Gem einer österr-deutschen Verständigungsvereinbarung ist im Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dem Kausalitätsprinzip Vorrang vor dem Zuflussprinzip einzuräumen (AÖF 1999/134). Zahlt daher eine deutsche Kapitalgesellschaft aus Anlass der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses mit einem Vorstandsmitglied, der nach Eintritt in den Ruhestand seinen Wohnsitz nach Österreich verlegt hat, eine freiwillige Abfindung, kann davon ausgegangen werden, dass diese Abfindungsleistung eine nachträgliche Abgeltung für die seinerzeit erbrachte Arbeitsleistung darstellt. Da es sich hiebei weder um Ruhegehälter (bzw um deren Abfindung) noch um diesen „ähnliche Zahlungen“ handelt, kann die Abfindungszahlung - bei Zugrundelegung der inhaltlichen Grundsätze des Art 18 OECD-MA - nicht dem sachlichen Anwendungsbereich der für Ruhegehälter maßgebenden Bestimmung (Art 9 Abs4 DBA-Deutschland) unterstellt werden. Wegen des nicht völlig identen Wortlautes von Art 9 Abs 4 DBA-Deutschland mit jenem des Art 18 OECD-MA könnte der Bestimmung im DBA-Deutschland indessen auch eine von der OECD-Regelung abweichende Bedeutung zugemessen werden, mit der Folge, dass die Abfindungzahlung als „Bezug für frühere Dienstleistungen“ (ohne Ähnlichkeitserfordernis mit den Ruhegehältern) doch der Besteuerung in Deutschland entzogen und Österreich als Wohnsitzstaat zur steuerlichen Erfassung zugewiesen wird. Angesichts der gegebenen Auslegungsspielräume kann ohne vorhergehende Abstimmung mit Deutschland nicht bestätigt werden, dass Österreich durch das Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland das Besteuerungsrecht an der Abfindungszahlung entzogen wird. Solange dies aber nicht feststeht, wird die inländische Einkommensteuerpflicht wahrzunehmen sein; sollte hingegen der Nachweis erbracht wird, dass Deutschland auf Grund des Abkommens die Besteuerung der Abfindungszahlung tatsächlich vornimmt, könnte sich Österreich dieser deutschen Abkommensauslegung aus den eingangs erwähnten Gründen anschließen. (SWI 2000, 293)