VwGH Ra 2014/15/0018

VwGHRa 2014/15/001815.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision der M H in L, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 16. Juni 2014, Zl. RV/1100305/2014, betreffend Einkommensteuer 2011, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art7;
EndbesteuerungsG 1993 §1 idF 1996/201;
EStG 1988 §27 Abs1 Z4;
B-VG Art7;
EndbesteuerungsG 1993 §1 idF 1996/201;
EStG 1988 §27 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Strittig ist im Revisionsfall die Steuerpflicht von Verzugszinsen, die der Revisionswerberin im Jahr 2011 als Rechtsnachfolgerin ihres Vaters zugeflossen sind. Das Finanzamt behandelte die Verzugszinsen in Höhe von 57.553,96 EUR im Einkommensteuerbescheid 2011 als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Aus dem Erkenntnis geht hervor, dass die Verzugszinsen eine gerichtlich festgesetzte Entschädigung im Zusammenhang mit einer Widmungsänderung (Rückwidmung einer Baufläche in eine nicht mehr bebaubare Freifläche) gemäß § 27 Abs. 5 lit. c Vorarlberger Raumplanungsgesetz (Vlbg RPG) betreffen. Die Gemeinde sei verpflichtet worden, binnen 14 Tagen einen Betrag von (insgesamt) 904.027,50 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. November 2003 (dem Tag des Inkrafttretens des Flächenwidmungsplanes) zu zahlen. Daraufhin habe die Gemeinde mit Wirksamkeit vom 19. April 2009 eine erneute Umwidmung in "Baufläche Mischgebiet" beschlossen. In der Folge sei es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung um die Frage gekommen, ob trotz Wiederherstellung der Widmung als Baufläche den Liegenschaftseigentümern (bzw. ihren Rechtsnachfolgern) Verzugszinsen zu leisten seien. Mit Urteil vom 14. Dezember 2010, 3 Ob 234/10y, habe der OGH entschieden, dass den Liegenschaftseigentümern ungeachtet der späteren Rückwidmung bis zur Leistung der Entschädigung (die im gegenständlichen Fall zu keiner Zeit erfolgte) oder bis zur neuerlichen Umwidmung gemäß § 1000 Abs. 1 in Verbindung mit § 1333 ABGB pauschalierte Verzugszinsen in Höhe von 4 % der Entschädigungssumme jährlich zustünden.

6 Die Zulässigkeit der vom Bundesfinanzgericht unter Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 2002, 96/14/0087, nicht zugelassenen Revision wird darauf gestützt, dass zur gegenständlichen Frage der Steuerpflicht von Verzugszinsen keine gefestigte Rechtsprechung vorliege. Das angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche der Judikatur des OGH, wonach es sich bei Verzugszinsen um pauschalierten Schadenersatz handle. Im Revisionsfall greife nicht nur die "Steuerbefreiung für private Schadenersatzansprüche, sondern auch die Einkommensteuerbefreiung für Entschädigungszahlungen." Die Zinszahlung stelle darüber hinaus zumindest zu einem größeren Teil eine Inflationsanpassung für den Kaufpreis bzw. die Entschädigung dar.

7 Im Erkenntnis vom 19. März 2002, 96/14/0087, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass der (schon vom damaligen Beschwerdeführer vertretenen) Ansicht, Verzugszinsen seien zivilrechtlich Schadenersatz und somit steuerlich keine Einkünfte aus Kapitalvermögen, nicht zu folgen ist. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen somit alle Vermögensvermehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung darstellen. Unerheblich ist es, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Titel zu Grunde liegt. Selbst eine vom Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung führt zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Auch wenn Verzugszinsen zivilrechtlich als Schadenersatz anzusehen sind, werden diese wie "normale" Zinsen dafür bezahlt, dass dem Gläubiger die Möglichkeit der Kapitalnutzung entzogen ist, weswegen die Abgeltung der Kapitalnutzung im Vordergrund steht. Anders als das Umsatzsteuerrecht setzt § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 auch keinen Leistungsaustausch für die Besteuerung von Kapitaleinkünften voraus.

8 Das Revisionsvorbringen bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

9 Die Endbesteuerung bestimmter Kapitalerträge, etwa der in der Revision angesprochenen Bankeinlagen, ist durch § 1 Endbesteuerungsgesetz (gegenständlich in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996) verfassungsrechtlich vorgegeben. Es ist ausgeschlossen, Steuertatbestände der von der Endbesteuerung erfassten und der von der Endbesteuerung nicht erfassten Kategorien miteinander zu vergleichen und das Ergebnis dieses Vergleichs am Gleichheitssatz zu messen (vgl. VfGH vom 12. Oktober 1998, G 170/96 u.a., Slg. 15.299).

10 Ausgehend von den zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision vorgebrachten Gründen werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 15. September 2016

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