BVA, 13.10.2003, 09N-84/03-15
BVergG 2002 § 25 Abs 5 Z 2, BVergG 2002 § 25 Abs 5 Z 3
Das Verhandlungsverfahren gemäß § 25 Abs. 5 Z 3 gelangt zur Anwendung, wenn das Verhandeln unbedingt erforderlich ist, um einen Leistungsvertrag überhaupt erstellen zu können. Gerade solche Ausnahmen sind, wie sich aus der Rechtsprechung des EuGH mehrfach zeigt, eng auszulegen. Derjenige, der sich auf Ausnahmen beruft, hat deren Vorliegen zu rechtfertigen und es hat nicht etwa der Antragsteller zu beweisen, dass die Voraussetzungen für die Ausnahme erfüllt waren. Gerade dieses Beweiserfordernis wurde von der Antragsgegnerin nicht erfüllt, der Hinweis darauf, dass die Leistungserbringung – hingewiesen wurde mehrfach auf die Versicherungsbedingungen für die Werttransporte – auf unterschiedliche Weise erbracht werden kann, entbindet die Antragsgegnerin nicht von ihrer Pflicht, ein genaues Leistungsverzeichnis, etwa auch unter Einbeziehung eines Sachverständigen, zu erstellen. Der Umstand, dass der Markt eine Vielzahl von möglichen Leistungserbringungen zulässt, rechtfertigt für sich allein nicht die Anwendung des Verhandlungsverfahrens, wenn es nach objektivem Kenntnisstand möglich erscheint, dass der Auftraggeber durch entsprechende Festlegungen ein eindeutiges Leistungsverzeichnis erstellt und so die Vergleichbarkeit von Angeboten ohne Nachverhandlung sichergestellt werden kann. Wenn ein Auftraggeber diesbezüglich noch nicht genau weiß, was er vorschreiben kann oder soll, muss er sich im Vorfeld der Ausschreibung – allenfalls unter Beiziehung sachverständiger Assistenz – darüber Klarheit verschaffen. Im Zuge des Vergabeverfahrens die Marktmöglichkeiten zu erheben widerspricht den Grundsätzen des Vergaberechts, wonach ein Vergabeverfahren nur dann durchzuführen ist, wenn die Absicht besteht eine Leistung zu vergeben, nicht jedoch um den Markt zu erkunden (§ 21 Abs 4 BVergG). Gerade für solche Anwendungsfälle wäre neben einem ausschreibungsgemäßen Angebot die Zulässigkeit von Alternativangeboten vorzusehen. Bei dem in diesem Verfahren zur Vergabe gelangenden Dienstleistungsauftrag handelt es sich nicht um einen solchen, dessen Eigenheit eine globale Preisgestaltung nicht ermöglicht und bei dem die Leistungserbringung mit großen Risken verbunden ist. Die zu erbringende Leistung, Abholung – Einlagerung – Auslieferung von werthaltigen Mautvignetten, erfordert es nicht, dass im Dialog zwischen Bieter und Auftraggeber diese eingegrenzt oder präzisiert werden müsste. Auch die Frage der Versicherung der Vignetten (Nominalwert oder Herstellungswert der Mautvignetten) wäre im Vorfeld des Vergabeverfahrens, allenfalls unter Beiziehung eines Finanzsachverständigen zu klären gewesen.