Transparenzfiktion für eine liechtensteinische Stiftung gemäß Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein versus Intransparenzkriterien laut VwGH-Rechtsprechung.
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100246.2017
Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3152/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 24.11.2020 abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2021/15/0001. Mit Erk. v. 16.11.2021 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/1100299/2021 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durchdie Richterin Dr. Gerhild Fellner
in der Beschwerdesache des***Bf1***, ***Bf1-Adr***,
betreffend die Bescheide desFinanzamtes Bregenz vom 9. Februar 2017
hinsichtlich
- Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2007, 2008, 2009, 2011 und 2012,
- Einkommensteuer 2007, 2008, 2009, 2011 und 2012 sowie
- Anspruchszinsen 2007, 2008, 2009, 2011 und 2012,
nach einer am 22.7.2020durchgeführten mündlichen Verhandlung
zu Recht erkannt:
I.
- Die Beschwerden betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2007, 2008, 2009, 2011 und 2012,
- Einkommensteuer 2009, 2011 und 2012,
- Anspruchszinsen 2007, 2008, 2009, 2011 und 2012
werden gemäß § 279 BAOals unbegründet abgewiesen.
- Die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2007 und 2008
werden im Umfang der Beschwerdevorentscheidungen abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den Beschwerdevorentscheidungen vom 6.6. 2017 zu entnehmen.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Bisheriger Verfahrensgang
Die angefochtenen Bescheide verwiesen begründend auf die Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien.
Aus dem Bericht der Betriebsprüfung (Prüfung gemäß § 147 BAO iVm § 99 FinStrG) vom 7.2.2017 geht im Wesentlichen hervor:
Beim Beschwerdeführer hatte eine Hausdurchsuchung stattgefunden, weil der Verdacht bestand, dass er sich mit einem Geschäftspartner einer anonymen Stiftung namens A***1*** bediene, aus der er Geld entnommen habe.
Der Beschwerdeführer erklärte ab 2006 Grenzgängereinkünfte als Geschäftsführer der liechtensteinischen ***1*** Anstalt. Diese Anstalt wurde am 23.11.2004 in das Öffentlichkeitsregister des Fürstentums Liechtenstein eingetragen.
Mit Urkunde vom 16.12.2004 wurde die A***1*** Stiftung in Liechtenstein mit einem Stiftungsvermögen von Fr. 30.000 gegründet. Als Stiftungszweck war angeführt "Die Verwaltung des Stiftungsvermögens zur Unterstützung von Angehörigen bestimmter Familien die durch ein Beistatut festgelegt ist."
Aus Wahrnehmung die BP existierte lediglich ein Beistatut aus dem Jahr 2011.Insofern - so die Betriebsprüfung - sei die A***1*** Stiftung mit einer Stiftung im Sinne des österreichischen Privatstiftungsgesetzes nicht vergleichbar, da die Begünstigtenregelung, nämlich die Unterstützung von Angehörigen bestimmter Familien, bis 2011 nicht ausreichend konkretisiert war.
Die Betriebsprüfer gelangten im Zuge ihrer Tätigkeit aufgrund von Indizien zu der Überzeugung, dass von jeher ein zumindest mündlicher Mandatsvertrag bestanden habe und dass der Beschwerdeführer unzweifelhaft Weisungs - und Einflussrechte gegenüber dem Stiftungsvorstand hatte. Daraus sei im Weiteren zu schließen, dass die transparente Stiftung dem Beschwerdeführer zuzurechnen sei.
Nach Bilanzen, die der Abgabenbehörde vorlägen, sei es - laut BP - in den Jahren 2006 und 2007zu Ausschüttungen der ***1*** Anstalt (an die A***1*** Stiftung) gekommen. Zudem habe die A***1*** Stiftung der ***1*** Anstalt Darlehen gewährt und daraus Zinserträge lukriert.
Da es sich bei der nach liechtensteinischem Recht gegründeten A***1*** Stiftung um keine mit einer österreichischen Privatstiftung vergleichbare Stiftung handle (siehe fehlende konkrete Begünstigtenregelung) und damit das Trennungsprinzip nicht zum Tragen komme, habe eine direkte Zurechnung der Einkünfte, d. h., der Ausschüttungen und Zinsen von der ***1*** Anstalt, an den Beschwerdeführer zu erfolgen. Dieser habe nämlich in wirtschaftlichen und finanziellen Belangen bei der A***1*** Stiftung eine beherrschende Stellung innegehabt.
Die dem Beschwerdeführer zugeflossenen Ausschüttungen seien bei ihm als Einkünfte gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 erfasst und mit dem besonderen Steuersatz von 25 % besteuert worden. Die Zinsen, soweit Verfügungsmacht über diese bestand, seien beim Beschwerdeführer als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach dem Tarif besteuert worden.
Zur Bescheinigung der ***2*** AG, ***3***, über die Nachversteuerung durch Einmalzahlung gemäß Art. 8 des Abkommens zwischen Liechtenstein und Österreich über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern (in der Folge: Abkommen), die an die A***1*** Stiftung, ***4***, Liechtenstein, gerichtet war und als betroffene Person den Beschwerdeführer auswies, stellte die Betriebsprüfung fest:
Es sei nicht erwiesen, dass die Ausschüttungen der ***1*** Anstalt tatsächlich auf das fragliche Konto bei der ***2*** AG und nicht auf ein anderes Konto geflossen seien. Selbst wenn sie auf das betreffende Konto geflossen wären, wäre die Abgeltungswirkung auf das relevante Kapital, das sind € 26.866,45, beschränkt. Keinesfalls wäre die Abgeltungswirkung mit der Einmalzahlung unbegrenzt für dieses Konto wirksam. Von Seiten der Abgabenbehörde angeforderte Unterlagen betreffend das ***2*** AG - Konto seien nicht vorgelegt worden.
Zum Einwand, bei den Darlehen an die ***1*** Anstalt habe es sich um eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen gehandelt, wurde seitens der Betriebsprüfung angemerkt: Der Bericht der Revisionsstelle für das Jahr 2011 enthalte keine Hinweise, dass es sich bei den von der A***1*** Stiftung gewährten Darlehen um eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen handle.
Was die Zinsen betreffe, seien diese in Höhe von ca. € 100.000 pro Jahr in den Bilanzen der ***1*** Anstalt von 2008-2012 als Aufwand ausgewiesen worden. Erst für die zweite Jahreshälfte 2011 habe sich aufgrund eines dazu vorliegenden Schriftverkehrs ergeben, dass bei den "Italienprojekten" Probleme auftraten.
Die aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung ergehenden, im Spruch genannten Abgabenbescheide, wurden durch den steuerlich vertretenen Beschwerdeführer mit Beschwerden angefochten, in denen ausgeführt wurde:
Es werde die ersatzlose Aufhebung der genannten Bescheide aufgrund von Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Beweiswürdigung, Rechtswidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Unangemessenheit beantragt.
Zudem sei ein Antrag des Beschwerdeführers auf Fristverlängerung für die Einbringung eines Rechtsmittels mit Hinweis auf die bereits erfolgte Schlussbesprechung abgewiesen worden. Jedoch seien sämtliche im Prüfungsbericht aufgeführten Beweismittel, auf welche die Behörde ihre Abgabenansprüche gründe, gegenüber dem Beschwerdeführer bisher nicht thematisiert worden. Dadurch sei das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt worden.
Wenn auch die Anfechtung eines Bescheides über die Abweisung eines Fristverlängerungsantrages mit gesondertem Rechtsmittel nicht zulässig sei, so sei doch mit Einbringung des Fristverlängerungsantrages der Lauf der Beschwerdefrist bis zur Zustellung des abweisenden Bescheides gehemmt worden. Die vorliegenden Beschwerden seien daher rechtzeitig eingebracht worden.
Die Abgabenbehörde habe weiters keine konkreten Feststellungen zu einer Abgabenhinterziehung betreffend das Streitjahr 2007 - auch nicht für die folgenden Zeiträume - getroffen. Sie sei daher nicht berechtigt gewesen, von einer verlängerten Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben auszugehen und seien daher die Bescheide für das Jahr 2007 (Wiederaufnahmebescheid, Einkommensteuerbescheid und Anspruchszinsenbescheid) bereits aus diesem Grund aufzuheben.
Auch für das Jahr 2008 fehlten konkrete Feststellungen, welche die Annahme einer Hinterziehung rechtfertigten.
Für die Jahre 2007 (spätestens per 31.12.2013 verjährt) und 2008 (spätestens per 31.12.2014 verjährt) werde daher eingetretene Verjährung des Abgabenanspruchs für Einkommensteuer eingewendet.
Der Beschwerdeführer habe durch seine steuerliche Vertretung dargelegt, dass die A***1*** Stiftung - in Übereinstimmung mit dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern, BGBl. III Nr. 301/2013 - seit ihrer Gründung im Jahr 2004 als intransparente Stiftung nach liechtensteinischem Stiftungsrecht zu qualifizieren sei.
Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen, nämlich
- kein Mandatsvertrag, der eine Weisungsbindung der Stiftung bzw. des Stiftungsrates an Instruktionen des Stifters oder eines Begünstigten vorsehen könne,
- dass der Stifter zu keinem Zeitpunkt Mitglied des Stiftungsrates war und
- dass er kein Recht hatte bzw. hat, den Stiftungsrat abzuberufen,
seien kumulativ erfüllt.
Die diesbezüglich eingereichte Stellungnahme wäre von der Abgabenbehörde als sogenannte Intransparenzerklärung zu werten gewesen, die der Annahme eines bloß konkludenten Mandatsvertrages entgegenstehe.
Der steuerliche Vertreter habe mit seinem Rechtsanwaltsbüro im Jahr 2013 ein Mandat zur rechtlichen Vertretung der ***1*** Anstalt und des Beschwerdeführers übernommen. Die Interessen der A***1*** Stiftung seien seitens des ehemaligen Stiftungsrates ***5*** alleine wahrgenommen worden. Der Beschwerdeführer habe niemals Einfluss auf die Stiftungsführung oder Stiftungsgebarung genommen, diese seien ausschließlich in den Händen des Stiftungsrates gelegen.
Dem Beschwerdeführer stünden nur eingeschränkte Möglichkeiten im Hinblick auf die Offenlegung der Situation der A***1*** Stiftung zur Verfügung, weil er, mangels Einflussnahme auf die Stiftung, nicht über die entsprechenden Urkunden, Dokumente und Hintergrundinformationen verfüge.
Weshalb für die A***1*** Stiftung, die sämtliche Intransparenzkriterien gemäß Abkommen und Rechtsprechung des VwGH erfülle, von der Intransparenzqualifikation abgegangen werde, könne nur so erklärt werden, dass seitens des Beschwerdeführers Abgaben eingehoben werden sollten und eine entsprechende Einhebung bzw. Vorschreibung die mangelnde Intransparenz der Stiftung zur Voraussetzung habe. Diese Vorgehensweise der Abgabenbehörde sei nicht nur unrichtig sondern auch unangemessen und willkürlich.
Der Abschluss des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern, BGBl. III Nr. 301/2013 hatte eine Regularisierung zahlreicher von Österreichern in Liechtenstein gehaltenen Vermögensstrukturen über liechtensteinische Stiftungen und andere Gesellschaftsformen zum Ziel.
Auch die A***1*** Stiftung habe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft abkommenskonform ihre Vermögenssituation offenzulegen. In der Folge habe sie für die Vergangenheit eine entsprechende Abgeltungssteuer geleistet und würden auch künftig Meldungen an die inländische Steuerbehörde über die vermögensrechtliche Situation der A***1*** Stiftung erfolgen.
In vollkommener Ausblendung der Eigenständigkeit der A***1*** Stiftung und Zurechnung zum Beschwerdeführer - ausgehend von einem gar nicht vorliegenden Mandatsvertrag sowie der Nichtanerkennung der Bescheinigung über die Nachversteuerung gemäß Abkommen - habe die Abgabenbehörde eine unrichtige und rechtsirrige Einordnung der liechtensteinischen Stiftung vorgenommen. Sie hätte erkennen müssen, dass eine intransparente Vermögensstruktur vorlag und sich daher die abgabenrechtlichen Konsequenzen nach dem bestehenden Abgeltungssteuerabkommen zwischen Liechtenstein und Österreich richteten.
Im Rahmen einer Stellungnahme vom 15.12.2016 habe der Stiftungsrat der A***1*** Stiftung klar dargelegt, dass es keinen Mandatsvertrag gegeben habe und gebe. Soweit die Abgabenbehörde auf die Erstaussage des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang verweise, sei dem entgegenzuhalten, dass er den Begriff anlässlich der Hausdurchsuchung gar nicht einordnen konnte. Er habe vielmehr gemeint, dass sich die Statuten und andere Stiftungsunterlagen beim Stiftungsrat befänden. Völlig zu Recht sei daher richtiggestellt worden, dass es keinen Mandatsvertrag gebe. Was das Zeichnungsrecht des Beschwerdeführers für das Bankkonto der A***1*** Stiftung betreffe, sei die Tatsache dargelegt worden, dass kein Zeichnungsrecht bestehe und auch nie bestanden habe.
Die Abgeltungssteuerbescheinigung über die Nachversteuerung stelle auch sicher, dass keine finanzstrafrechtliche Verfolgung des Beschwerdeführers stattfinden dürfe für die Zeiträume der Nachversteuerung - aus diesem Grund sei der Ansatz der verlängerten Verjährungsfrist von 10 Jahren durch die Abgabenbehörde unzulässig. Für die Jahre 2007 und 2008 sei deshalb Bemessungsverjährung eingetreten.
Aufgrund der Intransparenz der A***1*** Stiftung und aufgrund der Abgeltungssteuerbescheinigung sei daher die Abgabenbehörde nicht berechtigt gewesen, die im Prüfungsbericht aufgeführten Ausschüttungen und Zinsen ertragsteuerlich zum Nachteil des Beschwerdeführers in den gegenständlich bekämpften Bescheiden der Einkommensteuer zu unterziehen. Ebensolches gelte für die Wiederaufnahmebescheide und die Anspruchszinsenbescheide für die Jahre 2007-2009 und 2011-2012.
Der Beschwerdeführer stellte durch seine steuerliche Vertretung - nach vorgenommener Akteneinsicht - in Aussicht, die vorliegende Beschwerde zu ergänzen und allfällige weitere Beweisanträge zu stellen.
Entsprechende Ergänzungspunkte oder Anträge trafen nicht ein.
In dem mehrfach zitierten Schreiben des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom 15.12.2016 nimmt dieser Bezug auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO. Anders als von der Steuerbehörde angenommen und aus der Abgeltungssteuerbescheinigung der ***2*** AG (Art. 8 des Abkommens) abgeleitet, sei die A***1*** Stiftung keine als transparent zu behandelnde Stiftung, sondern seit dem Zeitpunkt ihrer Gründung im Jahr 2004 eine intransparente Stiftung nach liechtensteinischem Stiftungsrecht sowie auch im Sinne des Abkommens.
Dies aus folgenden Gründen: Es gebe und gab keinen Mandatsvertrag, der die Organe der Stiftung an Vorgaben oder Anweisungen des Stifters binden würde. Der Stiftungsrat treffe seine Entscheidungen autonom. Es gebe neben dem Stiftungsrat, das war ursprünglich ***5*** und sei seit Beginn des Jahres 2014 der nunmehrige steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers, keine weiteren Stiftungsorgane, somit keine Personen, die Einfluss auf die Führung der Stiftung nehmen könnten. Ein Beistatut, aus welchem sich eine Begünstigung des Beschwerdeführers ergibt, sei erst im Jahr 2011 erlassen worden. Bis dahin existierte neben dem Stiftungsstatut kein Beistatut. Der Stifter habe sich kein Widerrufsrecht vorbehalten und es gebe keinen voraussetzungslosen, aktuellen Anspruch auf Ausschüttung des gesamten Kapitals und des gesamten Ertrages der Vermögensstruktur. Weder der Stifter noch Begünstigte oder sonstige Dritte hatten jemals eine Unterschriftsberechtigung oder auch nur Einsichtsberechtigung auf Bankkonten der Stiftung.
Weiters führe die Annahme der Finanzverwaltung, dass der Beschwerdeführer außerbetriebliche Gesellschafterdarlehen an die Anstalt gegeben habe, noch nicht zu einem steuerpflichtigen Ergebnis, weil das Zuflussprinzip nach § 15 Abs. 1 EStG 1988 nicht erfüllt worden sei.
Es liege insgesamt eine intransparente Vermögensstruktur im Sinne des Abkommens mit Österreich vor.
Im gleichen Zuge unterbreitete der steuerliche Vertreter einen "Vergleichsvorschlag". Dieser beinhalte keine Anerkennung eines Rechtsstandpunktes:
Der Beschwerdeführer erkläre sich bereit, einmalig einen Betrag von € 320.000 als Abgeltung für allfällige Ausschüttungen bzw. Zinserträge aus den Jahren 2004-2012, die er aus der A***1*** Stiftung und/oder***1*** Anstalt erhalten haben sollte, bzw. die ihm zuzurechnen sein sollten, zu bezahlen. Damit sollten sämtliche Abgaben der österreichischen Finanzverwaltung für den gesamten Zeitraum abgegolten sein.
Weiters möge die österreichische Steuerbehörde für die Zukunft den Status der A***1*** Stiftung als intransparente Vermögensstruktur anerkennen und sie als solche behandeln. Die Zahlung des genannten Betrages stelle kein Schuldanerkenntnis dar, sondern eine vergleichsweise Beilegung von offenen Fragen und Auffassungsunterschieden zwischen der österreichischen Steuerbehörde und dem Beschwerdeführer sowie den involvierten Gesellschaften. Es möge aus Sicht der Finanzbehörde von der Weiterführung eines Finanzstrafverfahrens abgesehen werden. Auf die vorgeschlagene Zahlung (€ 320.000) möge weder durch die A***1*** Stiftung noch durch den Beschwerdeführer eine weitere Steuer zu entrichten sein. Im Falle der Einigung möge von beiden Vergleichsparteien ein Rechtsmittelverzicht erklärt werden.
Als Beweise machte der Beschwerdeführer geltend bzw. stellte er als Beweisanträge:
- E-Mail des Finanzamtes ***6*** vom 8.11.2016, Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 16.11.2016, Befragung des Beschwerdeführers als Partei, Befragung des Rechtsvertreters als Zeuge,
zum Beweis dafür, dass alle im Prüfungsbericht aufgeführten Beweismittel, auf welche die Abgabenbehörde die Abgabenansprüche gründete, gegenüber dem Beschwerdeführer nicht thematisiert wurden, weshalb ihm auch nicht die Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den erst im Prüfungsbericht erwähnten Beweismitteln zu äußern. Er sei dadurch in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, was einen Verfahrensmangel darstelle.
- Deckblatt des Protokolls der Tagsatzung vor dem fürstlichen Landesgericht ***7***, Antrag auf Forderungsexekutionen durch ***8***, Deckblatt,
zum Beweise dafür, dass in diesem Verfahren ausschließlich die Interessen der ***1*** Anstalt und deren Geschäftsführers (= der Beschwerdeführer) durch die Kanzlei des gegenständlichen steuerlichen Vertreters wahrgenommen wurden und daraus nicht abgeleitet werden könne, dass der Beschwerdeführer als maßgeblich bedeutend für die A***1*** Stiftung anzusehen sei, dass vielmehr der Stiftungsrat der A***1*** Stiftung, ***5***, die Interessen der Stiftung allein wahrgenommen habe.
- Die Einvernahme des ehemaligen und aktuellen Stiftungsrates der A***1*** Stiftung, d. h., des ***5*** (Adresse angegeben), des ***9*** (Adresse angegeben) sowie die im Akt befindliche, schriftliche Stellungnahme des Rechtsanwaltes ***10*** vom 15.12.2016
zum Beweis dafür, dass, mit Verweis auf die Stellungnahme des steuerlichen Vertreters vom 15. 12.2016, die im Abkommen vorgesehenen Intransparenzkriterien für die gegenständliche Stiftung kumulativ vorlägen.
Im Vorfeld der für den 22.7.2020 vor dem BFG anberaumten mündlichen Verhandlung reichte der steuerliche Vertreter zu dieser Thematik eine eidesstattliche Erklärung des ehemaligen Stiftungsrates ***5*** vom 20.3.2018 nach, in welcher dieser dasselbe (wie Schreiben vom 15.12.2016) bestätigt, sowie, dass seit Gründung der Stiftung bis zum Ausscheiden des Stiftungsrates ***5*** weder für den Stifter noch für andere Dritte ein Bankzeichnungsrecht für das Bankkonto der Stiftung aufrecht war und dass die Stiftung seit ihrer Gründung im Jahr 2004 lediglich über ein Bankkonto bei der ***2*** AG Liechtenstein verfügt habe.
- Die Bestätigung der Steuerverwaltung zur Intransparenz der Vermögensstruktur, die Bestätigung der Bank betreffend Abgeltungssteuer
zum Beweis dafür, dass für die Vergangenheit eine Abgeltungssteuer geleistet wurde und künftige Meldungen betreffend die vermögensrechtliche Situation der A***1*** Stiftung erfolgen würden.
- Die Befragung des Beschwerdeführers
zum Beweis dafür, dass er kein Zeichnungsrecht für das Bankkonto der A***1*** Stiftung habe und ein solches auch nie gehabt habe.
Zu dieser Thematik reichte der steuerliche Vertreter im Vorfeld der mündlichen Verhandlung vom 22.7.2020 vor dem BFG eine Bankreferenz vom 15.5.2017 ein, in welcher seitens der ***2*** AG bestätigt wird, "dass die A***1*** Stiftung dem Beschwerdeführer keine Vollmacht erteilt habe, über die unter der Kundennummer XY geführten Vermögenswerte frei zu verfügen und alle Bankgeschäfte namens und für Rechnung der A***1*** Stiftung vorzunehmen".
Im davorstehenden Absatz heißt es: "Des Weiteren bestätigen wir, dass Herr (Beschwerdeführer) gegenüber der ***2*** AG als an den Vermögenswerten wirtschaftlich berechtigte Person für die unter der Kundennummer XY bestehende Verbindung bekannt gegeben worden ist."
Im Gefolge der Beschwerdeeinbringungen ergingen abweisende Beschwerdevorentscheidungen(in der Folge: BVE) betreffend die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2007-2009 sowie 2011-2012, die Einkommensteuer 2009 sowie 2011 und 2012, die Festsetzung von Anspruchszinsen 2007-2009 sowie 2011- 2012 seitens des Finanzamtes. Gesonderte, abändernde Beschwerdevorentscheidungen ergingen betreffend die Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008.
Im Hinblick auf die Wiederaufnahmebescheide zur Einkommensteuer betreffend die Jahre 2007-2009 sowie 2011-2012 stellte die Abgabenbehörde fest, dass der Tatsachenkomplex ***1*** Anstalt und A***1*** Stiftung wie im Betriebsprüfungsbericht beschrieben und insbesondere die diesbezüglichen Bilanzen mit den ausgewiesenen Ausschüttungen und Zinsen betreffend, der Abgabenbehörde bei Erlassung der Erstbescheide nicht bekannt gewesen sei. Es seien in den Einkommensteuererklärungen samt Beilagen nur Grenzgängereinkünfte aus unselbstständiger Tätigkeit als Geschäftsführer der ***1*** Anstalt erklärt worden. Insofern hätte die Kenntnis der neu hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel im Spruch anderslautende Einkommensteuerbescheide zur Folge gehabt.
Was die Abweisung des Fristverlängerungsantrages mit verfahrensleitendem Bescheid, gegen den ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig sei, betreffe, sei festzustellen, dass es dem Beschwerdeführer dennoch gelungen sei, rechtzeitig Beschwerde einzubringen. Eine allfällige Rechtswidrigkeit des verfahrensleitenden Bescheides, die von Seiten des Finanzamtes jedoch nicht erkannt werden könne, könne daher auf sich beruhen.
Zur Verjährungseinrede hinsichtlich der Streitjahre 2007 und 2008 führte das Finanzamt aus: Die reguläre Verjährung der Einkommensteuer 2008 wäre auf den 31.12.2013 gefallen. Aufgrund von Amtshandlungen und Prüfungsmaßnahmen die jeweils Verlängerungen um ein Jahr bewirkten, sei hinsichtlich des Jahres 2008 letztlich keine Festsetzungsverjährung eingetreten (vgl. Ausführungen laut BVE).
Was 2007 betreffe, habe der Beschwerdeführer zutreffend festgestellt, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer nur dann möglich sei, wenn die Vorfrage des Vorliegens von hinterzogenen Abgaben bejaht werde. Richtigerweise enthalte auch der Betriebsprüfungsbericht keine solchen Feststellungen - diese würden jedoch mit der vorliegenden BVE nachgeholt.
Der Beschwerdeführer habe eine unrichtige Einkommensteuererklärung 2007 mit verschwiegenen Ausschüttungen aus der ***1*** Anstalt eingereicht. Er habe geschäftliche Aktivitäten in erheblichem Umfang in ein als Steueroase bekanntes Land transferiert und die daraus erzielten Erträge der Abgabenbehörde gänzlich verschwiegen. Ebenso habe er die Vermögenswidmung an eine von ihm beherrschte Stiftung verschleiert. Es sei davon auszugehen, dass die Vermögensverlagerung ins Ausland zum Zwecke der Steuervermeidung erfolgt sei. Die Vorfrage, ob hinsichtlich des Jahres 2007 hinterzogene Abgaben (§ 207 Abs. 2 BAO) vorlägen, sei daher zu bejahen gewesen.
Zur Qualifikation einer liechtensteinischen Stiftung als "transparent" oder "intransparent" sei auszuführen:
Bei einer transparenten Stiftung werden das Vermögen und die Früchte aus der Verwaltung des Vermögens dem wirtschaftlichen Stifter zugerechnet, während das Vermögen und die daraus erzielten Kapitalerträge bei einer intransparenten liechtensteinischen Stiftung der Stiftung selbst zugerechnet werden, die insoweit Abschirmwirkung gegenüber dem Stifter bietet.
Das am 29.1.2013 abgeschlossene Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern, BGBl. III 2013/301 (in der Folge: Abkommen), sehe gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. a vor, dass in Liechtenstein verwaltete Vermögensstrukturen für die Zwecke von Teil 2 des Abkommens, d. h., für die Regulierung der Vergangenheit, stets als transparent bezüglich ihres Einkommens und Vermögens gelten. Es werde daher im Anwendungsbereich des Abkommens für die Vergangenheit bis einschließlich 2013 für liechtensteinische Stiftungen eine Transparenzfiktion normiert. Die Intransparenzkriterien des Artikels 2 Abs. 2 lit. b des Abkommens, seien nur für Zwecke der laufenden Besteuerung sowie der Handhabung intransparenter Vermögensstrukturen ab 2014 anzuwenden.
Das Abkommen sehe in Teil 2 für die Regulierung der Vergangenheit entweder eine anonyme Einmalzahlung oder die freiwillige Meldung vor, wobei die betroffene Person zwischen diesen beiden Varianten wählen könne.
Bei der Einmalzahlung werde ein nach einer bestimmten Formel errechneter Betrag von der liechtensteinischen Zahlstelle auf die bei ihr verbuchten Vermögenswerte der betroffenen Person erhoben und in der Folge anonym an Österreich weitergeleitet. Bei der freiwilligen Meldung, zu welcher die betroffene Person ausdrücklich optieren musste, widrigenfalls die Variante Einmalzahlung zum Tragen kam, wurde der österreichischen Finanzverwaltung eine Meldung dahingehend gemacht, dass die betroffene Person bei einer liechtensteinischen Zahlstelle unter der angeführten Kundennummer ein Konto/Depot unterhalte, dies unter Anführung der jährlichen Kontostände per 31.12.2003 bis 31.12.2013.
Bei Vermögensstrukturen (z.B. Stiftungen) erfolge die Meldung auf die wirtschaftlich berechtigte Person.
Die unter das Abkommen fallende A***1*** Stiftung mit dem in Österreich ansässigen Beschwerdeführer als wirtschaftlich Berechtigtem habe gegenüber der Zahlstelle ***2*** AG zur Variante "Einmalzahlung" gemäß Art. 8 des Abkommens optiert. Sie habe eine entsprechende Bescheinigung über die Nachversteuerung durch Einmalzahlung erhalten. Die an die A***1*** Stiftung in ***3*** adressierte Bescheinigung nenne den in Österreich ansässigen Beschwerdeführer als betroffene Person mit seiner inländischen Adresse.
Das relevante Kapital, d. h., der Kontostand zum 31.12.2011, wird in der Bescheinigung mit € 26.866,45 beziffert, die Einmalzahlung mit € 4.413,0 errechnet.
Der Beschwerdeführer verstehe damit sämtliche Steueransprüche der Republik Österreich ihm gegenüber aus der Beziehung zur A***1*** Stiftung als abgegolten.
In der BVE wurde in weiterer Folge ausgeführt, die A***1*** Stiftung habe eine Transparenzqualifikation augenscheinlich auch bejaht und im Rahmen des Abkommens zur anonymen Einmalzahlung optiert. Die Einstufung als "transparent" sei damit unwiderruflich, dies entspreche der Normierung gemäß Art. 5 Abs. 1, letzter Satz, des Abkommens.
Das von der Abgeltungswirkung gemäß Art. 8 Abs. 6 des Abkommens umfasste Vermögen sei jedoch gedeckelt mit der Höhe des relevanten Kapitals. Nur bis zu dieser Höhe, die im vorliegenden Fall bei € 26.866,45 liege, trete die abgabenrechtliche und finanzstrafrechtliche Abgeltungswirkung ein.
Die A***1*** Stiftung habe nach Wissensstand der Abgabenbehörde nur das Konto bei der ***2*** AG in Liechtenstein gehabt und sei auch nur für dieses Konto eine Bescheinigung nach Art. 8 des Abkommens vorgelegt worden. Mit der Entrichtung des Einmalbetrages von € 4.413,00 seien die über dieses Konto bewirkten Abgabenverkürzungen im Ausmaß von € 26.866,45, das ist das relevante Kapital laut Bescheinigung, pauschal abgegolten worden.
Dass über dieses Konto höhere Kapitaleinkünfte lukriert worden seien, ergebe sich bereits aus den festgestellten Zinszahlungen seitens der ***1*** Anstalt an die A***1*** Stiftung. Auch der Beschwerdeführer habe nicht behauptet, dass die Ausschüttung der ***1*** Anstalt über € 1.003.175,00 an die A***1*** Stiftung (die in der Folge wieder als Darlehen an die ***1*** Anstalt zurücküberwiesen wurde) nicht über das Konto der A***1*** Stiftung bei der ***2*** AG abgewickelt worden sei. Einen diesbezüglichen Nachweis, der ihm als Geschäftsführer der ***1*** Anstalt zumutbar gewesen wäre, sei er schuldig geblieben.
Für den Fall, dass die festgestellten Ausschüttungen von der ***1*** Anstalt an die A***1*** Stiftung in den Jahren 2007 und 2008 nicht auf das Konto der A***1*** Stiftung bei der ***2*** AG gegangen wären, stellte das Finanzamt fest: Die Ausschüttungen (und Zinserträge) wären dem Beschwerdeführer als Stifter und wirtschaftlichem Machthaber zuzurechnen. Dies ergebe sich schon daraus, dass die A***1*** Stiftung mit ihrer Option zur Einmalzahlung die Transparenz im Rahmen des Steuerabkommens anerkannt habe. Für Vermögen und Einkünfte, die außerhalb des Anwendungsbereiches des Steuerabkommens festgestellt wurden, könne nichts anderes gelten.
Die Betriebsprüfung habe Verkürzungen aus Ausschüttungen 2007 und 2008 von € 305.554,75 und € 1.003.175,00 sowie aus Zinsen 2008-2012 von € 278.000,00 festgestellt. Diese seien von der Abgeltungswirkung laut vorliegender Bescheinigung, die sich auf ein relevantes Kapital von € 26.866,45 beziehe, nicht umfasst. Es sei daher für sie die Einkommensteuer festzusetzen gewesen (Anm.: abzüglich des relevanten Kapitals von € 26.866,45).
Die A***1*** Stiftung habe durch ihre Option zur Einmalzahlung die Transparenz der Stiftung anerkannt und könne sich - für die Vergangenheit bis einschließlich 2013 - nicht mehr auf die eingewendete Intransparenz berufen.
Zudem sei auf die Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht hinzuweisen, wonach bis zum Jahr 2011 (erst in diesem Jahr wurde ein Beistatut errichtet) eine nach österreichischem, aber auch liechtensteinischem Stiftungsrecht unzulässige Selbstzweckstiftung vorlag. Eine allfällige Beurteilung als intransparent stellte sich demnach bis 2011 nicht. Der seinerzeitige Treuhänder ***5*** habe treuhänderisch das Vermögen des Beschwerdeführers verwaltet. Wirtschaftlicher Eigentümer des Vermögens sei der Beschwerdeführer gewesen. Bei Einkünften aus Kapitalvermögen liege die Besonderheit vor, dass wirtschaftliches Eigentum am Vermögen und Zurechnung der Einkünfte zur selben Person, nämlich gegenständlich dem Beschwerdeführer, erfolgen.
Im Hinblick auf die Einkommensteuer 2007 und 2008 führte das Finanzamt aus:
Gemäß vorliegender Bilanzen der ***1*** Anstalt sei der ausgeschüttete Gewinn in Höhe von € 1.003.175,11 erst im Jahr 2008 und nicht schon im Jahr 2007 steuerlich zu erfassen. Gleichermaßen sei laut Bilanz die Dividendenausschüttung von € 305.554,75 im Jahr 2007 zu erfassen, eine Festsetzungsverjährung liege nicht vor. Die Abgeltung in Höhe des relevanten Kapitals von € 26.688,45 durch die Einmalzahlung sei bei der Gewinnausschüttung im Jahr 2007 in Abzug zu bringen und insofern ein Betrag von € 278.866,30 mit dem festen Steuersatz gemäß § 37 Abs. 8 EStG 1988 zu versteuern.
Soweit eingewendet worden war, Zinsen seien nach Wissen des Beschwerdeführers zu etwa 95 % nicht entrichtet worden und ab 2010 sei die ***1*** Anstalt wegen der Italiengeschäfte nicht in der Lage gewesen, Zinsen zu bezahlen, stellte das Finanzamt fest: Zinsen für das von der A***1*** Stiftung eingeräumte Darlehen seien in Höhe von ca. € 100.000 pro Jahr stets in den Bilanzen als Aufwand ausgewiesen worden. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2011 seien bei den Italiengeschäften Probleme aufgetreten. Leistungserlöse flössen einem beherrschenden Gesellschafter einer Gesellschaft nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung bereits mit der Fälligkeit der Forderung zu, außer die Gesellschaft wäre auf Dauer zahlungsunfähig.
Für die Jahre 2008 und 2009 sei eine Zahlungsunfähigkeit der ***1*** Anstalt zu verneinen, weshalb die jeweils per 31. 12. gutgeschriebene Zinsen als zugeflossen zu beurteilen seien. Den für die Zeit danach eingewendeten wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei insofern Rechnung getragen worden als nur die tatsächlich erfolgten Zahlungen als Zinsen (das sind 2011 € 64.000, 2012 € 15.000) in Ansatz gebracht worden seien.
Die Intransparenzkriterien gemäß Abkommen beträfen nur dessen 3. und 4. Teil und seien erst ab 1.1.2014, somit nicht für die Streitjahre, anzuwenden. Das Vorliegen eines Mandatsvertrages sei nie angenommen worden, wenngleich sich aus einem im Akt aufliegenden E-Mail Verkehr ein massiver Einfluss des Beschwerdeführers auf den Stiftungsrat ***5*** ableiten lasse. Gemäß Abkommen gelte für die Vergangenheit die Transparenzfiktion betreffend liechtensteinische Vermögensstrukturen, zu denen auch Familienstiftungen gehörten. Die A***1*** Stiftung bzw. der Beschwerdeführer habe zufolge der Entscheidung für die Einmalsteuer die Transparenzeinstufung anerkannt.
Weiters wurde von Seiten des Finanzamtes bestritten, dass die A***1*** Stiftung sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft abkommenskonform ihre Vermögenssituation offengelegt hätte. Hinsichtlich der Regulierung der Vergangenheit habe sich die A***1*** Stiftung für die anonyme Einmalzahlung gemäß Art. 8 des Abkommens entschieden. Die Bescheinigung vom 30.5.2014 sei erst im Zuge der finanzstrafrechtlichen Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft übergeben worden. An der Richtigkeit dieser Bescheinigung sei nie gezweifelt worden, jedoch habe die Einmalzahlung entsprechend dem unmissverständlichen Abkommenswortlaut Abgeltungswirkung nur bis zur Höhe des relevanten Kapitals.
Im Hinblick auf die Anfechtung der Anspruchszinsenbescheide mit Beschwerde und deren Abweisung erläuterte das Finanzamt: Die Anspruchsverzinsung erfolge unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit des Einkommensteuerbescheides. Eine Änderung des Einkommensteuerbescheides ziehe einen entsprechend abgeänderten neuen Anspruchszinsenbescheid nach sich, eine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides erfolge nicht. Wegen seiner Bindung an den Stammabgabenbescheid sei ein Anspruchszinsenbescheid nicht mit Aussicht auf Erfolg mit der Begründung anfechtbar, der maßgebliche Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig.
In der Folge brachte der Beschwerdeführer durch seine steuerliche Vertretung einen Antrag auf Vorlage seiner Beschwerden an das Bundesfinanzgericht ein. Zur Begründung verwies er auf das bereits in den Beschwerden Vorgebrachte und behielt sich allfällige Ergänzungen bzw. Beweisanträge vor.
In der Stellungnahme zum Vorlagebericht wurde von Seiten der Abgabenbehörde auf die ausführliche Begründung in der Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich Zurechnung von Ausschüttungen und Zinsen der ***1*** Anstalt via A***1*** Stiftung an den Beschwerdeführer verwiesen. Der Vorlageantrag habe diesbezüglich keine Entgegnungen und keine weiteren Ausführungen enthalten.
Am 22.7.2020 fand eine mündliche Verhandlung vor der Richterin des BFG in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines steuerlichen Vertreters sowie des Vertreters der Abgabenbehörde statt. Auf die darüber aufgenommene Niederschrift, die den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht wurde, wird hingewiesen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
- Der Beschwerdeführer war bis 2002 bei einer inländischen Baufirma nichtselbständig tätig.
- Im August 2002 gründete er ein Einzelunternehmen mit dem Betriebsgegenstand ***11***.
- Im Jahr 2003 wurde das Einzelunternehmen rückwirkend in die neu errichtete ***1*** GmbH mit Sitz in ***12*** (***13***) eingebracht.
- Die ***1*** GmbH wurde ab der zweiten Jahreshälfte 2006 liquidiert.
- Am 23.11.2004 wurde die ***1*** Anstalt mit einem Kapital von Fr. 30.000 in das Öffentlichkeitsregister des Fürstentums Liechtenstein eingetragen.
- Es handelte sich dabei um einen ab Februar 2005 in Liechtenstein tätigen Betrieb.
- Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer mit Einzelunterschrift und Verwaltungsrat.
- Weiteres Mitglied des Verwaltungsrates mit Einzelunterschrift war von April 2006 bis Juni 2013 ***5***.
- Bis 2006 hatte der Beschwerdeführer Einkünfte als Geschäftsführer der ***1*** GmbH erklärt, ab 2006 gab er Grenzgängereinkünfte als Geschäftsführer der ***1*** Anstalt bekannt.
- Inhaberin der Gründerrechte und wirtschaftliche Eigentümerin der ***1*** Anstalt ist die A***1*** Stiftung (vgl. Tz 5, Niederschrift über die Schlussbesprechung). Sie wurde am 17.12.2004 errichtet, die Statuten wurden am 7.12.2015 beim Registeramt hinterlegt.
- Als Stiftungszweck war angeführt: "Die Verwaltung des Stiftungsvermögens zur Unterstützung von Angehörigen bestimmter Familien, die durch ein Beistatut festgelegt ist."
- 2009 wurde der Stiftungszweck wie nachstehend präzisiert: "Zweck der Stiftung ist die Bestreitung der Kosten der Erziehung und Bildung, der Ausstattung und Unterstützung, des Lebensunterhalts im Allgemeinen und die wirtschaftliche Förderung im weitesten Sinn von Begünstigten sowie die Verfolgung ähnlicher Zwecke. Zu den Begünstigten zählen der Stifter und mit ihm durch Eheband, Verwandtschaft, Schwägerschaft, Freundschaft oder auf andere Art und Weise verbundene Personen nach Maßgabe der Beistatuten …"
- Laut dem 2011 errichtetem Beistatut ist der Beschwerdeführer Erstbegünstigter der A***1*** Stiftung.Art. 3 des Beistatuts bestimmt, dass dieses zu Lebzeiten des Erstbegünstigten nur mit dessen schriftlicher Zustimmung abgeändert oder widerrufen werden kann.
- Im Mai 2018 wurde im Rahmen einer Urkundenvorlage dem Landesgericht ***14***ein bisher unerwähntesBeistatut, datierend aus dem Jahr 2004, überreicht, das als Erstbegünstigten den Beschwerdeführer, als Zweitbegünstigte dessen Gattin verzeichnete. In Art. 6 wird festgelegt, dass das Beistatut zu Lebzeiten des Erstbegünstigten nur mit dessen schriftlicher Zustimmung abgeändert werden kann.
- Am 19.11.2014 fand eine Hausdurchsuchung an der österreichischen Adresse des Beschwerdeführers statt.
- Auf Grundlage eines Prüfungsauftrages des Finanzamtes ***6*** vom 19.12.2014 wurde in der Folge eine Betriebsprüfung beim Beschwerdeführer betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2004-2012 durchgeführt.
- Am 21.11.2014 legte der Beschwerdeführer durch seine rechtliche Vertretung der Staatsanwaltschaft ***14*** eine Bescheinigung der ***2*** AG, ***3***, über die Nachversteuerung durch Einmalzahlung gemäß Art. 8 des Abkommens zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Republik Österreich über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern vor.
- Diese Bescheinigung ist an die A***1*** Stiftung in ***3***, Liechtenstein, gerichtet. Als betroffene Person ist der Beschwerdeführer mit seiner inländischen Adresse ausgewiesen.
- Als relevantes Kapital sind in der Bescheinigung € 26.866,45 verzeichnet, als Betrag der Einmalzahlung € 4.413,00.
Die Feststellungen zum Sachverhalt gründen sich auf im Akt aufliegende Unterlagen.
2. Gesetzliche/Rechtliche Grundlagen
- § 2 Abs. 1 EStG 1988 (Einkommen)
- § 27 Abs. 1 Z 1 EStG iVm § 37 Abs. 8 EStG1988 idF vor BGBl. 4/2012 (Einkünfte aus Kapitalvermögen; besonderer Steuersatz von 25%)
- § 207 Abs. 1 und Abs. 2 BAO (Verjährung)
- § 303 Abs. 1 lit. b BAO (Wiederaufnahme)
- § 205 BAO (Anspruchszinsen)
- § 183 BAO(Beweisaufnahme)
- § 167 Abs. 1 BAO(offenkundige Tatsachen)
- § 167 Abs. 2 BAO (freie Beweiswürdigung),
sowie :
Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern, BGBl. III Nr. 301/2013:
Gemäß Art. 2, Begriffsbestimmungen,
Abs. 1 lit. k) bedeuten die Ausdrücke:
"Stichtag 1" den 31. Dezember 2003;
"Stichtag 2" den 31. Dezember 2011;
"Stichtag 3" den letzten Tag des fünften Monats nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens; "Stichtag 4" den letzten Tag des sechsten Monats nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens.
Gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. m) bedeutet der Ausdruck "Vermögensstrukturen" Stiftungen, stiftungsähnliche Anstalten und besondere Vermögenswidmungen mit oder ohne Persönlichkeit.
Gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. h) bezieht sich im Falle einer Zahlstelle … der Ausdruck "betroffene Person" auf eine in der Republik Österreich ansässige natürliche Person, die: (i) als Vertragspartner einer liechtensteinischen Zahlstelle Konto- oder Depotinhaber sowie nutzungsberechtigte Person der entsprechenden Vermögenswerte ist;
Art. 2 Abs. 2lautet:
a) In Liechtenstein verwaltete Vermögensstrukturen gelten für die Zwecke von Teil 2 dieses Abkommens stets als transparent bezüglich ihres Einkommens und Vermögens.
b) In Liechtenstein verwaltete Vermögensstrukturen mit Persönlichkeit gelten für Zwecke von Teil 3 und Teil 4 dieses Abkommens als intransparent, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
-Weder der Stifter noch ein Begünstigter oder eine diesen nahestehende Person sind Mitglied im Stiftungsrat oder in einem Gremium, dem Weisungsbefugnisse gegenüber dem Stiftungsrat zustehen;
- Es besteht kein Abberufungsrecht des Stiftungsrats durch den Stifter, einen Begünstigten oder eine diesen nahestehende Person ohne wichtigen Grund;
- Es besteht kein ausdrücklicher oder konkludenter Mandatsvertrag. Diese Voraussetzungen gelten sinngemäß für sämtliche Vermögensstrukturen mit Persönlichkeit.
Art. 8, Nachversteuerung durch Einmalzahlung,
1. Unter Vorbehalt von Art. 6, 7 und 12 erheben liechtensteinische Zahlstellen per Stichtag 3 eine Einmalzahlung auf den bei ihnen verbuchten oder verwalteten Vermögenswerten der betroffenen Person.
2. Die Einmalzahlung bemisst sich nach Anhang I dieses Abkommens. Der Steuersatz beträgt 30 %.
3. Gleichzeitig mit der Erhebung der Einmalzahlung erstellt die liechtensteinische Zahlstelle zu Handen der betroffenen Person eine Bescheinigung nach festgelegtem Muster …
6. Mit der vollständigen Gutschrift der Einmalzahlung auf dem bei der liechtensteinischen Zahlstelle dafür eingerichteten Abwicklungsskonto gelten die österreichischen Erbschaftssteuer-und Schenkungssteueransprüche, die Ansprüche auf die gemeinschaftlichen Bundesabgaben gemäß § 8 Abs. 1, erster und und dritter Fall des österreichischen Finanzausgleichsgesetzes 2008. … als abgegolten. Der im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens von der Abgeltungswirkung erfasste Betrag entspricht dem relevanten Kapital Kr in Anhang I dieses Abkommens bestimmen …
Art. 10,Freiwillige Meldung,
1. Die Erhebung der Einmalzahlung nach Art. 8 entfällt, wenn die betroffene Person ihre liechtensteinische Zahlstelle spätestens per Stichtag 3 schriftlich ermächtigt, die Informationen nach Abs. 2 an die zuständige österreichische Behörde zu melden.
2. Die liechtensteinische Zahlstelle übermittelt im Falle der schriftlichen Ermächtigung durch die betroffene Person folgende Angaben an die zuständige liechtensteinische Behörde:
a) Identität (Name und Geburtsdatum) und Wohnsitz der betroffenen Person;
b) Soweit bekannt, die österreichische Finanzamt-und Steuernummer und/oder die österreichische Sozialversicherungsnummer;
c) Name und Anschrift der liechtensteinischen Zahlstelle; werden die Vermögenswerte von der Zahlstelle lediglich verwaltet….., Name und Anschrift der natürlichen oder juristischen Personen, bei denen die Vermögenswerte auf Konten oder Depots verbucht sind;
d) Kundennummer der betroffenen Person …;
e) jährlicher Kontostand per 31. Dezember für die Periode zwischen dem Stichtag 1 und dem Inkrafttreten dieses Abkommens.
Diese Angaben werden monatlich übermittelt. Die erste Übermittlung erfolgt einen Monat nach dem Stichtag 3, die letzte Übermittlung erfolgt sechs Monate nach dem Stichtag 3 …
3. Rechtliche Würdigung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung)
Vorab wird auf die behauptete Verletzung des Parteiengehörs Bezug genommen (siehe oben, S 8, Beweise, Beweisanträge, 1.):
Über Befragung durch die Richterin in der mündlichen Verhandlung vom 22.7.2020 gab der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers an, dass ein Jurist aus seiner Kanzlei als Vertreter des Beschwerdeführers bei der Schlussbesprechung anwesend gewesen sei. Im Akt befindet sich die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 16.11.2016, als Teilnehmer sind unter anderem der Beschwerdeführer und sein Vertreter ***15*** angeführt. Die auch von diesen beiden Personen unterfertigte Niederschrift enthält abschließend die Formulierung "Die in dieser Niederschrift angeführten Prüfungsfeststellungen wurden ausführlich besprochen. Ein Exemplar dieser Niederschrift wurde ausgefolgt."
Das Gericht kann daher keine - wie behauptet - Verletzung des Parteiengehörs erkennen, zumal die Grundlagen für die in Streit stehenden Abgabenansprüche spätestens in der Schlussbesprechung mit dem Beschwerdeführer und seinem steuerlichen Vertreter eingehend besprochen wurden und ihnen in diesem Rahmen zweifellos auch die Gelegenheit gegeben wurde, sich dazu zu äußern. Zudem geht aus der Aktenlage hervor, dass der Beschwerdeführer bzw. der steuerliche Vertreter Akteneinsicht genommen hat.
Verjährungsfrist - Hinterziehung:
Dem Beschwerdeführer wurden mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft ***14*** die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung gemäß §§ 33 Abs. 1 und 38 Abs. 1 FinStrG zur Last gelegt. Er habe die Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung begangen, indem er vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs-und Wahrheitspflicht durch Einreichung unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2007-2009 sowie 2011 und 2012, Gewinnausschüttungen der ***1*** Anstalt an die ihm zuzurechnende A***1*** Stiftung für die Jahre 2007 und 2008 sowie Zinszahlungen der ***1*** Anstalt an die ihm zuzurechnende A***1*** Stiftung für die Jahre 2008, 2009, 2011 und 2012 steuerlich nicht erklärt habe. Dadurch sei die Einkommensteuer zu niedrig festgesetzt worden. Die Abgabenverkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben belaufe sich auf eine Höhe von € 456.872,69.
Der Beschwerdeführer wandte sich mit Einspruch gegen die Anklageschrift und führte aus, die Abgabenbescheide des Finanzamtes ***6*** seien aufgrund einer dagegen eingereichten Bescheidbeschwerde nicht rechtskräftig. Zudem habe die Anklageschrift die rechtlich unzulässige Transparenzvermutung der Beschwerdevorentscheidung vom 2.6.2017 unkritisch übernommen.
Das Oberlandesgericht ***16*** wies den Einspruch des Beschwerdeführers mit rechtskräftigem Beschluss vom 13.12.2017***17***, ab und führte aus:
Der gegen den Angeklagten bestehende Verdacht im Sinne der relevierten strafbaren Handlungen (gewerbsmäßige Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 1 und 38 Abs. 1 FinStrG) sei in der Anklageschrift hinreichend dargestellt und begründet worden. Die Verdachtslage, die sich insbesondere auf die - anlässlich einer an der Wohnadresse des Angeklagten durchgeführten Hausdurchsuchung - sichergestellten Dokumente und Schreiben stützte, sei sowohl hinsichtlich der objektiven als auch der subjektiven Tatseite ausreichend konkret für eine anklagegemäße Verurteilung des Angeklagten. Entgegen seinem Einspruch sei die Rechtskraft der Abgabenbescheide keine Voraussetzung für die Erhebung der Anklage.
Das BFG führt hiezu aus: Eine Vorfrage ist eine Rechtsfrage, die als Hauptfrage Gegenstand einer Absprache rechtsfeststellender oder rechtsgestaltender Natur ist. Eine Rechtsfrage bildet nur dann eine notwendige Grundlage im genannten Sinn, wenn die Tatbestände einander entsprechen. Dies ist etwa bei dem in § 207 Abs. 2 BAO verwendeten Begriff der hinterzogenen Abgabe und dem im Finanzstrafgesetz verwendeten Begriff der Hinterziehung der Fall.
Gegenständlich ist daher die Frage, ob Abgaben hinterzogen sind, eine Vorfrage für die Annahme der längeren Verjährungsfrist nach § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO (vgl. Ritz, BAO6, § 116 Tz 4).
Grundsätzlich besteht eine Bindung an Entscheidungen der Gerichte und der Verwaltungsbehörden (Ritz aaO, Tz 5).
Zwischenzeitlich erging auch ein mündlich verkündetes und noch nicht in Schriftform vorliegendes Urteil des Landesgerichts ***14*** als Schöffengericht vom 17.1.2020, in welchem der Beschwerdeführer der Abgabenhinterziehung für schuldig befunden wurde. Der als Hauptfrage beurteilte Vorwurf der Abgabenhinterziehung wurde darin somit bestätigt (vgl. dazu die Ausführungen des Vertreters der Abgabenbehörde in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22.10.2020 vor dem BFG). Gegen dieses Urteil hat der Beschwerdeführer Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet.
Das BFG erachtet sich an den oben dargestellten bescheidmäßigen Ausspruch des Oberlandesgerichtes ***16***, wonach eine Verurteilung des Beschwerdeführers wegen der ihm zur Last gelegten Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung für die Jahre 2007-2009 sowie 2011 und 2012 naheliegt, als gebunden und enthält auch das oben genannte, noch nicht rechtskräftige Urteil vom 17.1.2020, einen entsprechenden Schuldspruch.
Soweit daher u. a. zu beurteilen war, ob im Hinblick auf das Streitjahr 2007 bereits Verjährung eingetreten war, ist dies zu verneinen - die zehnjährige Verjährungsfrist hinsichtlich der hinterzogenen Abgaben hätte erst am 31.12.2017 geendet (alle gegenständlich in Beschwerde gezogenen Bescheide stammen vom 9.2.2017).
Wiederaufnahmebescheide:
Im Hinblick auf die gegen die Wiederaufnahmebescheide zur Einkommensteuer 2007-2009 sowie 2011-2012 gerichteten Beschwerden verweist das Bundesfinanzgericht auf die zutreffenden und ausreichenden Ausführungen in Punkt 1. der Beschwerdevorentscheidung. Wie dort erwähnt, hat der Beschwerdeführer in seinen Beschwerden keine spezifisch gegen den Wiederaufnahmetatbestand gerichteten Beschwerdepunkte vorgebracht. Auch in seinem Vorlageantrag, den er nach Ergehen der BVE - welcher nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung Vorhaltscharakter zukommt - einreichte, hat er nicht dargetan, inwieweit er die (den Sachbescheiden vorangehenden) Wiederaufnahmebescheide als nicht rechtens erachtet.
Ebenso wenig haben sich der Beschwerdeführer und sein steuerlicher Vertreter in der mündlichen Verhandlung vom 22.7.2020 vor dem BFG, in welcher der Vertreter der Abgabenbehörde auch auf die Wiederaufnahmegründe Bezug nahm, hiezu geäußert (siehe Niederschrift über die mündliche Verhandlung).
Anspruchszinsenbescheide:
Auch hinsichtlich der Beschwerden gegen die Anspruchszinsenbescheide für die Jahre 2007-2009 sowie 2011-2012 verweist das Bundesfinanzgericht auf die darauf bezogenen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.
Der Beschwerdeführer und sein steuerlicher Vertreter haben sich auch dazuin der mündlichen Verhandlung vom 22.7.2020 vor dem BFG nicht weiter geäußert (siehe Niederschrift über die mündliche Verhandlung).
Sachbescheide Einkommenssteuer:
Strittig ist: Sind das Stiftungsvermögen und die daraus generierten Einkünfte dem Beschwerdeführer oder der liechtensteinischen A***1*** Stiftung zuzurechnen?
Zentrales und kontrovers diskutiertes Thema bei Beurteilung der Streitfrage ist:
a) Ist die A***1*** Stiftung entsprechend der Judikatur des VwGH mit den dort aufgestellten Kriterien (oder auch im Sinne des Art. 2 Abs. 2 lit. b des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern, BGBl. III Nr. 301/2013)) eine intransparente Stiftung?
b) Gilt für die A***1*** Stiftung streitgegenständlich die Transparenzfiktion iSd Art. 2 Abs. 2 lit. a des Abkommens?
Bei Zutreffen von a) ist steuerliches Zurechnungssubjekt die Stiftung, bei Zutreffen von b) ist Zurechnungssubjekt der Beschwerdeführer als wirtschaftlich berechtigte Person.
Die Frage der Zurechnung von Einkünften an eine in Liechtenstein ansässige Stiftung bzw. an deren Stifter oder Begünstigten war Gegenstand dreier höchstgerichtlicher Erkenntnisse im Jahr 2015 (VwGH 25. 2. 2015, 2011/13/0003; 25.3. 2015, 2012/13/0033; 30. 6.2015, 2012/15/0165).
In der Fachliteratur (vgl. Keppert in SWK 27/2015, 1201) wurden im Gefolge dieser Erkenntnisseu. a. nachstehende Aussagen des Höchstgerichtes als richtungsweisend herausgearbeitet:
Entscheidend für die Qualifikation als Zurechnungssubjekt ist, wer wirtschaftlich über die Einkunftsquelle verfügen und so die Art ihrer Nutzung bestimmen kann.
Es sind hiebei die maßgeblichen Grundsätze des österreichischen Rechts ausschlaggebend.
Sofern der ausländischen Struktur das Stiftungsvermögen und die daraus generierten Einkünfte nicht zuzurechnensind, kommt ihr auch keine Abschirmwirkung zu.
Was Mandatsverträge betrifft, ist entscheidend, ob diese den Begünstigten berechtigen, dem Stiftungsrat jederzeit Weisungen zu erteilen.
Eine bloße Teilnahme an Stiftungsratssitzungen lässt für sich nicht darauf schließen, dass eine Begünstigte allein dadurch weitgehende Dispositionsmöglichkeiten in Bezug auf das von der Stiftung veranlagte Vermögen hat.
Eine Treuhandgründung betrifft nur das Errichtungsgeschäft und besagt nicht, dass sich aus dem diesbezüglichen Treuhandvertrag ein Weisungsrecht des Stifters hinsichtlich der laufenden Verwaltung des Stiftungsvermögens ableiten lässt.
Am 1.1.2014 trat das Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern, BGBl. III Nr. 301/2013, in Kraft. Das Abkommen regelt eine Amnestie durch Nachversteuerung für die Vergangenheit und die Besteuerung in der Zukunft.
Bei Durchsicht des Abkommens untergliedert sich dieses in vier Teile: Teil 1, Allgemeines; Teil 2, Regelung zur Nachversteuerung von Vermögenswerten; Teil 3, Erhebung einer Quellensteuer durch liechtensteinische Zahlstellen; Teil 4, Intransparente Vermögensstrukturen.
Art. 2 Abs. 2 lit. a des Abkommens, wonach in Liechtenstein verwaltete Vermögensstrukturen stets als transparent bezüglich ihres Einkommens und Vermögens gelten, bezieht sich explizit auf Teil 2 des Abkommens, dh, auf die Nachversteuerung für die Vergangenheit.
Art. 2 Abs. 2 lit. b des Abkommens, wonach in Liechtenstein verwaltete Vermögensstrukturen mit Persönlichkeit unter bestimmten, ausdrücklich angeführten Voraussetzungen als intransparent gelten, bezieht sich explizit auf Teil 3 und Teil 4 des Abkommens.
Auch dieses Abkommen war Gegenstand der Erörterung in der Fachliteratur ([…]):
Demnach führt das Abkommen den - aus dem liechtensteinischen Recht stammenden - Begriff der Vermögensstruktur ein. Darunter fallen Stiftungen, stiftungsähnliche Anstalten und besondere Vermögensstrukturen mit oder ohne Persönlichkeit, z.B. Trusts.
Wird eine solche Vermögensstruktur in Liechtenstein verwaltet, gilt sie für Zwecke der Nachversteuerung für die Vergangenheit stets als transparent bezüglich ihres Einkommens und Vermögens (Art. 2 Abs. 2 lit. a des Abkommens), d. h., es ist auf die dahinter stehenden natürlichen Personen (Nutzungsberechtigten) zu blicken, sofern diese einen Wohnsitz in Österreich am 31.12.2011 haben. Ein Intransparenztest, wie er nach herrschender Ansicht im österreichischen innerstaatlichen Recht anzuwenden ist, kommt hingegen nicht zur Anwendung.
Sollte eine Vermögensstruktur nach österreichischem, innerstaatlichen Recht als intransparent zu werten sein, so steht hinsichtlich der Vermeidung der Einmalzahlung nur der Weg der freiwilligen Meldung (und somit der vollständigen Offenlegung gegenüber der österreichischen Finanzverwaltung) offen. Erforderlich für eine Subsumtion unter das Abkommen ist, dass eine betroffene Person, d. h. ein in Österreich ansässiger Steuerpflichtiger, an den Vermögenswerten nutzungsberechtigt sein muss (Ende Auszüge Fachartikel).
Der Widerstreit zwischen Transparenzfiktion laut Abkommen und behaupteter Intransparenz spiegelt sich auch in zwei zum Streitfall erstellten Gutachten wider: Im Zuge der gegen ihn beim Landesgericht ***14*** anhängigen Finanzstrafsache brachte der Beschwerdeführer durch seine steuerliche Vertretung ein von der ***18*** GmbH erstelltes Gutachten vom 20.3.2018 ein.
Es wird darin die Rechtsmeinung vertreten, eine Einmalzahlung sei einer Transparenz für die Vergangenheit nicht gleichzusetzen. Die Variante der Einmalzahlung werde von Betroffenen trotz eindeutiger Intransparenz einer Stiftung aus Vereinfachungsgründen gewählt, um nicht den kompletten Sachverhalt in Österreich offenzulegen und aufwändige, beratungs- und somit kostenintensive Auseinandersetzungen mit der Finanz zu führen.
Soweit die Finanzverwaltung eine uneingeschränkte Transparenz aufgrund der durchgeführten Einmalzahlung angenommen habe, handle es sich dabei um eine echte Rückwirkung. Eine Transparenzfiktion, durch welche bisher bestehendes Recht rückwirkend geändert werde, verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.
Als Conclusio stellte der Gutachter fest: Aus dem Typenvergleich ergebe sich, dass die A***1*** Stiftung als Steuersubjekt nach österreichischem Abgabenrecht anzuerkennen sei. Das wirtschaftliche Eigentum an den Vermögenswerten liege bei der A***1*** Stiftung. Da der VwGH bei der Zurechnung darauf abstelle, wem die zugrunde liegenden Vermögenswerte wirtschaftlich zuzurechnen seien, folge daraus, dass die von der A***1*** Stiftung erzielten Kapitaleinkünfte der Stiftung und nicht etwa dem Beschwerdeführer zuzurechnen seien. Dieser habe keinerlei Einflussrechte auf die Stiftung oder deren Vermögenswerte.
Nach dem Abkommen sei die A***1*** Stiftung als intransparent einzuordnen, weil sie die notwendigen Intransparenzkriterien erfülle. Die Transparenzfiktion für Stiftungen im Rahmen der Einmalzahlung greife nicht bei in Österreich offengelegten Verfahren. Sollte diese dennoch ohne genaue Prüfung der Tatsachen angewendet werden, sei dies verfassungsrechtlich bedenklich (bemerkt wird, dass es sich bei dem Gutachter als Vertreter der ***18*** GmbH um den Autor des oben genannten Fachartikels "[…]" handelt, er also in Artikel und Gutachten eine jeweils konträre Rechtsmeinung vertritt).
Die Hauptverhandlung vom 23.3.2018 vor dem Landesgericht ***14*** wurde erstreckt, um ebenfalls ein Sachverständigengutachten einzuholen. Das vom 30.11.2018 stammende Gutachten des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters ***19*** besagt zusammenfassend:
Gehe man davon aus, dass unter Berücksichtigung der bis zur Hauptverhandlung (Anm.: Vor dem LG ***14***) vom 23.3.2018 vorliegenden Unterlagen die A***1*** Stiftung erst mit der Änderung der Statuten vom 20.3.2009 als intransparente Stiftung zu qualifizieren sei, sei sie für den Zeitraum vom 16.12.2004 bis zum 20.3.2009 als transparente Selbstzweckstiftung anzusehen. Tatsächlich erfolgte Gewinnausschüttungen, die diesen Zeitraum beträfen, seien dem Beschwerdeführer zuzurechnen.
Berücksichtige man das nach der Hauptverhandlung vom 23.3.2018 am 17.5.2018 vorgelegte Beistatut, welches mit 16.12.2004 datiert sei, komme der Gutachter zum Ergebnis, dass die A***1*** Stiftung von ihrer Errichtung an als intransparente Stiftung anzusehen sei.
Die Unterscheidung der A***1*** Stiftung in eine transparente oder intransparente Stiftung sei für die Richtigkeit der Abgabenvorschreibung von Bedeutung.
Auf Ermessensstiftungen sei die Transparenzfiktion nicht anwendbar, weshalb für den Zeitraum nach dem 20.3.2009 eine intransparente Stiftung vorliege.
Im Weiteren führte der Gutachter aus: Durch die erst am 17.5.2018 erfolgte Einreichung des Beistatuts vom 16.12.2004, seien die mit Schriftsatz vom 11.4.2018 vorgelegten Unterlagen nicht vollständig gewesen. Aufzeichnungen und Belege, die der Stiftungsrat entsprechend den Statuten der A***1*** Stiftung zu führen bzw. aufzubewahren gehabt hätte und aus denen der Stand und die Anlage des Stiftungsvermögens ersichtlich wären, seien entgegen der Verpflichtung zur Aufzeichnung durch den Stiftungsrat nicht vorgelegt worden.
Das Bundesfinanzgericht fasst zusammen und analysiert.:
Art. 2 Abs. 2 lit. a des Abkommens besagt, dass in Liechtenstein verwaltete Vermögensstrukturen für Zwecke von Teil 2 dieses Abkommens steht als transparent bezüglich ihres Einkommens und Vermögens gelten.
In der Konsultationsvereinbarung vom 27.11.2013 haben sich Österreich und Liechtenstein darauf verständigt, die Transparenzfiktion nur für die Fälle der Einmalzahlung anzuwenden, während für Fälle der freiwilligen Meldung gemäß Art. 10 des Abkommens die Qualifikation nach den Kriterien des österreichischen innerstaatlichen Rechts zu erfolgen hat (vgl. auch Gutachten ***19***, Seite 39 unten).
In den parlamentarischen Erläuterungen zum Abkommen heißt es zu Art. 2 Abs. 2 litaea) und b): "Für Zwecke der Nachversteuerung von Vermögenswerten durch Einmalzahlung gelten sämtliche in Liechtenstein verwaltete Vermögenstrukturen stets als transparent; eine Überprüfung hinsichtlich Transparenz bzw. Intransparenz anhand dieser Kriterien (Anm.: Nämlich der Kriterien gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. b des Abkommens) hat deshalb im Hinblick auf Teil 2 des Abkommens nicht zu erfolgen.
Für Zwecke der Einhebung einer laufenden Quellensteuer (Teil 3) sowie von Eingangssteuer und Zuwendungssteuer bei intransparenten Vermögensstrukturen (Teil 4) ist eine Überprüfung hinsichtlich Transparenz bzw. Intransparenz anhand dieser Kriterien stets vorzunehmen."
Liechtensteinische Zahlstellen informierten alle betroffenen Vermögensstrukturen über die Möglichkeit der anonymen Einmalzahlung bzw. freiwilligen Meldung mit anschließend möglicher Selbstanzeige. Im Falle der Option zur freiwilligen Meldung hatte die wirtschaftlich berechtigte Person die Möglichkeit, darzutun, dass eine intransparente Stiftung vorlag und insofern das Einkommen bzw. Vermögen nicht der wirtschaftlich berechtigten Person zuzurechnen war.
Eine abgegebene Mitteilung über die getroffene Wahl ist gemäß Art. 5 Abs. 1, letzter Satz, unwiderruflich.
Es wurde von Seiten des Beschwerdeführers nicht bestritten, dass gegenständlich die Entscheidung zur Nachversteuerung von Vermögenswerten im Sinne von Teil 2 des Abkommens auf die Einmalzahlung gemäß Art. 8 des Abkommens entfiel. Missverständlich ist insofern die mehrfach aufscheinende Formulierung, "er habe abkommenskonform für die Vergangenheit seine Vermögenssituation offengelegt". Eine Offenlegung der Vermögenssituation für die Vergangenheit entspräche der freiwilligen Meldung gemäß Art. 10 des Abkommens. Charakteristisch für die Einmalzahlung gemäß Art. 8 des Abkommens ist hingegen die Wahrung der Anonymität.
Durch seine Entscheidung für die Einmalzahlung laut Abkommen muss der Beschwerdeführerdie damit verbundenen Rechtsfolgen - seien sie vorteilhaft, seien sie nachteilig - für sich gelten lassen. Das ist zum einen die Wahrung der Anonymität, zum anderen die Anwendung der Transparenzfiktion gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. a des Abkommens.
Entsprechend dem Wortlaut des Abkommens sowie nach den parlamentarischen Erläuterungen, wonach in Liechtenstein verwaltete Vermögensstrukturen für Zwecke von Teil 2 des Abkommens, d. h., für die Regulierung der Vergangenheit 2004-2013 (bei Einmalzahlung) stets als transparent bezüglich ihres Einkommens und Vermögens gelten, bedarf es keiner weiteren Untersuchungen dahingehend, wie die Einfluss-oder Gestaltungsmöglichkeiten des Stifters oder Begünstigten innerhalb der Stiftung ausgestaltet sind, d. h., keiner Überprüfung hinsichtlich allfälliger Intransparenzkriterien.
Die im Laufe des hier strittigen Verfahrens vielfach wiederholten Aussagen, wonach kein Mandatsvertrag vorlag (wovon übrigens die Beschwerdevorentscheidung ohnehin nicht ausgegangen ist, siehe S 13 der BVE) und wonach der Beschwerdeführer kein Zeichnungsrecht am Bankkonto der A***1*** Stiftung hatte sowie die diesbezüglich und darüber hinaus angebotenen Beweise (siehe oben, S 8, 9 dieses Erkenntnisses), die dokumentieren sollen, dass der Beschwerdeführer im Gefüge der A***1*** Stiftung keine dominante Stellung innegehabt habe, erübrigen sich daher. Insofern lehnt das BFG auch den Beweisantrag auf Einvernahme des Stiftungsrates ***5*** zum Vorliegen der Intransparenzkriterien ab.
Soweit überdies mehrfach vorgebracht wurde, die Abgabenbehörde habe die Bescheinigung über die Einmalzahlung nicht anerkannt, trifft auch dies nicht zu. Die Bescheinigung wurde nicht angezweifelt, jedoch bezieht sich ihre Abgeltungswirkung abkommensgemäß lediglich auf das darin ausgewiesene relevante Kapital.
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ***19*** hat in seinem Gutachten zwar festgestellt, dass die Transparenzfiktion für Ermessensstiftungen nach herrschender Ansicht nicht gelte und somit das Steuerabkommen auf diese Stiftungen nicht anwendbar sei. Er hat jedoch nicht näher dargetan, worauf sich diese Rechtsansicht gründet.
In der Hauptverhandlung vom 3.5.2019 vor dem Landesgericht ***14*** hat er, hiezu befragt, ausgeführt, er berufe sich mit seiner Rechtsansicht auf Teile der Lehre, die sich gegen eine generelle Annahme der rückwirkenden Transparenz aussprächen. Er merke aber auch an, dass es im Schrifttum ebenso Meinungen gebe, die eine vollständige Rückwirkung der Transparenzfiktion als rechtens ansähen.
Nach seiner Überzeugungwäre ein Rückwirkungsgebot verfassungsrechtlich bedenklich. Rückwirkend anzunehmen, sämtliche Stiftungen seien transparent, gehe seiner Meinung nach zu weit. Zudem könne er aus eigener Erfahrung berichten, dass es während seiner Beratertätigkeit Fälle gegeben habe, in denen trotz dieses Steuerabkommens und in Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung von einer Intransparenz ausgegangen worden sei.
Auch könne nach seiner Rechtsüberzeugung im Hinblick auf die VwGH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2015 nicht grundsätzlich von einer Rückwirkung des Verfahrens ausgegangen werden, vielmehr sei auf die dort aufgestellten Kriterien Bedacht zu nehmen.
Für das Bundesfinanzgericht ist eine Einschränkung des Anwendungsbereiches der Transparenzfiktion allein aufgrund der Konsultationsvereinbarung vom 27.11.2013 erkennbar, nach welcher die Transparenzfiktion nur auf Fälle der anonymen Einmalzahlung anzuwenden ist, während die Fälle der freiwilligen Meldung nach den Kriterien des österreichischen Rechts zu behandeln sind. Eine gänzliche Nichtanwendung des Abkommens auf intransparente Ermessensstiftungen ist aus den Materialien jedoch nicht ableitbar.
Soweit zur Stützung der Argumentation des Beschwerdeführers wiederholt auf die Rechtsprechung des VwGH aus dem Jahr 2015 hingewiesen wurde, ist auszuführen: Der im Streitfall zu beurteilende Sachverhalt fiel in den Geltungszeitraum des am 1.1.2014 in Kraft getretenen Abkommens. Die angefochtenen Bescheide stammen vom 9.2.2017.
Aufgrund der Entscheidung für die Einmalzahlung erging die Bescheinigung der ***2*** AG über die Einmalzahlung vom 30. Mai 2014.
Davon klar zu unterscheiden sind die höchstgerichtlich mit Erkenntnissen aus dem Jahr 2015 beurteilten Sachverhalte (VwGH 25. 2.2015, 2011/13/0003; 25.3.2015, 2012/13/0033; 30.6.2015, 2012/15/0165), denen Festsetzungen von Steuern bzw. ein Sicherstellungsauftrag aus Zeiträumen vor Inkrafttreten des Abkommens zugrunde liegen. Die in diesen Fällen mit Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) stammen aus den Jahren 2010 und 2012.
Das Bundesfinanzgericht gelangt zu folgender Conclusio:
Die Geltung der Transparenzfiktion für Zwecke von Teil 2 des Abkommens (Nachversteuerung, Regularisierung der Vergangenheit) wird auch in der Fachliteratur grundsätzlich nicht bestritten (vgl. etwa Berichte und Analysen, MMag. Dr. Benjamin Twardosz, ÖBA 2013, 158), wenngleich Überlegungen angestellt werden, wonach eine Ausnahme von der Subsumtion von Ermessensstiftungen unter diese Normierung bestehe.
Twardosz aaO vermerkt dazu etwa: "Bei Ermessensstiftungen hat der Begünstigte keinen Rechtsanspruch auf eine Begünstigung, weshalb nicht von einer Nutzungsberechtigung die Rede sein kann. Setzt man eine Nutzungsberechtigung für Anwendung von Teil 2 des Abkommens voraus, so scheiden Ermessensstiftungen in der Regel aus dem Anwendungsbereich aus ….
Vom Anwendungsbereich des Teils 2 (Regularisierung der Vergangenheit) sind auch intransparente Stiftungen erfasst, die zu diesem Zweck wie transparente Stiftungen behandelt werden, wenn ein bestimmter Bezug zu Österreich besteht. Strittig ist derzeit noch wie sich dies vor allem auf die in der Praxis häufigen Ermessensstiftungen auswirkt".
Aus dem Abkommenstext ist keine Einschränkung des Anwendungsbereiches auf bestimmte Arten von Stiftungen ablesbar. Entsprechend der Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 lit. m des Abkommens bedeutet der Ausdruck "Vermögensstrukturen" Stiftungen, stiftungsähnliche Anstalten und besondere Vermögenswidmungen mit oder ohne Persönlichkeit.
Es kann insofern nicht in plausibler Art erkannt werden, warum Teil 2 des Abkommens für eine Ermessensstiftung nicht gelten sollte.
Unabhängig davon ist zum postulierten Erfordernis einer Nutzungsberechtigung als Abgrenzungskriterium gegenüber Ermessensstiftungen aber auch festzustellen, dass der Beschwerdeführer in der von der ***2*** AG ausgestellten Bescheinigung über die Einmalzahlung als "betroffene Person", d. h., als Nutzungsberechtigter (vgl. Abkommen, Art. 2 Abs. 1 lit. h) sublit. (i)), genannt wird.
Ebenso wird in der Bankreferenz der selben Bank vom 15.5.2017 bestätigt, dass der Beschwerdeführer gegenüber der Bank als an den Vermögenswerten wirtschaftlich berechtigte Person (Anm.: somit als "Nutzungsberechtigter")für die Bankverbindung XY bekanntgegeben wurde.
Die Nutzungsberechtigung, sofern sie Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Teils 2 des Abkommens mit seiner Transparenzfiktion sein soll, ist daher gegenständlich gegeben.
Einerseits spricht also nichts dafür, dass Art. 2 Abs. 2 lit. a des Abkommensfür Ermessensstiftungen nicht gelten sollte. Wäre dies andererseits so - wovon das BFG nicht ausgeht - müsste aus dem Vorhandensein eines Nutzungsberechtigten erschlossen werden, dass die A***1*** Stiftung keine Ermessensstiftung ist.
Dies alles führt zu dem Schluss, dass die Intransparenzkriterien, wie sie aus der VwGH-Rechtsprechung (vgl. Erkenntnisse aus dem Jahr 2015) ableitbar sind bzw. sich aus Art. 2 Z 2 lit. b des Abkommens ergeben, für die vorliegende Sachlage nicht relevant sind. Sie betreffen - wie schon ausgeführt -
- UFS- Erkenntnisse aus Zeiträumen vor Inkrafttreten des Abkommens (d.h. vor dem 1.1.2014) oder
- finden Anwendung bei einer Option für die freiwillige Meldung laut Art. 10 des Abkommens oder
- beziehen sich auf Teil 3 und 4 des Abkommens ab 1.1.2014.
Eine echte, zu verfassungsrechtlichen Bedenken Anlass gebende, Rückwirkung liegt überdies nicht vor, weil die betroffenen Vermögensstrukturen seitens der liechtensteinischen Zahlstellen in abkommenskonformer Weise über ihre Wahlmöglichkeit zwischen anonymer Einmalzahlung und freiwilliger Meldung mit anschließender Selbstanzeige informiert wurden.
Das Abkommen istin seinem Geltungszeitraum und -umfang als lex specialis zu sehen, das generellen Regeln vorgeht (lex specialis derogat legi generali).
Die A***1*** Stiftung gilt nach allem Ausgeführtenfür Zwecke von Teil 2 des Abkommens gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. a conv. cit. und gegebener Option für die Einmalzahlung als transparente Vermögensstruktur, mit der Konsequenz, dass das Stiftungsvermögen und die daraus generierten Einkünfte dem Beschwerdeführer zuzurechnen sind.
Die Abgeltungswirkung der Einmalzahlung umfasst das relevante Kapital laut Bescheinigung vom 30.5.2014, das sind € 26.866,45, auf die eine Einmalzahlung von € 4.413,00 entfällt.
Hinsichtlich der in den Streitjahren bewirkten, streitgegenständlichen Ausschüttungen und Zinsen, die über dieses relevante Kapital hinausgehen und somit von der Abgeltungswirkung laut vorliegender Bescheinigung nicht erfasst sind, wird auf die Ausführungen in der BVE (siehe auch vorliegendes Erkenntnis des BFG, Seite 12) verwiesen. Sie sind, wie an den genannten Stellen erläutert, sowohl im Falle eines Transfers über das Konto der A***1*** Stiftung bei der ***2*** AG als auch im Falle einer anderweitig erfolgten Auszahlung dem Beschwerdeführer als Stifter und wirtschaftlichem Machthaber zuzurechnen.
Beistatut 2011, Beistatut 2004
Selbst wenn die Transparenzfiktion gemäß Abkommen auf den Streitsachverhalt nicht anzuwenden wäre - wovon das BFG ausdrücklich nicht ausgeht - wäre für den Beschwerdeführer, zumindest für den Zeitraum 2007-20.3.2009, wie nachstehend erläutert, nichts zu gewinnen:
Der StGH Liechtenstein hat mit Urteil vom 18.11.2003 ausgesprochen, dass eine Stiftungsurkunde zumindest erkennen lassen muss, wie das Stiftungsvermögen zu verwenden ist und wer die Adressaten der Zweckverwirklichung sind, widrigenfalls eine Stiftung nicht rechtswirksam errichtet ist.
Eine reine Selbstzweckstiftung - also eine Stiftung, die ausschließlich Vermögen verwaltet und Gewinne dauerhaft thesauriert, ohne sie jemals auszuschütten - ist nicht zulässig. Der konkrete Stiftungszweck ist das Herzstück der Stiftung (Hosp in Arnold/Ludwig, Stiftungshandbuch, 2. Aufl. 2013,296, Rz 18/11).
Der Zweck der A***1*** Stiftung war in der Stiftungsurkunde aus dem Jahr 2004 wie folgt umschrieben: "Die Verwaltung des Stiftungsvermögens zur Unterstützung von Angehörigen bestimmter Familien, die durch ein Beistatut festgelegt ist."
Mit Beschluss des Stiftungsrates vom 20.3.2009 wurden die Statuten neu gefasst. Der Stiftungszweck wurde wie nachstehend formuliert: "Zweck der Stiftung ist die Bestreitung der Kosten der Erziehung und Bildung, der Ausstattung und Unterstützung, des Lebensunterhalts im Allgemeinen und die wirtschaftliche Förderung im weitesten Sinn von Begünstigten sowie die Verfolgung ähnlicher Zwecke. Zu den Begünstigten zählen der Stifter und mit ihm durch Eheband, Verwandtschaft, Schwägerschaft, Freundschaft oder auf andere Art und Weise verbundene Personen nach Maßgabe der Beistatuten …"
Bis zur Präzisierung ihres Zwecks im Jahr 2009 wäre nach dem oben Ausgeführtendie A***1***Stiftung als unzulässige Selbstzweckstiftung einzustufen gewesen.
Erstmals im Mai 2018 wurde ein mit 16.12.2004 datiertes Beistatut eingereicht, welches den Beschwerdeführer als Erstbegünstigten, seine Gattin als Zweitbegünstigte und seine beiden Söhne als Drittbegünstigte nennt. Es trägt - ebenso wie das bisher allein bekannte Beistatut aus dem Jahr 2011 - die Unterschrift des Stiftungsrates ***5***, deren Echtheit durch ***20***, nicht durch die Landesgerichtskanzlei ***3***, bestätigt ist. Es weist - anders als das Beistatut aus dem Jahr 2011 und alle sonstigen Urkunden aus dem Stiftungsakt -keinen Stempel über die Vergebührung auf.
Bis zum Mai 2018 wurde als Beistatut ausschließlich jenes aus dem Jahr 2011 erwähnt. Der nunmehrige Stiftungsvorstand und steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers teilte etwa in seinem Schreiben vom 15.12.2016 mit: "Ein Beistatut, aus welchem sich eine Begünstigung des (Beschwerdeführers) ergibt, wurde erstmals im Jahr 2011 erlassen. Zuvor gab es für die genannte Stiftung kein Beistatut, welches zusätzlich zum Stiftungsstatut bestanden hätte."
Zutreffend hat der Vertreterdes Finanzamtes in einer Eingabe an das Landesgericht ***14*** hiezu ausgeführt,
- dass von Seiten des Beschwerdeführers weder in der Beschwerde gegen die Abgabenbescheide noch im Vorlageantrag den Feststellungen des Finanzamtes in Bescheidbegründung und Berufungsvorentscheidung, wonach erstmals 2011 ein Beistatut errichtet worden sei, entgegengetreten worden sei,
- dass der ***18*** GmbH als vom Beschuldigten (Beschwerdeführer) beauftragter Privatgutachterin ein Beistatut aus dem Jahr 2004 nicht ausgehändigt worden sei, weshalb auch im Privatgutachten festgehalten wurde, dass ein Beistatut erstmals am 7.1.2011 errichtet worden sei,
- dass weder in der Gegenäußerung zur Anklageschrift noch in der Hauptverhandlung vom 23.3.2018 von der Existenz eines solchen Beistatuts aus dem Jahr 2004 die Rede gewesen sei,
- dass bei Übermittlung der Unterlagen an den Gerichtsgutachter ***19*** ein Beistatut aus dem Jahr 2004 nicht erwähnt und daher auch nicht mitübersandt, sondern erst am 17.5.2018 nachgereicht worden sei,
- dass das bekannte Beistatut vom 7.1.2011 keinerlei Andeutung dahingehend enthalte, wonach bereits ein Beistatut aus 2004 existiere, welches nun abgeändert oder ersetzt werden solle,
- dass es trotz der Nennung von Begünstigten im nachgereichten Beistatut aus 2004 niemals zu Zuwendungen an Begünstigten gekommen sei, vielmehr das gesamte Vermögen der Stiftung-resultierend aus Ausschüttungen der ***1*** Anstalt- der 100%-igen Tochter***1*** Anstalt wiederum als Darlehen rückübertragen worden sei (was übrigens laut Gutachter ***19*** als ganz starkes Indiz für eine Selbstzweckstiftung zu sehen ist).
In einem ergänzenden Vorbringen, das der steuerliche Vertreter im Vorfeld der mündlichen Verhandlung vom 22.7.2020 vor dem BFG schriftlich einbrachte, führt er aus, das Finanzamt ***6*** habe in seiner BVE unzulässigerweise die Existenz des ursprünglichen Beistatuts aus dem Jahre 2004 negiert.
Dem kann ad hoc entgegnet werden: Die BVE stammt vom 17.3.2017, ein Beistatut aus dem Jahr 2004 ist erstmals im Mai 2018 - anlässlich der Vorlage beim Landesgericht ***14*** - aufgetaucht.
Der steuerliche Vertreter erläuterte weiter: Soweit er selbst in seinem Schreiben vom 15.12.2016 erklärt habe, dass es bis 2011 kein Beistatut gegeben habe, sei dies auf seinen damaligen Wissensstand zurückzuführen. Bei seinem Neueintritt als Stiftungsrat sei ihm lediglich das Beistatut aus dem Jahr 2011 mitübergeben worden, weil es sich dabei um das zu diesem Zeitpunkt gültige Dokument gehandelt habe. Erst im Zuge der Strafverhandlung und über Nachfrage des gerichtlich bestellten Sachverständigen habe der steuerliche Vertreter beim ehemaligen Stiftungsrat Erkundigungen eingezogen und sei ihm schließlich das Beistatut, welches ursprünglich in Geltung war, übermittelt worden. Dies beweise, dass es sich bei der A***1*** Stiftung schon ab ihrer Gründung im Jahr 2004 um keine Selbstzweckstiftung gehandelt habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 22.7.2020 vor dem BFG wandte der Vertreter der Abgabenbehörde zusätzlich zu den bereits bekannt gegebenen Bedenken ein, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Stiftungsrat***5*** anlässlich seiner Amtsübergabe nicht alle wesentlichen Urkunden und Papiere übergeben haben sollte. Auch befinde sich keine schriftliche Zustimmung des Erstbegünstigten, nämlich des Beschwerdeführers, in den Akten, obwohl er laut Art. 6 des Beistatuts 2004 zu einer Änderung des Beistatuts - so etwa 2011 - seine schriftliche Zustimmung erklären hätte müssen.
Zur Beglaubigung durch ***20*** merkte der Vertreter der Abgabenbehörde an, dieser sei im Jahr 2009 Stiftungsrat der A***1*** Stiftung geworden.
Der steuerliche Vertreter trat dem entgegen und führte aus, ***20*** als öffentliche Urkundsperson im Jahr 2004 hätte sich keine Unkorrektheiten erlauben dürfen, das würde einen Amtsmissbrauch bedeuten. Die fehlende schriftliche Zustimmungserklärung des Beschwerdeführers zur Änderung des Beistatuts aus 2004 könne höchstens dazu führen, dass das Beistatut 2011 nicht gültig zustande gekommen und das Beistatut 2004 weiterhin in Geltung wäre (auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird verwiesen).
Das Bundesfinanzgericht gelangt nach Analyse der vorstehenden Sachverhaltselemente in freier Beweiswürdigung des Vorbringens beider Parteien zu dem Schluss, dass das im Mai 2018 erstmals thematisierte und eingereichte und mit 16.12.2004 datierte Beistatut nachträglich - eben zeitnahe zur Einreichung im Mai 2018 - konzipiert und rückdatiert wurde, um eine Einstufung der A***1*** Stiftung als unzulässige Selbstzweckstiftung (zumindest im Zeitraum 2004 bis zur Statutenneufassung im Jahr 2009) zu verhindern, weil bei Vorliegen einer solchen unstrittig eine Zurechnung von Vermögen und Erträgenan die wirtschaftlich berechtigte Personzu erfolgen hat.Die Gefahr einer solcherart drohenden Einstufung muss dem Beschwerdeführer bzw. seiner steuerlichen Vertretung im Zuge des Finanzstrafverfahrens vor dem Landesgericht ***14*** (Hauptverhandlung vom 23.3.2018) bewusstgeworden sein.
In zusammenfassender Würdigung ist abschließend festzuhalten: Vor der Wahl zwischen anonymer Einmalzahlung und freiwilliger Meldung stehend, hat sich der - rechtlich und steuerlich vertretene - Beschwerdeführerzwecks Regulierung der Vergangenheit für die anonyme Einmalzahlung entschieden. Konsequenz dieser- unwiderruflichen - Entscheidung ist, dass die Transparenzfiktion laut Abkommen zur Anwendung kommt, die eine Zurechnung von Vermögen und Erträgnissen an die nutzungsberechtigte Person, das ist der Beschwerdeführer, nach sich zieht.
Die Abgeltungswirkung der Einmalzahlung bezieht sich gemäß Art. 8 Abs. 6 des Abkommens auf das relevante Kapital. Es wird auf die Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.
Zufluss der Ausschüttungen, Zinsen:
Soweit Streit darüber besteht, ob die gegenständlich zu beurteilenden Ausschüttungen den Jahren 2006 und 2007 (wobei 2006 verjährt wäre) oder 2007 und 2008 zuzurechnen sind, ist auszuführen: Von Seiten der Betriebsprüfung wurde der Zufluss jeweils mit 31.12.der Jahre 2006 und 2007 angenommen. In der Beschwerdevorentscheidung wurde dies als nicht richtig befunden, weil eine Bilanz nach österreichischem Recht erst im Folgejahr genehmigt und die Ausschüttung beschlossen werde, d. h., für 2006 im Jahr 2007, für 2007 im Jahr 2008.
Dem trat der steuerliche Vertreter in der mündlichen Verhandlung vom 22.7.2020 entgegen und führte aus, naturgemäß werde eine Bilanz erst im Folgejahr erstellt. Die Ausschüttungen im Streitfall beträfen die Wirtschaftsjahre 2006 und 2007. Nach liechtensteinischem Recht seien auch Vorabausschüttungen möglich. Tatsächlich sei der Zufluss der Ausschüttungen 2006 und 2007 an die A***1*** Stiftung erfolgt. Beschlüsse betreffend Vorabausschüttungen könnten auch nachträglich gefasst werden.
Der Vertreter der Abgabenbehörde gab seiner Meinung Ausdruck, dass offene Ausschüttungen eines Beschlusses des Verwaltungsrates bedürften, ein solcher könne erst im Folgejahr gefasst werden und sei auch gegenständlich im Folgejahr gefasst worden. Er verwies auf ein Beiblatt zur Bilanz betreffend das Wirtschaftsjahr 2007, wonach die Ausschüttung in Höhe von rund € 1,003.000,00 im Jahr 2008 genehmigt wurde (siehe Niederschrift über die mündliche Verhandlung).
Gemäß Jakom/Peyerl EStG, 2018, § 19, Rz 26, erfolgt der "Zufluss beim Anteilsinhaber mit der tatsächlichen Auszahlung nach Genehmigung des Jahresabschlusses oder Fassung des Gewinnverteilungsbeschlusses"(vgl. auch Mayr/Hayden in Doralt, EStG21 § 19 Tz 30).
Der gerichtlich bestellte Gutachter ***19*** hat in Punkt 3.4. seines Gutachtens - in Kenntnis aller relevanten Unterlagen - den Zufluss der Gewinnausschüttungen in den Jahren 2007 und 2008 nicht in Zweifel gezogen.
Nach Sach-und Rechtslage sind daher die gegenständlich zu beurteilenden Ausschüttungen entsprechend dem jeweils im Folgejahr gefassten Gewinnverteilungsbeschluss des Verwaltungsrates in den Jahren 2007 (€ 305.554,75 minus € 26.688,45 abgegoltener Betrag laut Bescheinigung über die Einmalzahlung) und 2008 (€ 1,003.175,11) zugeflossen und steuerlich zu erfassen (auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, Punkt 2.7., Zufluss, wird verwiesen).
Auch hinsichtlich der Zinsen, die von der ***1*** Anstalt für das von der A***1*** Stiftung eingeräumte Darlehen zu entrichten waren, wird auf den zuletzt genannten Punkt der Beschwerdevorentscheidung (siehe auch S 13 des vorliegenden Erkenntnisses) hingewiesen.
Insgesamt war wie im Spruch zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Abkommenzwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern, BGBl. III Nr. 301/2013, war nicht Thema der seitens des Beschwerdeführers zur Stützung seiner Argumentation zitierten höchstgerichtlichen Judikate aus dem Jahr 2015. Nach Kenntnisstand des Bundesfinanzgerichtes existiert eine Rechtsprechung des VwGH, die sich für Zwecke von Teil 2 des Abkommens mit der Transparenzfiktion gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. a conv. cit. - in Konkurrenz zu den aus der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung bekannten Intransparenzkriterien auseinandersetzt - nicht. Eine Revision wird daher zugelassen.
Feldkirch, am 4. August 2020
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | VwGH, 2012/13/0033 |