OGH 14Os20/99; 15Os103/00 (RS0111828)

OGH14Os20/99; 15Os103/0014.12.2023

Rechtssatz

Unzulässigkeit im Abwesenheitsverfahren. Verletzung des rechtlichen Gehörs. Wurde im Verfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht der Bestrafungsantrag erst in der in Abwesenheit des Beschuldigten vorgenommenen Hauptverhandlung auf einen weiteren Deliktszeitraum ausgedehnt, so ist die Ausdehnung auch der Verhandlung und des Urteils darauf unzulässig, weil die Sonderbestimmungen des § 263 StPO über die Anklageausdehnung in der Hauptverhandlung nur dann zum Tragen kommen, wenn die Verhandlung in Gegenwart des Beschuldigten stattfindet (so schon SSt 17/116). Kommt hingegen in einer in Abwesenheit des Beschuldigten vorgenommenen Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht eine neue Tat hervor, so hat der Ankläger, wenn er sie verfolgen will, gemäß der allgemeinen Vorschrift des § 451 Abs 1 StPO einen schriftlichen Bestrafungsantrag nachzutragen. War somit schon die Anklageausdehnung zu Protokoll formell verfehlt, so war erst recht die Ausdehnung auch der Verhandlung und des Urteils darauf unzulässig, weil der Beschuldigte solcherart im Verfahren niemals Gelegenheit hatte, zum erweiterten Anklagevorwurf Stellung zu nehmen. Durch das insoweit gepflogene Verfahren und das darüber erlassene Urteil wurde daher das Gesetz in dem in §§ 451 Abs 1 letzter Satzteil, 454 und 459 StPO zum Ausdruck kommenden Grundsatz des rechtlichen Gehörs nach Art 6 MRK (nicht bloß in der Bestimmung des § 459 StPO) verletzt.

Normen

StPO §6 B
StPO §263
StPO §427
StPO §451 Abs1
StPO §454
StPO §459
MRK Art6 Abs1 II5a2

14 Os 20/99OGH09.03.1999
15 Os 103/00OGH25.01.2001

nur: Wurde im Verfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht der Bestrafungsantrag erst in der in Abwesenheit des Beschuldigten vorgenommenen Hauptverhandlung auf einen weiteren Deliktszeitraum ausgedehnt, so ist die Ausdehnung auch der Verhandlung und des Urteils darauf unzulässig, weil der Beschuldigte solcherart im Verfahren niemals Gelegenheit hatte, zum erweiterten Anklagevorwurf Stellung zu nehmen. (T1)<br/>Beisatz: Und sich in diesem Zusammenhang die zu seiner Verteidigung dienenden Beweismittel zu verschaffen. (T2)

14 Os 90/04OGH14.09.2004

Auch

15 Os 41/07dOGH30.05.2007

Auch; nur: Wurde im Verfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht der Bestrafungsantrag erst in der in Abwesenheit des Beschuldigten vorgenommenen Hauptverhandlung auf einen weiteren Deliktszeitraum ausgedehnt, so ist die Ausdehnung auch der Verhandlung und des Urteils darauf unzulässig, weil der Beschuldigte solcherart im Verfahren niemals Gelegenheit hatte, zum erweiterten Anklagevorwurf Stellung zu nehmen. Durch das insoweit gepflogene Verfahren und das darüber erlassene Urteil wurde daher das Gesetz im Grundsatz des rechtlichen Gehörs nach Art 6 MRK verletzt. (T3)<br/>Beisatz: Eine Urteilsfällung ist auch unzulässig, wenn im Bestrafungsantrag auf eine beabsichtigte, jedoch nicht näher präzisierte Ausdehnung des Deliktszeitraumes hingewiesen wurde. (T4)

12 Os 129/06xOGH28.06.2007

Auch; Beisatz: Hier: Ausdehnung des Strafantrages in der Hauptverhandlung vor dem Einzelrichter des Landesgerichtes auf ein einbezogenes Faktum in Abwesenheit des Beschuldigten, nach dessen Vernehmung im Rechtshilfeweg auch zu diesem Faktum. (T5)

11 Os 24/08aOGH29.04.2008

Auch; nur T3

12 Os 90/08iOGH17.07.2008

Vgl; Beisatz: Die Verurteilung des Angeklagten für den in der Hauptverhandlung in seiner Abwesenheit ausgedehnten Tatzeitraum verletzt den in §§ 451 Abs 1 letzter Satz, 454 und 459 StPO aF (nunmehr §§ 6, 451 Abs 1 letzter Satz 447 StPO und iVm § 427 Abs 1 StPO) zum Ausdruck gebrachten Grundsatz des rechtlichen Gehörs nach Art 6 MRK, hatte er doch im Verfahren niemals Gelegenheit, zum erweiterten Anklagevorwurf Stellung zu nehmen. (T6)

14 Os 130/14wOGH16.12.2014

Vgl; Beisatz: Eine „gehörige Ladung“ im Sinne des § 427 StPO hat neben der Bekanntgabe des Termins der Hauptverhandlung den Angeklagten über den Gegenstand der Verhandlung in Kenntnis zu setzen, wobei ein Hinweis auf den bereits zugestellten Strafantrag, dessen Kenntnis vorausgesetzt ist, genügt. (T7)

12 Os 64/15aOGH11.06.2015

Vgl

12 Os 27/17pOGH06.04.2017

Auch

11 Os 78/19hOGH25.06.2019

Vgl

15 Os 33/20xOGH05.06.2020

Vgl

11 Os 72/21dOGH27.07.2021

Vgl; Beisatz: Hier: Unzulässige Ausdehnung der Anklage in Abwesenheit der Angeklagten in der Hauptverhandlung, wodurch der Prozessgegenstand für die gemäß § 276a StPO neu durchgeführte Hauptverhandlung nicht rechtens erweitert wurde (vgl 11 Os 78/19h). (T8)

15 Os 131/23pOGH14.12.2023

vgl

Dokumentnummer

JJR_19990309_OGH0002_0140OS00020_9900000_001