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20.2.3a.2.1.3 Einkünfteermittlung

BMF2023-0.871.81913.3.2024

Rz 6178o
Gemäß § 27a Abs. 3 Z 4 lit. a EStG 1988 ist bei laufenden Einkünften aus Kryptowährungen der gemeine Wert der bezogenen Kryptowährung bzw. der sonstigen Entgelte im Zuflusszeitpunkt anzusetzen. Für die Ermittlung des Wertes der bezogenen Kryptowährungen ist primär ein vorhandener Kurswert einer Kryptowährungsbörse heranzuziehen. Als "Kryptowährungsbörse" gilt gemäß § 6 Z 3 KryptowährungsVO ein Dienstleister, der den Tausch von Kryptowährungen in gesetzlich anerkannte Zahlungsmittel bzw. in andere Kryptowährungen und umgekehrt anbietet, wobei Käufer und Verkäufer der Kryptowährungen unter den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage unmittelbar miteinander kontrahieren. Ist kein Börsenkurs vorhanden, ist der Kurswert eines Kryptowährungshändlers anzusetzen. Als "Kryptowährungshändler" gilt gemäß § 6 Z 4 KryptowährungsVO ein Dienstleister, der den Tausch von Kryptowährungen in gesetzlich anerkannte Zahlungsmittel und umgekehrt bzw. in andere Kryptowährungen anbietet, wobei Käufer und Verkäufer der Kryptowährungen direkt mit der Plattform kontrahieren (zB Kraken, Coinbase und Bitpanda). Ist auch ein solcher Kurs nicht vorhanden, ist der Kurs einer allgemein anerkannten webbasierten Liste (zB https://coinmarketcap.com/de ) anzusetzen, wobei diese Liste nicht vom Steuerpflichtigen selbst betrieben werden darf. Bei der Bewertung ist dabei auf das Prinzip der Bewertungsstetigkeit Bedacht zu nehmen. Dieser Wert ist auch als Anschaffungskosten der erhaltenen Kryptowährungen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 KryptowährungsVO); ein darüberhinausgehender Ansatz von laufenden Kosten, wie beispielsweise Stromkosten oder Abschreibungen, als "Anschaffungsnebenkosten" ist in diesem Fall unzulässig. Eine im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzuges vorgenommene Bewertung ist dabei auch in diesem Bereich für die Veranlagung stets maßgeblich.

Rz 6178p
Kommt es im Rahmen eines einheitlichen Vorgangs (zB einem Verleihvorgang) zu Zuflüssen von Entgelten aus den laufenden Einkünften aus Kryptowährungen, die öfter als dreimal pro Monat erfolgen, ist der Wert der Kryptowährung jeweils mit dem Tagesendkurs am Monatsersten des Zuflussmonats anzusetzen, sofern nicht ein KESt-Abzugsverpflichteter eine Bewertung zum tatsächlichen Zuflusszeitpunkt vornimmt. Erfolgt eine solche zeitpunktgenaue Bewertung, ist diese auch stets im Rahmen der Veranlagung bindend (§ 4 Abs. 2 KryptowährungsVO). Das Wahlrecht zur zeitpunktgenauen Bewertung steht ausschließlich dem Abzugsverpflichteten zu. Sofern Einkünfte aus Kryptowährungen keinem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen, sind diese daher ab 1. Jänner 2023 verpflichtend gemäß § 4 Abs. 2 erster Satz KryptowährungsVO zu bewerten. Sofern der Steuerpflichtige keine Bewertung zum tatsächlichen Zuflusszeitpunkt vornimmt, kann die vereinfachte Zuflussbewertung jedoch bereits für Zuflüsse im Jahr 2022 freiwillig angewendet werden (§ 7 KryptowährungsVO).

20.2.3a.2.1.4 Zuflusszeitpunkt

Rz 6178q
Einkünfte aus der Überlassung aus Kryptowährungen gemäß § 27b Abs. 2 EStG 1988 gelten im Rahmen des § 19 EStG 1988 dem Steuerpflichtigen als zugeflossen, sobald er die volle Verfügungsmacht über sie erhält (siehe dazu Rz 4601). Sofern daher ein Protokoll den Zugriff auf die erworbenen Kryptowährungen erst nach Ablauf einer bestimmten Frist gewährt, findet der steuerliche Zufluss erst statt, sobald der Steuerpflichtige Zugriff auf die Kryptowährungen erhält.

20.2.3a.2.1.5 Ausnahmen

Rz 6178r
§ 27b Abs. 2 EStG 1988 sieht im Schlussteil drei Ausnahmen vor. Zuflüsse stellen daher keine laufenden Einkünfte dar, wenn diese im Rahmen von Staking (Rz 6178s), Airdrops oder Bounties (Rz 6178t) sowie auf Grund eines Hardforks (Rz 6178u) zugehen. Die Ausnahmeregelungen gelten gemäß § 4 Abs. 3b EStG 1988 (siehe Rz 803a).

Im Rahmen der Ausnahmen des § 27b Abs. 2 Schlussteil EStG 1988 erhaltene Kryptowährungen führen zu keinen laufenden Einkünften im Zuflusszeitpunkt. Allerdings führen auch diese Tatbestände zu steuerlichen Anschaffungsvorgängen mit Anschaffungskosten in Höhe von null, weshalb der gesamte Wert dieser Kryptowährungen im Zuge einer späteren Realisierung besteuert wird (§ 27a Abs. 4 Z 5 EStG 1988).

Beispiel:

C erzielt durch "Staking" fünf Kryptowährungseinheiten, die am 1.4.2022 zufließen (gemeiner Wert zum Zuflusszeitpunkt: 100 Euro). Er verkauft diese fünf Kryptowährungseinheiten am 5.7.2024 um 500 Euro.

Es liegen keine laufenden Einkünfte aus Kryptowährungen vor. Die Steuerpflicht entsteht erst im Veräußerungszeitpunkt. Der Veräußerungsgewinn beträgt durch den Ansatz der Anschaffungskosten in Höhe von null 500 Euro; daher Steuerpflicht iHv 137,5 Euro (27,5% von 500 Euro).

Rz 6178s
Unter Staking ist der Erwerb von Kryptowährungen durch einen technischen Prozess zu verstehen, bei dem Leistungen zur Transaktionsverarbeitung zur Verfügung gestellt werden, diese Leistungen jedoch vorwiegend im Einsatz von vorhandenen Kryptowährungen bestehen. Es handelt sich daher um eine Ausnahme zu § 27b Abs. 2 Z 2 EStG 1988.

Darunter fallen Leistungen im Rahmen der Blockerstellung, bei denen der Einsatz von vorhandenen Kryptowährungen den wesentlichen Bestandteil der Leistungserbringung darstellt. Dies umfasst somit den Erwerb von Kryptowährungen bei Anwendung des "Proof of Stake"-Algorithmus und des "Delegated Proof of Stake"-Algorithmus (siehe dazu Rz 6178g). Unschädlich ist, wenn neben dem Einsatz von vorhandenen Kryptowährungen andere Leistungskomponenten erbracht werden, sofern diese wirtschaftlich untergeordnet sind (zB die Validierungsleistung durch einen eigenen Server, die Abspeicherung einer Softwarekopie als Netzwerkknoten "Node"). Für die Anwendung der Ausnahmebestimmung ist es zudem unschädlich, wenn die zusätzlichen Leistungen treuhändig von einem Dritten (zB einer Handelsplattform oder einem Staking as a service-Provider) für den Steuerpflichtigen erbracht werden und der Steuerpflichtige dafür eine Servicegebühr entrichtet. Ausschlaggebend ist, dass hinsichtlich der eingesetzten Kryptowährungen kein Zuordnungswechsel an einen Dritten stattfindet; in diesem Fall lägen Einkünfte aus der Überlassung von Kryptowährungen vor (siehe Rz 6178k). Werden die im Zuge des Stakings anfallenden Servicegebühren direkt von den im Rahmen des Stakings erzielten Kryptowährungen ("Staking-Rewards") einbehalten, sind diese steuerlich unbeachtlich und führen folglich weder zu einem steuerlichen Realisationsvorgang noch zu Anschaffungsnebenkosten. Die um die Servicegebühren geminderten Staking-Rewards sind mit Anschaffungskosten in Höhe von null anzusetzen.

Da Staking im Sinne des § 27b Abs. 2 Z 2 EStG 1988 einen Beitrag zur Transaktionsverarbeitung fordert und Token im Gegensatz zu Coins in der Regel nicht zum Betreiben der Blockchain beitragen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Token keine Einkünfte aus Staking iSd § 27b Abs. 2 vorletzter Satz EStG 1988 vermitteln können.

Rz 6178t
Zu keinen laufenden Einkünften führen Kryptowährungen, die unentgeltlich oder gegen lediglich unwesentliche sonstige Leistungen im Rahmen sogenannter Airdrops und Bounties übertragen werden. Dabei handelt es sich meist um Kryptowährungen, die zu Werbezwecken gewährt werden. Ein Zusammenhang mit laufenden Einkünften aus Kryptowährungen ist nicht erforderlich.

Als unwesentliche Gegenleistung gelten Tätigkeiten, die lediglich einen Zeitaufwand von wenigen Minuten beanspruchen (zB Teilen von Beiträgen in sozialen Netzwerken, Ausfüllen eines Fragebogens oder Quizzes, Verwendung eines bestimmten Produktes). Erfolgt die Gewährung gegen wesentlichen Arbeitsaufwand, können betriebliche Einkünfte oder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vorliegen.

Nicht unter die Ausnahmebestimmung fallen im Zuge einer Schenkung (mit Bereicherungsabsicht) übertragene Kryptowährungen. Eine echte Schenkung liegt vor, wenn die Übertragung ausschließlich aus privaten Motiven erfolgt und keine betrieblichen Gründe vorliegen. In diesen Fällen setzt der Geschenknehmer die Anschaffungskosten des Geschenkgebers fort.

Rz 6178u
Gehen Kryptowährungen im Rahmen einer Abspaltung von der ursprünglichen Blockchain zu (Hardfork), führt dieser Zugang ebenso zu keinen laufenden Einkünften. Voraussetzung ist, dass durch die Abspaltung eine neue Blockchain geschaffen wird und somit eine neue Kryptowährung entsteht. Reine Softwareupdates einer bestehenden Kryptowährung (Softforks) fallen nicht unter die Regelung und stellen daher keine Anschaffungsvorgänge dar.

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