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Vorsorge gegen freie Rechtsfindung durch Schiedsgerichte

WirtschaftsrechtMartin KarollusRdW 1992, 331 Heft 10 v. 1.10.1992

Bei der Abfassung internationaler Verträge sollte man sich von vornherein darüber im klaren sein, welche Rechtsordnung auf den Vertrag zur Anwendung kommen wird, und den Vertrag auf diese Rechtsordnung abstimmen. Hat man nun allerdings auch eine Schiedsklausel vereinbart, um damit in den Genuß der Vorzüge der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit zu gelangen, so könnte dies im Streitfall zu unliebsamen Überraschungen führen: Schon mehrfach wurden Parteien eines Schiedsverfahrens unversehens mit der Auffassung konfrontiert, auf den Vertrag passe gar kein bestimmtes nationales Recht, sondern es sei vielmehr nach den anerkannten Grundsätzen des internationalen Handels („lex mercatoria“) zu entscheiden. Überraschende Auslegungsergebnisse, die alle Überlegungen zum Zusammenspiel von Vertragswerk und erwarteter Rechtsordnung hinfällig werden lassen, sind damit vorprogrammiert. Dies umso mehr, als die „lex mercatoria“ - ein „Weltrecht fraglicher Geltung“1)1)So OLG Wien, AG 1982, 165, 166. Näher zur „lex mercatoria“ etwa jüngst Spickhoff, RabelsZ 56 (1992) 116 ff. - in ihrem Kern nicht kodifiziert ist und wohl wenig mehr an gesichertem Bestand aufweist denn Gemeinplätze wie “good faith" oder “pacta sunt servanda" (die noch dazu gerade gegenläufig sind, wenn es etwa um Veränderungen der Geschäftsgrundlage geht)2)2)Vgl etwa für eine Erhöhung der Transportkosten (trotz uU taxativer Regelung von zur Preiserhöhung berechtigenden Umständen im Vertrag!) IHK-Schiedsspruch Nr 2291 (1975), J.D.I. Clunet 103 (1976) 989.. Der Schiedsrichter hat damit aber in den entscheidenden Detailfragen wohl nicht weniger Gestaltungsfreiheit, als wenn er von vornherein nach „Billigkeit“ zu entscheiden hat3)3)Eine Ausnahme gilt allenfalls für jene Bereiche, in denen internationales Einheitsrecht besteht, das wohl wiederum als Kodifikation der „lex mercatoria“ anzusehen wäre (so zB das UN-Kaufrecht) - die „lex mercatoria“ könnte dann zur mittelbaren Anwendung dieser Übereinkommen führen, obwohl deren Anknüpfungstatbestände nicht erfüllt sind: so etwa Kappus, „Lex mercatoria“ in Europa und Wiener UN-Kaufrechtskonvention (1990) 133; vgl auch Reiner, ZfRV 1986, 211 f..

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