Art 10 Abs 2 MRK
E 14.10.2009, 15 Os 171/08y (RS0125394)
Die Frage der staatlichen Migrations- und Flüchtlingspolitik ist ein Thema von besonderem öffentlichen Interesse, dennoch leisteten die Äußerungen des Antragstellers keinerlei Beitrag zur öffentlichen Debatte, weil sie - bar jeder Sachlichkeit - primär auf eine Diffamierung der Person der verstorbenen Politikerin abzielten. Auch wenn Kritik verletzen, schockieren oder verstören darf (EGMR 7.12.1976, Handyside gegen Vereinigtes Königreich) und dem Vertreter einer NGO auch ein gewisses Maß an Provokation zuzubilligen ist, gaben die vom Kontext einer politischen Diskussion losgelösten und die in Abs 2 des Art 10 MRK angesprochenen Pflichten und Verantwortungen ("duties and responsibilities") gänzlich negierenden Textstellen den Gerichten maßgebende und ausreichende Gründe für die in der Verurteilung des Antragstellers gelegene Beschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung.