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Das Dogma von der Schädlichkeit kurzer Freiheitsstrafen und ihre Verhängung in der Praxis

Wissenschaftliche AbhandlungenAlois Birklbauer, Helmut Hirtenlehner,JSt 2006, 18 Heft 1 v. 1.1.2006

I. Einleitung

Nach dem Grundgedanken des StGB 1975 sollen kurze Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten die Ausnahme sein, weil sie den Bestraften idR nicht positiv beeinflussen, wohl aber entsozialisieren können11Vgl EBRV 1971, 129.. Die Gesetzesmaterialien berufen sich ausdrücklich auf die "seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts in einer kaum noch übersehbaren Literatur" immer wieder geäußerte Ansicht von der Schädlichkeit kurzer Freiheitsstrafen 22So schon von Liszt, Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge I(1905) 511 - 536; zusammenfassend zu den Argumenten für undgegen die kurze Freiheitsstrafe Birklbauer, Die teilbedingte Strafnachsicht. Ein Weg moderner Kriminalpolitik (1998) 73 ff.. Dieses Dogma von der Schädlichkeit kurzer Freiheitsstrafen wird im Wesentlichen durch § 37 StGB umgesetzt, wonach bei Vorliegen der spezial- und generalpräventiven Voraussetzungen statt einer kurzen Freiheitsstrafe eine Geldstrafe zu verhängen ist. Durch die Einführung teilbedingter Freiheitsstrafen (§ 43a Abs 3, 4 StGB) im Jahre 198833BGBl 1987/605. Eine Lockerung erfolgte mit dieser Gesetzesnovelle auch insoweit, als die Mindestverbüßungszeit für die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug (§ 46 StGB) von sechs auf drei Monate verkürzt wurde.wurde das Dogma zwar gelockert, weil diese Sanktionsmodifikation die Vollziehung eines geringen Teils einer Freiheitsstrafe ermöglicht, um den Täter vor weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, und so überwiegend kurze Freiheitsstrafteile vollstreckt werden. Durch die Beschränkung der teilbedingten Nachsicht des Strafvollzugs auf Freiheitsstrafen von mehr als sechs Monaten wurde aber prinzipiell am Gedanken der Schädlichkeit kurzer Freiheitsstrafen festgehalten.

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