OGH 9ObA130/93(9ObA131/93, 9ObA132/93)

OGH9ObA130/93(9ObA131/93, 9ObA132/93)11.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Martin Duhan und Winfried Kmenta als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei L***** Luftfahrt-AG, ***** vertreten durch Dr.Walter Schuppich ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei Heinz ***** H*****, Pilot, ***** vertreten durch Dr.Markus Orgler und Dr.Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 193.548,12 netto sA (Klage) und S 58.280,-- brutto sA (Widerklage), infolge Revision und Rekurs der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Februar 1993, GZ 32 Ra 82/92-31, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23.März 1992, GZ 2 Cga 1516/91-24, zum Teil bestätigt und zum Teil aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Dem Rekurs wird dahin Folge gegeben, daß der angefochtene Beschluß aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt wird:

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie unter Einschluß des bestätigten und unangefochtenen Teils insgesamt zu lauten haben:

Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei S 158.719,65 zuzüglich 4 % Zinsen seit 1.1.1991 sowie 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte und widerklagende Partei sei schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei S 34.828,47 sA zu zahlen, wird abgewiesen.

Das Begehren der Widerklage, die klagende und widerbeklagte Partei sei schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei S 58.280,-- brutto sA zu zahlen, wird abgewiesen.

Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit S 28.931,45 (darin S 4.174,66 Umsatzsteuer und S 3.880,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit S 12.809,06 (darin S 1.046,84 Umsatzsteuer und S 6.528,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 7.538,25 (darin S 1.256,37 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisions- und Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte und Widerkläger (kurz Beklagter) war bei der Klägerin und Widerbeklagten (kurz Klägerin) seit 6.10.1989 als Pilot beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch seine Kündigung vom 9.11.1990 am 31.12.1990. Nach dem zwischen den Parteien am 29.7.1989 abgeschlossenen Dienstvertrag verpflichtete sich der Beklagte unter anderem zur Rückzahlung anteiliger Ausbildungskosten.

Der Dienstvertrag lautet diesbezüglich auszugsweise wie folgt:

"Punkt III

Der Dienstnehmer ist im Besitz eines gültigen österreichischen Berufspilotenscheines/Linienpilotenscheines für Motorflugzeuge. Er ist verpflichtet, alle für die Erhaltung seiner Bewilligung im Gesetz geforderten Bedingungen jeweils fristgerecht zu erfüllen.

Die Dienstgeberin ist berechtigt, dem Dienstnehmer auf ihre Kosten die Ablegung von Prüfungen zur Erweiterung seiner Berechtigung unter Einräumung der hierfür unbedingt erforderlichen Freizeit aufzutragen, wobei während dieser Zeit das Gehalt weiter zu zahlen ist.

Darunter fallen auch jene behördlichen Erlaubnisse, die keine Voraussetzung für die Dienstverwendung bilden...

Punkt IV

Als Anfangsgehalt wird ein Betrag von S 42.550,-- brutto monatlich vereinbart. Das Gehalt kommt 14 mal jährlich zur Auszahlung...

Punkt VII

Die Dienstgeberin hat für die notwendige Ausbildung (Typeratings), Scheinerhaltung im Sinne Punkt III, erster Absatz und Erweiterung der Berechtigung im Sinne Punkt III, zweiter Absatz, soweit sie für die Dienstverrichtung bei der Dienstgeberin notwendig sind, zu sorgen. Alle dafür aufgewendeten Kosten, zuzüglich Kosten wie anteilige Gehaltskosten, Reise- und Aufenthaltskosten, im folgenden Ausbildungskosten genannt, werden unter der Voraussetzung einer mindestens 36 Monate dauernden Beschäftigung von der Dienstgeberin getragen. Diese Ausbildungskosten werden einvernehmlich mit S 850.000,-- festgesetzt.

Sollte der Dienstnehmer nach Ablauf der ersten drei Monate (oder nach Ablauf einer allenfalls einvernehmlich verlängerten Ausbildungszeit) bzw. nach Erlangung des Typeratings die Fortsetzung des Dienstverhältnisses ablehnen, oder sollte die oben vorausgesetzte Beschäftigungsdauer zufolge Kündigung oder zufolge vorzeitigen Austritts ohne wichtigen Grund seitens des Dienstnehmers oder zufolge gerechtfertigter Entlassung des Dienstnehmers seitens der Dienstgeberin nicht erreicht werden, so ist der Dienstnehmer unverzüglich nach Beendigung des Dienstverhältnisses zur Rückzahlung eines aliquoten Anteils der für ihn aufgewendeten Ausbildungskosten verpflichtet.

Zurückzuzahlen ist jener Anteil an den Gesamtkosten (S 23.611,-- pro Monat), der dem Verhältnis der fehlenden Dienstzeit zur bedungenen Mindestdienstzeit (36 Monate) entspricht....."

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin letztlich den Rückersatz von S 193.548,12 sA (richtig S 193.546,67 sA) an anteiligen Ausbildungskosten gemäß Punkt VII des Dienstvertrages. Der Kläger habe das Dienstverhältnis vorzeitig gekündigt, um bei der T***** Airways als Pilot arbeiten zu können. Er sei daher verpflichtet, einen Teil der von der Klägerin für ihn ausgelegten Kosten zurückzuerstatten. Diese Kosten bezifferten sich wie folgt:

1. Theoriekurs samt Simulatortraining

und Transport

S 118.781,--

2. Kosten des Instruktors Peter K*****

(Gehalt, Spesen und Diäten)

S 22.626,--

3. Kosten des Beklagten während des

Typerating (die von ihm verrechneten

Diäten und Spesen, Hotel- und Flug-

kosten Wien-London-Wien)

S 50.584,--

4. Simulator Checks (5 Stunden und Trans-

portkosten)

S 36.000,--

5. Kosten des Instruktors bei den Simulator-

Checks (Flugkosten, Gehalt)

S 13.118,--

6. Flug- und Reisekosten des Beklagten zu

den Simulator-Checks (Reisespesen und

Diäten) S 20.377,--

7. Ärztliche Untersuchungen zur Scheiner-

weiterung und -erhaltung

S 2.200,--

8. Behördliche Gebühren (Prüfungstaxe,

Typeneintragung, Scheinverlängerung)

S 3.890,--

9. Selbstkosten für Flight-Training (4 Lan-

dungen VIE, 45 Flugminuten VIE)

S 57.532,76

10. Gehalt für die Zeit der Ausbildung (ohne

Dienstleistung) vom 6.10. bis 1.12.1989

S 78.557,--

insgesamt S 403.665,76

Von diesen Kosten entfielen im Verhältnis der fehlenden Dienstzeit zur bedungenen Mindestdienstzeit (15 Monate zu 21 Monaten) 21/36 auf den Beklagten (= S 235.471,67). Abzüglich des für Dezember 1990 aufrechnungsweise einbehaltenen Monatsbezugs von S 41.925,-- habe der Beklagte daher noch den in der Klage begehrten Betrag zu zahlen.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die geltend gemachten Kosten seien zum Teil überhöht, nicht nachvollziehbar und nicht rückersatzfähig. Die Gesamtkosten für das Typerating könnten sich höchstens auf rund S 120.000,-- belaufen. Diäten und Spesen habe die Klägerin selbst zu tragen. Die Auswahl des Hotels in London habe die Klägerin vorgenommen, die auch ein kostengünstigeres Hotel oder eine Privatunterkunft hätte wählen können. Unpräjudiziell seien aber Beträge bis maximal S 30.000,-- "vorstellbar". Hinsichtlich der Kosten für den Simulator-Check stelle die Klägerin offenbar doppelte Kosten in Rechnung. Da der Beklagte bei Überlandflügen günstigere Tarife gehabt habe, seien in dieser Position ca. S 18.000,-- abzuziehen. Die Auslagen für die ärztlichen Untersuchungen und die behördlichen Gebühren seien keine Ausbildungskosten und könnten daher nicht rückverlangt werden. Ebenso habe die Klägerin die Kosten des Instruktors, der ihr Angestellter sei, selbst zu tragen. Für die Checkflüge am Flughafen Schwechat könne sich bei Inanspruchnahme aller Ermäßigungen höchstens ein Betrag von S 35.100,-- ergeben. Der Beklagte habe auch während der Ausbildung einen Gehaltanspruch gehabt. Seine Bezüge für die Zeit der Ausbildung müsse er daher nicht zurückerstatten. Im übrigen sei die Klageführung unzulässig und die Klage zurückzuweisen, da der Beklagte der Klägerin schon vor der Klageeinbringung S 192.000,-- angeboten habe.

Der Beklagte erhob auch eine Widerklage, mit der er seine Entgeltansprüche für Dezember 1990 in Höhe von S 58.280,-- brutto sA (= S 41.925,-- netto) einforderte.

Die Klägerin bestritt das Widerklagebegehren, da es in ihrem Begehren bereits berücksichtigt sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 87.110,81 sA statt und wies das Mehrbegehren von S 106.437,31 sA sowie die Widerklage ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

In Entsprechung seiner dienstvertraglichen Verpflichtung erwarb der Beklagte das Typerating (Typenberechtigung) für eine Boeing 737 und erfüllte auch alle für die Scheinerhaltung erforderlichen Bedingungen. Die Kosten für den Erwerb der Typenberechtigung und für die Erhaltung dieser Berechtigung trug die Klägerin wie folgt:

1. Für das Typerating (sowie an Gesamtgebühren) wendete die Klägerin (tatsächlich) folgende Beträge auf:

Theoriekurs S 118.781,--

Hotelkosten und Diäten des Beklagten

während des Typerating S 50.584,--

Gebühren (Prüfungstaxe, Typeneintragung,

Scheinverlängerung) S 3.890,--

Flight-Training (Check-Flüge in Wien)

S 57.532,76

Instruktor (Gehalt, Diäten, Hotel)

S 22.625,--

2. Weiters trug die Klägerin noch folgende Scheinerhaltungskosten für den Beklagten:

Simulator-Checks S 36.000,--

Anteilige Instruktorkosten für die Simula-

tor-Checks S 13.118,--

Reisekosten des Beklagten zu den Simula-

tor-Checks S 20.377,--

Ärztliche Untersuchungen S 2.200,--

sowie die

3. Gehaltskosten während der Ausbildung

S 78.557,--.

Es ist nicht erforderlich, daß der Flottenchef der Klägerin am Simulator-Check für das Typerating als Instruktor teilnimmt. Dessen Anwesenheit ist lediglich beim Halbjahrescheck notwendig, der aber nicht dem Erwerb der Typenberechtigung, sondern der Scheinerhaltung dient. Der Flottenchef nimmt den Halbjahrescheck als Instrumentenlehrer ab. Für die Scheinerhaltung ist unabhängig von der Dauer der Dienstzeit nach jeweils 6 Monaten ein Halbjahrescheck vorgeschrieben. Die Kenntnisse des Dienstnehmers werden dadurch nicht erweitert. Als Reisekosten nach London waren Kosten eines Linienfluges erforderlich, da die Teilnahme am Theoriekurs und die Übung am Simulator zeitlich fixiert war und nur ein im voraus gebuchter Linienflug die Gewähr eines rechtzeitigen Eintreffens in London sichern habe können.

Der Beklagte kündigte sein Dienstverhältnis aus persönlichen Gründen; die Klägerin gab ihm dazu keine Veranlassung.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß zu den vereinbarten Ausbildungskosten, die vom Beklagten aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses anteilig zu erstatten seien, nur die Kosten für die erstmalige Erlangung der Berechtigung (sogenanntes Typerating), nicht aber die Kosten der Verlängerung der Berechtigung (Scheinerhaltung) sowie die Gehaltskosten während der Ausbildung zu rechnen seien. Für die Erlangung der Typenberechtigung seien nur folgende Kosten notwendig gewesen:

Theoriekurs und Simulator bei

British Caledonian S 118.781,--

Checkflug und Flugtraining S 57.532,76

Nächtigungskosten während des Typeratings

für 34 Tage S 30.294,--

Aufenthaltskosten S 200,-- pro Tag

S 6.866,50(?)

Reisekosten nach London S 6.300,--

Prüfungstaxe S 200,--

Stempelgebühr für die Eintragung der

Typenberechtigung S 1.230,--

insgesamt S 221.204,26.

Diese Kosten für die Erlangung der Typenberechtigung seien jene Kosten, die ein "Privatmann" für das Typerating aufzuwenden habe. Der Klägerin sei es zwar unbenommen geblieben, den Beklagten in einem besseren Hotel unterzubringen und damit höhere Aufenthaltskosten zu zahlen; diese höheren Aufenthaltskosten seien jedoch für das Typerating nicht unbedingt notwendig. Unter Berücksichtigung der noch ausstehenden 21 Monate ergebe sich dafür ein Betrag von S 129.035,81 (21/36stel von S 221.204,26), von dem noch das Dezembergehalt in Höhe von S 41.925,-- abzuziehen sei. Die Kosten der Scheinerhaltung seien ausschließlich im Interesse der Klägerin aufgewendet worden, da der Beklagte anderenfalls nicht hätte eingesetzt werden können. Die Vereinbarung einer anteiligen Rückzahlung für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses verstoße ebenso wie jene der Rückforderung anteiliger Gehaltskosten gegen die guten Sitten und sei daher nichtig.

Die Widerklage des Beklagten sei schon deshalb abzuweisen, weil der darin begehrte Betrag bereits durch Kompensation mit der Klageforderung gezahlt worden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes im Umfang der Stattgebung des Klagebegehrens mit Teilurteil. Es hob die angefochtene Entscheidung, soweit das Klagebegehren abgewiesen wurde, auf und sprach aus, daß der Rekurs zulässig sei. Die Abweisung des Widerklagebegehrens blieb unangefochten.

Die zweite Instanz vertrat die Rechtsauffassung, daß auch die Kosten der "Scheinerhaltung" und das Entgelt des Beklagten während der Ausbildungszeit als Bestandteile der vereinbarungsgemäß zurückzuerstattenden Ausbildungskosten zu qualifizieren seien. Gemäß § 47 ZLPV, BGBl 1958/219 liege es auch im Interesse des Dienstnehmers, den Pilotenschein nicht nur erstmalig zu erlangen, sondern ihn über die kurzen Befristungen hinaus zu verlängern. Die mehrjährige Berufserfahrung (training on the job) sei ebenso ein Teil der Ausbildung wie die Erweiterung der Grundberechtigung. Unter Bedachtnahme auf die hierarchische Struktur (pilot in command, co-pilot) des Dienstverhältnisses sei es durchaus sachgerecht, daß die Scheinerhaltungskosten dem Dienstnehmer während der ersten drei Berufsjahre nur für den Fall vorgeschossen würden, daß das Dienstverhältnis für eine bestimmte Mindestdauer fortbestehe. Der gesetzliche Entgeltschutz schließe andererseits eine Vereinbarung, Entgelt oder Entgeltteile, die während der Ausbildungszeit gewährt würden, zurückzuzahlen, nicht aus, da es dafür keinen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gebe. Setze man das Gehalt des Beklagten für drei Jahre von S 1,787.100,-- (ohne Berücksichtigung von Gehaltserhöhungen) zum Höchstbetrag der zu ersetzenden Ausbildungskosten von S 850.000,-- in Beziehung, wäre dem Beklagten selbst in diesem nahezu kaum eintretenden Fall noch ein durchschnittliches Monatsentgelt von rund S 26.000,-- verblieben.

Eine gröbliche Verletzung rechtlich geschützter Interessen des Beklagten liege demnach nicht vor. Es wäre ihm zumutbar gewesen, seiner Dienstpflicht zumindest für 36 Monate nachzukommen (vgl § 30 Abs 5 VBG). Bei den vom Beklagten zu ersetzenden Schulungskosten handle es sich um einen Aufwandersatz im Sinne der §§ 331 und 1014 ABGB, so daß die Notwendigkeit des Aufwandes zu prüfen sei. Eine Verletzung der "Schadensminderungspflicht" könne aber nicht eingewendet werden. Der Einwand, die Klägerin habe den Beklagten deshalb in "sündteuren" Hotels untergebracht, um ihn mit höheren Ausbildungskosten zu belasten, sei absurd. Der Beklagte hätte sich vielmehr bei einer seinen sonstigen Dienstreisen widersprechenden unzureichenden Unterbringung und einem geringeren Spesensatz erfolgreich zur Wehr setzen können. Hinsichtlich des Aufwandes sei nur zu prüfen, ob er notwendig und nützlich gewesen sei, wobei es nicht darauf ankomme, was etwa ein Selbständiger (Privater) allenfalls an Verpflegskosten aufgewendet hätte, sondern allein auf den arbeitsrechtlichen Standard des Beklagten.

Hinsichtlich der Kosten des Instruktors sei zu beachten, daß seine Beteiligung beim Typerating zwar nicht unbedingt erforderlich, aber dem besseren Kennenlernen für die späteren Überprüfungsflüge dienlich gewesen sei. Dem Einwand des Beklagten, daß die erworbene Flugberechtigung für eine Boeing 737 nur für die Klägerin verwertbar gewesen sei, sei entgegenzuhalten, daß es dabei nur auf die Verwertbarkeit ankomme, nicht aber darauf, ob der Beklagte diese Kenntnisse für seine nunmehrige Beschäftigung auch tatsächlich brauche. Eine Boeing 737 sei ein Flugzeugtyp, der weltweit verwendet werde. Da das Erstgericht von einem unrichtigen Verständnis der Schulungskosten ausgegangen sei, fehle es insoweit an Feststellungen über den Anteil der Scheinerhaltungskosten, des (anteiligen) Gehalts des Beklagten während der Ausbildungszeit und dergleichen, so daß das Urteil hinsichtlich des abgewiesenen Teils aufzuheben sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision und der Rekurs des Beklagten mit den Anträgen, das angefochtene Teilurteil und den angefochtenen Aufhebungsbeschluß im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, den Rechtsmitteln nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht, der Rekurs hingegen insofern berechtigt, als der Berufung der Klägerin wegen Spruchreife in der Sache selbst zum Teil Folge zu geben ist (§ 519 Abs 2 ZPO; Fasching, ZPR2 Rz 1823).

Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung über die aliquote

Rückzahlung der näher bezeichneten konkreten Ausbildungskosten ist

grundsätzlich zulässig. Sie darf aber keine unzumutbare Beschränkung

des Kündigungsrechts des Dienstnehmers bewirken und nicht gegen die

guten Sitten verstoßen. Es ist zu prüfen, ob die Interessenabwägung

eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt, ob die

Erfüllung einer solchen Vereinbarung zugemutet werden kann und nicht

eine unverhältnismäßig große Belastung bedeutet (vgl SZ 45/122 = ZAS

1975/23 [Tichy]; SZ 58/189 = ZAS 1987/15 [Dusak]; WBl 1989, 26 ua).

Es trifft zwar zu, daß das Kündigungsrecht des Dienstnehmers durch Vereinbarungen, die den Rückersatz des Ausbildungsaufwandes vorsehen, aus wirtschaftlichen Gründen erschwert wird. Demgegenüber steht aber der wirtschaftliche Vorteil des Dienstnehmers aus der Verbesserung seiner Berufschancen am Arbeitsmarkt. Der Dienstnehmer erhält durch die Ausbildung, die über eine bloße Einschulung hinausgeht (SZ 45/122), ein zusätzliches Äquivalent, das es rechtfertigt, den Dienstnehmer in einem gewissen Rahmen mit Ausbildungskosten zu belasten, wenn er schon kurze Zeit nach Abschluß der Ausbildung kündigt und damit die auf Kosten des Dienstgebers erworbenen zusätzlichen Fähigkeiten diesem nicht mehr zur Verfügung stellt (vgl EvBl 1993/23 = WBl 1992, 368 = RdW 1993/18; DRdA 1993/19 [Runggaldier] je mwH). Soweit die Rückersatzverpflichtung der Höhe nach jedoch den Vermögensnachteil des Dienstgebers aus der Ausbildung übersteigt, oder dieser keine adäquate Günstigerstellung des Dienstnehmers gegenübersteht, erlangt die Vereinbarung im übersteigenden Ausmaß allerdings den Charakter einer eigenständigen, von der ursprünglichen Ausbildung losgelösten unzulässigen Kündigungsbeschränkung (Resch, Grenzen für Vertragsklauseln über den Rückersatz von Ausbildungskosten, DRdA 1993, 8 ff mwH, 17 und 20).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in einem ähnlichen, dieselbe Klägerin betreffenden Fall ausgesprochen, daß dem Dienstnehmer durch das Typerating für eine Boeing 737 eine Ausbildung vermittelt wird, deren Verwertungsmöglichkeit nicht nur auf den Betrieb der Klägerin beschränkt ist, sondern weit darüber hinausreicht und dem Dienstnehmer auch bessere Verdienstmöglichkeiten in anderen

Luftfahrtunternehmen verschaffen kann (9 Ob A 319/89 = RdW 1990, 321

= INFAS 1990 A 120). Darauf, ob der Dienstnehmer seine bessere

Qualifikation unmittelbar verwertet, kommt es nicht an. Wie die Klägerin zutreffend ausführt, entfällt der Anspruch auf Ersatz der Ausbildungskosten für vertragsbedienstete Piloten gemäß § 30 Abs 5 Z 1 VBG (auch § 20 Abs 4 BDG 1979) erst nach mehr als 8 Jahren Dienstzeit, obwohl etwa Militärpiloten kaum in die Lage kommen dürften, das ihrer Ausbildung entsprechende Fluggerät weiterzufliegen. Die Revisionsausführungen bieten keine Veranlassung, von der genannten Vorentscheidung abzugehen. Im Hinblick auf die bedeutenden Kosten, welche die Ausbildung des Beklagten erforderte, ist die vertragliche Bindung für eine Zeit von 36 Monaten keine unzulässige Knebelung, sondern entspricht dem gerechtfertigten Interesse der Klägerin. Die Belastung des Beklagten ist demgegenüber nicht unverhältnismäßig, da er durch die vereinbarte Degression der Ausbildungskosten diese gewissermaßen in absehbarer Zeit hätte abarbeiten können. Soweit daher konkrete Ausbildungskosten aufgelaufen sind, hat sie der Beklagte anteilig zu ersetzen. Dies trifft jedenfalls auf die Kosten des Tyeratings zu, die zur Erweiterung der Berechtigung erforderlich waren.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts wendete die Klägerin für das Typerating folgende Kosten auf: S 118.781,-- für den Theoriekurs, S 50.584,-- für den Aufenthalt des Beklagten in London, S 57.532,76 für das Flight-Training und S 1.430,-- an Gebühren. Hinsichtlich der der Höhe nach bestrittenen Aufenthaltskosten ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß die Unterbringung des Beklagten seinem dienstrechtlichen Standard zu entsprechen hatte. Seinen Spesenabrechnungen können für die Frage des Rückersatzes daher nicht allfällige Minimalkosten gegenübergestellt werden. Die Kosten für den Instruktor waren nach den Feststellungen für das Typerating allerdings nicht erforderlich. Selbst wenn es im Interesse der Klägerin gelegen war, den Instruktor schon zum Typerating mitzuschicken, um die Ausbildung des Dienstnehmers zu beobachten und zu überprüfen (S 169), fallen diese Kosten nicht unter die vereinbarten "Ausbildungskosten". Es handelt sich dabei um eine einseitige Maßnahme im ausschließlichen Interesse der Klägerin, die dem Beklagten kostenmäßig nicht angelastet werden kann.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sind auch die vom Erstgericht festgestellten anteiligen Lohnkosten von S 78.557,-- rückforderbar. Die sogenannte synallagmatische Beziehung zwischen Arbeitsleistung und Entgelt zeigt sich nämlich darin, daß ohne Arbeitsleistung auch keine Entgeltpflicht entsteht ("ohne Arbeit kein Lohn"). Da sich die ausdrücklich vereinbarte Rückforderung unbestritten auf einen Zeitraum bezieht, in der die Ausbildung mit keiner Verwendung verbunden war, steht ihr kein gesetzliches Verbot entgegen (vgl. Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, ArbR3 I 172 und 202 mwH; Resch aaO 19; DRdA 1980/6 [Apathy] = Arb 9787 ua). Auch in diesem Fall ist durch die degressive Aliquotierung hinreichend dafür Rechnung getragen, daß die anteilige Rückforderung keine grobe Verletzung der rechtlich geschützten Interessen des Beklagten ergibt.

Hinsichtlich der übrigen, der sogenannten Scheinerhaltung zuzurechnenden Kosten steht, wie auch die Klägerin einräumt (S 240 f), der Ausbildungscharakter nicht mehr zur Gänze im Vordergrund. Wie das Berufungsgericht zutreffend aufzeigte, enthält zwar das sogenannte "training on the job" auch Aus- und Fortbildungselemente, doch wären diese Kosten auch entstanden, wenn der Beklagte bereits als ein auf der Boeing 737 ausgebildeter Pilot angestellt worden wäre. Die Scheinerhaltung liegt demnach nicht nur im persönlichen Interesse des Dienstnehmers, sondern auch des Dienstgebers, der diesen ohne die vorgeschriebenen Halbjahreschecks nicht weiterbeschäftigen dürfte. Auch im Hinblick auf die nach der Erlangung der Typenberechtigung verstrichene kurze Zeit können daher diese Kosten nicht zur Gänze, sondern nur zur Hälfte (§ 273 ZPO) als Ausbildungskosten berücksichtigt werden, so daß das übersteigende Ausmaß im Sinne einer unzulässigen Kündigungserschwerung als übermäßig nicht der Rückforderung unterliegt. Die Klägerin hat daher nur Anspruch auf die Hälfte der von ihr für die Durchführung der notwendigen Simulatorchecks aufgewendeten Kosten (das sind S 36.000,--; ferner S 13.118,-- an anteiligen Instruktorkosten, weil bei den Simulator-Checks die Anwesenheit des Instruktors als Instrumentenlehrer erforderlich ist, und in diesem Zusammenhang Reisekosten des Beklagten in Höhe von S 20.377,--; Kosten für ärztliche Untersuchungen S 2.200,-- und restliche Gebühren S 2.460,--). Der Ersatzanspruch der Klägerin beträgt daher insgesamt S 343.962,26 und vermindert sich durch die degressive Aliquotierung auf S 200.644,65 sowie durch den (im Rechtsmittelverfahren unbekämpften) Abzug des Gehalts für Dezember 1990 auf S 158.719,65.

Die Kostenentscheidungen sind in den §§ 41 und 50 ZPO begründet. Im Verfahren erster Instanz, das in zwei Verfahrensabschnitte zu teilen ist (Widerklage), obsiegte die Klägerin mit rund 73 % bzw 86 %, so daß ihr 46 % bzw 72 % der Kosten (73 % der Pauschalgebühr) zustehen. Im Berufungsverfahren war sie mit ihrer Berufung zu 68 % und mit ihrer Berufungsbeantwortung zur Gänze erfolgreich. Diesem Erfolg entspricht auch die Rekursbeantwortung und die Revisionsbeantwortung im Rekurs- und Revisionsverfahren, so daß ihr 36 % der Kosten der Rekursbeantwortung und die Kosten der Revisionsbeantwortung zustehen.

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