I. Einleitung
Für einen Großteil "vergabenaher" Fälle lässt sich heutzutage recht leicht ermitteln, ob der Anwendungsbereich des BVergG2) eröffnet ist, also ob ein einzelner Rechtsträger als öffentlicher Auftraggeber und ein bestimmtes Vorhaben als öffentlicher Auftrag zu qualifizieren sind. In den Randbereichen bleiben die Abgrenzungen, wie die stetig an die Vergabekontrolleinrichtungen herangetragenen Vorgänge zeigen, jedoch überraschend unscharf.3) Unterschiedliche Fragestellungen aus jüngerer Zeit zum persönlichen (zB: Sind Kammern öffentliche Auftraggeber?4) Ist es der ORF?5)) und zum sachlichen (zB: Wie umfassend ist die öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit ausgenommen?6) Wann sind nachträgliche Vertragsänderungen ohne neues Verfahren zulässig?7) Welche Bestimmungen gelten für Konzessionsvergaben?8)) Anwendungsbereich belegen eindrucksvoll die Komplexität der mit ihnen aufgeworfenen Rechtsfragen. Der Titel des Generalthemas – "25 Jahre Bundesvergabegesetz" – mag dabei zunächst auf den zwar rechtlich, aber nicht spezifisch vergaberechtlich versierten Leser trügerisch wirken. Wer einen Rückblick auf eine stetige Entwicklung des Anwendungsbereiches eines Bundesvergabegesetzes nach einem Vierteljahrhundert erwartet, wird enttäuscht. Denn ein erster Blick in die vergangenen 25 Jahre erlaubt es nicht, von Kontinuität oder gar "dem" BVergG zu sprechen. Das am 20. August 2018 kundgemachte BVergG 20189) stellt nach den Fassungen 1993,10) 1997,11) 200212) und 200613) die fünfte Generation außenverbindlicher vergabegesetzlicher Reglungen dar. Zu ihm hinzu treten mit dem BVergGVS 201214) ein Gesetz zur Auftragsvergabe im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich sowie mit dem BVergGKonz 201815) eines zur Regelung der Vergabe von Bau- und Dienstleistungskonzessionen. Bedenkt man weiters, dass neben dem offensichtlich novellierungsfreudigen Gesetzgeber des BVergG viele weitere Akteure, einschließlich des europäischen Gesetzgebers, des Verfassungsgesetzgebers sowie der nationalen Höchstgerichte und des EuGH,16) kontinuierlich für größere Verwerfungen im Anwendungsbereich vergaberechtlicher Regelungen sorgen, verblüfft es eigentlich, dass dennoch relative Klarheit herrscht.