OGH 1Ob4/91 (RS0031735)

OGH1Ob4/9130.10.1991

Rechtssatz

Dem in seiner Ehre Verletzten steht gemäß § 1330 Abs 1 ABGB (bei Vorliegen der Wiederholungsgefahr) ein Unterlassungsanspruch zu. Greift eine Karikatur oder Satire, denen als Kunstform die Verzerrung beziehungsweise Übertreibung der Wirklichkeit immanent ist, in Rechte einer Dritten, insbesonders dessen Ehre ein, bedarf es zunächst der Feststellung des "Aussagekerns", der auf seine Verletzungseignung zu prüfen ist. Die Verletzung des Kerns der menschlichen Ehre und Menschenwürde setzen auch der Karikatur beziehungsweise Satire Grenzen. Im übrigen Bereich hat eine Güterabwägung Platz zu greifen. Eine Karikatur die eine in einer Tageszeitung zu Unrecht gegen eine Person verwendete Aussage ("Schweinchen, das alles macht") in ätzender Form bildlich auf den Chefredakteur und Herausgeber dieser Tageszeitung ummünzt, ist unter dem Gesichtspunkt der Kunstfreiheit nicht rechtswidrig.

Normen

ABGB §1330 Abs1 A
StGG Art17a
UrhG §78
UWG §7 Abs1 C

1 Ob 4/91OGH30.10.1991

Veröff: EvBl 1992/50 S 233 = RdW 1992,174 = ecolex 1992,163 = MR 1992,19 = ÖBl 1992,49

6 Ob 48/97wOGH16.10.1997

nur: Greift eine Karikatur oder Satire, denen als Kunstform die Verzerrung beziehungsweise Übertreibung der Wirklichkeit immanent ist, in Rechte einer Dritten, insbesonders dessen Ehre ein, bedarf es zunächst der Feststellung des "Aussagekerns", der auf seine Verletzungseignung zu prüfen ist. (T1)<br/>Beisatz: Wahlbroschüre. (T2)

4 Ob 37/99sOGH23.02.1999

Ähnlich; nur: Greift eine Karikatur oder Satire, denen als Kunstform die Verzerrung beziehungsweise Übertreibung der Wirklichkeit immanent ist, in Rechte einer Dritten, insbesonders dessen Ehre ein, bedarf es zunächst der Feststellung des "Aussagekerns", der auf seine Verletzungseignung zu prüfen ist. Die Verletzung des Kerns der menschlichen Ehre und Menschenwürde setzen auch der Karikatur beziehungsweise Satire Grenzen. Im übrigen Bereich hat eine Güterabwägung Platz zu greifen. (T3)

4 Ob 131/01wOGH12.06.2001

Auch; Beisatz: Dabei sind an die Beurteilung der Form (der Verfremdung, der Verzerrung) im Sinn der Kunstfreiheit nicht allzu strenge Maßstäbe anzulegen, so dass erst die Verletzung des Kerns der menschlichen Ehre, der Menschenwürde oder des gesamten öffentlichen Ansehens einer Person der äußeren Form "Satire oder Karikatur" jedenfalls Grenzen setzt, nicht aber schon jede, wenn auch sonst (außerhalb der Beurteilung der Kunstfreiheit) beleidigende Bezeichnung oder Darstellung. (T4)

4 Ob 111/04hOGH25.05.2004

Auch; Beisatz: Unter "Satire" wird, ebenso wie unter "Karikatur", eine Kunstform verstanden, die durch Verzerrung und Übertreibung der Wirklichkeit Missstände rügt und geißelt. (T5)

4 Ob 166/06zOGH21.11.2006

nur T1; Beis wie T4; Beisatz: Hier: § 7 UWG. (T6)

15 Os 6/08hOGH08.05.2008

Vgl; nur T1

4 Ob 119/10vOGH15.12.2010

Vgl auch; Beisatz: Die Rechtsprechung liegt im Zusammenhang mit Satire und Karikatur an die Beurteilung der Form (der Verfremdung, der Verzerrung) im Sinne der Kunstfreiheit nicht allzu strenge Maßstäbe an, sodass erst die Verletzung des Kerns der menschlichen Ehre, der Menschenwürde oder des gesamten öffentlichen Ansehens einer Person der äußeren Form „Satire“ oder „Karikatur“ Grenzen setzt, nicht aber schon jede, wenn auch sonst (außerhalb der Beurteilung der Kunstfreiheit) beleidigende Bezeichnung oder Darstellung. (T7)<br/>Beisatz: Hier: Verwendung eines Pressefotos als Eigenwerbung, das anlässlich eines Besuchs des Bundespräsidenten aufgenommen wurde, was aus dem verwendeten Bildausschnitt nicht hervorgeht, wobei dem Foto satirischer Text hinzugefügt ist. (T8)

6 Ob 52/16iOGH24.10.2016

Vgl; nur: Greift eine Satire, der als Kunstform die Verzerrung beziehungsweise Übertreibung der Wirklichkeit immanent ist, in Rechte einer Dritten, insbesonders dessen Ehre ein, bedarf es zunächst der Feststellung des "Aussagekerns", der auf seine Verletzungseignung zu prüfen ist. Die Verletzung des Kerns der menschlichen Ehre und Menschenwürde setzen auch der Satire Grenzen. Im übrigen Bereich hat eine Güterabwägung Platz zu greifen. (T9)<br/>Beis wie T4 nur: Nicht aber schon jede, wenn auch sonst (außerhalb der Kunstfreiheit) beleidigende Bezeichnung oder Darstellung. (T10)

6 Ob 50/21bOGH15.04.2021

Vgl

Dokumentnummer

JJR_19911030_OGH0002_0010OB00004_9100000_001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)