OGH 9ObA36/97b

OGH9ObA36/97b5.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag.Heinrich Lahounik und DDr.Wolfgang Maßl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sabine G*****, Reisebürokaufmann, ***** vertreten durch Dr.Markus Orgler und Dr.Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Reisebüro T***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Robert Schuler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 28.599,67 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1.Oktober 1996, GZ 15 Ra 130/96x-21, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.März 1996, GZ 47 Cga 297/95z-15, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.058,88 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 676,48 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Kosten von Informationsreisen und Hotelbesichtigungen zutreffend nicht als Ausbildungskosten beurteilt und die Vereinbarung von Urlaub für diese auch im Interesse des Dienstgebers vorgenommenen Reisen als unzulässig erklärt. Es reicht daher insoweit aus, auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Rückforderbare Ausbildungskosten sind solche einer über eine bloße Einschulung hinausgehenden Ausbildung, die Spezialkenntnisse theoretischer oder praktischer Art vermittelt, die allgemein angewendet, daher auch in anderen Unternehmen verwertet werden können und dem Arbeitnehmer bessere Verdienstmöglichkeiten schaffen (Resch, Klauseln über Ausbildungskosten, Rückersatz, DRdA 1993, 8 f; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht5 346; WBl 1993, 399; DRdA 1994, 19 [Dirschmied]; 9 ObA 211/94). Informationsreisen, die lediglich der Verschaffung eines Informationsvorsprunges zur Vermarktung der Angebote von Reiseveranstaltern dienen, liegen zwar im betrieblichen Interesse des Dienstgebers, haben aber mit einer Ausbildung nichts zu tun. Eine Ausbildung ist schon begrifflich eine mehr oder weniger intensive, nicht durch bloße Unterweisung oder Zurkenntnisbringung von Fakten erfolgte theoretische oder praktische Vermittlung spezieller, auf Dauer ausgerichteter Kenntnisse in einer zeitlich nicht zu vernachlässigenden Dauer. Das bloße "Näherbringen" von Urlaubsorten, Clubs und Hotels und die Besichtigungen von Sehenswürdigkeiten wie auch die Teilnahme am Clubleben ist aber nichts anderes als das Vertrautmachen mit der Produktpalette, die der Dienstgeber verkauft (Martinek/M. und W.Schwarz, AngG7, 173) und begründet keine Spezialkenntnisse theoretischer oder praktischer Art. Wenn auch in anderen Reiseunternehmungen diese einem "Einschulungswissen" gleichzusetzenden Kenntnisse angewendet werden können, schaffen sie aber keine bessere Verdienstmöglichkeit. Es werden keine Kenntnisse vermittelt, die über einen auf einen bestimmten Zeitpunkt fixierten Eindruck und die dabei erhaltenen Informationen hinausgehen. Ein dauernder Nutzen wird nicht verschafft. Die Kosten dafür sind daher keine rückforderbaren Ausbildungskosten.

Zweck eines Urlaubs ist die Erholung, die Entfaltung der Persönlichkeit und Weiterbildung sowie die Lebensbereicherung (Kuderna, UrlG2 49 mwN). Eine Arbeitsbereitschaft während des Urlaubs ist mit dem Urlaubszweck unvereinbar und daher unzulässig (Kuderna aaO, 50). Ähnlich ist die Sachlage dann, wenn vor allem im betrieblichen Interesse Informationsreisen von Reiseveranstaltern Dienstnehmern angeboten werden, die infolge des dabei zu absolvierenden Programms, das nicht nur in Freizeitaktivitäten besteht, eine freie Willensentscheidung, die Zeit, auf dieser Veranstaltung und Reise selbständig zu gestalten, nicht treffen können. Das Programm, an dem der Dienstnehmer teilzunehmen hat, entspricht einer, wenn auch locker gestalteten Arbeitspflicht, sodaß auch bei Vorliegen von Freizeitgestaltungsmöglichkeiten und Freiwilligkeit der Teilnahme das Interesse des Dienstgebers an der Gestaltung dieser Aufenthalte und der Unterwerfung des Dienstnehmer unter das gebotene Programm überwiegt und sohin der Aufenthalt insgesamt und einheitlich betrachtet fremdbestimmt ist. Dies ist aber mit dem Urlaubszweck nicht in Einklang zu bringen. Ob diese Zeiten von den Streitteilen willkürlich in Ausbildungszeit und Urlaub geteilt wurden, ist dabei nicht entscheidend.

Eine Urlaubsvereinbarung über Teile der Reisezeiten war daher unzulässig, weil dies einem mit § 7 UrlG in Widerspruch stehenden Verzicht auf den gesetzlich zustehenden Urlaub gegen eine andere vermögenswerte Leistung des Dienstgebers gleichkäme. Urlaubsablösen sind aber verboten (DRdA 1996, 62 = SZ 68/124).

Der Verzicht auf Entgelt- und Urlaubsansprüche, sohin auf unabdingbare Ansprüche während des aufrechten Arbeitsverhältnisses, wenn sich dieses auch in der Auflösungsphase befindet oder aus Anlaß der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Fälligkeit der Ansprüche, ist ungeachtet einer Drucksituation unwirksam (ecolex 1995, 825; 9 ObA 95/93). Die Fälligkeit der Urlaubsentschädigung und der Endabrechnung trat erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nicht schon mit dem Zeitpunkt der Kündigung, die nach den Feststellungen zu der getroffenen Vereinbarung führte, ein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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