OGH 13Os6/99

OGH13Os6/9910.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Februar 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Matz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Kurt P***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz (zweiter Fall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 28. Oktober 1998, GZ 7 Vr 1944/98-47, sowie über die Beschwerde des Angeklagten (§ 494a Abs 4 StPO), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten werden der Wahrspruch der Geschworenen und das darauf beruhende Urteil aufgehoben und die Sache an das Geschworenengericht beim Landesgericht für Strafsachen Graz zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kurt P***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt, weil er am 29. Mai 1998 in H***** gemeinsam mit dem abgesondert (richtig:) verurteilten Markus G***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) unter Verwendung von Faustfeuerwaffen Jiri V***** eine Geldbörse und Bargeld im Gesamtwert von 2.248 S mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt hat.

Die auf § 345 Abs 1 Z 1, 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist im Ergebnis im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Der Umstand, daß ein Mitglied des Schwurgerichtshofes schon vorher beisitzender Richter im gesondert geführten Verfahren gegen Markus G***** war, begründet allerdings keine Nichtigkeit (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 1 ENr 28 u.a.).

Da auch der in seinem Verfahren voll geständige G***** gleich eingangs seiner Zeugenvernehmung in diesem Verfahren unter ausdrücklicher Rechtsbelehrung (S 415) erklärt hat, seine bisher umfassend geständige Verantwortung - die auch zu seiner Verurteilung geführt hat - aufrecht zu erhalten, bestand kein Zeugenschutz vor Selbstbelastung (§ 152 Abs 1 Z 1 StPO), zumal auch nichts dargetan wurde, was vorliegend eine solche Annahme dennoch begründen könnte (Mayerhofer aaO § 152 ENr 3 f).

Zu Unrecht hat jedoch das Erstgericht jegliche gerichtliche Vernehmung der erwachsenen Tatzeugen Jiri V***** und der Olga V***** abgelehnt. Denn deren Mitteilung (ON 44 und 45) zum vorgesehenen Hauptverhandlungstermin Anreiseschwierigkeiten zu haben und, daß die mit der "Aussage verbundenen Kosten nicht den Wert des Zeugnisses entsprechen" würden, wobei zugleich eine Aussage vor dem (Rechtshilfe-)Gericht zugesagt wurde, stellt keine Unmöglichkeit (§ 252 Abs 1 StPO) dar, sie gerichtlich zu vernehmen. Die dadurch ausgelöste, vom Verteidiger wohl eingerechnete Verfahrensverzögerung muß allein schon, weil es sich um erwachsene Tatzeugen handelt, die über Wahrnehmungen am Tatort zur Tatzeit (insbesondere das Tatfahrzeug) aussagen sollen, hingenommen werden. Dieser Verfahrensmangel macht die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unumgänglich (§ 344 [§ 285e] StPO).

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