20.2.3a.2.1.4 Zuflusszeitpunkt
Einkünfte aus der Überlassung aus Kryptowährungen gemäß § 27b Abs. 2 EStG 1988 gelten im Rahmen des § 19 EStG 1988 dem Steuerpflichtigen als zugeflossen, sobald er die volle Verfügungsmacht über sie erhält (siehe dazu Rz 4601). Sofern daher ein Protokoll den Zugriff auf die erworbenen Kryptowährungen erst nach Ablauf einer bestimmten Frist gewährt, findet der steuerliche Zufluss erst statt, sobald der Steuerpflichtige Zugriff auf die Kryptowährungen erhält.20.2.3a.2.1.5 Ausnahmen
§ 27b Abs. 2 EStG 1988 sieht im Schlussteil drei Ausnahmen vor. Zuflüsse stellen daher keine laufenden Einkünfte dar, wenn diese im Rahmen von Staking (Rz 6178s), Airdrops oder Bounties (Rz 6178t) sowie auf Grund eines Hardforks (Rz 6178u) zugehen. Die Ausnahmeregelungen gelten gemäß § 4 Abs. 3b EStG 1988 (siehe Rz 803a).Im Rahmen der Ausnahmen des § 27b Abs. 2 Schlussteil EStG 1988 erhaltene Kryptowährungen führen zu keinen laufenden Einkünften im Zuflusszeitpunkt. Allerdings führen auch diese Tatbestände zu steuerlichen Anschaffungsvorgängen mit Anschaffungskosten in Höhe von null, weshalb der gesamte Wert dieser Kryptowährungen im Zuge einer späteren Realisierung besteuert wird (§ 27a Abs. 4 Z 5 EStG 1988).
Beispiel:
C erzielt durch "Staking" fünf Kryptowährungseinheiten, die am 1.4.2022 zufließen (gemeiner Wert zum Zuflusszeitpunkt: 100 Euro). Er verkauft diese fünf Kryptowährungseinheiten am 5.7.2024 um 500 Euro.
Es liegen keine laufenden Einkünfte aus Kryptowährungen vor. Die Steuerpflicht entsteht erst im Veräußerungszeitpunkt. Der Veräußerungsgewinn beträgt durch den Ansatz der Anschaffungskosten in Höhe von null 500 Euro; daher Steuerpflicht iHv 137,5 Euro (27,5% von 500 Euro).
Darunter fallen Leistungen im Rahmen der Blockerstellung, bei denen der Einsatz von vorhandenen Kryptowährungen den wesentlichen Bestandteil der Leistungserbringung darstellt. Dies umfasst somit den Erwerb von Kryptowährungen bei Anwendung des "Proof of Stake"-Algorithmus und des "Delegated Proof of Stake"-Algorithmus (siehe dazu Rz 6178g). Unschädlich ist, wenn neben dem Einsatz von vorhandenen Kryptowährungen andere Leistungskomponenten erbracht werden, sofern diese wirtschaftlich untergeordnet sind (zB die Validierungsleistung durch einen eigenen Server, die Abspeicherung einer Softwarekopie als Netzwerkknoten "Node"). Für die Anwendung der Ausnahmebestimmung ist es zudem unschädlich, wenn die zusätzlichen Leistungen treuhändig von einem Dritten (zB einer Handelsplattform oder einem Staking as a service-Provider) für den Steuerpflichtigen erbracht werden und der Steuerpflichtige dafür eine Servicegebühr entrichtet. Ausschlaggebend ist, dass hinsichtlich der eingesetzten Kryptowährungen kein Zuordnungswechsel an einen Dritten stattfindet; in diesem Fall lägen Einkünfte aus der Überlassung von Kryptowährungen vor (siehe Rz 6178k). Werden die im Zuge des Stakings anfallenden Servicegebühren direkt von den im Rahmen des Stakings erzielten Kryptowährungen ("Staking-Rewards") einbehalten, sind diese steuerlich unbeachtlich und führen folglich weder zu einem steuerlichen Realisationsvorgang noch zu Anschaffungsnebenkosten. Die um die Servicegebühren geminderten Staking-Rewards sind mit Anschaffungskosten in Höhe von null anzusetzen.
Da Staking im Sinne des § 27b Abs. 2 Z 2 EStG 1988 einen Beitrag zur Transaktionsverarbeitung fordert und Token im Gegensatz zu Coins in der Regel nicht zum Betreiben der Blockchain beitragen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Token keine Einkünfte aus Staking iSd § 27b Abs. 2 vorletzter Satz EStG 1988 vermitteln können.
Zu keinen laufenden Einkünften führen Kryptowährungen, die unentgeltlich oder gegen lediglich unwesentliche sonstige Leistungen im Rahmen sogenannter Airdrops und Bounties übertragen werden. Dabei handelt es sich meist um Kryptowährungen, die zu Werbezwecken gewährt werden. Ein Zusammenhang mit laufenden Einkünften aus Kryptowährungen ist nicht erforderlich.Als unwesentliche Gegenleistung gelten Tätigkeiten, die lediglich einen Zeitaufwand von wenigen Minuten beanspruchen (zB Teilen von Beiträgen in sozialen Netzwerken, Ausfüllen eines Fragebogens oder Quizzes, Verwendung eines bestimmten Produktes). Erfolgt die Gewährung gegen wesentlichen Arbeitsaufwand, können betriebliche Einkünfte oder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vorliegen.
Nicht unter die Ausnahmebestimmung fallen im Zuge einer Schenkung (mit Bereicherungsabsicht) übertragene Kryptowährungen. Eine echte Schenkung liegt vor, wenn die Übertragung ausschließlich aus privaten Motiven erfolgt und keine betrieblichen Gründe vorliegen. In diesen Fällen setzt der Geschenknehmer die Anschaffungskosten des Geschenkgebers fort.
Gehen Kryptowährungen im Rahmen einer Abspaltung von der ursprünglichen Blockchain zu (Hardfork), führt dieser Zugang ebenso zu keinen laufenden Einkünften. Voraussetzung ist, dass durch die Abspaltung eine neue Blockchain geschaffen wird und somit eine neue Kryptowährung entsteht. Reine Softwareupdates einer bestehenden Kryptowährung (Softforks) fallen nicht unter die Regelung und stellen daher keine Anschaffungsvorgänge dar.