Der Tatbestand einer Untreue (die keine Bereicherungsabsicht voraussetzt) entstand als Anlassgesetzgebung im Zuge der Wirtschaftskrise 1931 und besteht fort in § 153 StGB, der den Befugnismissbrauch regelt, also den Fall, dass der Bevollmächtigte etwas tut, was er im Außenverhältnis zwar kann, aber im Innenverhältnis nicht darf. Die Norm verstieß damals gegen das Rückwirkungsverbot und verstößt heute gegen das Bestimmtheitsgebot und das Analogieverbot, den alten Grundsatz nulla poena sine lege certa et praevia. Denn § 153 Abs 2 StGB definiert die Untreue (Befugnismissbrauch) ganz unbestimmt als „unvertretbaren Verstoß gegen solche Regeln, die dem Vermögensschutz des wirtschaftlich Berechtigten dienen“. Diese Definition verbindet einen Verweis auf außerstrafrechtliche Regeln mit einem inhaltsleeren, unbestimmten Rechtsbegriff, der gegen § 1 StGB und Art 7 Abs 1 S 1 EMRK verstößt und damit gegen ein Justizgrundrecht und gegen das Rechtsstaatsprinzip der Gewaltenteilung. Seither haben Verfahren wegen Untreue in besorgniserregendem Ausmaß zugenommen. Es ist eine enorme Verunsicherung bei Wirtschaftsführenden und Politikern entstanden und die Grenze zwischen Managementfehlern und kriminellem Handeln wurde verwischt. Die Strafbarkeit kann nicht nur ein Sponsoring und Spenden von Aktiengesellschaften oder nicht marktkonforme Darlehen von Tochtergesellschaften erfassen, sondern, wie unlängst ein nicht rechtskräftiges Urteil des Landesgerichts Salzburg entschieden hat, auch unentgeltliche Verträge zwischen Gebietskörperschaften. Dabei soll auch der Vertreter, der die Interessen seiner Partei gewahrt und ein vorteilhaftes Geschäft abgeschlossen hat, in Haftung genommen werden: Jetzt nicht wegen eigener Untreue, sondern wegen Beitragstäterschaft zur Untreue des Bevollmächtigten auf der anderen Vertragsseite.