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BGBl II 219/2012

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

219. Verordnung: Eisenbahnschutzvorschriften - EisbSV

219. Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über den Schutz auf Eisenbahnanlagen und in Schienenfahrzeugen (Eisenbahnschutzvorschriften - EisbSV)

Aufgrund des § 47c des Eisenbahngesetzes 1957 - EisbG, BGBl. Nr. 60, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 50/2012, wird verordnet:

Geltungsbereich

§ 1. (1) Diese Verordnung gilt für alle Eisenbahnen (Haupt- und Nebenbahnen, Straßenbahnen, An­schlussbahnen und Materialbahnen) gemäß § 1 EisbG in der jeweils geltenden Fassung und bestimmt das zum Schutze der Eisenbahnanlagen, des Betriebes einer Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeu­gen auf einer Eisenbahn und des Verkehrs auf einer Eisenbahn gebotene Verhalten der Bahnbenützenden.

(2) Bahnbenützende im Sinne dieser Verordnung sind Fahrgäste und Personen, die Fahrgäste be­gleiten oder abholen, sowie alle sonstigen Personen, die sich nicht für Zwecke der Abwicklung des Be­triebes oder des Verkehrs der Eisenbahn auf Eisenbahnanlagen oder in Schienenfahrzeugen aufhalten (zB Güterverkehrskunden, Reinigungspersonal, Bauarbeiter von Nicht-Eisenbahnunternehmen).

Verhalten innerhalb der Eisenbahnanlagen

§ 2. (1) Eisenbahnanlagen dürfen - außer von den in den §§ 3 und 4 genannten Personen - nur an den hiefür bestimmten Stellen betreten werden; das sind solche, die dem allgemeinen Verkehrsgebrauch dienen oder diesen ermöglichen, wie zB Bahnsteige, Zu- und Abgänge, insbesondere schienengleiche Bahnsteigzugänge, Über- und Unterführungen, Warteräume, Sanitäranlagen, Parkplätze und Eisenbahn­kreuzungen; im Übrigen ist das Betreten von Eisenbahnanlagen verboten.

(2) Der Aufenthalt

  1. 1. im durch Bahnsteigkante und Bodenmarkierung (Warnstreifen) gekennzeichneten Gefahrenraum sowie
  2. 2. auf Bahnsteigen von Haupt- und Nebenbahnen, die über keinen durch Bodenmarkierungen (Warnstreifen) gekennzeichneten Gefahrenraum verfügen,

    ist auf jenes Ausmaß zu beschränken, das nach dem Anhalten von Zügen und vor dem Türschließwarn­signal oder der Abfertigungsansage für das Aus- und Einsteigen notwendig ist.

(3) Bei schienengleichen Bahnsteigzugängen hat sich der Bahnbenützende zu vergewissern, dass ein gefahrloses Überqueren der Gleise möglich ist und dieselben so schnell wie möglich zu überqueren.

(4) Absperrungen oder das Verbotszeichen „Zutritt für Unbefugte verboten“ gelten als Verbot, die Gleise zu überschreiten, wenn diese Absperrungen oder Gefahrenhinweise vor, zwischen oder nach den Gleisen angebracht sind.

(5) Das Betreten von Eisenbahnanlagen an den hiefür bestimmten Stellen (gemäß Abs. 1) und der Aufenthalt dort innerhalb der öffentlich kundgemachten Sperrzeiten, sind verboten.

(6) Abweichungen von den Bestimmungen der Abs. 1 bis 5 sind zulässig, wenn solche im Einzelfall durch Eisenbahnaufsichtsorgane angeordnet wurden, die sich überzeugt haben, dass diesen Anordnungen gefahrlos und unverzüglich nachgekommen werden kann (zB infolge technischer Gebrechen, Betriebsstö­rungen oder von Unfällen).

(7) Abs. 1 bis 5 gilt nicht für

  1. 1. Angehörige von Einsatzorganisationen und sonstige Hilfskräfte im Zuge eines Hilfseinsatzes oder
  2. 2. Personen, die sich mit ausdrücklicher Zustimmung des Eisenbahnunternehmens im nicht dem allgemeinen Verkehrsgebrauch dienenden Bereichen aufhalten sollen,

    wenn durch betriebliche Maßnahmen und vor Ort anwesende geschulte Eisenbahnbedienstete ein gefahr­loses Betreten gewährleistet wird.

Verhalten der im § 47 Abs. 2 EisbG genannten Personen

§ 3. (1) Die Organe der im § 47 Abs. 2 EisbG genannten Behörden, die durch diese Behörden be­stellten Sachverständigen, sowie die Angehörigen des Österreichischen Bundesheeres dürfen Eisenbahn­anlagen ohne Erlaubniskarten nur betreten, wenn und solange dies zur Ausübung ihrer Dienstobliegen­heiten erforderlich ist.

(2) Die in Abs. 1 genannten Personen haben beim Betreten von Eisenbahnanlagen, soweit dies mit der Ausübung ihrer Dienstobliegenheiten vereinbar ist, nachstehende Bedingungen zu beachten:

  1. 1. vorherige Verständigung des Eisenbahnunternehmens von der beabsichtigten Betretung des Gefahrenraumes von Gleisen;
  2. 2. sofern von einem Eisenbahnbediensteten auf sichere Verkehrswege hingewiesen wird, sind diese zu benützen;
  3. 3. zur besseren Erkennbarkeit ist eine geeignete, der Bestimmung des § 102 Abs. 10 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 116/2010, entsprechende Warnkleidung mit weiß retroreflektierenden Streifen zu tragen.

Besondere Erlaubnis zum Betreten von Eisenbahnanlagen

§ 4. (1) Ein Eisenbahnunternehmen darf Erlaubniskarten zum Betreten von Eisenbahnanlagen nur Personen ausstellen, die die für Eisenbahnbedienstete erforderliche Ausbildungen für das Betreten von Gefahrenräumen nachweislich abgeschlossen haben.

(2) Inhaber von Erlaubniskarten haben beim Betreten von Eisenbahnanlagen zu beachten:

  1. 1. sofern vorhanden, sind ausschließlich die gemäß den örtlichen Richtlinien ausgewiesenen innerbetrieblichen Verkehrswege, die dazu dienen, Gebäude, Betriebsanlagen oder Arbeitsplätze sicher zu erreichen, zu benützen;
  2. 2. der Gefahrenraum von Gleisen darf nur in unabdingbaren Fällen betreten werden;
  3. 3. zur besseren Erkennbarkeit ist eine geeignete, der Bestimmung des § 102 Abs. 10 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 116/2010, entsprechende Warnkleidung mit weiß retroreflektierenden Streifen zu tragen.

Besondere Gefahrenbereiche

§ 5. Bei Hochspannungsanlagen ohne geeignete, isolierende Schutzvorrichtung ist vom Körper so­wie den mitgeführten Gegenständen ein Schutzabstand einzuhalten, sofern nicht zweifelsfrei festgestellt wurde, dass diese Hochspannungsanlagen nicht unter Spannung stehen und geerdet sind.

Verhalten der Bahnbenützenden

§ 6. (1) Innerhalb der Eisenbahnanlagen ist ein den Betrieb einer Eisenbahn, den Betrieb von Schie­nenfahrzeugen auf einer Eisenbahn und den Verkehr auf einer Eisenbahn störendes Verhalten verboten. Insbesondere ist verboten, unbefugt

  1. 1. Eisenbahnanlagen, eisenbahntechnische Einrichtungen und Schienenfahrzeuge zu bedienen, zu verwenden, zu beschädigen, zu besteigen oder zu verunreinigen;
  2. 2. Gegenstände auf die Fahrbahn zu legen;
  3. 3. sonstige Fahrthindernisse anzubringen;
  4. 4. Weichen umzustellen;
  5. 5. Fahrleitungsschalter zu betätigen;
  6. 6. missbräuchlich Sicherheits- oder Noteinrichtungen zu verwenden, Alarm oder Signale zu geben.

(2) Das Betreten von Eisenbahnanlagen ist, mit Ausnahme der hiefür bestimmten Stellen, nur mit ei­ner vom Eisenbahnunternehmen ausgestellten Erlaubniskarte gestattet.

(3) Bahnbenützende haben den dienstlichen Anordnungen der Eisenbahnaufsichtsorgane, sofern diese den nach § 30 Abs. 2 EisbG ausgestellten Ausweis vorweisen, umgehend Folge zu leisten.

(4) Bahnbenützende haben sich bei Benützung der Eisenbahnanlagen und der Schienenfahrzeuge so zu verhalten, wie es die Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schie­nenfahrzeugen auf der Eisenbahn, des Verkehrs auf der Eisenbahn sowie die Rücksicht auf andere gebie­ten. Hiebei sind die vom Eisenbahnunternehmen nach den Bestimmungen der Kennzeichnungsverord­nung, BGBl. II Nr. 101/1997, kundgemachten Hinweise sowie die mit Lautsprechern oder Anzeigeein­richtungen erteilten Anordnungen, zu beachten. Bahnbenützende haben sich im Bedarfsfall an die Eisen­bahnbediensteten zu wenden oder sich gekennzeichneter Kommunikationsmittel zu bedienen. Insbeson­dere ist verboten,

  1. 1. auf schienengleichen Bahnsteigzugängen zu verweilen;
  2. 2. sich
    1. a) im durch Bahnsteigkante und Bodenmarkierung (Warnstreifen) gekennzeichneten Gefahren­raum oder
    2. b) auf Bahnsteigen von Haupt- und Nebenbahnen, die über keinen durch Bodenmarkierungen (Warnstreifen) gekennzeichneten Gefahrenraum verfügen

  1. 3. sich aus Schienenfahrzeugen hinauszulehnen;
  2. 4. Tiere, die andere Bahnbenützende gefährden, behindern oder belästigen können, mitzunehmen; Hunde dürfen nur angeleint und mit Beißschutz versehen transportiert werden; ausgenommen hievon sind Hunde für Menschen mit Sehbehinderung; sonstige Heimtiere sind in bisssicheren Behältnissen zu befördern;
  3. 5. gefährliche Gegenstände mitzunehmen, zB nicht verpackte Sägen, Beile, Glasscheiben oder gela­dene Schusswaffen;
  4. 6. Rettungs- und Fluchtwege, Zugänge zu Aufzügen, Fahrtreppen oder Fahrsteige zu verstellen oder zu versperren;
  5. 7. Fahrräder und andere Fahrzeuge außerhalb der dafür vorgesehenen Flächen abzustellen;
  6. 8. Verstellen von oder unberechtigtes Verweilen auf Einrichtungen, die für Menschen mit Behinde­rung vorgesehen sind, wie Zugangsrampen, taktilen Blindenleitsystemen.

(5) Bahnbenützende dürfen nur an den dazu bestimmten Stellen und nur an der dazu bestimmten Seite der Schienenfahrzeuge ein- und aussteigen. Insbesondere ist auch verboten, Schienenfahrzeuge bei Haupt- und Nebenbahnen abseits von Bahnsteigen, Straßenbahnen außerhalb von Haltestellen zu verlas­sen.

(6) Solange sich ein Schienenfahrzeug in Bewegung befindet, ist das Öffnen der Außentüren des Schienenfahrzeuges, das Betreten der Trittbretter und das Verweilen auf ungesicherten offenen Plattfor­men sowie das Ein- und Aussteigen verboten.

(7) Es ist verboten, Gegenstände aus dem Schienenfahrzeug zu werfen.

(8) Nicht-öffentliche Eisenbahnübergänge dürfen nur von den hiezu Berechtigten und nur unter den vom Eisenbahnunternehmen aus Sicherheitsgründen vorzuschreibenden Bedingungen benützt werden.

(9) Ausnahmen von den Verboten gemäß Abs. 1 bis 8 sind zulässig, wenn solche im Einzelfall durch Eisenbahnaufsichtsorgane angeordnet wurden, die sich überzeugt haben, dass diesen Anordnungen ge­fahrlos nachgekommen werden kann.

(10) Die in § 3 Abs. 1 genannten Personen sind von der Einhaltung der Bestimmungen der Abs. 1 bis 7 ausgenommen, soweit dies zur Ausübung der Dienstobliegenheiten erforderlich ist. Staatliche Sicherheitsorgane dürfen darüber hinaus Schusswaffen im geladenen Zustand auch dann mit sich führen, wenn dies zur Ausübung der Dienstobliegenheiten nicht erforderlich ist.

§ 7. Zuwiderhandlungen gegen die Gebots- und Verbotsbestimmungen dieser Verordnung sind nach § 162 Abs. 1 EisbG strafbar.

§ 8. Diese Verordnung tritt mit 1. September 2012 in Kraft.

Bures

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