1. Das Comeback der Industriepolitik
Während der letzten zehn Jahre erlebte Industriepolitik ein beeindruckendes Comeback im öffentlichen Diskurs2 und wurde an die Spitze der EU-Agenda gesetzt.3 Industriepolitik spielte eine Schlüsselrolle in der Wirtschaftspolitik der ersten Dekaden der Nachkriegsperiode. Auch danach wurden in den meisten Ländern des globalen Nordens und in vielen Ländern des globalen Südens industriepolitische Maßnahmen gesetzt, allerdings weniger sichtbar und mit einem anderen Fokus als zuvor. Mit dem Aufstieg des Neoliberalismus verschwand Industriepolitik schließlich in den meisten Ländern des Nordens aus dem politischen Diskurs. Im globalen Süden sorgten die Strukturanpassungsprogramme des "Washington-Consensus" für eine effektive Beseitigung industriepolitischer Eingriffe. Aus neoliberaler Perspektive wurde Industriepolitik als Inbegriff einer willkürlichen, proaktiven, interventionistischen, teils sogar "proto-sozialistischen" Wirtschaftspolitik interpretiert, welche die effizienten und sich selbst regulierenden Märkte "verzerre" und anfällig für "Regierungsversagen" sei.4