OGH 10Os11/86; 12Os123/86; 15Os71/88 (RS0100569)

OGH10Os11/86; 12Os123/86; 15Os71/8827.8.2024

Rechtssatz

Ist ein vom Angeklagten in der Hauptverhandlung vorgebrachter Geschehensablauf an sich denkbar und bedarf es zu seiner Nichtannahme beweiswürdigender Überlegungen, dann ist eine dementsprechende Fragestellung an die Geschwornen ohne Rücksicht auf die Glaubwürdigkeit der betreffenden Darstellung nach der Prozessordnung unabdingbar, und zwar auch dann, wenn es zur Widerlegung seiner Verantwortung des Rückgriffs auf ein Sachverständigengutachten bedarf; hängt doch auch dessen Beweiskraft ausschließlich von seiner pflichtgemäßen Würdigung durch das jeweils zur Entscheidung über die Tatfrage berufene Organ ab. Den Geschwornen diese ausschließliche Entscheidungskompetenz mit der Begründung zu entziehen, dass die Verantwortung des Angeklagten nicht plausibel sei, würde gerade in solchen Fällen jenen Sinn und Zweck des geschwornengerichtlichen Verfahrens, wonach die Gefahr einer durch forensische Erfahrung bedingten Schematisierung der Beweiswürdigung durch deren Übertragung an Laienrichter ausgeschaltet werden soll, augenscheinlich ins Gegenteil verkehren. Nur ein offensichtlich denkgesetzwidriges Tatsachenvorbringen könnte eine dahingehende Fragestellung nicht indizieren, weil es in jedem Fall und von vornherein ungeeignet wäre, zu deren mangelfreier (Z 9) Bejahung zu führen.

Normen

StPO §314

10 Os 11/86OGH11.03.1986

Veröff: EvBl 1987/13 S 55

12 Os 123/86OGH21.08.1986

Vgl auch; Beisatz: Zu § 313 StPO. (T1)

15 Os 71/88OGH28.06.1988

Vgl auch

15 Os 21/89OGH07.03.1989

Vgl auch

16 Os 12/90OGH06.07.1990

Vgl auch

13 Os 76/92OGH18.11.1992

Vgl auch

13 Os 84/03OGH02.07.2003

nur: Ist ein vom Angeklagten in der Hauptverhandlung vorgebrachter Geschehensablauf an sich denkbar und bedarf es zu seiner Nichtannahme beweiswürdigender Überlegungen, dann ist eine dementsprechende Fragestellung an die Geschwornen ohne Rücksicht auf die Glaubwürdigkeit der betreffenden Darstellung unabdingbar. (T2); Beisatz: Hier: Die vom Schwurgerichtshof in der Begründung der Abweisung des Antrags auf Stellung einer bestimmten Eventualfrage dargelegten Erwägungen beinhalten eine der Beurteilung durch die (dazu als Tatrichter allein berufenen) Geschworenen vorgreifende und daher unzulässige Beweiswürdigung. (T3)

11 Os 86/03OGH05.08.2003

Auch; nur: Ist ein vom Angeklagten in der Hauptverhandlung vorgebrachter Geschehensablauf an sich denkbar und bedarf es zu seiner Nichtannahme beweiswürdigender Überlegungen, dann ist eine dementsprechende Fragestellung an die Geschwornen ohne Rücksicht auf die Glaubwürdigkeit der betreffenden Darstellung nach der Prozessordnung unabdingbar, und zwar auch dann, wenn es zur Widerlegung seiner Verantwortung des Rückgriffs auf ein Sachverständigengutachten bedarf; hängt doch auch dessen Beweiskraft ausschließlich von seiner pflichtgemäßen Würdigung durch das jeweils zur Entscheidung über die Tatfrage berufene Organ ab. (T4); Beisatz: Das vom Angeklagten in der Hauptverhandlung erstattete, für die Beurteilung der angeklagten Tat rechtlich erhebliche Tatsachenvorbringen muss mehr als bloß abstrakt denkbar sein. (T5); Beisatz: Eine Eventualfrage ist auch dann zu stellen, wenn das Vorbringen durch ein vorliegendes Sachverständigengutachten widerlegt erscheint. (T6)

14 Os 78/03OGH05.08.2003

nur T2; Beisatz: Nur ein denkgesetzwidriges oder sonst unerhebliches Tatsachenvorbringen könnte eine dahingehende Fragestellung nicht indizieren. (T7)

13 Os 6/08vOGH13.02.2008

Auch; Beisatz: Ist ein in der Hauptverhandlung vorgebrachter Geschehensablauf an sich denkbar und bedarf es zu seiner Nichtannahme beweiswürdigender Überlegungen, dann ist auch die darauf bezogene Fragestellung an die Geschworenen ohne Rücksicht auf die Glaubwürdigkeit der betreffenden Darstellung unabdingbar, weil die Würdigung der für die Entscheidung der Schuldfrage zu berücksichtigenden Verfahrensergebnisse im geschworenengerichtlichen Verfahren allein den Laienrichtern zukommt (WK-StPO §314 Rz14). (T8)

13 Os 6/19kOGH24.04.2019

Vgl auch; Beisatz: Zu den Kriterien der prozessordnungskonformen Darstellung der Fragenrüge (§ 345 Abs 1 Z 6 StPO) zählt auch das Erfordernis, dass der Schluss vom angesprochenen Verfahrensergebnis (§ 258 Abs 1 StPO iVm § 302 Abs 1 StPO) auf die begehrte Fragestellung den Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechen muss. (T9)

13 Os 121/19xOGH07.04.2020

nur T2; Beis wie T8

14 Os 148/21bOGH29.03.2022

Vgl; Beis insb T8

11 Os 68/24wOGH27.08.2024

vgl; nur T2; Beisatz wie T8

Dokumentnummer

JJR_19860311_OGH0002_0100OS00011_8600000_003

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