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BGBl I 122/2024

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

122. Bundesgesetz: Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes
122. (NR: GP XXVII IA 4132/A AB 2639 S. 270 . BR: AB 11597 S. 969 .)

122. Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 147/2022 und die Kundmachung BGBl. I Nr. 10/2024, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 13a folgender Eintrag eingefügt:

„§ 13b Elektronische Eingaben und Erledigungen (Elektronischer Rechtsverkehr)“

2. Im Inhaltsverzeichnis lautet der Eintrag zu § 41:

„§ 41 Besondere Durchsuchungsanordnung“

3. In § 13a wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, auf Grundlage der von ihnen gemäß Abs. 2 verarbeiteten Daten Namen, Geschlecht, frühere Namen, Aliasdaten, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnanschrift, bPK (§ 9 des E-Government-Gesetzes – E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004), Namen der Eltern, Grund des Einschreitens, Verwaltungsdaten sowie einen Hinweis auf bereits vorhandene, gemäß § 75 Abs. 1 verarbeitete erkennungsdienstliche Daten zu Verdächtigen (§ 48 Abs. 1 Z 1 StPO), Beschuldigten (§ 48 Abs. 1 Z 2 StPO) und Verurteilten (§ 1 Z 2 des Strafvollzugsgesetzes – StVG, BGBl. Nr. 144/1969) als gemeinsam Verantwortliche zu verarbeiten, um eine eindeutige Zuordnung von Aktenvorgängen zu einer Person sicherzustellen. Der Bundesminister für Inneres übt die Funktion des Auftragsverarbeiters gemäß § 36 Abs. 2 Z 9 in Verbindung mit § 48 DSG aus; § 51 gilt entsprechend. Für die Aktualisierung gilt § 59 Abs. 1 zweiter und dritter Satz. Die Daten sind zu löschen, wenn der bezughabende Akt im Dienste der Strafrechtspflege (Abs. 2) zu löschen ist.“

4. In § 13a Abs. 4 wird die Wortfolge „Abs. 1 und 2“ durch die Wortfolge „Abs. 1 bis 2a“ ersetzt.

5. Nach § 13a wird folgender § 13b samt Überschrift eingefügt:

„Elektronische Eingaben und Erledigungen (Elektronischer Rechtsverkehr)

§ 13b. (1) Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten erfolgt die Kommunikation im Bereich der Strafrechtspflege zwischen den Sicherheitsbehörden und den Gerichten, Staatsanwaltschaften, Vollzugsbehörden (§§ 11 und 13 StVG) sowie den in § 89c Abs. 5 des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, genannten Teilnehmern im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs. Die §§ 89a Abs. 2 und 3, 89c Abs. 1 und 89d GOG sind dabei sinngemäß anzuwenden.

(2) Der Bundesminister für Inneres hat im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Justiz durch Verordnung die nähere Vorgangsweise bei der Einbringung von Anträgen sowie bei Einbringen und Übermittlung von Ausfertigungen oder der Einsicht unterliegenden Aktenbestandteilen (§ 13a Abs. 2) im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs gemäß Abs. 1 festzulegen; dazu gehören insbesondere Regelungen über die zulässigen elektronischen Formate und Signaturen sowie über die Ausgestaltung der automationsunterstützt hergestellten Ausfertigungen einschließlich der technischen Vorgaben für die elektronische Signatur und deren Überprüfung. In der Verordnung kann vorgesehen werden, dass sich die Einbringer einer Übermittlungsstelle zu bedienen haben. Der Bundesrechenzentrum GmbH obliegt nach Maßgabe ihrer technischen und personellen Ausstattung die Mitwirkung am elektronischen Rechtsverkehr als Auftragsverarbeiterin (§ 36 Abs. 2 Z 9 in Verbindung mit § 48 DSG), soweit dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.“

6. § 41 samt Überschrift lautet:

„Besondere Durchsuchungsanordnung

§ 41. (1) Ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, es werde

  1. 1. bei einer Großveranstaltung oder
  2. 2. bei Einrichtungen oder Anlagen, die für gefährliche Angriffe gegen Leben oder Gesundheit einer größeren Zahl von Menschen besonders anfällig sind,

    zu nicht bloß vereinzelten Gewalttätigkeiten oder zu einer größeren Zahl gefährlicher Angriffe gegen Leben oder Gesundheit von Menschen kommen, so hat die Sicherheitsbehörde mit Verordnung den Zutritt zur Veranstaltungsstätte, Einrichtung oder Anlage von der Bereitschaft der Menschen, ihre Fahrzeuge, ihre Kleidung und mitgeführte Behältnisse durchsuchen zu lassen, abhängig zu machen; dies gilt nicht für Versammlungen, auf die die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes 1953 anzuwenden sind.

(2) Verordnungen gemäß Abs. 1 sind auf eine Weise kundzumachen, die geeignet erscheint, einen möglichst weiten Kreis potentiell Betroffener zu erreichen, insbesondere durch Anschlag oder Verlautbarung in Medien; bei der Veranstaltungsstätte, Einrichtung oder Anlage sind sie jedenfalls ersichtlich zu machen. Verordnungen gemäß Abs. 1 Z 1 können auch mehrere, innerhalb von 48 Stunden stattfindende gleichartige Veranstaltungen erfassen.

(3) Verordnungen gemäß Abs. 1 haben Tag und Uhrzeit ihres Inkrafttretens sowie den genauen örtlichen Umfang zu bestimmen. Sie sind aufzuheben, sobald eine Gefährdung gemäß Abs. 1 nicht mehr zu befürchten ist, und treten mit Ende der Veranstaltung, jedenfalls aber eine Woche nach ihrem Wirksamwerden außer Kraft.

(4) Wurde für eine Veranstaltung, Einrichtung oder Anlage eine Verordnung gemäß Abs. 1 erlassen, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, die Kleidung und mitgeführte Behältnisse von Menschen, die Zutritt haben wollen, und deren Fahrzeuge vor dem Zutritt zu durchsuchen und sie im Falle der Weigerung vom Zutritt zur Veranstaltung, Einrichtung oder Anlage auszuschließen. Ein Anspruch auf Erstattung des Ticketpreises gegenüber dem Bund besteht nicht.“

7. In § 53 Abs. 3a wird in Z 1 die Wortfolge „Namen, Anschrift und Teilnehmernummer eines bestimmten Anschlusses“ durch die Wortfolge „Stammdaten eines Nutzers gemäß § 160 Abs. 3 Z 5 lit. a bis d und g TKG 2021 oder Nutzers eines sonstigen Dienstes (§ 3 Z 1 ECG)“ ersetzt.

8. In § 53 Abs. 3b wird nach der Wortfolge „sowie technische Mittel zur Lokalisierung der Endeinrichtung“ die Wortfolge „einschließlich der Feststellung der dazugehörenden IMSI“ eingefügt.

9. In § 53a Abs. 5 wird nach der Wortfolge „soweit dies wegen eines sprengelübergreifenden Einsatzes“ die Wortfolge „oder der Unterstützung bei der Koordination von Einsätzen“ eingefügt.

10. In § 54 wird nach Abs. 4a folgender Abs. 4b eingefügt:

„(4b) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, verdeckt mittels Einsatz von bildverarbeitenden technischen Einrichtungen Daten zur Identifizierung von Fahrzeugen, insbesondere das KFZ-Kennzeichen sowie Type, Marke und Farbe des Fahrzeuges, für Zwecke der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Fahndung zu verarbeiten. Soweit die bildgebende Erfassung von Personen technisch nicht ausgeschlossen werden kann, sind diese Personen ohne unnötigen Verzug in nicht rückführbarer Weise unkenntlich zu machen. Der automationsunterstützte und zeitlich unmittelbar nach Erfassung erfolgende Abgleich mit nationalen und internationalen Fahndungsevidenzen ist nur anhand des KFZ-Kennzeichens zulässig. Findet der Einsatz innerhalb einer Woche insgesamt länger als 72 Stunden an derselben Örtlichkeit statt (stationärer Einsatz), ist dieser ausschließlich entlang der vom internationalen Durchzugsverkehr benützten Verkehrswege oder nach Durchführung einer ortsbezogenen Risikoanalyse zulässig. Die ortsbezogene Risikoanalyse gilt längstens sechs Wochen. Die Daten sind zu löschen, es sei denn, es handelt sich um einen Trefferfall.“

11. In § 57 Abs. 3 wird die Wortfolge „Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 2a“ durch die Wortfolge „Abs. 1 und Abs. 2“ ersetzt.

12. § 58 Abs. 3 entfällt.

13. In § 58e wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Die Sicherheitsbehörde, die Bild- und Tondaten zur Aufgabenerfüllung im Rahmen der Sicherheitsverwaltung sowie der Kriminalpolizei rechtmäßig ermittelt, ist ermächtigt, die auf diese Weise erlangten Bild- und Tondaten auf Verlangen der Landespolizeidirektion sowie dem Bundesminister für Inneres ausschließlich zur Echtzeitübertragung zu übermitteln, sofern dies zur Unterstützung bei der Koordination von Einsätzen, insbesondere bei sicherheitspolizeilichen Schwerpunktaktionen sowie ordnungsdienstlichen Anlässen, erforderlich ist.“

14. In § 63 Abs. 3 entfällt die Wortfolge „und § 57 Abs. 2a“.

15. In § 75 Abs. 1 wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Gleiches gilt für gemäß § 65 Abs. 3 ermittelte erkennungsdienstliche Daten hilfloser Personen (§ 35 Abs. 1 Z 3), solange sie nicht gemäß § 73 Abs. 1 Z 6 zu löschen sind.“

16. In § 91c Abs. 1 zweiter Satz wird nach der Wortfolge „Endeinrichtung (§ 53 Abs. 3b) sowie den“ das Wort „stationären“ eingefügt.

17. In § 91c Abs. 2 zweiter Satz wird die Wortfolge „binnen drei Tagen“ durch die Wortfolge „binnen drei Werktagen, wobei Samstage nicht als Werktage gelten,“ ersetzt.

18. Dem § 91c wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Sicherheitsbehörden, die die erstmalige Inbetriebnahme bildverarbeitender technischer Einrichtungen gemäß § 54 Abs. 4b beabsichtigen, haben unverzüglich den Bundesminister für Inneres zu verständigen. Dieser hat dem Rechtsschutzbeauftragten Gelegenheit zur Äußerung binnen zwei Wochen zu geben. Abs. 2 letzter Satz gilt sinngemäß.“

19. § 92a Abs. 2 lautet:

„(2) Die Gebühren sind, sofern sie nicht ohne weiteres entrichtet werden, von den Bezirksverwaltungsbehörden, im Wirkungsbereich einer Landespolizeidirektion als Sicherheitsbehörde erster Instanz (§ 8) von dieser, vorzuschreiben. Die örtliche Zuständigkeit für Vorschreibungen richtet sich nach dem Ort des Einschreitens, im Falle eines sprengelüberschreitenden Einschreitens nach dem Ort, an welchem das Einschreiten begonnen hat.“

20. Dem § 94 wird folgender Abs. 56 angefügt:

„(56) Das Inhaltsverzeichnis sowie § 13a Abs. 2a und 4, § 13b samt Überschrift, § 41 samt Überschrift, § 53 Abs. 3a und 3b, § 53a Abs. 5, § 54 Abs. 4b, § 57 Abs. 3, § 58e Abs. 2a, § 63 Abs. 3, § 75 Abs. 1, § 91c und § 92a Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2024 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft. Gleichzeitig tritt § 58 Abs. 3 außer Kraft.“

Van der Bellen

Nehammer

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