OGH 14Os65/03; 14Os116/05y; 13Os142/08v; 13Os152/08i; 13Os105/08b; 13Os18/09k; 13Os129/10k; 13Os93/11t; 13Os66/11x; 13Os74/11y; 13Os70/12m; 13Os15/13z (RS0118311)

OGH14Os65/03; 14Os116/05y; 13Os142/08v; 13Os152/08i; 13Os105/08b; 13Os18/09k; 13Os129/10k; 13Os93/11t; 13Os66/11x; 13Os74/11y; 13Os70/12m; 13Os15/13z28.6.2023

Rechtssatz

Selbstständige Tat (iSd § 21 Abs 1 FinStrG) beim Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG ist die vom Steuerpflichtigen unter vorsätzlicher Verletzung seiner Verpflichtung zur Abgabe inhaltlich richtiger Umsatzsteuervoranmeldungen wissentlich bewirkte Verkürzung der im Voranmeldungszeitraum zu entrichtenden Umsatzsteuer. Durch diesen Tatbestand wird die vom Täter unter Zuwiderhandlung gegen die Voranmeldungspflicht (Nichteinreichung von bzw Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen oder Geltendmachung ungerechtfertigter bzw überhöhter Abgabengutschriften) für den jeweiligen Voranmeldungszeitraum (Kalendermonat) bewirkte Vorauszahlungsverkürzung in ihrer Gesamtheit erfasst. Ein gegen den Abgabenschuldner wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG ergangenes, in Rechtskraft erwachsenes Straferkenntnis der Finanzstrafbehörde entfaltet im Umfang der darin abgestraften Tat Sperrwirkung dergestalt, dass eine gerichtliche Verfolgung und Aburteilung wegen derselben Tat als Verkürzung der Umsatzsteuervorauszahlung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG - ohne vorherige Wiederaufnahme des verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens (vgl etwa § 165 Abs 1 lit a FinStrG) zum Zwecke eines finanzstrafbehördlichen Vorgehens nach § 54 Abs 1 FinStrG - selbst bei nachträglichem Hervorkommen von im selben Tatzeitraum zusätzlich bewirkter Vorauszahlungsverkürzung ausgeschlossen ist (Art 4 Abs 1 7. ZPMRK).

Normen

FinStrG §21 Abs1
FinStrG §33 Abs2 lita
FinStrG §33 Abs2 litb
7.ZPMRK Art4 Abs1

14 Os 65/03OGH16.12.2003
14 Os 116/05yOGH22.11.2005

Auch; Beisatz: Art 4 des 7. ZPMRK gewährt dem von einer in Rechtskraft erwachsenen finanzstrafbehördlichen Entscheidung Betroffenen bis zu deren Außerkraftsetzen ein subjektives Recht, nicht wegen der selben Tat vor ein Strafgericht gestellt zu werden. Die Vorschrift des § 54 Abs 4 FinStrG ändert trotz ihres Auftrags, einen allenfalls eingeleiteten Strafvollzug zu unterbrechen, am Fortbestand einer bereits ergangenen Entscheidung nichts. Da Art 4 Abs 2 des 7. ZPMRK auf innerstaatliches Recht verweist, scheidet auch eine unmittelbar auf diese Konventionsbestimmung gestützte Befugnis zur Wiederaufnahme aus. (T1)

13 Os 142/08vOGH22.01.2009

Vgl; Beisatz: Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a oder b FinStrG werden durch dort pönalisiertes Verhalten bezogen auf Voranmeldungs- (lit a) oder Entrichtungszeiträume (lit b) verwirklicht, sodass sachverhaltsmäßig hinsichtlich jedes solchen Zeitraums und jeder Steuerart unabhängig von der Höhe der Hinterziehungsbeträge eine selbstständige Tat und damit jeweils ein Finanzvergehen verwirklicht wird. (T2)

13 Os 152/08iOGH19.02.2009

Vgl; Beis wie T2; Beisatz: Für die - auf ein Veranlagungsjahr bezogene - Forschungsprämie nach § 108c Abs 2 Z 1 EStG kann nichts anderes gelten. Durch Geltendmachung und anschließende Berichtigung des Antrags auf Gutschrift der Prämie für ein Veranlagungsjahr wird demzufolge eine selbstständige Tat und damit ein Finanzvergehen verwirklicht. (T3)

13 Os 105/08bOGH19.03.2009

Vgl; Beis wie T2

13 Os 18/09kOGH23.07.2009

Vgl; Beis ähnlich wie T2; Beisatz: Unter Berücksichtigung des Umstands, wonach jeweils ein Finanzvergehen iSd § 33 Abs 1 FinStrG - unabhängig von der Höhe des Hinterziehungsbetrags - als selbstständige Tat bezogen auf ein Veranlagungsjahr und jeweils eine Steuerart verwirklicht wird, kann die in § 33 Abs 3 lit a zweiter Fall FinStrG angesprochene Unkenntnis der Abgabenbehörde nur (jeweils) eine Abgabenart dem Grunde nach- bezogen auf ein Veranlagungsjahr- betreffen (vgl § 4 BAO zur Entstehung des Abgabenanspruchs). Die Vergabe einer Steuernummer bringt hingegen bloß die Kenntnis der Abgabenbehörde von Abgabenansprüchen aus früheren Veranlagungszeiträumen zum Ausdruck. (T4)

13 Os 129/10kOGH16.12.2010

Auch

13 Os 93/11tOGH25.08.2011

Auch

13 Os 66/11xOGH25.08.2011

Vgl

13 Os 74/11yOGH13.10.2011

Auch

13 Os 70/12mOGH30.08.2012

Vgl; Beisatz: Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG hingegen werden durch dort pönalisiertes Verhalten in Bezug auf Voranmeldungszeiträume begangen, sodass sachverhaltsmäßig hinsichtlich jedes solchen Zeitraums und jeder Abgabenart (unabhängig von der Höhe des Hinterziehungsbetrags) eine selbständige Tat vorliegt. (T5)

13 Os 15/13zOGH02.07.2013

Vgl auch; Auch Beis wie T2

13 Os 115/14gOGH15.04.2015

Auch; Beis wie T2; Beisatz: Ein Schuldspruch nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG muss sich daher stets auf einen konkreten Kalendermonat beziehen. (T6)

13 Os 8/15yOGH15.04.2015

Beis wie T5

13 Os 67/14yOGH10.06.2015

Auch; Beis wie T5

13 Os 42/15yOGH30.06.2015

Auch

13 Os 1/15vOGH18.12.2015

Auch; Beis wie T6

13 Os 139/15pOGH18.12.2015

Auch; Beis wie T6

13 Os 114/15mOGH09.03.2016

Auch; Beis wie T2

13 Os 9/17yOGH05.04.2017

Auch

13 Os 119/16yOGH22.02.2017

Auch; Beis wie T2

13 Os 88/17sOGH11.10.2017

Auch

13 Os 40/18hOGH09.05.2018

Auch

13 Os 75/18fOGH10.10.2018

Auch; Beis wie T2

13 Os 88/19vOGH11.12.2019
13 Os 46/21wOGH29.09.2021

Vgl

13 Os 47/22vOGH23.11.2022

Vgl

13 Os 110/22hOGH28.06.2023

vgl; Beisatz nur wie T2

13 Os 111/22fOGH28.06.2023

vgl; Beisatz nur wie T2

Dokumentnummer

JJR_20031216_OGH0002_0140OS00065_0300000_001