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BGBl II 56/2012

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

56. Verordnung: Nähere Bestimmungen über die tierschutzkonforme Ausbildung von Hunden

56. Verordnung des Bundesministers für Gesundheit hinsichtlich näherer Bestimmungen über die tierschutzkonforme Ausbildung von Hunden

Aufgrund der §§ 2, 14, 24 Abs. 1 Z 2 und 24 Abs. 3 des Bundesgesetzes über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz - TSchG), BGBl. I Nr. 118/2004 Art. 2, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 80/2010, wird verordnet:

1. Abschnitt

Allgemeines

Anwendungsbereich

§ 1. Diese Verordnung ist auf die Ausbildung aller Hunde anzuwenden. Ausgenommen davon sind Diensthunde im Sinne des § 1 der Diensthunde-Ausbildungsverordnung, BGBl. II Nr. 494/2004.

(2) Die persönlichen Voraussetzungen für die Ausübung eines Gewerbes, das die Ausbildung und das Verhaltenstraining von Hunden zum Gegenstand hat, richten sich nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994.

Grundsätze in der Hundeausbildung

§ 2. (1) Die Ausbildung des Hundes muss tierschutzkonform erfolgen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass keine Maßnahmen zur Anwendung kommen, die gemäß § 5 TSchG vom Verbot der Tierquälerei erfasst sind.

(2) Bei der Ausbildung des Hundes ist darauf Wert zu legen, dass

  1. 1. ein gutes Sozialverhalten der Hunde gegenüber Menschen und anderen Hunden und eine geeignete Gewöhnung an ihre Lebens- und Trainingsumgebung gefördert werden,
  2. 2. die Ausbildung altersgemäß ist und den körperlichen Möglichkeiten und Lernvoraussetzungen des Hundes entspricht,
  3. 3. auf rassespezifische Eigenschaften und individuelle Eigenschaften des Hundes angemessen eingegangen wird.

(3) Bei der Ausbildung des Hundes ist darauf zu achten, dass sie auf den Grundlagen der lerntheoretischen Erkenntnisse aufbaut und Methoden der positiven Motivation der Vorzug vor aversiven Methoden gegeben wird.

Anforderungen an Personen, die Hunde ausbilden

§ 3. (1) Personen, die Hunde ausbilden, müssen

  1. 1. die Grundsätze des § 2 einhalten,
  2. 2. eigenberechtigt und zur Haltung von Tieren gemäß § 12 TSchG geeignet und
  3. 3. verlässlich sein.

(2) Wer Hunde ausbildet, ohne den Anforderungen gemäß Abs. 1 zu genügen, begeht eine Verwaltungsübertretung gemäß § 38 Abs. 3 TSchG.

Ausschließungsgründe

§ 4. (1) Verlässlichkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 3 liegt keinesfalls vor, wenn eine Person wegen tierquälerischen Verhaltens von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde rechtskräftig verurteilt bzw. bestraft worden oder die Staatsanwaltschaft auf Grund diversioneller Maßnahmen (§ 198 StPO) von der Strafverfolgung zurückgetreten ist.

(2) Ebenso liegen diese Anforderungen nicht vor, wenn eine Person wegen eines vorsätzlich begangenen Verbrechens oder Vergehens gegen Leib und Leben rechtskräftig verurteilt worden ist.

2. Abschnitt

„Tierschutzqualifizierte Hundetrainerin“ bzw. „Tierschutzqualifizierter Hundetrainer“

Anforderungen an tierschutzqualifizierte Hundetrainerinnen bzw. tierschutzqualifizierte Hundetrainer

§ 5. (1) Als „Tierschutzqualifizierte Hundetrainerin“ bzw. „Tierschutzqualifizierter Hundetrainer“ dürfen sich nur solche Personen bezeichnen, die neben den Anforderungen der §§ 3 und 4

  1. 1. die erforderliche Qualifikation gemäß § 6 nachweisen können und
  2. 2. darüber die Prüfung gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 positiv absolviert haben.

(2) Hundetrainerinnen bzw. Hundetrainern kann ein Gütesiegel, welches sie als „tierschutzqualifiziert“ auszeichnet, ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 vorliegen.

Anforderungen an tierschutzqualifizierte Hundetrainerinnen bzw. tierschutzqualifizierte Hundetrainer

§ 6. (1) Die Aus- und Fortbildung hat mindestens Folgendes zu umfassen:

  1. 1. Mindestens zwei Jahre praktische Erfahrung in der Arbeit mit Hunden nach den Grundsätzen des § 2.
  2. 2. Ablegen einer kommissionellen Prüfung, welche die Ausbildungsinhalte gemäß § 7 zum Inhalt hat, aus einem theoretischen und einem praktischen Teil besteht und die von einer Prüfungskommission gemäß Abs. 3 gemeinsam abgenommen wird. Im praktischen Teil sind Lösungsansätze in mindestens vier unterschiedlichen Trainings-Situationen vorzusehen.
  3. 3. Verpflichtende Fortbildung von zumindest 40 Stunden innerhalb von zwei Kalenderjahren, die einerseits eine Wiederholung und Vertiefung der Ausbildungsinhalte gemäß § 7 und andererseits eine Weiterbildung bietet.

(2) Der Qualifikationsnachweis im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 gilt als erbracht, wenn die Hundetrainerin bzw. der Hundetrainer

  1. 1. Abs. 1 Z 1 erfüllt und
  2. 2. die Prüfung gemäß Abs. 1 Z 2 positiv abgeschlossen hat.

(3) Die Prüfungskommission hat aus drei Sachverständigen zu bestehen, nämlich:

  1. 1. einer Wissenschafterin bzw. einem Wissenschafter, die bzw. der auf einem oder mehreren Gebieten gemäß § 7 Abs. 1 Z 10 sowie 14 tätig ist,
  2. 2. einer Hundetrainerin bzw. einem Hundetrainer mit Tierschutzkompetenz und Erfahrung in der Aus- und Weiterbildung von Hundetrainerinnen bzw. Hundetrainern und
  3. 3. einer Person mit fachlich fundiertem Tierschutzwissen und veterinärmedizinischen oder verhaltensbiologischen Kenntnissen.

Ausbildungsinhalte

§ 7. (1) Für die Qualifikation als „Tierschutzqualifizierte Hundetrainerin“ bzw. als „Tierschutzqualifizierter Hundetrainer“ müssen jedenfalls die wesentlichen Grundlagen in folgenden inhaltlichen Bereichen nachgewiesen werden:

  1. 1. tierschutzgerechte Erziehungsmethoden und tierschutzrelevante Fragen der Hundeausbildung, Kenntnis und Anwendung tierschutzgerechter Ausbildungsmethoden, Tierschutzrelevanz verschiedener Erziehungsmethoden und -hilfsmittel;
  2. 2. Lernverhalten von Hunden und Lernmethodik, lerntheoretische Grundlagen von klassischer Konditionierung und operanter Konditionierung sowie von kognitivem und sozialem Lernen bei Hunden;
  3. 3. Ausdrucksverhalten von Hunden, Kommunikationsverhalten von Hunden gegenüber Artgenossen sowie Menschen nach bestimmten Stimmungslagen (v.a. Angst, Stress, Beschwichtigung, Abwehr) und rassespezifische Unterschiede;
  4. 4. Wesen und Verhalten von Hunden, Sozialverhalten, artgemäßes Verhalten von Hunden in Normalsituationen versus Konfliktsituationen, Wesens- und Temperamenteinschätzung, Sozialordnung und Ressourcenkontrolle bei Hunden;
  5. 5. Angst- und Aggressionsverhalten Ursachen und Entstehung von Meideverhalten und Abwehrverhalten sowie Angst- und Aggressionsvermeidung im Alltag und der Hundeausbildung;
  6. 6. Stress bei Hunden, Neurophysiologie des Stressgeschehens, Maßnahmen zur Stressvermeidung und Stressmanagement, Auswirkungen von Stress im Alltag und in der Hundeausbildung;
  7. 7. Rassekunde und rassespezifisches Verhalten: Entstehungsgeschichte der einzelnen Rassen und ihre Eignungen, individuelle und rassespezifische Unterschiede im Verhalten;
  8. 8. Artgerechte Haltung und Zusammenleben mit dem Hund: artgemäße und rassespezifische Anforderungen an Haltung, Fütterung, Pflege und Auslastung des Hundes, Fragen des Zusammenlebens von Hund und Mensch im Alltag;
  9. 9. Zucht und Aufzucht von Hunden, Grundlagen der Hundezucht, Welpenentwicklung und Sozialisationsphasen, welpengerechtes Lernen und Anforderungen an „Welpenschulen“;
  10. 10. Ethologie des Hundes, Evolution und Geschichte des Hundes, Evolution von Verhaltensweisen; motorische, sensorische und kognitive Fähigkeiten des Hundes;
  11. 11. Recht, Tierschutzrecht, rechtliche Fragen der Hundehaltung;
  12. 12. Veterinärmedizinische Grundlagen, Krankheiten des Bewegungsapparates, Impfungen, häufige Krankheiten und Erbkrankheiten, Genetik und Anatomie, Erste Hilfe beim Hund;
  13. 13. Kommunikation und Didaktik, Grundlagen der Kommunikation und Rhetorik, Vermittlung von Lerninhalten und Aufbau von Trainingsaufgaben; ethische Fragen der Hundeausbildung;
  14. 14. Mensch-Tier-Beziehung, Grundlagen der Mensch-Tier-Beziehung im Allgemeinen und der Mensch-Hund-Beziehung im Besonderen, Kommunikation Mensch-Hund, Gefahrenquellen und -vermeidung;
  15. 15. Hundesport, Sparten des Hundesports und anderer Beschäftigungsformen von Hunden inklusive ihrer Trainingsanforderungen, tierschutzrelevante Fragen in den verschiedenen Sparten/Trainingsprozessen.

(2) Die geltenden Ausbildungsinhalte samt Erläuterungen werden von der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Gesundheit auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit veröffentlicht.

Koordinierungsstelle

§ 8. (1) Mit der Vergabe des Gütesiegels „Tierschutzqualifizierte Hundetrainerin“ bzw. „Tierschutzqualifizierter Hundetrainer“ wird von der Bundesministerin bzw. vom Bundesminister für Gesundheit eine Koordinierungsstelle beauftragt. Es besteht kein Rechtsanspruch auf eine Beauftragung. Bei Wegfall der Voraussetzungen erfolgt der Entzug der Beauftragung.

(2) Die Koordinierungsstelle hat über einschlägige wissenschaftliche Erfahrung zu verfügen, die wissenschaftliche Fachexpertisen unabhängiger Expertinnen und Experten aus folgenden Bereichen enthält:

  1. 1) Recht (insbesondere Tierschutzrecht),
  2. 2) Verhaltensbiologie,
  3. 3) Lernbiologie und Kognitionsforschung,
  4. 4) Veterinärmedizin.

(3) Die Koordinierungsstelle ist berechtigt, auf Antrag das Gütesiegel „Tierschutzqualifizierte Hundetrainerin“ bzw. „Tierschutzqualifizierter Hundetrainer“ zu verleihen, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller die Voraussetzungen der §§ 5 und 6 erfüllt. Zu diesem Zweck schließt sie mit der um das Gütesiegel ansuchenden Hundetrainerin bzw. dem um das Gütesiegel ansuchenden Hundetrainer einen Vertrag ab. Die Koordinierungsstelle entscheidet darüber hinaus über die Berechtigung zur Weiterführung sowie die Aberkennung des Gütesiegels.

Aufgabenbereich

§ 9. (1) Der Koordinierungsstelle obliegt:

  1. 1. die Festlegung der Prüfungsmodalitäten,
  2. 2. die Festlegung der administrativen Agenden,
  3. 3. die Überprüfung der Zugangsvoraussetzungen für die Prüfung gemäß § 6 sowie die Durchführung der Prüfung,
  4. 4. die Überprüfung der Fortbildung,
  5. 5. die Vergabe des Gütesiegels, dessen Weiterführung und Aberkennung,
  6. 6. die Führung eines Registers der zuerkannten und aberkannten Gütesiegel und die Veröffentlichung der Zuerkennung und Aberkennung des Gütesiegels auf der Homepage der Koordinierungsstelle,
  7. 7. die Eintragung der Marke „Tierschutzqualifizierte Hundetrainerin“ bzw. „Tierschutzqualifizierter Hundetrainer“ in das Markenregister gemäß den Bestimmungen des Markenschutzgesetzes 1970, BGBl. Nr. 260/1970, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 126/2009.

(2) Die Koordinierungsstelle hat Richtlinien hinsichtlich

  1. 1. Details zur Ausgestaltung des Gütesiegels „Tierschutzqualifizierte Hundetrainerin“ bzw. „Tierschutzqualifizierter Hundetrainer“,
  2. 2. Details zum Ablauf der Prüfung,
  3. 3. Details einer Vor-Ort-Kontrolle,
  4. 4. der Kostentragung und
  5. 5. der Weiterführung und Aberkennung des Gütesiegels

    zu erarbeiten.

Genehmigung von Richtlinien

§ 10. Die in § 9 Abs. 2 angeführten Richtlinien sind binnen drei Monaten ab Beauftragung von der Koordinierungsstelle auszuarbeiten und der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Gesundheit zur Genehmigung vorzulegen. Nach Genehmigung sind die Richtlinien unverzüglich auf der Homepage der Koordinierungsstelle zu veröffentlichen. Jede Änderung der Richtlinien ist von der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Gesundheit zu genehmigen.

Führung des Gütesiegels

§ 11. (1) Das Gütesiegel „Tierschutzqualifizierte Hundetrainerin“ bzw. „Tierschutzqualifizierter Hundetrainer“ ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nach erfolgreich abgelegter Prüfung gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 von der Koordinierungsstelle auf Antrag der Hundetrainerin bzw. des Hundetrainers zu verleihen. Es darf ab dem Zeitpunkt der Verleihung geführt werden.

(2) Das Gütesiegel „Tierschutzqualifizierte Hundetrainerin“ bzw. „Tierschutzqualifizierter Hundetrainer“ darf weitergeführt werden, wenn

  1. 1. der Nachweis der Fortbildung gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 erbracht wird,
  2. 2. kein Aberkennungsgrund vorliegt und
  3. 3. die Verleihung nicht länger als vier Jahre zurückliegt oder innerhalb von drei Monaten vor Ablauf dieser Frist ein Antrag auf Weiterführung des Gütesiegels gestellt wird.

3. Abschnitt

Schlussbestimmung

In-Kraft-Treten

§ 12. Diese Verordnung tritt mit 1. April 2012, jedoch nicht vor Ablauf des Tages ihrer Kundmachung im Bundesgesetzblatt, in Kraft.

Stöger

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