OGH Ds1/06 (RS0121051)

OGHDs1/068.12.2015

Rechtssatz

Vorangegangene erst-(richterliche) Tätigkeit ist durch § 68 StPO im Licht der Judikatur des OGH abschließend erfasst. § 72 StPO stellt demnach lediglich darauf ab, dass der betroffene Richter nicht allein aus Gründen einer Verflechtung von Verfahren als solcher an einer ausschließlich sachlich ausgerichteten Entscheidung gehindert ist oder ein solcher Anschein besteht. Demnach ist die Problematik der Teilnahme an der Verhandlung und Entscheidung im Verfahren gegen andere an der strafbaren Handlung Beteiligte (§ 12 StGB) abschließend nach der Judikatur zu § 68 StPO und unter dem Aspekt des § 281 Abs 1 Z 1 StPO zu beurteilen, während ohne darüber hinausgehende Gründe eine Befangenheit im Sinn des § 72 StPO aus der Sicht der ständigen Rechtsprechung nicht in Frage kommt.

Normen

StPO §68 Abs2
StPO §72
StPO §238
StPO §281 Abs1 Z1
StPO §281 Abs1 Z4

Ds 1/06OGH19.06.2006

Beisatz: Wird in der Hauptverhandlung Befangenheit eines Richters bloß mit der Begründung geltend gemacht, er habe zuvor an der Verurteilung eines Tatbeteiligten mitgewirkt, ist es angesichts der - grundrechtlich unbedenklichen (vergleiche Grabenwarter MRK² § 24 Rz 47 insb erster und fünfter Absatz, Frowein/Peukert² Art 6 Rz 131; vergleiche auch § 353 Z 3 StPO) - ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Problemkreis der Parteilichkeit eines Richters im Sinn des Art 6 Abs 1 erster Satz MRK (vergleiche RIS-Justiz RS0097319, 13 Os 6/99, EvBl 1999/133, 567) schlechterdings unvertretbar, dem Ablehnungsantrag Berechtigung zuzuerkennen. Dem Antrag ist jedenfalls keine Folge zu geben, sei es, dass er bloß als Rüge im Sinn des § 281 Abs 1 Z 1 StPO aufgefasst und solcherart gar nicht meritorisch erledigt, sei es, dass er als inhaltlich unbegründet abgewiesen wird. (T1)

11 Os 131/07kOGH20.11.2007

Auch

13 Os 117/15bOGH08.12.2015

Auch

Dokumentnummer

JJR_20060619_OGH0002_0000DS00001_0600000_001