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3.6.4.9. Identität der Beteiligungen an der einbringenden und der übernehmenden Körperschaft

BMF2024-0.457.39220.6.2024

3.6.4.9.1. Allgemeines

Rz 1080
Bringt eine Körperschaft Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 UmgrStG in eine andere Kapitalgesellschaft ein, an denen ein Gesellschafter allein beteiligt ist oder mehrere Gesellschafter im gleichen Verhältnis beteiligt sind (so genannte Schwestergesellschaften), kann dies nach § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG unter Verzicht auf die Ausgabe von Anteilen erfolgen, da sich aus der Sicht der Anteilsinhaber nur eine Vermögensverlagerung auf die Schwestergesellschaft und damit eine Beteiligungswertverlagerung, nicht aber eine Veränderung des Gesamtwertes der Beteiligungen ergibt.

Rz 1080a
§ 19 Abs. 2 Z 5 zweiter Fall UmgrStG (Identität der Beteiligungsverhältnisse) ist sohin nur dann anwendbar, wenn Einbringender eine Körperschaft ist.

§ 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG ist daher die Einbringung sämtlicher Mitunternehmeranteile in eine Körperschaft, deren Beteiligungsverhältnis mit dem Beteiligungsverhältnis an der Mitunternehmerschaft übereinstimmt, dies gilt sowohl für Zeiträume vor dem Inkrafttreten des AbgÄG 2005 (VwGH 22.4.2009, 2006/15/0296, 2006/15/0306) als auch für die Rechtslage nach dem Inkrafttreten des AbgÄG 2005 (VwGH 27.1.2022, Ra 2020/15/0005). Unterbleibt in einer derartigen Konstellation Gewähr von Anteilen, ist zu unterscheiden:

Rz 1081
Voraussetzung für die Beteiligungsübereinstimmung ist, dass die Beteiligung jedes Anteilsinhabers am rechnerischen Wert der Gesamtanteile der beiden Körperschaften ident ist. Dies ist bei einer Alleingesellschafterstellung an beiden Körperschaften stets gegeben. Bei einer Mehrheit von Anteilsinhabern ist nicht nur das Nennkapital sondern auch Surrogatkapital im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 (Substanzgenussrechte und Partizipationskapital) für die Berechnung des jeweiligen Beteiligungsausmaßes heranzuziehen.

Beispiel 1:

An der X-GmbH und der Y-GmbH ist A zu je 60% und B zu je 40% beteiligt. Die Einbringung von Vermögen der X-GmbH in die Y-GmbH oder umgekehrt ist unter Verzicht auf eine Anteilsgewährung gemäß § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG möglich.

Beispiel 2:

A und B sind je zur Hälfte am Stammkapital der X-GmbH und der Y-GmbH beteiligt. Auf Grund der Ausgabe von Substanzgenussrechten durch die Y-GmbH sind C und D an der Y-GmbH beteiligt. Eine Schwestergesellschaftsfunktion im Sinne des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG liegt nicht vor.

Beispiel 3:

A ist zu je 50% an der X-GmbH (Stammkapital 35.000) und der Y-GmbH (Stammkapital ebenfalls 35.000) beteiligt. B ist zu 50% an der X-GmbH und zu 40% an der Y-GmbH beteiligt. Sollte B das gesamte von der Y-GmbH emittierte Substanzgenussrechtskapital in Höhe von 7000 übernehmen, ergibt sich - gemessen am rechnerischen Wert der Gesamtanteile (Nennkapital und Surrogatkapital) - für A und B eine jeweils 50-prozentige Beteiligung an der Y-GmbH. Die Schwestergesellschaftsfunktion im Sinne des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG ist gegeben.

Rz 1081a
Die Identität der Beteiligungsverhältnisse muss noch nicht am Einbringungsstichtag gegeben sein. Diesbezüglich ist auf den Zeitpunkt der Errichtung des Einbringungsvertrages abzustellen. Eine Änderung des Eigentums an den Anteilen der übernehmenden Körperschaft zwischen dem Einbringungsstichtag und der Errichtung des Einbringungsvertrages ist daher möglich, um die erforderliche Identität im Sinne des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG herzustellen. Ebenso können die Beteiligungsverhältnisse bei einer einbringenden Körperschaft im Rückwirkungszeitraum verändert werden (vgl. auch Rz 808).

Rz 1082
Nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG fällt bei mehreren gleichbeteiligten Anteilsinhabern mangels Vorliegen der Voraussetzungen die Einbringung der Anteile an der einen Schwestergesellschaft in die andere (siehe Rz 1067 ff).

3.6.4.9.2. Rundungsdifferenzen

Rz 1083
Bei Schwestergesellschaften mit unterschiedlich hohem Nennkapital ist es denkbar, dass sich die Beteiligungsstände mathematisch nicht bis zur letzten Kommastelle gleichen. Dieser Umstand ist für die Anwendung des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG nicht schädlich, solange nach einer Rundung die beiden ersten Kommastellen der Beteiligungsstände ident sind und die Übereinstimmung der Beteiligungsverhältnisse im Einbringungsvertrag dokumentiert wird.

3.6.4.9.3. Verbotene Einlagenrückgewähr

Rz 1084
Die Einbringung von Vermögen in eine Schwestergesellschaft (oder auch up stream in die Muttergesellschaft) unter Verzicht auf eine Anteilsgewährung ist zwar nach § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG steuerrechtlich gedeckt, führt aber zu einer unternehmensrechtlich verbotenen Einlagenrückgewähr im Sinne des § 82 Abs. 1 GmbHG oder § 52 AktG, da die einbringende Körperschaft keine Gegenleistung erhält und damit in jedem Fall eine Gläubigerschädigung (ohne Rücksicht, ob tatsächlich Gläubiger bestehen) eintritt.

Rz 1085
Die verbotene Einlagenrückgewähr kann bei der einbringenden Gesellschaft durch eine mit der Einbringung verknüpfte den Wertabgang ersetzende:

vermieden werden (vgl. OGH 10.6.1999, 6 Ob 6/99x). Die Maßnahmen der Kapitalherabsetzung oder Gewinnausschüttung (Sachausschüttung) sind steuerneutral, dh. nicht als Einlagenrückzahlung im Sinne des § 4 Abs. 12 EStG 1988 bzw. als eine Kapitalertragsteuerpflicht auslösende Ausschüttung zu werten. Die Gesellschaftereinlage hingegen ist eine solche im Sinne des § 6 Z 14 EStG 1988, die auch zu einem Zugang im Evidenzkonto führt. Das Fehlen der erwähnten Maßnahmen hindert die Anwendung des Art. III UmgrStG nicht.

3.6.4.10. Einbringung in eine ausländische übernehmende Körperschaft

3.6.4.10.1. Allgemeines

Rz 1086
Die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen einer inländischen Schwestergesellschaft in die ausländische kann stets unter Verzicht auf eine Anteilsgewährung für die einbringende Schwestergesellschaft erfolgen, da das Besteuerungsrecht der Republik Österreich hinsichtlich des eingebrachten Vermögens im Rahmen der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht der übernehmenden ausländischen Körperschaft erhalten bleibt. Die Gegenleistung gilt jedoch dennoch als bewirkt und besteht in Werterhöhung der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft; im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 UmgrStG ist folglich die Ansässigkeit der Anteilsinhaber der übernehmenden Körperschaft maßgeblich (siehe Rz 854b).

3.6.4.10.2. Anteilseinbringung in eine ausländische übernehmende Körperschaft

Rz 1087
Im Fall der Einbringung eines Kapitalanteiles im Sinne des § 12 Abs. 2 Z 3 UmgrStG in eine ausländische übernehmende Körperschaft wird diese Beteiligung tatsächlich in das Ausland übertragen und damit in der Regel eine Einschränkung des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich bewirkt. Die Bewertung für den Einbringenden richtet sich für betriebsvermögenszugehörige Anteile nach § 16 UmgrStG (Rz 848 ff) und im Übrigen nach § 17 UmgrStG (Rz 929 ff); im Falle der Einbringung in eine EU/EWR-Körperschaft gegen Gewährung einer Gegenleistung ist § 16 Abs. 1a iVm § 17 Abs. 1a UmgrStG idF StRefG 2020 zu beachten. Da nicht in allen Fällen der Exporteinbringung eine Wahrung des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich am eingebrachten Vermögen möglich ist, setzt § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG für den Verzicht auf eine Gegenleistung voraus, dass die Einbringung ausschließlich bei inländischen Anteilen an der übernehmenden ausländischen Körperschaft eine Zu- oder Abschreibung auslöst. Damit wird sichergestellt, dass in Kapitalanteilen verstrickte und im Inland steuerhängige stille Reserven in einer Gegenleistung steuerhängig gespeichert bleiben. Ist die in § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG genannte Voraussetzung für einen Verzicht auf eine Gegenleistung nicht gegeben, muss die Einbringung gegen Gewährung von Anteilen erfolgen oder die Einbringung unterbleiben.

Allerdings kann § 19 Abs. 2 Z 5 zweiter Halbsatz UmgrStG aus unionsrechtlichen Erwägungen unangewendet bleiben, sofern eine Einbringung eines im Inland steuerhängigen Kapitalanteils durch einen Steuerinländer oder durch einen EU/EWR-Ansässigen in eine EU/EWR-Körperschaft erfolgt. In solchen Fällen kann daher von der Gewährung einer Gegenleistung abgesehen werden, ohne dass eine Anwendungsvoraussetzung des Art. III UmgrStG verletzt wird; damit sind jedoch gleichzeitig auch die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anteilstausches gemäß § 16 Abs. 1a UmgrStG nicht erfüllt.

Beispiel:

Die in Frankreich ansässige Mutterkörperschaft A bringt ihre 100-prozentige (aufgrund des DBA-Frankreichs im Inland steuerhängige) Beteiligung an ihrer inländischen Tochtergesellschaft B in die in Irland ansässige Großmuttergesellschaft C ein, die wiederum 100% der Anteile an der A hält. Gegenleistungsanteile sollen anlässlich der Einbringung des Kapitalanteils nicht ausgegeben werden. Das Unterbleiben der Gewährung einer Gegenleistung würde in diesem Fall § 19 Abs. 2 Z 5 zweiter Halbsatz UmgrStG grundsätzlich widersprechen; aus unionsrechtlichen Gründen kann die Bestimmung jedoch unangewendet bleiben. Da mangels Gewährung einer Gegenleistung die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anteilstausches gemäß § 16 Abs. 1a UmgrStG idF StRefG 2020 nicht erfüllt sind (siehe auch Rz 860h), kann für die stillen Reserven im eingebrachten Kapitalanteil daher in weiterer Folge gemäß § 16 Abs. 2 Z 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG ein Antrag auf Ratenzahlung (bis 31.12.2015: Antrag auf Nichtfestsetzung) gestellt werden, weil die Einschränkung des Besteuerungsrechts am eingebrachten Vermögen gegenüber einem EU/EWR-Staat erfolgt (siehe auch Rz 860a).

Unterbleibt eine Anteilsgewährung, obwohl die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Z 5 zweiter Halbsatz UmgrStG nicht vorliegen und kann die Bestimmung auch aus unionsrechtlichen Gründen nicht unangewendet bleiben, ist auf Grund des Verweises in § 12 Abs. 1 UmgrStG auf den § 19 UmgrStG eine Anwendungsvoraussetzung des Art. III UmgrStG verletzt und es liegt eine unter § 20 Abs. 1 Z 2 KStG 1988 fallende einen steuerwirksamen Tausch im Sinne des § 6 Z 14 EStG 1988 auslösende Sacheinlage oder Sachzuwendung vor.

Rz 1088
Die Ausnahme des § 19 Abs. 2 Z 5 zweiter Halbsatz UmgrStG § 20 Abs. 4 UmgrStG bei den inländischen Anteilen an der ausländischen übernehmenden Körperschaft stattfindet, sie muss auch ausschließlich an inländischen Anteilen erfolgen. Sämtliche Gesellschafter der ausländischen übernehmenden Körperschaft müssen daher im Inland ansässig sein.

Rz 1089
Betroffen von der Sonderregelung des § 19 Abs. 2 Z 5 zweiter Halbsatz UmgrStG

  • in eine ausländische Schwesterkörperschaft oder
  • in eine ausländische Mutterkörperschaft mit (teilweise) ausländischen Anteilsinhabern oder
  • in eine inländische übernehmende Unterkörperschaft bei Vorliegen einer ausländischen Zwischenkörperschaft oder
  • in eine ausländische übernehmende Unterkörperschaft bei Vorliegen einer ausländischen Zwischenkörperschaft.

Rz 1090
Bringt eine inländische Schwestergesellschaft eine Beteiligung in ihre ausländische Schwestergesellschaft ein, kann auf die Gewährung von neuen Anteilen verzichtet werden, wenn:

  • eine inländische Muttergesellschaft vorliegt oder
  • sämtliche an den beiden Schwestergesellschaften gleichbeteiligte Anteilsinhaber Steuerinländer sind,

sodass es zu einer Ab- und Zuschreibung auf die betrieblich oder außerbetrieblich gehaltenen Anteile kommt (siehe Rz 1129).

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