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Vom Weisungsrecht und von den Chancen und Gefahren eines Generalstaatsanwaltes

WissenschaftUniv. Prof. Dr. Thomas MühlbacherRZ 2021, 63 Heft 4 v. 15.4.2021

A. Definition der Weisung und Ausgangslage

Eine Legaldefinition des Weisungsbegriffs fehlt sowohl im österreichischen als auch im deutschen Recht. Der ehemalige Präsident des deutschen Bundesgerichtshofs Walter Odersky1)1)Odersky, Staatsanwaltschaft, Rechtspflege und Politik, in FS Bengl (1984) 57 ff. erkannte in seinem 1984 erschienenen Beitrag zur Festschrift für Karl Bengl eine Weisung im Einzelfall daran, dass "der Vorgesetzte durch seine Anweisung bewirkt (und die Verantwortung dafür übernimmt), dass der nachgeordnete Beamte anders handelt, als er es von sich aus (ohne Weisung) tun würde." Diese Definition enthält Unschärfen, die heute nicht mehr tolerierbar sind und in Österreich mit dem StAG 1986 auch weitgehend behoben wurden. So ist es heute unstrittig, dass nicht jedes auf eine Vorhabensänderung abzielende Verhalten des Vorgesetzten eine Weisung zur Sachbehandlung darstellt. Diesbezüglich enthalten die §§ 29 und 29a StAG die gesetzliche Festschreibung der von der vorgesetzten Behörde ("externe Weisung") einzuhaltenden Form und die gesetzliche Garantie der Nachvollziehbarkeit der Weisung für das Gericht und die Beteiligten des Verfahrens. In der Kritik oft bemühte "Wünsche" oder ein "In Erwägung stellen einer alternativen Vorgangsweise" sind dem Gesetz fremd und daher unbeachtlich. Die gesetzliche Festschreibung (§ 8a Abs 2 StAG) von unnötigen und potentiell missbrauchsanfälligen Weisungen, die sich auf bloße Aufträge zur Beseitigung von Unvollständigkeiten der vorgelegten Berichte beschränken und für die die Formvorschriften des § 29 StAG nicht gelten, hat die bereits erreichte Klarheit aber wieder verwässert.

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