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Ersitzung eines WE-Objekts

Aktuellste LeitsätzeJudikaturChristian Praderimmolex-LS 2024/34immolex-LS 2024, 120 - 121 Heft 4 v. 9.4.2024

Voraussetzungen für die Ersitzung nach § 1477 ABGB sind neben dem Zeitablauf echter und redlicher Besitz eines Rechts, das seinem Inhalt nach dem zu erwerbenden Recht entsprochen hat, und der Besitzwille. Wird eine Garage nicht als selbstständiges, im Grundbuch auch eigens eingetragenes WE-Objekt, sondern mehrfach als Zubehör verkauft, und verbleibt deshalb der urspr WEer weiter im Grundbuch, ohne die Garage aber nach seinem Verkauf weiter zu nutzen oder dafür Aufwendungen zu bezahlen, kann durch die Erwerber eine Ersitzung stattfinden, auch wenn eine Einsichtnahme durch die mehreren Erwerber bzw Vertragsverfasser nicht erfolgte. Dass aus dem Grundbuch zu erkennen gewesen wäre, dass die Garage ein eigenes WE-Objekt und bei der Wohnung kein Zubehör eingetragen ist, schließt die Redlichkeit nicht von vornherein aus. Zwar bedarf Zubehör-WE einer dahingehenden Widmung durch die WEer, allerdings müsste der (zu Unrecht) im Grundbuch verbliebene WEer darlegen, warum sich die Erwerber im Anlassfall zwingend vom Inhalt des WE-Vertrags vergewissern hätten müssen. Denn Nachforschungspflichten bestehen grundsätzlich erst dann, wenn ein (indizierter) Verdacht besteht, dass die tatsächlichen Besitzverhältnisse nicht dem Grundbuchstand entsprechen. Allein daraus, dass nach § 5 Abs 3 Satz 3 WEG idF WRN 2015 die Eintragung von Zubehör nicht mehr notwendig ist, lässt sich keine generelle Nachforschungspflicht ableiten. Es gibt auch nicht den Ausschlag, dass im ersten Kaufvertrag die Garage nicht erwähnt wurde, weil die Rechtmäßigkeit des Besitzes keine Voraussetzung der uneigentlichen Ersitzung ist. Dafür reicht aus, dass die Garage der ersten Erwerberin im Zuge des Kaufs der Wohnung übergeben wurde und sie davon ausging, auch daran WE zu erwerben. Die uneigentliche Ersitzung hat auch gerade dann Bedeutung, wenn der Ersitzende zwar die vertragliche Einräumung von Rechten annimmt, diese aber nicht ausreichend nachweisbar ist oder ein Recht trotz ausreichenden Titels nicht verbüchert wurde. Zwar wirkt das für den Vertragsabschluss notwendige Wissen oder Wissenmüssen des Machthabers auf den Machtgeber zurück, der Vertragspartei ist das Wissen eines vertragserrichtenden Notars oder Rechtsanwalts, den sie nur mit der Vertragserrichtung und nicht auch mit ihrer Vertretung beauftragt hat, aber nicht zurechenbar.

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