolgender Verlust auch des neuerlich eingesetzten Kapitals ist steuerlich unbeachtlich (vgl. VwGH 6.7.2006, 2003/15/0128, mwN).

Daraus leitet das Bundesfinanzgericht ab, dass (auch) laut Verwaltungsgerichtshof Gläubiger der jeweilige Anleger [hier: der Bf.] und Schuldner X ist, wobei als Zuflusszeitpunkt bzgl. der Erträge jener Zeitpunkt anzunehmen ist, in dem vom Gläubiger die Wiederveranlagung fälliger Erträge verfügt wird, und der wiederveranlagte Ertrag die neue Einkunftsquelle darstellt. Der Vollständigkeit halber wird in diesem Zusammenhang nochmals angemerkt, dass laut Aktenlage X jedenfalls bis Oktober 2008 leistungsbereit und -fähig war.

29 Welche tragfähigen Feststellungen dafür sprächen, dass sich der Revisionswerber monatlich fällige "Wertsteigerungen" habe zusagen lassen, die er "wiederveranlagt" habe, ist dem angefochtenen Erkenntnis allerdings nicht zu entnehmen. Im Prüfungsbericht findet sich die Ablichtung einer jener monatlichen Mitteilungen, mit welcher der Revisionswerber und seine Ehefrau über die "Wertsteigerung" ihres Treuhandauftrages informiert wurden. Darin sind das Kaufdatum, die Kaufsumme, die Wertsteigerung (die "monatlichen Wertsteigerungen" offenbar summiert ab dem jeweiligen Kaufdatum, wobei in der Überschrift die aktuelle monatliche Wertsteigerung aufscheint), der Depotgewinn und der Depotwert ausgewiesen. Weiters wird im Prüfungsbericht die Aussage einer Mitarbeiterin des X wiedergegeben, wonach "sofern der Kunde nur einen Teilbetrag wollte, wurde dieser Betrag vom eingezahlten Betrag inkl. Wertsteigerungen abgezogen und ein neuer Treuhandauftrag mit dem Datum der Auszahlung mit dem nun neuen Betrag ausgefertigt". Eine monatlich fällige Verzinsung über die der Anleger durch Wiederveranlagung verfügt habe, ist daraus nicht ableitbar.

Das Bundesfinanzgericht leitet daraus ab, dass nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Fall Feststellungen bzgl. einer Zusage "monatlich fällige[r] Wertsteigerungen" (die der Bf. dann wiederveranlagt hat) fehlen; dies gilt auch für Feststellungen, dass der Anleger über die monatlich fällige Verzinsung durch Wiederveranlagung verfügt habe.

30 Lediglich für das Jahr 2008 wurden vom Prüfer Feststellungen über erfolgte Auszahlungen verbunden mit der Erteilung eines neuen Treuhandauftrages getroffen, die im Sinne der angeführten Vorjudikatur als Zufluss iSd des § 19 EStG 1988 beurteilt werden durften. Doch liegt auch der Schätzung der Einkünfte aus Kapitalvermögen für das Jahr 2008 offenkundig die Ansicht zu Grunde, dass bereits die bloße Mitteilung von "Depotgewinnen" zu einem Zufluss führt und - zu Gunsten des Revisionswerbers - "ohnehin" nur von einem Kapitaleinsatz von 200.000 EUR ausgegangen worden sei.

31 Somit geht auch die Schätzung der Einkünfte für das Jahr 2008 von einer unrichtigen Rechtsansicht aus, wobei nach der Lage des Falles nicht ohne Weiteres gesagt werden kann, dass sich dieser Umstand nur zu Gunsten des Revisionswerbers auswirken konnte

Das Bundesfinanzgericht leitet daraus ab, dass nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Feststellung bzgl. eines Zuflusszeitpunktes im Jahr 2008 grundsätzlich korrekt ist (erfolgte Auszahlungen verbunden mit der Erteilung eines neuen Treuhandauftrages). Im Rahmen der Schätzung der Höhe der Einkünfte laut Außenprüfung erfolgten jedoch zwei Fehler: Einerseits wurde letztlich ein zu früher Zeitpunkt angenommen, weil nach Prüferansicht "bereits die Mitteilung von Depotgewinnen zum Zufluss führt". Andererseits wurde "ohnehin nur von einem Kapitaleinsatz von 200.000 EUR ausgegangen" (siehe auch Rz 5). In Rz 29 wird aber angesprochen, dass der Anleger über die monatlich fällige Verzinsung durch Wiederveranlagung verfügt. Die Verzinsung hängt am Kapital; wenn Kapital sich im Vergleich zur Einmalzahlung 2005 in Höhe von 200.000 Euro erhöht, ist die Verzinsung höher. Daher wäre richtigerweise auch nicht (nur) der Betrag in Höhe von 200.000 Euro heranzuziehen, sondern der - durch die Thesaurierung jeweils - höhere Betrag.

Im Ergebnis vertritt das Bundesfinanzgericht daher nunmehr folgende Auffassung:

Da der Verwaltungsgerichtshof in seiner Begründung einleitend in der Rz 22 den § 27 (1) Z 4 EStG 1988 und das VwGH Erkenntnis 15.09.2016, Ra 2014/15/0018 anführt, ist davon auszugehen, dass er im vorliegenden Fall grundsätzlich Einkünfte aus Kapitalvermögen als zugeflossen ansieht, weil hier eine Vermögensvermehrung gegeben ist, die Entgelt für eine Kapitalnutzung darstellt.

Damit ist aber auf die vom Bf. auch noch im fortgesetzten Verfahren relevierte Frage, ob hier nun eine Darlehenskonstruktion vorliegt oder nicht, gar nicht mehr näher einzugehen (vgl. Rz 22: "(...) Unerheblich ist es, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Titel zugrunde liegt (…)").

Allerdings zeigt das VwGH-Erkenntnis bzgl. des Zuflusszeitpunktes (die bloße Mitteilung von Depotgewinnen stellt keinen Zufluss dar; damit zusammenhängend wäre zu begründen, woraus sich eine "monatlich fällige Verzinsung" überhaupt ableiten lässt) und der Höhe der Schätzung (die Bemessungsgrundlage darf nicht nur auf dem ursprünglichen Kapitaleinsatz aufbauen) Mängel der angefochtenen Entscheidung des Bundesfinanzgerichts auf.

Weiters kann (auch) aus der Formulierung in Rz 31: "Somit geht auch die Schätzung der Einkünfte für das Jahr 2008 von einer unrichtigen Rechtsansicht [= "Mitteilung" als Zufluss, Heranziehung nur der Erstzahlung in Höhe von 200.000 Euro bei der Ermittlung des Kapitaleinsatzes] aus, wobei nach der Lage des Falles nicht ohne Weiteres gesagt werden kann, dass sich dieser Umstand nur zu Gunsten des Revisionswerbers auswirken konnte (…)" eindeutig geschlossen werden, dass bei Ermittlung des korrekten Zuflusszeitpunktes und der richtigen Schätzung der Höhe der Einkünfte die bisherige rechtliche Beurteilung dem Grunde nach im fortgesetzten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof halten wird.

Nun haben aber die weiteren Ermittlungen im fortgesetzten Verfahren keine Nachweise bzw. stichhaltigen Hinweise (vgl. BFG 04.04.2017, RV/2100778/2014, Seite 2; VwGH 18.05.2020, Ra 2018/15/0090, Rz 30) darauf ergeben, dass im vorliegenden Fall von monatlich fälligen "Wertsteigerungen" auszugehen wäre bzw. der Bf. über monatlich fällige Verzinsung "durch Wiederveranlagung verfügt" hat (vgl. VwGH 18.05.2020, Ra 2018/15/0090, Rz 29).

Das Bundesfinanzgericht geht nunmehr daher von einem dbzgl. Zufluss nur im Jahr 2008, und zwar in Höhe von 140.308,35 Euro (Bf. plus Ehegattin), aus. In diesem Zusammenhang wird auf die Stellungnahme der belangten Behörde vom 17.06.2021, Seite 5f ("Sachverhalt") und 9f ("Conclusio") verwiesen, in welcher - zutreffend - ausgeführt wurde:

"… 4. Sachverhalt

[Bf. und Ehegattin] haben gemeinsam über die Barschiene von X Geld veranlagt.

Dabei wurden zumindest zwei Treuhandaufträge abgeschlossen, einerseits der Treuhandauftrag mit der Nummer 5182 …

- Treuhandauftrag 5182

Der erstmalige Abschluss des Treuhandauftrages 5182 erfolgte vor dem Jahr 2006, dabei wurde ein größerer Betrag von ca. € 200.000,- veranlagt. Im Frühjahr 2008 erfolgte einmalig eine Auszahlung in Höhe von ca. € 20.000,- für einen privaten Autokauf. Weitere Auszahlungen sind nicht erfolgt, (siehe Niederschrift mit dem Ehepaar [Bf.] vom 26.08.2013).

Aus den vorgelegten Aufstellungen der Sparbuchbehebungen ist ersichtlich, dass vom Sparbuch 1 vor 2006 ca. € 111.000,- behoben wurden und vom Sparbuch 2 vor 2006 ca. € 96.000,- (siehe Beilagen C und D), wodurch die Angaben zu Einzahlungen iHv ca. € 200.000,- bestätigt werden. In den Jahren 2006 und 2007 haben insgesamt nur mehr Abhebungen iHv ca. € 14.000,- stattgefunden.

Die Aufstellungen über die Sparbuchbehebungen wurden von der steuerlichen Vertretung als Beilage zur Vorhaltsbeantwortung vom 15.03.2013 vorgelegt.

Im August 2008 wurde letztmalig ein Betrag von € 10.000,- auf den Treuhandauftrag 5182 eingezahlt, dies wurde auf der monatlichen Mitteilung "Wertsteigerung im Juli 2008" händisch vermerkt. Der letzte aktualisierte Treuhandauftrag Nr. 5182 mit einem Betrag von € 336.820,- wurde im August 2008 erstellt.

Die unstrittige Auszahlung iHv € 20.000,- ist ebenfalls aus der Mitteilung "Wertsteigerung im Juli 2008" ableitbar. Als Kaufdatum wird bei den Mitteilungen immer das Monat der letztmaligen Änderung des Treuhandauftrages angegeben, in der Mitteilung Juli 2008 wurde dabei der Juni 2008 angeführt. Mit der Auszahlung des Teilbetrages wurde aus der ursprünglichen Kaufsumme und den angefallenen Depotgewinnen die neue Kaufsumme im Treuhandauftrag…

6. Conclusio

Nachdem das Vorliegen eines Darlehens bzw. eines darlehensähnlichen Geschäftes dem Grund nach bestätigt wurde, stellt sich nur die Frage, wann und in welcher Höhe die Zinsen zugeflossen sind.

Selbst wenn man nicht von monatlich fälligen Zinsen ausgeht, stellt der VwGH eindeutig klar, dass es durch die Auszahlung eines Teilbetrages und der damit einhergehenden Erstellung eines neuen Treuhandauftrages zu einer Fälligstellung und einem Zufluss iSd § 19 EStG im Jahr 2008 gekommen ist.

Bereits in der Stellungnahme des Finanzamtes vom 26.08.2020 wurde darauf hingewiesen, dass der Zufluss der gesamten Zinsen im Jahr 2008 stattgefunden hat, sofern das Bundesfinanzgericht den Ausführungen über monatlich fällige Zinsen nicht folgen sollte. Der Beschwerdeführer geht darauf in seiner Stellungnahme vom 15.09.2020 mit keinem Wort ein.

Im Jahr 2008 hat sich die Familie [Bf.] € 20.000,- des Treuhandauftrages Nr. 5182 auszahlen lassen und dabei gleichzeitig die bisher angefallenen Zinsen wiederveranlagt, aus der bisherigen Kaufsumme und dem Depotgewinn (minus den ausbezahlten € 20.000,- ) wurde daher die neue Kaufsumme. Die Familie [Bf.] hat deshalb auch den kompletten Betrag iHv € 336.820,- im Insolvenzverfahren X als Forderung angemeldet (siehe auch Ausführungen in der Stellungnahme vom 26.08.2020).

Die Höhe der zugeflossenen Kapitalerträge im Jahr 2008 ergibt sich somit aus einer Gegenüberstellung des eingezahlten Betrages iHv € 200.000,- und der Kaufsumme nach der Auszahlung plus den entnommenen € 20.000,-. Die neue Kaufsumme hat laut vorliegender Mitteilung über die "Wertsteigerung im Juli 2008" € 320.380,35 betragen.

Es ergibt sich daher folgende Einkünfteberechnung:

Kaufsumme im Frühjahr 2008 (Wiederveranlagung) 320.380.35

Ausgezahlter Betrag im Frühjahr 2008 20.000,00

Abzüglich überlassener Betrag -200.000,00

Einkünfte 140.380,35

Nachdem der Treuhandauftrag 5182 auf [Bf. und Ehegattin] gelautet hat, sind 50% der Einkünfte (€ 70.190,17) dem Beschwerdeführer zuzurechnen.

Die später erfolgte Einzahlung iHv € 10.000,- im August 2008 hat keine Auswirkung auf die Höhe der Einkünfte. Ebenso wenig führt der Treuhandauftrag 6001 zu steuerpflichtigen Einkünften, da nach dem erstmaligen Abschluss im September 2008 keine Auszahlungen durch X getätigt wurden.

Der Vollständigkeit halber wird nochmals darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit des Eintritts einer derartigen "Verböserung" betreffend das Jahr 2008 ausdrücklich in Betracht gezogen hat (vgl. Rz 31). Wie bereits erwähnt, war der Bf. allerdings nicht gewillt, das Risiko einer derartigen Verböserung im Wege einer Beschwerdezurücknahme betreffend das Jahr 2008 abzuwenden (vgl. Schreiben des steuerlichen Vertreters vom 15.09.2021)

Daraus folgt:

Wiederaufnahme des Verfahrens des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2006 und 2007:

Da die im vorliegenden Fall neu hervorgekommenen Tatsachen (siehe: BFG 04.04.2017, RV/2100778/2014, Seite 14f) iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO in den Jahren 2006 und 2007 keine im Spruch anders lautenden Bescheide herbeigeführt hätten (tatsächlich keine Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der "Barschiene" bereits in den Jahren 2006 und 2007, sondern erst im Jahr 2008) ist der Beschwerde dbzgl. stattzugeben und sind die Wiederaufnahmsbescheide (ersatzlos) aufzuheben.

Wiederaufnahme des Verfahrens des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2008:

Wie aus den o.a. Ausführungen hervorgeht, war die Kenntnis der im vorliegenden Fall neu hervorgekommenen Tatsachen (siehe: BFG 04.04.2017, RV/2100778/2014, Seite 14f) iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO sehr wohl geeignet, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen.

Auch die Ermessensübung (§ 20 BAO) der belangten Behörde zu Gunsten der Verfahrenswiederaufnahme ist unbedenklich (siehe: BFG 04.04.2017, RV/2100778/2014, Seite 15).

Die Beschwerde ist dbzgl. daher als unbegründet abzuweisen

Einkommensteuer 2008:

Die (verbösernde) Abänderung gegenüber dem angefochtenen Bescheid bezieht sich auf die Erhöhung der Einkünfte aus Kapitalvermögen auf den (nunmehrigen) o.a. Betrag in Höhe von 70.190,17 Euro.

Zum (zuletzt nochmals) gestellten Beweisantrag des Bf. wird abschließend noch bemerkt, dass X zum streitgegenständlichen Sachverhalt bereits ausführlichst befragt wurde (vgl. zB Niederschrift vom 05.01.2021 ("über 6 Stunden gedauert"). Im Übrigen ist X´ Sicht der Dinge bereits hinlänglich bekannt: Zusammengefasst geht er dann von Darlehen aus, wenn es um seine eigene Einkommensteuer geht, während er bei seinen Anlegern umgekehrt argumentiert, wonach er nämlich Genussscheine verkauft bzw. vermittelt habe.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (insbes. Abweichen der Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Fehlen einer solchen Rechtsprechung, uneinheitliche Beantwortung der zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) zukommt.

Somit war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am 2. November 2021

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 18.05.2020, Ra 2018/15/0090

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