BFG RV/2100356/2023

BFGRV/2100356/202329.2.2024

WiEReG - Zwangsstrafe

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100356.2023

 

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, vormalige Geschäftsanschrift ***Adresse Bf***, vertreten durch Dr. Georg Bauer, Mag. Edwin Kerschbaummayr Rechtsanwälte, Museumstraße 6-8, 4020 Linz, über die Beschwerden vom 2.11.2022 gegen

  1. 1. die als Bescheid intendierte Erledigung des Finanzamtes Österreich vom 5.7.2022 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 16 WiEReG iVm § 111 BAO in Höhe von 1.000,00 Euro
  2. 2. die als Bescheid intendierte Erledigung des Finanzamtes Österreich vom 30.8.2022 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 16 WiEReG iVm § 111 BAO in Höhe von 4.000,00 Euro

beschlossen:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Verfahrensgang:

Mit Erinnerungsschreiben vom 12.5.2022 forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin (Bf), eine mittlerweile im Firmenbuch gelöschte GmbH & Co KG, auf, die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 5 WiEReG bis spätestens 4.7.2022 nachzuholen. Für den Fall der Nichtbefolgung drohte es die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro an.

Mit als Bescheid intendierter Erledigung vom 5.7.2022 setzte das Finanzamt unter Hinweis darauf, dass die Meldung nicht durchgeführt worden sei, die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro fest. Gleichzeitig forderte es die Bf auf, die Meldung bis spätestens 26.8.2022 nachzuholen. Für den Fall der Nichtbefolgung drohte es die Festsetzung einer weiteren Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro an.

Mit als Bescheid intendierter Erledigung vom 30.8.2022 setzte das Finanzamt unter Hinweis darauf, dass die Meldung nicht durchgeführt worden sei, die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro fest.

Mit gesonderten, hinsichtlich der Begründung inhaltsgleichen Schriftsätzen, jeweils vom 2.11.2022, erhob der anwaltliche Vertreter der Bf Beschwerde gegen die beiden als Zwangsstrafenbescheide intendierten Erledigungen des Finanzamtes. Begründend wurde im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:

Die gegenständlichen, an die Bf gerichteten Bescheide seien an ***X*** mittels elektronischer Zustellung per Databox übermittelt worden. Die Databox sei höchstpersönlich auf ***X*** eingestellt. Hinsichtlich der Bf bestehe keinerlei elektronische Zustellmöglichkeit. Die Bf, vertreten durch ihre Geschäftsführer ***X*** und ***Y***, habe einer elektronischen Zustellung der Bescheide nie zugestimmt. Eine elektronische Zustellung sei somit nicht möglich gewesen. Die Zustellung an ***X*** sei unwirksam gewesen. Sie sei erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme zustande gekommen. Die gegenständlichen Beschwerden seien fristgerecht erhoben worden, zumal der steuerliche Vertreter die Mitteilungen des Finanzamtes erstmals am 6.10.2022 geöffnet habe. Eine Kenntnisnahme zu einem früheren Zeitpunkt sei nicht erfolgt. Auch der Adressat selbst habe die gegenständlichen Aufforderungen und Bescheide nicht geöffnet und erst durch den steuerlichen Vertreter von deren Existenz erfahren.

Festzuhalten sei weiters, dass als Zustellungsbevollmächtigter gegenüber dem Finanzamt "grundsätzlich" ***X*** namhaft gemacht worden sei. Antragsteller sei jedoch zum damaligen Zeitpunkt "grundsätzlich" die ***E GmbH*** gewesen.

Die Strafen seien am Tag der Kenntnisnahme einbezahlt worden.

Die Meldung nach dem WiEReG sei mittlerweile erfolgt. Unmittelbar nach tatsächlicher Kenntnisnahme seien die versäumten Handlungen nachgeholt worden. Die gegenständliche Vorschrift sei insofern nicht nachvollziehbar, als sämtliche Daten im Firmenbuch ersichtlich seien. Die Strafbarkeit nach dem WiEReG sei daher unverhältnismäßig und sachlich nicht gerechtfertigt. Ein Normprüfungsverfahren werde angeregt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 27.1.2023 wies das Finanzamt die Beschwerde vom 2.11.2022 gegen die als Bescheid intendierte Erledigung vom 30.8.2022 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro als verspätet zurück.

Nach wörtlicher Wiedergabe des § 81 Abs 1 und 2 BAO und des § 9 Abs 3 ZustG wies es darauf hin, dass - wie auch der anwaltliche Vertreter der Bf in der Beschwerde ausgeführt habe - ***X*** als Zustellungsbevollmächtigter der Bf namhaft gemacht worden sei.

Gemäß § 5b Abs 1 FinanzOnline-Verordnung 2006 hätten die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline seien, elektronisch vorzunehmen. Da ***X*** FinanzOnline-Teilnehmer sei und auf die elektronische Form der Zustellung nicht verzichtet habe, seien sämtliche an ihn als formellen oder materiellen Empfänger gerichteten Bescheide der Abgabenbehörde elektronisch in seine FinanzOnline-Databox zuzustellen. Die elektronische Zustellung des Erinnerungsschreibens und der beiden Zwangsstrafenbescheide in die FinanzOnline-Databox von ***X*** als Vertreter der Bf gemäß § 81 BAO sei daher rechtmäßig gewesen.

Elektronisch zugestellte Dokumente gälten gemäß § 98 Abs 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt seien. Bei FinanzOnline sei der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die FinanzOnline-Databox, zu welcher der Empfänger Zugang habe, entscheidend. Auf das tatsächliche Einsehen der FinanzOnline-Databox durch den Empfänger komme es nicht an.

Das Erinnerungsschreiben mit der Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro sei am 12.5.2022 um 20:04:19 Uhr auf elektronischem Weg in die FinanzOnline-Databox von ***X*** zugestellt worden. Der Bescheid betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro, mit dem überdies eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro angedroht worden sei, sei am 5.7.2022 um 06:54:13 Uhr auf elektronischem Weg in die FinanzOnline-Databox von ***X*** zugestellt worden. Der Bescheid betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro sei am 30.8.2022 um 06:59:52 Uhr auf elektronischem Weg in die FinanzOnline-Databox von ***X*** zugestellt worden.

Die Beschwerde vom 2.11.2022 gegen den Bescheid vom 30.8.2022 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro sei daher gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO als verspätet zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 23.2.2023 beantragte die Bf durch ihren anwaltlichen Vertreter, die Beschwerde vom 2.11.2022 gegen die als Bescheid intendierte Erledigung vom 30.8.2022 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (siehe unter der Überschrift "Antrag", wo ausdrücklich auf jene als Bescheid intendierte Erledigung, mit welcher eine Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro festgesetzt wurde, Bezug genommen wird).

Am 14.3.2023 legte das Finanzamt die Beschwerde vom 2.11.2022 gegen die als Bescheid intendierte Erledigung vom 30.8.2022 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom selben Tag beantragte es - der Beschwerdevorentscheidung vom 27.1.2023 entsprechend - die Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung. Begründend führte es - abweichend von den Ausführungen in der genannten Beschwerdevorentscheidung - im Wesentlichen wie folgt aus:

Gemäß § 81 Abs 1 BAO seien abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden seien, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) wahrzunehmen.

Wer für eine OG oder KG zur Führung der Geschäfte im Sinne des § 81 Abs 1 BAO bestellt sei, ergebe sich primär aus dem Gesellschaftsvertrag. Subsidiär gälten die entsprechenden Bestimmungen des UGB und des ABGB. Subsidiär sei somit bei einer KG jeder Komplementär einzelvertretungsbefugt (§§ 161 und 164 UGB).

Dem Firmenbuchauszug der Bf sei zu entnehmen, dass an ihr die ***E GmbH*** als Komplementärin und ***X***, ***Y*** sowie die ***K OG*** als Kommanditisten beteiligt seien.

Mangels Gesellschaftsvertrag sei die ***E GmbH*** als einzige Komplementärin zur Führung der Geschäfte der Bf im Sinne des § 81 Abs 1 BAO befugt. Abweichend von den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung sei daher die ***E GmbH*** § 81 BAO-Vertreterin der Bf. Es bestehe somit kein Raum für die Anwendbarkeit des § 81 Abs 2 BAO. Sei in einer GmbH & Co KG die GmbH der einzige persönlich haftende und allein vertretungsbefugte Gesellschafter, so habe der Geschäftsführer der GmbH die der KG auferlegten steuerlichen Pflichten zu erfüllen (Hinweis auf ua VwGH 23.1.1997, 96/15/0107; VwGH 27.4.2000, 98/15/0129). Dem Firmenbuchauszug der ***E GmbH*** sei zu entnehmen, dass deren Gesellschafter und Geschäftsführer ***X*** und ***Y*** seien. Bei einer GmbH könne neben dem Geschäftsführer jeder Gesellschafter, der für die Gesellschaft zu zeichnen oder mitzuzeichnen befugt sei, zustellungsberechtigt sein (§ 18 Abs 4 GmbHG).

Die Zustellung der Zwangsstrafenbescheide an ***X*** als Geschäftsführer der ***E GmbH***, welche die § 81 BAO-Vertreterin der Bf sei, sei daher rechtmäßig gewesen. Da ***X*** FinanzOnline-Teilnehmer sei und auf die elektronische Form der Zustellung nicht verzichtet habe, sei auch die elektronische Zustellung in seine FinanzOnline-Databox rechtmäßig gewesen.

Der Bescheid betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro, mit dem überdies eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro angedroht worden sei, sei am 5.7.2022 um 06:54:13 Uhr auf elektronischem Weg in die FinanzOnline-Databox von ***X*** zugestellt worden. Der Bescheid betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro sei am 30.8.2022 um 06:59:52 Uhr auf elektronischem Weg in die FinanzOnline-Databox von ***X*** zugestellt worden.

Da der Zeitpunkt des tatsächlichen Einsehens der Bescheide in FinanzOnline für die Rechtswirksamkeit der Zustellung irrelevant sei, sei die gegenständliche Beschwerde vom 2.11.2022 als verspätet zurückzuweisen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 14.3.2023 wies das Finanzamt schließlich auch die Beschwerde vom 2.11.2022 gegen die als Bescheid intendierte Erledigung vom 5.7.2022 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro als verspätet zurück. Die Begründung deckt sich im Wesentlichen mit den Ausführungen im Vorlagebericht vom 14.3.2023 zur Vorlage der Beschwerde vom 2.11.2022 gegen die als Bescheid intendierte Erledigung vom 30.8.2022 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro.

In Reaktion darauf erhob der anwaltliche Vertreter der Bf mit Schreiben vom 11.4.2023 einen Vorlageantrag. Darin wurde zunächst ausgeführt, dass aus den Entscheidungen des Finanzamtes nicht ersichtlich sei, ob die bereits seit längerer Zeit gelöschte Bf oder die ***E GmbH*** als deren Rechtsnachfolgerin betroffen sein soll. Aus diesem Grund werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch die Rechtsnachfolgerin der Bf mit der gegenständlichen Beschwerde und Vorlage einverstanden sei.

In inhaltlicher Hinsicht wurde unter Verweis auf § 81 Abs 1 und 2 BAO im Wesentlichen vorgebracht, dass das Finanzamt im Falle mehrerer Geschäftsführer dazu angehalten sei, eine bescheidmäßige Bestellung des § 81 BAO-Vertreters vorzunehmen. Da dies gegenständlich nicht der Fall gewesen sei, seien die Zustellungen nicht ordnungsgemäß erfolgt.

Am 21.6.2023 legte das Finanzamt die Beschwerde vom 2.11.2022 gegen die als Bescheid intendierte Erledigung vom 5.7.2022 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom selben Tag beantragte es die Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung.

Mit Schreiben vom 19.2.2024 forderte das Bundesfinanzgericht das Finanzamt auf, sämtliche von der Bf anlässlich ihrer Errichtung dem Finanzamt übermittelten Unterlagen (Fragebogen Verf 16 samt allfälliger Beilagen) vorzulegen.

Mit Schreiben vom 20.2.2024 kam das Finanzamt der Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes nach.

Mit E-Mail vom 20.2.2024 richtete das Bundesfinanzgericht folgendes Auskunftsersuchen an die WiEReG-Registerbehörde:

"Beim Bundesfinanzgericht ist ein Beschwerdeverfahren betreffend die - mittlerweile im Firmenbuch gelöschte - ***Bf*** (***Firmenbuchnummer***) anhängig. Dem aktenkundigen, vom Finanzamt im Zuge der Beschwerdevorlage übermittelten Registerauszug ist zu entnehmen, dass für die ***Bf*** am 13.4.2021 und am 4.10.2022 Meldungen gemäß § 5 WiEReG vorgenommen worden sind.

Bitte um Mitteilung, ob die genannten Meldungen gemäß § 5 WiEReG von der ***Bf*** selbst oder von einem berufsmäßigen Parteienvertreter (§ 5 Abs 2 WiEReG) erstattet wurden. Im Falle der Vornahme der Meldungen gemäß § 5 WiEReG durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter wird um Mitteilung ersucht, um welchen berufsmäßigen Parteienvertreter es sich dabei handelt."

Mit E-Mail vom 20.2.2024 erteilte die WiEReG-Registerbehörde dem Bundesfinanzgericht folgende Auskunft:

"Bei dem betreffenden Rechtsträger war von 13.04.2021 bis 4.10.2022 Hr. ***A***, Stammzahl: ***Stammzahl***, als berechtigter Parteienvertreter hinterlegt. Dieser Parteienvertreter hat auch die Meldung vom 13.04.2021 eingebracht. Seit 4.10.2022 ist die ***Steuerberatungs GmbH***, ***Firmenbuchnummer***, als berechtigter Parteienvertreter hinterlegt. Die ***Steuerberatungs GmbH*** hat auch die letzte Meldung vom 4.10.2022 eingebracht.

Zur Veranschaulichung übermittle ich Ihnen auch die Screenshots aus unserem System. Am ersten Screenshot ist zu sehen, wer in welchem Zeitraum als berechtigter Parteienvertreter eingetragen war, am zweiten Screenshot ist zu sehen, wann und von wem die WiEReG-Meldung eingebracht wurde."

Diese Korrespondenz zwischen dem Bundesfinanzgericht und der WiEReG-Registerbehörde hielt das Bundesfinanzgericht dem Finanzamt mit Schreiben vom 20.2.2024 vor.

Mit E-Mail vom 22.2.2024 teilte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht mit, dass es die Korrespondenz zwischen dem Bundesfinanzgericht und der WiEReG-Registerbehörde zur Kenntnis genommen habe und von einer Stellungnahme Abstand nehme.

2. Festgestellter Sachverhalt:

Bei der Bf handelt es sich um eine - im Firmenbuch mittlerweile gelöschte (dazu unten) - Kommanditgesellschaft, die mit Gesellschaftsvertrag vom ***tt.mm.2020*** errichtet und am ***tt.mm.2020*** im Firmenbuch eingetragen wurde.

Einzige Komplementärin der Bf war die ***E GmbH***. Kommanditisten der Bf waren ***Y***, ***X*** und die ***K OG***. ***Y*** und ***X*** sind überdies mit der Geschäftsführung der ***E GmbH*** befasst.

Am 13.4.2021 nahm der berufsmäßige Parteienvertreter ***A***, Bilanzbuchhalter, für die Bf eine (Erst-)Meldung gemäß § 5 WiEReG vor. ***A*** war in dem von der Registerbehörde geführten Register der wirtschaftlichen Eigentümer vom 13.4.2021 bis 4.10.2022 als berechtigter Parteienvertreter der Bf eingetragen.

Da die Bf in der Folge ihrer sich aus § 5 Abs 1 letzter Satz WiEReG ergebenden Verpflichtung zur Vornahme einer Änderungs- oder Bestätigungsmeldung binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung gemäß § 3 Abs 3 WiEReG nicht nachkam, wurde sie vom Finanzamt mit Erinnerungsschreiben vom 12.5.2022 aufgefordert, bis spätestens 4.7.2022 eine Meldung gemäß § 5 WiEReG vorzunehmen. Für den Fall der Nichtbefolgung drohte das Finanzamt die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro an. Das Erinnerungsschreiben war - wie dem Adressfeld zu entnehmen ist - an die Bf zu Handen ***X*** gerichtet. Es langte am 12.5.2022 um 20:04:21 Uhr in der FinanzOnline-Databox von ***X*** ein und wurde ebendort am 6.10.2022 um 12:44:22 Uhr abgerufen (gelesen).

Mit als Bescheid intendierter Erledigung vom 5.7.2022 setzte das Finanzamt unter Hinweis darauf, dass die Meldung nicht durchgeführt worden sei, die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro fest. Diese behördliche Erledigung, mit welcher das Finanzamt die Bf überdies unter Androhung einer weiteren Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro zur Nachholung der Meldung bis spätestens 26.8.2022 aufforderte, war - wie dem Adressfeld zu entnehmen ist - an die Bf zu Handen ***X*** gerichtet. Sie langte am 5.7.2022 um 06:54:14 Uhr in der FinanzOnline-Databox von ***X*** ein und wurde ebendort am 13.10.2022 um 15:26:42 Uhr abgerufen (gelesen).

Mit als Bescheid intendierter Erledigung vom 30.8.2022 setzte das Finanzamt unter Hinweis darauf, dass die Meldung nicht durchgeführt worden sei, die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro fest. Diese behördliche Erledigung war - wie dem Adressfeld zu entnehmen ist - an die Bf zu Handen ***X*** gerichtet. Sie langte am 30.8.2022 um 06:59:53 Uhr in der FinanzOnline-Databox von ***X*** ein und wurde ebendort am 6.10.2022 um 12:44:03 Uhr abgerufen (gelesen).

Am 4.10.2022 nahm die berufsmäßige Parteienvertreterin ***Steuerberatungs GmbH*** für die Bf eine Meldung gemäß § 5 WiEReG vor. Die ***Steuerberatungs GmbH*** war in dem von der Registerbehörde geführten Register der wirtschaftlichen Eigentümer ab 4.10.2022 als berechtigte Parteienvertreterin der Bf eingetragen.

Wenige Tage später wurden die Zwangsstrafenbeträge in Höhe von 5.000,00 Euro von der Bf an das Finanzamt bezahlt (Verbuchung am Abgabenkonto der Bf am 10.10.2022).

Am ***tt.11.2022*** langte beim Firmenbuchgericht ein notariell beglaubigter Antrag auf Löschung der Bf im Firmenbuch ein. Darin heißt es wörtlich wie folgt:

"Der Geschäftsbetrieb des von den Antragstellern unter der Anschrift ***Adresse Bf*** betriebenen Unternehmens wurde eingestellt und die Gesellschaft aufgelöst. Auf die förmliche Durchführung einer Liquidation wurde von den Gesellschaftern verzichtet. Die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern hat einvernehmlich stattgefunden."

Am ***tt.11.2022*** wurde die Bf im Firmenbuch gelöscht.

3. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Errichtung der Bf, zum Kreis der Gesellschafter der Bf sowie zur Auflösung der Bf beruhen auf einer Abfrage des Firmenbuches einschließlich der dort archivierten Urkunden (zB Firmenbuchanträge).

Dass der berufsmäßige Parteienvertreter ***A*** am 13.4.2021 eine (Erst-)Meldung gemäß § 5 WiEReG für die Bf vornahm und in dem von der Registerbehörde geführten Register der wirtschaftlichen Eigentümer vom 13.4.2021 bis 4.10.2022 als berechtigter Parteienvertreter der Bf eingetragen war, und die berufsmäßige Parteienvertreterin ***Steuerberatungs GmbH*** am 4.10.2022 eine (Folge-)Meldung gemäß § 5 WiEReG für die Bf erstattete und in dem von der Registerbehörde geführten Register der wirtschaftlichen Eigentümer ab 4.10.2022 als berechtigte Parteienvertreterin der Bf eingetragen war, teilte die Registerbehörde dem Bundesfinanzgericht mit E-Mail vom 20.2.2024 in Beantwortung eines diesbezüglichen Auskunftsersuchens mit. Anderslautendes wurde vom Finanzamt auf Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zum Einlangen und zum Abrufen (Lesen) des Erinnerungsschreibens und der als Zwangsstrafenbescheide intendierten Erledigungen in der FinanzOnline-Databox von ***X*** beruhen auf dem vom Finanzamt im Zuge der Beschwerdevorlagen übermittelten FinanzOnline-Databox-Protokoll. Den diesbezüglichen Ausführungen des Finanzamtes in den Beschwerdevorentscheidungen, denen Vorhaltscharakter zukommt (vgl etwa VwGH 28.5.2008, 2006/15/0125; VwGH 23.5.1996, 94/15/0024), ist die Bf nicht entgegengetreten.

Die Feststellung, dass die Zwangsstrafenbeträge in Höhe von 5.000,00 Euro von der Bf an das Finanzamt bezahlt wurden, beruht auf den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen sowie auf einer Einsicht in den elektronischen Finanzamtsakt der Bf (Abgabenkonto).

 

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1. Zu Spruchpunkt I. (Zurückweisung):

Zur Auswirkung der am ***tt.11.2022*** erfolgten Firmenbuch-Löschung der Bf auf ihre Parteifähigkeit im gegenständlichen Beschwerdeverfahren:

Bei der Bf handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft gemäß §§ 161 ff UGB und folglich um eine Personengesellschaft des Unternehmensrechtes.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zur BAO beeinträchtigt die Auflösung einer Personengesellschaft des Unternehmensrechtes und ihre Löschung im Firmenbuch ihre Parteifähigkeit jedenfalls so lange nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - zu denen auch der Bund als Abgabengläubiger zählt - noch nicht abgewickelt sind (vgl etwa VwGH 23.1.2019, Ra 2017/13/0033; siehe auch Ritz/Koran, BAO7 § 79 Rz 10, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des VwGH). Zu diesen Rechtsverhältnissen zum Bund, die abgewickelt sein müssen, zählt auch ein Zwangsstrafenverfahren gemäß § 16 WiEReG iVm § 111 BAO.

Von einem Verlust der Parteifähigkeit ist nur dann auszugehen, wenn die Personengesellschaft des Unternehmensrechtes beendet wird und ein Gesamtrechtsnachfolger vorhanden ist, wie dies nach der Rechtsprechung des VwGH etwa bei einer Vermögensübernahme nach § 142 UGB der Fall ist, oder im Falle einer Verschmelzung gegeben ist (vgl etwa VwGH 23.1.2019, Ra 2017/13/0033, mit Hinweisen auf Vorjudikatur).

Im Firmenbuch finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass gegenständlich ein solcher Fall der Vollbeendigung der Personengesellschaft mit Gesamtrechtsnachfolge vorliegen würde.

Dem am ***tt.11.2022*** beim Firmenbuchgericht eingelangten Antrag auf Löschung der Bf im Firmenbuch ist vielmehr zu entnehmen, dass die Bf von den Gesellschaftern unter Verzicht auf eine förmliche Durchführung der Liquidation aufgelöst wurde und zwischen den Gesellschaftern eine einvernehmliche Auseinandersetzung stattfand.

Der - nicht näher begründeten - Anmerkung des anwaltlichen Vertreters der Bf im Vorlageantrag vom 11.4.2023, die ***E GmbH*** sei Rechtsnachfolgerin der Bf, vermag das Bundesfinanzgericht nicht zu folgen.

Die am ***tt.11.2022*** erfolgte Löschung der Bf im Firmenbuch hatte vor dem Hintergrund der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung nur deklarative Wirkung und beeinträchtigt die Parteifähigkeit der Bf im hier gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht.

Vor diesem Hintergrund kann dem Finanzamt nicht entgegengetreten werden, wenn es die erst nach erfolgter Löschung der Bf im Firmenbuch erlassenen Beschwerdevorentscheidungen vom 27.1.2023 und 14.3.2023 an die Bf (zu Handen ihres anwaltlichen Vertreters) richtete.

Zur Frage der Rechtswirksamkeit der Zustellung des Erinnerungsschreibens und der als Zwangsstrafenbescheide intendierten Erledigungen des Finanzamtes:

Gemäß § 3 Abs 1 WiEReG haben die Rechtsträger (ua Kommanditgesellschaften, § 1 Abs 2 Z 2 WiEReG) die Identität ihres wirtschaftlichen Eigentümers festzustellen. Diese Feststellung ist nach § 3 Abs 3 WiEReG zumindest jährlich durchzuführen, wobei insbesondere zu prüfen ist, ob die an das Register gemeldeten wirtschaftlichen Eigentümer noch aktuell sind.

Gemäß § 5 Abs 1 WiEReG haben die Rechtsträger näher genannte Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde (dies ist der Bundesminister für Finanzen, § 14 Abs 1 WiEReG) zu melden. Diese Daten sind binnen vier Wochen nach der erstmaligen Eintragung in das jeweilige Stammregister (zB Firmenbuch, vgl VwGH 15.12.2022, Ra 2022/13/0075) zu übermitteln. Rechtsträger, die nicht gemäß § 6 WiEReG von der Meldepflicht befreit sind, haben weiters binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung (§ 3 Abs 3 WiEReG) die festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen.

Nach § 5 Abs 2 WiEReG hat die Meldung der Daten von den Rechtsträgern im elektronischen Wege über das Unternehmensserviceportal (§ 1 USPG) zu erfolgen. Eine Übermittlung der Daten durch berufsmäßige Parteienvertreter gemäß § 5 Abs 1 Z 2 USPG ist zulässig.

Wenn für den Rechtsträger noch keine Meldung von einem berufsmäßigen Parteienvertreter abgegeben wurde, so kann nach § 5 Abs 6 WiEReG jeder berufsmäßige Parteienvertreter unter Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht eine Meldung gemäß diesem Paragraphen abgeben. Nach Abgabe einer Meldung von einem berufsmäßigen Parteienvertreter für einen Rechtsträger kann ein anderer berufsmäßiger Parteienvertreter für diesen Rechtsträger nur dann eine Meldung abgeben, wenn dieser im elektronischen Wege der Registerbehörde unter Berufung auf die erteilte Vollmacht den Wechsel der Berechtigung zur Abgabe einer Meldung anzeigt. Die Registerbehörde hat den Rechtsträger über den Wechsel der Berechtigung zu informieren und darauf hinzuweisen, dass der Wechsel binnen zwei Wochen ab deren Beantragung im Register eingetragen wird, sofern kein Widerspruch des Rechtsträgers innerhalb dieser Frist bei der Registerbehörde eingeht. Nach Ablauf der Frist endet die Möglichkeit zur Meldung für den ursprünglich vertretungsbefugten Parteienvertreter und Meldungen können nur von dem berufsmäßigen Parteienvertreter eingebracht werden, der zuletzt den Wechsel der Berechtigung angezeigt hat. Die Registerbehörde kann auf Antrag des Rechtsträgers den Wechsel der Berechtigung schon vor Ablauf der zweiwöchigen Frist eintragen, wenn dies zur Wahrung der Meldefrist erforderlich ist.

Wird eine Meldung gemäß § 5 WiEReG nicht erstattet, so kann nach § 16 Abs 1 WiEReG das Finanzamt Österreich deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen.

Gemäß § 97 Abs 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung (lit a leg cit).

Elektronisch zugestellte Dokumente gelten gemäß § 98 Abs 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.

Als Empfänger ist im Zustellrecht im Allgemeinen der "formelle" Empfänger gemeint; dieser ist von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5 ZustG) zu bestimmen. Es handelt sich hiebei zwar im Regelfall um die Person, für die der Inhalt des zuzustellenden Dokuments bestimmt ist ("materieller Empfänger"); dies muss aber nicht der Fall sein (zB gesetzlicher Vertreter, Zustellungsbevollmächtigter; vgl VwGH 15.12.2022, Ra 2022/13/0023; VwGH 22.11.2023, Ra 2023/13/0048).

"Materieller" Empfänger des Erinnerungsschreibens und der beiden als Zwangsstrafenbescheide intendierten Erledigungen des Finanzamtes war jeweils die Bf; "formeller" Empfänger war jeweils ***X*** (Kommanditist der Bf und zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Bf).

Dazu ist Folgendes zu bemerken:

Im vorliegenden Fall wurde für die in der zweiten Jahreshälfte 2020 errichtete Bf am 13.4.2021 - somit rund 13 Monate vor Einleitung des hier gegenständlichen Zwangsstrafenverfahrens - eine (Erst-)Meldung gemäß § 5 WiEReG erstattet. Diese (Erst-)Meldung gemäß § 5 WiEReG wurde nicht von der Bf selbst, sondern vom berufsmäßigen Parteienvertreter ***A***, Bilanzbuchhalter, vorgenommen. ***A*** war in der Folge in dem von der Registerbehörde geführten Register der wirtschaftlichen Eigentümer vom 13.4.2021 bis 4.10.2022 als berechtigter Parteienvertreter der Bf eingetragen.

In der Vornahme der (Erst-)Meldung gemäß § 5 WiEReG durch den berufsmäßigen Parteienvertreter ***A*** am 13.4.2021 ist nach der Rechtsprechung des VwGH auch ein Berufen auf eine Bevollmächtigung zu sehen, die - jedenfalls im Zweifel - auch eine Zustellungsbevollmächtigung umfasst. Da nur im Rahmen eines förmlichen Verfahrens ein Wechsel des Parteienvertreters erfolgen kann (§ 5 Abs 6 WiEReG), ist davon auszugehen, dass diese Vertretungsbefugnis auch für eine Folgemeldung besteht und damit auch für den Fall einer Unterlassung oder Verzögerung dieser Folgemeldung zu beachten ist (vgl VwGH 28.6.2023, Ro 2023/13/0011).

Dass die Registerbehörde (Bundesminister für Finanzen) nicht mit jener Behörde übereinstimmt, die für die Festsetzung von Zwangsstrafen zuständig ist (Finanzamt Österreich), kann daran nichts ändern, da die vom Finanzamt festzusetzende Zwangsstrafe eben gerade dazu dienen soll, die Meldung an die Registerbehörde vorzunehmen. Demnach besteht ein derart enger Zusammenhang zwischen den Verfahren der Meldung und der Festsetzung von Zwangsstrafen, dass die Vertretungsbefugnis einheitlich zu beurteilen ist (vgl VwGH 28.6.2023, Ro 2023/13/0011).

Gemäß § 9 Abs 3 erster Satz ZustG hat die Behörde, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Der Zustellungsbevollmächtigte ist demnach in der Zustellverfügung als Empfänger zu bezeichnen, wobei eine Adressierung an die Partei zu Handen des Zustellungsbevollmächtigten ausreicht (vgl etwa VwGH 11.7.2023, Ra 2020/22/0102).

Dementsprechend hätte das Finanzamt im Erinnerungsschreiben vom 12.5.2022 und in den als Zwangsstrafenbescheide intendierten Erledigungen vom 5.7.2022 und 30.8.2022 den zustellungsbevollmächtigten berufsmäßigen Parteienvertreter ***A*** als (formellen) Empfänger bezeichnen und die genannten Erledigungen an eben diesen Parteienvertreter (dh zu dessen Handen) zustellen müssen.

Da dies nicht der Fall war, liegt ein Zustellmangel vor.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass eine Heilung dieses Zustellmangels nach § 9 Abs 3 zweiter Satz ZustG, demzufolge die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt gilt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist, in der hier gegenständlichen Konstellation schon dem Grunde nach nicht eintreten konnte. Denn diese nach der Judikatur des VwGH restriktiv zu interpretierende Sonderheilungsbestimmung ermöglicht eine Heilung nur in jenen Fällen, in denen in der Zustellverfügung statt des Zustellungsbevollmächtigten der Vertretene (die Partei) selbst als Empfänger angeführt ist (vgl VwGH 14.2.1997, 96/19/2027; dazu auch Riesz in Frauenberger-Pfeiler et al, Österreichisches Zustellrecht3 § 9 ZustG Rz 43), was auf den vorliegenden Fall, in dem eine von der Bf verschiedene - in der gegenständlichen Sache nicht zustellungsbevollmächtigte - Person (***X***) als (formeller) Empfänger genannt ist, nicht zutrifft.

Würde man eine Heilungsmöglichkeit nach § 9 Abs 3 ZustG nicht schon - wie eben dargelegt - dem Grunde nach verneinen, wäre eine Heilung des Zustellungsmangels dennoch aus folgendem Grund ausgeschlossen: Das Erinnerungsschreiben und die beiden als Zwangsstrafenbescheide intendierten Erledigungen wurden in die FinanzOnline-Databox von ***X*** zugestellt und ebendort am 6.10.2022 und 13.10.2022 erstmals abgerufen (gelesen). Damit hätten diese Erledigungen ***A*** frühestens an diesen Tagen tatsächlich zukommen können. Zu diesen Zeitpunkten war ***A*** aber nicht (mehr) zustellungsbevollmächtigter Parteienvertreter der Bf in WiEReG-Angelegenheiten, weil zwischenzeitlich, nämlich am 4.10.2022 die ***Steuerberatungs GmbH*** eine Meldung gemäß § 5 WiEReG für die Bf vorgenommen hatte und ab diesem Tag in dem von der Registerbehörde geführten Register der wirtschaftlichen Eigentümer als berechtigte (zustellungsbevollmächtigte) Parteienvertreterin der Bf eingetragen war.

Eine Heilung des Zustellmangels konnte auch nicht nach der allgemeinen Heilungsbestimmung des § 7 ZustG eintreten, weil die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung nach dieser Bestimmung nicht heilen kann (vgl Riesz in Frauenberger-Pfeiler et al, Österreichisches Zustellrecht3 § 7 ZustG Rz 11, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des VwGH; siehe auch - zu einer Zwangsstrafe gemäß § 16 WiEReG - BFG 10.1.2024, RV/2100200/2023).

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass § 16 Abs 3 WiEReG idF BGBl I 97/2023, der eine spezielle Regelung betreffend die Zustellungsbevollmächtigung im WiEReG-Zwangsstrafenverfahren vorsieht, gemäß § 19 Abs 9 Z 1 WiEReG (erst) am 1.8.2023 in Kraft getreten und daher auf den hier gegenständlichen Fall nicht anzuwenden ist.

Das Erinnerungsschreiben und die beiden als Zwangsstrafenbescheide intendierten Erledigungen des Finanzamtes wurden daher nicht rechtswirksam zugestellt.

Gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO ist eine Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Eine Beschwerde gegen eine als Bescheid intendierte behördliche Erledigung, die mangels rechtswirksamer Zustellung als Bescheid rechtlich nicht existent geworden ist, ist daher als nicht zulässig zurückzuweisen (vgl etwa VwGH 27.4.1995, 93/17/0075; VwGH 29.5.1995, 93/17/0318; siehe auch Ritz/Koran, BAO7 § 260 Rz 8).

Die Beschwerden vom 2.11.2022 gegen die als Bescheide intendierten Erledigungen des Finanzamtes vom 5.7.2022 (betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro) und vom 30.8.2022 (betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro), die mangels rechtswirksamer Zustellung als Bescheide rechtlich nicht existent geworden sind, waren daher gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO als nicht zulässig zurückzuweisen.

4.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision):

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das Bundesfinanzgericht der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Die Voraussetzungen für die Revisionszulassung liegen demnach nicht vor.

Graz, am 29. Februar 2024

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 142 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§§ 161 ff UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 5 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 1 Abs. 2 Z 2 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 3 Abs. 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 3 Abs. 3 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 5 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 6 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 14 Abs. 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 16 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 19 Abs. 9 Z 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 USPG, Unternehmensserviceportalgesetz, BGBl. I Nr. 52/2009
§ 5 Abs. 1 Z 2 USPG, Unternehmensserviceportalgesetz, BGBl. I Nr. 52/2009

Verweise:

VwGH 27.04.1995, 93/17/0075
VwGH 29.05.1995, 93/17/0318
VwGH 23.05.1996, 94/15/0024
VwGH 14.02.1997, 96/19/2027
VwGH 28.05.2008, 2006/15/0125
VwGH 23.01.2019, Ra 2017/13/0033
VwGH 15.12.2022, Ra 2022/13/0023
VwGH 15.12.2022, Ra 2022/13/0075
VwGH 28.06.2023, Ro 2023/13/0011
VwGH 11.07.2023, Ra 2020/22/0102
VwGH 22.11.2023, Ra 2023/13/0048
BFG 10.01.2024, RV/2100200/2023

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