I. Einleitung
Über das Vergabeverfahren, also das Kernstück des Vergaberechts, in 30 Minuten zu sprechen, ist zumindest für mich eine unbewältigbare Herausforderung: Der 2. Teil des alten BVergG 2006 umfasste unter dem Titel "Vergabeverfahren für öffentliche Auftraggeber" 159 Paragraphen, zählt man noch die Bestimmungen für Sektorenauftraggeber hinzu, waren es 287. Mit dem BVergG 2018 wuchs diese Zahl auf stolze 323. In gesetzessystematischer Hinsicht ist das Vergabeverfahren "nur" durch den Regelungsgegenstand und Begriffsbestimmungen,2) den Rechtsschutz vor dem BVwG3) sowie durch sonstige Bestimmungen4) eingerahmt – es macht daher den größten Teil des Gesetzes aus. Hinzu kommt, dass nur wenige Rechtsmaterien legislativ so stetig im Fluss sind wie das Vergaberecht: Novelle um Novelle wurden neue Vergabeverfahrensarten mit je und je unterschiedlichen Anwendungsvoraussetzungen eingeführt bzw bestehende noch umfänglicher und detaillierter geregelt. Es ist daher leicht, sich in den Details zu verlieren – gleichzeitig ist es aber auch kaum mehr möglich, sämtliche Details zu kennen. Ich habe mich daher dazu entschlossen, das Thema einzugrenzen, und zwar auf die Frage: Was hat sich in den 25 Jahren bis heute aus verfahrensrechtlicher Sicht grundsätzlich verändert, und wie sieht die nahe Zukunft des "Geburtstagskinds" aus? Es muss natürlich bei einer unvollständigen und äußerst groben Spurensuche bleiben, die überdies auf den "klassischen Bereich" begrenzt bleibt. Auf folgende drei Punkte möchte ich mich dabei konzentrieren: