OGH 14Os5/97 (RS0106586)

OGH14Os5/976.5.2014

Rechtssatz

Die Ankündigung gegenüber einem Bürgermeister, Lebensmittel in einem in seinem Gemeindegebiet gelegenen Lebensmittelgeschäft zu vergiften, richtet sich als Androhung einer Übelszufügung gegen Personen, die im Sinne des § 74 Z 5 StGB unter seinen Schutz gestellt sind. Denn unabhängig von einer - vom Gesetz keineswegs verlangten - rechtlichen Basis für eine solche Schutzfunktion ist der Begriff des Schutzbefohlenen nach wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten und sich daraus ergebender Verantwortung für andere auszulegen (Pallin in WK § 74 Rz 30). Nach Maßgabe dieser faktischen Kriterien kann aber kein Zweifel daran bestehen, daß sich die Käufer von Lebensmitteln von einem Bürgermeister mit Fug erwarten, er werde in Kenntnis einer solchen Gefahr alles daran setzen, eine mit zumindest erheblichen Gesundheitsschäden verbundene Strychninvergiftung bei deren Verzehr hintanzuhalten.

Normen

StGB §74 Z5

14 Os 5/97OGH11.02.1997
13 Os 179/03OGH18.02.2004

Auch; Beisatz: Hier: Eine allgemeine Verantwortlichkeit der Eltern (der Bedrohten) für Handlungen ihrer volljährigen Kinder (des Angeklagten), welche davon betroffene Dritte zu Schutzbefohlenen machen würde, besteht deshalb nicht, weil diese nach wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten derartige Erwartungen nicht hegen. (T1)

14 Os 126/11bOGH06.03.2012

Vgl auch; Beisatz: Hier: Bedrohung der Bundesministerin für Inneres, wobei sich das angedrohte Übel gegen die geschiedene Ehefrau des Angeklagten richtet. (T2)

14 Os 39/14pOGH06.05.2014

Vgl auch; Beisatz: Der Begriff der Schutzbefohlenen ist nicht allein im Sinn des Personenrechts des ABGB (oder der Vorschriften über die Aufgaben von Sicherheitsorganen), sondern ‑ unabhängig von einer im Gesetz keineswegs verlangten rechtlichen Basis ‑ im Sinn wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Gegebenheiten und einer sich daraus ergebenden Verantwortung auszulegen. (T3)<br/>Beisatz: An einer solchen Verantwortung einer Mitarbeiterin des Jugendamts für das Wohl der in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnhaften und (bereits seit etwa 2002) betreuten minderjährigen Kinder kann nicht ernsthaft gezweifelt werden. (T4)

Dokumentnummer

JJR_19970211_OGH0002_0140OS00005_9700000_001