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BGBl II 261/2016

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

261. Verordnung: Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 - ZBV 2016

261. Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Zuzugsbegünstigungen (Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 - ZBV 2016)

Auf Grund des § 103 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 118/2015, wird verordnet:

Antragstellung und Bescheid

§ 1. (1) Der Bundesminister für Finanzen kann auf Antrag der zuziehenden Person die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen (§ 103 Abs. 1 EStG 1988) und einen Zuzugsfreibetrag (§ 103 Abs. 1a EStG 1988) zuerkennen. Dem Antrag ist ein Verzeichnis im Sinne des § 7 Abs. 1 samt den dazugehörigen Nachweisen beizulegen.

(2) Der Antrag ist spätestens sechs Monate nach dem Zuzug einzubringen.

(3) Ist es dem Antragsteller nicht möglich, bei der Antragstellung alle erforderlichen Unterlagen (§ 7 Abs. 1) vorzulegen, kann der Bundesminister für Finanzen auf Antrag eine Frist zur Nachreichung der Unterlagen gewähren.

(4) Der Bundesminister für Finanzen hat über einen Antrag für die gesamte Dauer der Zuzugsbegünstigung (§ 6) abzusprechen. Im Fall der Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen durch Anwendung eines pauschalen Durchschnittssteuersatzes ist auch die Höhe des Durchschnittssteuersatzes im Sinne des § 5 Abs. 1 festzusetzen.

Wissenschaft und Forschung

§ 2. (1) Der Zuzug hochqualifizierter Personen aus dem Ausland dient der Förderung von Wissenschaft und Forschung und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  1. 1. Die Tätigkeit der zuziehenden Person im Bereich der Wissenschaft und Forschung besteht überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit (einschließlich der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste). Eine Tätigkeit ist als wissenschaftlich anzusehen, wenn sie auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten (Forschung und experimentelle Entwicklung).
  2. 2. Die Tätigkeit im Bereich der Wissenschaft und Forschung liegt maßgeblich im öffentlichen Interesse Österreichs.
  3. 3. Die Förderung von Wissenschaft und Forschung würde ohne Zuzug nicht in diesem Ausmaß eintreten und erfolgt unmittelbar.
  4. 4. Die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Antragstellers ist hinreichend dokumentiert.

(2) Ein der Förderung der Wissenschaft und Forschung dienender Zuzug aus dem Ausland liegt in folgenden Fällen jedenfalls im öffentlichen Interesse:

  1. 1. Der zuziehende Wissenschaftler wird als Professorin/Professor im Sinne des § 94 Abs. 2 Z 1 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120, tätig oder des § 12 Abs. 1 Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology - Austria, BGBl. I Nr. 69/2006 in Verbindung mit § 94 Abs. 2 Z 1 UG.
  2. 2. Der zuziehende Wissenschaftler wird in seinem Habilitationsfach oder einem an sein Habilitationsfach angrenzenden wissenschaftlichen oder künstlerischen Fach tätig, und zwar an einer
    1. a) Universität im Sinne des § 4 UG oder § 1 Bundesgesetz über die Universität für Weiterbildung Krems (DUK-Gesetz 2004), BGBl. I Nr. 22/2004, an einer
    2. b) Privatuniversität im Sinne des § 1 Privatuniversitätengesetz (PUG), BGBl. I Nr. 74/2011, an einer
    3. c) Fachhochschule im Sinne des § 8 Fachhochschul-Studiengesetz (FHStG), BGBl. Nr. 340/1993, in einer
    4. d) wissenschaftlichen Einrichtung im Sinne des Forschungsorganisationsgesetzes (FOG), BGBl. Nr. 341/1981, in einer
    5. e) Körperschaft, die kraft Gesetzes eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Staates, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht, im Wesentlichen der Forschung dient, oder in einer
    6. f) nach § 71 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 zertifizierten Forschungseinrichtung.

  1. 3. Die dem zuziehenden Wissenschaftler zu bezahlenden Vergütungen (Löhne, Gehälter, Honorare) stellen Aufwendungen (Ausgaben) im Sinne des § 108c Abs. 1 EStG 1988 dar und betragen mindestens das für die Blaue Karte EU erforderliche Bruttojahresgehalt. Z 2 letzter Satz gilt entsprechend.

Kunst

§ 3. (1) Der Zuzug aus dem Ausland dient der Förderung der Kunst und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  1. 1. Die der Förderung der Kunst zu Grunde liegende Tätigkeit besteht ungeachtet der Einkunftsart überwiegend in einer künstlerischen Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 1 lit. a EStG 1988.
  2. 2. Die Tätigkeit im Bereich der Kunst liegt maßgeblich im öffentlichen Interesse Österreichs.
  3. 3. Die Förderung der Kunst würde ohne Zuzug nicht in diesem Ausmaß eintreten und erfolgt unmittelbar.
  4. 4. Der Antragsteller ist Künstler von herausragender internationaler Bedeutung.

(2) Ein der Förderung der Kunst dienender Zuzug aus dem Ausland liegt jedenfalls im öffentlichen Interesse, wenn der zuziehende Künstler gemäß Artikel III Abs. 1 der Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Schaffung von Berufstiteln, BGBl. II Nr. 49/2008, zur Führung des Berufstitels Kammersängerin/Kammersänger oder Kammerschauspielerin/Kammerschauspieler berechtigt ist und im Rahmen dieser Tätigkeit bei mindestens zehn inländischen Aufführungen im Jahr auftritt.

Sport

§ 4. Der Zuzug aus dem Ausland dient der Förderung des Sports und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  1. 1. Der Sportler ist Spitzensportlerin/Spitzensportler im Sinne des § 3 Z 11 Bundes-Sportförderungsgesetz 2013 (BSFG 2013), BGBl. I Nr. 100.
  2. 2. Die Förderung der sportlichen Tätigkeit liegt maßgeblich im öffentlichen Interesse.
  3. 3. Der Sportler tritt bei internationalen Wettkampfveranstaltungen im Sinne des § 3 Z 6 BSFG 2013 offiziell als Repräsentant Österreichs in Erscheinung.
  4. 4. Die Förderung des Sports erfolgt unmittelbar.

Umfang der Begünstigung

§ 5. (1) Die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen erfolgt durch Anwendung eines pauschalen Durchschnittssteuersatzes von mindestens 15% auf die nicht unter § 98 EStG 1988 fallenden Einkünfte unter Hinzurechnung der Hälfte des in § 102 Abs. 3 EStG 1988 genannten Betrages. Dabei werden ausländische Steuern in sinngemäßer Anwendung des § 1 Abs. 2 erster und zweiter Satz der Verordnung des Bundesministers betreffend die Vermeidung von Doppelbesteuerung in der Stammfassung BGBl. II Nr. 474/2002, angerechnet. Für die Ermittlung des pauschalen Durchschnittssteuersatzes gilt:

  1. 1. Es ist die Summe sämtlicher nicht in Österreich erhobener Steuern auf das Einkommen der letzten drei Kalenderjahre, die dem Jahr des Zuzuges vorangegangen sind, zu ermitteln. Dabei sind auch ausländische Steuern anzusetzen, die das Einkommen mittelbar belasten.
  2. 2. Es ist die Summe der Einkommen zu ermitteln, die in den letzten drei Kalenderjahren, die dem Jahr des Zuzuges vorangegangen sind, erzielt wurden. Dabei sind die für unbeschränkt Steuerpflichtige geltenden Vorschriften des EStG 1988 anzuwenden; Einkünfte, die einem besonderen Steuersatz unterliegen, sind zu berücksichtigen, nicht aber Einkünfte, die unter § 98 EStG 1988 fallen.
  3. 3. Der pauschale Durchschnittssteuersatz ergibt sich aus dem Verhältnis der Gesamtsteuer gemäß Z 1 zum Gesamteinkommen gemäß Z 2.

(2) Durch den pauschalen Durchschnittssteuersatz gelten allfällige Doppelbesteuerungsabkommen als bereits berücksichtigt. Die nicht unter § 98 EStG 1988 fallenden Einkünfte sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) zu berücksichtigen.

(3) Nach Ablauf des zehnten Kalenderjahres ab dem Zuzug erhöht sich der pauschale Durchschnittssteuersatz im Sinne des Abs. 1 mit 1. Jänner eines Kalenderjahres jährlich um 2 Prozentpunkte.

Dauer

§ 6. (1) Die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen ist ab dem Zuzugszeitpunkt bis zum 31. Dezember des Kalenderjahres zuzuerkennen, in dem der Steuersatz im Sinne des § 5 Abs. 3 erstmalig mindestens 48% erreicht.

(2) Der Zuzugsfreibetrag ist ab dem Zuzugszeitpunkt für fünf Jahre zuzuerkennen.

(3) Die Zuzugsbegünstigung erlischt in folgenden Fällen vorzeitig:

  1. 1. Es kommen Tatsachen oder Beweismittel neu hervor, denen zufolge für die Begünstigung bedeutsame Umstände nicht vollständig und wahrheitsgemäß offengelegt wurden, und deren Kenntnis einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
  2. 2. Die begünstigte Person zieht aus Österreich weg.
  3. 3. Die begünstigte Person beendet die für die Zuerkennung der Zuzugsbegünstigung maßgebliche Tätigkeit, ohne eine andere begünstigungswürdige Tätigkeit aufzunehmen.
  4. 4. Es treten Umstände ein, die dem öffentlichen Interesse an der Gewährung der Zuzugsbegünstigung wesentlich entgegenstehen.
  5. 5. Es wird den in § 7 Abs. 2 genannten Verpflichtungen nicht nachgekommen.
  6. 6. Es wird in einer Beilage zur Steuererklärung durch ausdrückliche Erklärung freiwillig auf die weitere Anwendung der Begünstigung verzichtet.

(4) Das Finanzamt hat jeweils im Rahmen der Veranlagung zu prüfen, ob einer der in Abs. 3 genannten Umstände eingetreten ist.

Formelle Voraussetzungen

§ 7. (1) Dem Antrag auf Zuzugsbegünstigung durch den Bundesminister für Finanzen ist ein Verzeichnis anzuschließen, das folgende Angaben zu enthalten hat:

  1. 1. Die Glaubhaftmachung, dass der Zuzug gemäß §§ 2, 3 oder 4 im öffentlichen Interesse gelegen sein wird. Belege, die der Glaubhaftmachung dienen, sind beizulegen,
  2. 2. die Bekanntgabe des Wegzugsstaates,
  3. 3. die Bekanntgabe des Zuzugszeitpunktes,
  4. 4. die Bekanntgabe der inländischen Wohnsitze in einem Zeitraum von zehn Jahren vor dem Zuzug und zum Antragszeitpunkt,
  5. 5. die Bekanntgabe der ausländischen Wohnsitze in einem Zeitraum von fünf Jahren vor dem Zuzug und zum Antragszeitpunkt,
  6. 6. die Bekanntgabe der Mittelpunkte der Lebensinteressen in einem Zeitraum von zehn Jahren vor dem Zuzug und zum Antragszeitpunkt und
  7. 7. für Anträge auf Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen die vollständige Darstellung der Ermittlung des pauschalen Steuersatzes.

(2) Die vom Bundesminister für Finanzen zugesprochene Zuzugsbegünstigung (§ 1 Abs. 4) darf vom Finanzamt nur berücksichtigt werden, wenn vom Steuerpflichtigen als Beilage zur Steuererklärung des jeweiligen Veranlagungsjahres ein ordnungsgemäß geführtes Verzeichnis vorgelegt wird, das unter Hinweis auf die den Eintragungen zugrunde liegenden Belege folgende Angaben zu enthalten hat:

  1. 1. Die Glaubhaftmachung, dass das öffentliche Interesse am Zuzug gemäß §§ 2, 3 oder 4 im Veranlagungsjahr vorliegt.
  2. 2. Die Bekanntgabe der ausländischen und inländischen Wohnsitze im jeweiligen Veranlagungszeitraum.
  3. 3. Die Glaubhaftmachung, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen im jeweiligen Veranlagungszeitraum in Österreich war.

Beiziehung von Sachverständigen

§ 8. Liegt das öffentliche Interesse nicht gemäß § 2 Abs. 2 oder § 3 Abs. 2 jedenfalls vor, kann der Bundesminister für Finanzen sowie das Finanzamt zur sachverständigen Beurteilung des öffentlichen Interesses in Fällen des § 2 die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG), in Fällen des § 3 den für Kunst und Kultur zuständigen Bundesminister und in Fällen des § 4 den für Sport zuständigen Bundesminister beiziehen.

Verweisungen

§ 9. (1) Soweit in dieser Verordnung auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze, Verordnungen und Entschließungen verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

(2) Dies gilt nicht für § 1 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers betreffend die Vermeidung von Doppelbesteuerung.

Schluss- und Übergangsbestimmungen

§ 10. (1) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Zuzugsbegünstigungsverordnung, BGBl. II Nr. 102/2005, außer Kraft.

(3) Erfolgte der Zuzug vor dem 15. August 2015, gelten folgende Übergangsbestimmungen:

  1. 1. Die gemäß § 2 Abs. 2 Z 3 erforderliche Mindestvergütung gilt nicht.
  2. 2. Abweichend von § 5 erfolgt die Beseitigung der durch den Zuzug eintretenden steuerlichen Mehrbelastungen bei Personen, denen bereits eine Zuzugsbegünstigung gewährt wurde, durch Anwendung der im zuletzt ergangenen Bescheid vorgesehenen Entlastungsmethode.
  3. 3. Die Zuzugsbegünstigung ist für Zeiträume nach dem 31. Dezember 2016 nicht zuzuerkennen, wenn die gesamte Dauer der Begünstigung 20 Jahre überschreiten würde.
  4. 4. § 6 Abs. 1 ist nicht anzuwenden.

Schelling

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