OGH 4Ob57/72 (RS0028893)

OGH4Ob57/7227.11.2012

Rechtssatz

Beurteilung einer Vereinbarung, in der sich ein Angestellter zur Rückzahlung eines Teils der "Ausbildungskosten" verpflichtet, falls er sein Dienstverhältnis innerhalb von drei Jahren ohne wichtigen Grund löst oder aufkündigt: Maßgebend ist, ob der Angestellte tatsächlich ausgebildet wurde und in welcher Weise dies geschah. Für die Frage der Zumutbarkeit der übernommenen Verpflichtung ist es wesentlich, ob der Angestellte nur mit den Eigenheiten einiger Produkte dieses Dienstgebers vertraut gemacht wurde, also bloß eingeschult wurde, oder ob ihm Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art vermittelt wurden, welche auch in anderen Unternehmen verwertet werden können. Sollte er also eine Ausbildung erlangt haben, die über die bloße Einschulung eines Neulings hinausgeht und ihm bessere Verdienstmöglichkeit auch in anderen Unternehmungen verschaffen kann, falls er den Arbeitsplatz wechselt, dann wird ihm die Rückzahlung der für seine Ausbildung tatsächlich aufgewendeten Kosten grundsätzlich zugemutet werden können, falls damit nicht eine unverhältnismäßig hohe Belastung verbunden ist. Eine derartige Zusatzvereinbarung ist keine Vertragsstrafe im Sinne des § 1336 ABGB.

Arbeitgeber — Arbeitnehmer — Auflösung — Rückforderung — Angestellte — Konventionalstrafe — Sittenwidrigkeit — gute Sitten — Nichtigkeit — Zulässigkeit

 

Normen

ABGB §879 Abs1 BIIh
ABGB §879 Abs1 CIIo5
ABGB §1336 B
AngG §20 Abs4 XIII

4 Ob 57/72OGH21.11.1972

Veröff: SZ 45/122 = EvBl 1973/105 S 241 = Arb 9065 = SozM IA/e,994 = IndS 1974 12,914 = ZAS 1975,217 (kritisch Tichy)

5 Ob 543/82OGH26.04.1983

nur: Eine derartige Zusatzvereinbarung ist keine Vertragsstrafe im Sinne des § 1336 ABGB. (T1) Veröff: EvBl 1983/105 S 399

4 Ob 124/85OGH26.11.1985

nur T1; Veröff: SZ 58/189 = RdW 1986,185 = ZAS 1987/15 S 124 (Dusak)

9 ObA 138/88OGH29.06.1988

Vgl auch; Veröff: RdW 1988,429 = WBl 1989,26

9 ObA 319/89OGH17.01.1990

nur: Für die Frage der Zumutbarkeit der übernommenen Verpflichtung ist es wesentlich, ob der Angestellte nur mit den Eigenheiten einiger Produkte dieses Dienstgebers vertraut gemacht wurde, also bloß eingeschult wurde, oder ob ihm Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art vermittelt wurden, welche auch in anderen Unternehmen verwertet werden können. Sollte er also eine Ausbildung erlangt haben, die über die bloße Einschulung eines Neulings hinausgeht und ihm bessere Verdienstmöglichkeit auch in anderen Unternehmungen verschaffen kann, falls er den Arbeitsplatz wechselt, dann wird ihm die Rückzahlung der für seine Ausbildung tatsächlich aufgewendeten Kosten grundsätzlich zugemutet werden können. (T2) Veröff: RdW 1990,321

9 ObA 275/90OGH07.11.1990

Vgl auch; Veröff: SZ 63/199

9 ObA 142/92OGH08.07.1992

Vgl auch; Veröff: SZ 65/103 = EvBl 1993/23 S 127 = WBl 1992,368 = Arb 11043 = DRdA 1993,117 (kritisch Grillberger)

9 ObA 151/93OGH11.08.1993

Vgl auch; nur T2; Beisatz: Insbesonders, wenn er schon kurze Zeit nach Abschluss der Ausbildung kündigt und dem Dienstgeber die erworbenen zusätzlichen Fähigkeiten damit nicht mehr zur Verfügung stellt. (T3)

9 ObA 130/93OGH11.08.1993

Auch; nur T2; Beis wie T3; Beisatz: Soweit die Rückersatzverpflichtung der Höhe nach jedoch den Vermögensnachteil des Dienstgebers aus der Ausbildung übersteigt, oder dieser keine adäquate Günstigerstellung des Dienstnehmers gegenübersteht, erlangt die Vereinbarung im übersteigenden Ausmaß allerdings den Charakter einer eigenständigen, von der ursprünglichen Ausbildung losgelösten unzulässigen Kündigungsbeschränkung. (T4) Veröff: DRdA 1994,247 (Dirschmied)

9 ObA 136/95OGH27.09.1995

Vgl; nur T1; Beisatz: Wenn das Dienstverhältnis erst einige Zeit nach Abschluss der Ausbildung beendet wird, kann vom Dienstgeber, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dieses Anspruches, nur ein aliquoter Teil der Ausbildungskosten entsprechend dem Verhältnis der seit dem Abschluss der Ausbildung zurückgelegten Dienstzeit zur gesamten (zulässigen) Bindungsdauer begehrt werden. Hier: Die drei Jahre übersteigende Bindungsdauer wurde im gegenständlichen Fall als den guten Sitten widersprechend angesehen. (T5); Beisatz: § 48 ASGG. (T6)

9 ObA 36/97bOGH05.03.1997

Auch; nur T2; Beis wie T6; Beisatz: Keine rückforderbaren Ausbildungskosten sind die Kosten von Informationsreisen und Hotelbesichtigungen einer Reisebüromitarbeiterin. (T7)

9 ObA 128/97gOGH11.06.1997

Auch; Beis wie T5

9 ObA 39/01bOGH09.05.2001

Vgl auch; nur T2; Beisatz: Hier: Ausbildung zum Linienpiloten. (T8)

9 ObA 32/01yOGH05.09.2001

Auch; nur T1

8 ObA 36/02fOGH21.02.2002

Vgl

9 ObA 296/01xOGH20.02.2002

Vgl auch; nur T2; Beisatz: Hier: Verwertbarkeit einer Pilotenausbildung (Learjet-Typerating) bejaht, sofern ein bestimmter Flugzeugtyp (wenn auch nicht in Österreich) weit verbreitet ist und bei zahlreichen Flugunternehmungen zum Einsatz kommt. (T9)

9 ObA 86/05wOGH23.11.2005

nur T2

9 ObA 160/07fOGH28.11.2007

Vgl; Beis wie T5

8 ObS 8/08xOGH10.07.2008

Vgl; Beisatz: Hier: Ausbildungskosten sind die vom Arbeitgeber tatsächlich aufgewendeten Kosten für jene erfolgreich absolvierte Ausbildung, die dem Arbeitnehmer Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art vermittelt, die dieser auch bei anderen Arbeitgebern verwerten kann. (T10)

8 ObA 51/12aOGH27.11.2012

Vgl auch

Dokumentnummer

JJR_19721121_OGH0002_0040OB00057_7200000_002

Stichworte