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3.2. Einbringungsstichtag (§ 13 UmgrStG)

BMF2024-0.457.39220.6.2024

3.2.1. Grundsätze

3.2.1.1. Allgemeines

Rz 761
Der Einbringungsstichtag hat eine wesentliche Bedeutung, da mit ihm die steuerliche Funktion verbunden ist, dass die Zurechnung des Vermögens und der daraus resultierenden Einkünfte zum Einbringenden mit Ablauf dieses Tages endet und die Zurechnung des Vermögens und der daraus resultierenden Einkünfte zur übernehmenden Körperschaft ab dem dem Stichtag folgenden Tag erfolgt. Siehe dazu auch die Ausführungen zum Verschmelzungsstichtag in Rz 74 ff.

Rz 762
Einbringungsstichtag kann jeder beliebige Tag sein. Steuerlich maßgebend ist der im Vertrag zwischen dem Einbringenden und der übernehmenden Körperschaft festgelegte Tag, er muss klar und eindeutig festgelegt sein.

Rz 763
Der Einbringungsvertrag kann einen bevorstehenden oder einen rückwirkenden Einbringungsstichtag festlegen oder den Vertragstag als Stichtag definieren:

  • Rückbezogene Stichtage, dh. Stichtage, die vor dem Abschluss des Einbringungsvertrages liegen, sind nur im Rahmen der Grenzen des § 13 Abs. 1 UmgrStG möglich (Frist von neun Monaten, siehe Rz 767 ff).
    • Es kann lediglich ein Grundsatzvertrag (Definition des Einbringenden, des abstrakten Gegenstandes der Einbringung, der übernehmenden Körperschaft) abgeschlossen werden. Dieser vorläufige Vertrag muss innerhalb der Neunmonatsfrist ergänzt und vervollständigt werden und ist in diesem Sinne ebenfalls ein rückwirkender, weil die Endfassung einer abschließenden Willensübereinstimmung bedarf. Diesfalls ist für die Frage des Vorhandenseins des Vermögens auf den Zeitpunkt des Abschlusses des vollständigen Einbringungsvertrages abzustellen; dh es ist schädlich, wenn im Zeitpunkt des Abschlusses des vollständigen Einbringungsvertrages das wirtschaftliche Eigentum am Vermögen bereits übertragen und nicht bloß aufgrund eines bis zum Ablauf des Einbringungsstichtages abgeschlossenen Vertrages zur Nutzung überlassen wurde.
    • Wird nicht bloß ein Grundsatzvertrag abgeschlossen, sondern ein vollständiger Einbringungsvertrag, können lediglich einzelne technische, für die korrekte steuerliche Abwicklung erforderliche, vorab jedoch abstrakt klar definierte Punkte (zB Stichtagsbilanz, Einbringungsbilanz, Bewertung) später ergänzt werden. Diesfalls ist es nicht schädlich, wenn im Zeitpunkt der späteren Ergänzungen das Vermögen bereits übertragen wurde.

    Für andere Stichtage dh. Stichtage auf den Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages oder auf einen Tag danach, bestehen zwei Möglichkeiten:

3.2.1.2. Stichtagsprobleme

Rz 764
Fehlt in einem Einbringungsvertrag die Angabe eines Stichtages, ist zu unterscheiden:

  • Fehlt bei einem die Einbringung eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteiles betreffenden im Übrigen allen Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 UmgrStG Rechnung tragenden Einbringungsvertrag nur die Angabe eines Einbringungsstichtages, ist mit der Bezugnahme auf den zu Grunde liegenden Jahres- oder Zwischenabschluss auch der Einbringungsstichtag definiert.
  • Fehlt bei einem die Einbringung eines betrieblichen Kapitalanteils betreffenden im Übrigen allen Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 UmgrStG Rechnung tragenden Einbringungsvertrag nur die Angabe eines Einbringungsstichtages, ist mit der Bezugnahme auf die Einbringungsbilanz auch der Einbringungsstichtag definiert.
  • Ist im Falle der Einbringung eines privat gehaltenen Kapitalanteils weder eine Bilanz noch eine Einbringungsbilanz zu erstellen und ist auch im Einbringungsvertrag ein Stichtag nicht genannt, liegt ein Verzicht auf eine Rückwirkung vor und ist als Einbringungsstichtag der Tag des Abschluss des nach außen erkennbaren Einbringungsvertrages anzunehmen.

Beispiel:

Ein Einbringungsvertrag über einen privat gehaltenen Kapitalanteil im Sinne des § 12 Abs. 2 Z 3 UmgrStG wird ohne Erwähnung eines Einbringungsstichtages am 23.9.01 in Form eines Notariatsaktes abgeschlossen, wobei keine Anteilsgewährung an den Einbringenden erfolgt (Fall des § 19 Abs. 2 Z 2 bzw. 5 UmgrStG). Der Vertrag wird dem (auch für die übernehmende GmbH zuständigen) FA erst im Zuge der Abgabe der ESt-Jahreserklärung des Einbringenden am 18.6.02 bekannt gegeben. Mangels Rückwirkung ist bei Vorliegen aller Anwendungsvoraussetzungen des § 12 UmgrStG der Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages (23.9.01) auf die GmbH als Einbringungsstichtag anzunehmen.

Rz 765
Wird im Einbringungsvertrag der Einbringungsstichtag mit einem Tag festgelegt, der mehr als neun Monate vor Unterfertigung des Vertrages liegt, kann dieser Stichtag im Hinblick auf das Erfordernis, die Einbringung innerhalb von neun Monaten bei der zuständigen Behörde zu melden bzw. anzumelden, keine umgründungssteuerrechtlichen Wirkungen vermitteln. In diesem Fall gilt der Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages als Einbringungsstichtag. Wurde diese Einbringung beim Firmenbuch angemeldet oder dem FA gemeldet, kann eine außerhalb des Art. III UmgrStG liegende Einbringung nur dann verhindert werden, wenn nach § 13 Abs. 1 fünfter Satz UmgrStG § 12 UmgrStG dienen (Zwischenabschlusserstellung, gegebenenfalls Unternehmensbewertung, Einbringungsbilanzerstellung, Gegenleistungsbestimmung).

Beispiel:

A bringt seinen Mitunternehmeranteil an der X-KG (Bilanzstichtag 31.12.) mit Vertrag vom 15.10.09 in die ihm zu 100% gehörende A-GmbH zum Stichtag 31.12.08 ein, wobei auf eine Anteilsgewährung gemäß § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG verzichtet wird. Die Einbringung wird dem zuständigen FA am 30.10.09 unter Anschluss des Einbringungsvertrages, des Abschlusses der X-KG zum 31.12.08 sowie der Einbringungsbilanz betreffend den Anteil des A an der X-KG gemeldet.

Da der Einbringungsstichtag mehr als neun Monate vor dem Einbringungsvertrag liegt, kann die Einbringung jedenfalls nicht zum vereinbarten Stichtag wirksam werden. Vielmehr hat A bis spätestens 15.7.10 dem Finanzamt einen auf den Ersatzstichtag 15.10.09 adaptierten Einbringungsvertrag, einen Zwischenabschluss der X-AG sowie eine Einbringungsbilanz des MU-Anteils vorzulegen. Auch das Vorliegen des positiven Verkehrswerts zum Ersatzstichtag ist gegebenenfalls nachzuweisen.

Rz 766
Wird die Einbringung betrieblicher Einheiten laut Einbringungsvertrag auf einen bestimmten Tag (zB auf den 1.1.) eines Jahres bezogen, dh. es wird im Einbringungsvertrag ein bestimmter Tag, zB der 1.1., als Einbringungsstichtag festgelegt, ist im Hinblick auf die Maßgeblichkeit des Vertrages damit die Absicht verbunden, dass das einzubringende Vermögen mit Ablauf dieses Tages auf die Körperschaft übergehen soll. Dieser Einbringung ist ein Jahresabschluss zum Einbringungsstichtag zugrunde zu legen. Wird kein Zwischenabschluss zum Vertragstag erstellt, ist eine Anwendungsvoraussetzung des § 12 UmgrStG nicht gegeben (siehe Rz 816 ff).

Auch auf dem Jahresabschluss des Vortages basierende und den Mindestanforderungen des § 4 EStG 1988 entsprechende Stichtagsbilanzen im Sinne des § 12 Abs. 2 UmgrStG genügen den Anforderungen von Art. III UmgrStG, jedoch sind diese im Hinblick auf Veränderungen des Vermögens am Stichtag selbst nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 2 EStG 1988 anzupassen (vgl. VwGH 29.1.2015, 2011/15/0169, weiters VwGH 26.2.2015, 2014/15/0041). Von einer Berichtigung gemäß § 4 Abs. 2 EStG 1988 kann abgesehen werden, wenn sich entsprechend den Grundsätzen des KFS/RL 25 vom 3.12.2012 am Stichtag selbst keine wesentlichen Geschäftsfälle ereignen.

3.2.2. Rückwirkungsfiktion

3.2.2.1. Allgemeines

Rz 767
Rückwirkende Rechtsgeschäfte sind ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Zulässigkeit für den Bereich des Steuerrechtes nicht anzuerkennen (zB VwGH 25.3.1999, 96/15/0079). Solche Rechtsgeschäfte entfalten ihre steuerliche Wirkung erst ab dem Tag des Abschlusses des Rechtsgeschäftes oder dem Tag eines Gesellschaftsvertrages.

Rz 768
Eine Rückwirkung ist steuerlich nur bei einer ausdrücklichen steuergesetzlichen Regelung anzuerkennen. Eine solche auch steuergesetzlich angeordnete Rückwirkung ist im Zusammenhang mit Einbringung durch die nachstehenden Bestimmungen vorgesehen:

  • § 13 UmgrStG in Form des (eingeschränkten) Wahlrechtes eines rückwirkenden Einbringungsstichtages. Dieses Wahlrecht wird durch die Anmeldung bzw. Meldung ausgeübt.
  • § 6 Z 14 lit. b EStG 1988: Danach ist die Rückwirkungsfiktion des UmgrStG generell für die Einbringung von Vermögen im Sinne § 12 Abs. 2 UmgrStG nach den Regeln des § 13 UmgrStG anwendbar, auch wenn eine/mehrere der anderen umgründungssteuerrechtlichen Voraussetzungen (Anwendungsvoraussetzungen) nicht gegeben sind (siehe EStR 2000 Rz 2607 sowie Rz 1277).

Rz 769
§ 13 Abs. 1 UmgrStG ermöglicht, dass der Einbringungsstichtag abweichend vom Vertragstag auf einen Zeitpunkt vor der Unterfertigung des Einbringungsvertrages bezogen wird. Diese Rückwirkungsfiktion ist nur für die ertragsteuerliche Beurteilung der an der Einbringung unmittelbar beteiligten Personen relevant. Das sind (der) die Einbringende(n) und die übernehmende Körperschaft. Für das Zivilrecht und andere Abgaben bzw. die Verfahrensvorschriften gilt diese Rückwirkung nicht (siehe auch Rz 951 ff und Rz 1216 ff).

Rz 770
Es sind insbesondere die Buchführungs- und Aufzeichnungsvorschriften der §§ 124 ff BAO und § 18 UStG 1994 usw. für den eingebrachten (Teil)Betrieb zumindest bis zur (An)Meldung der Einbringung weiterhin durch den Einbringenden zu beachten (siehe etwa UStR 2000 Rz 56, die die Annahme des Überganges mit dem der (An)Meldung folgenden Monatsersten für zulässig erachten). Die Geschäftsfälle und die dazu gehörigen Belege sind bis dahin in den Büchern der übernehmenden Körperschaft getrennt zu erfassen, aufzuzeichnen und aufzubewahren. Die Zusammenführung der Bücher und Aufzeichnungen ist grundsätzlich frühestens mit Ablauf des Tages der (An)Meldung des Einbringungsvertrages und des Einbringungsstichtages zulässig. Es bestehen jedoch keine Bedenken, für die Zusammenführung der steuerlichen Bücher und Aufzeichnungen die im KWT-Fachgutachten KFS/RL 25 dargestellten Grundsätze sinngemäß anzuwenden. Die Zusammenführung hat leicht nachvollziehbar - etwa auf Basis eines formlosen Zwischenabschlusses oder aufgrund der eindeutigen Textierung der Buchungen (zB durch Einbuchung der Salden aus der Saldenliste) - zu erfolgen. Nur Abwicklungen, die diesen Grundsätzen folgen, haben die Vermutung der Ordnungsmäßigkeit des § 163 BAO für sich.

Rz 771
Der Einbringungsstichtag kann höchstens neun Monate vor Anmeldung oder der Meldung bei der zuständigen Behörde (siehe Rz 776 ff) liegen (Rückwirkungsfrist).

Auch nicht rückwirkende Einbringungen (Stichtag ist der Vertragstag) sind innerhalb von neun Monaten ab Stichtag beim Firmenbuch anzumelden bzw. dem Finanzamt zu melden. Erfolgt in einem solchen Fall die Anmeldung/Meldung der Einbringung nicht innerhalb von neun Monaten, fällt die Einbringung nicht unter Art. III UmgrStG. Die Ersatzstichtagsregelung des § 13 Abs. 1 fünfter Satz UmgrStG kommt nicht zur Anwendung.

Beispiel:

A bringt 25% seiner Anteile an der X-GmbH in die Y-GmbH, deren Alleingesellschafter er ist, ein. Im Einbringungsvertrag vom 23.4.01 wird als Stichtag der Vertragstag, dh. der 23.4.01 festgelegt. Eine Anteilsgewährung unterbleibt gemäß § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG. Die Meldung an das für die Y-GmbH zuständige Finanzamt erfolgt am 18.8.02.

Da die Meldung nicht innerhalb von neun Monaten ab dem Stichtag (Vertragstag) erfolgt, fällt die Einbringung nicht unter Art. III UmgrStG. Es kommt § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 bezogen auf den 23.4.01 zur Anwendung.

3.2.2.2. Beginn der Rückwirkungsfrist

Rz 772
Die Rückwirkungsfrist beginnt mit dem vertraglich festgelegten Einbringungsstichtag zu laufen und endet spätestens neun Monate später. Nur innerhalb dieser Frist ist eine Rückbeziehung möglich.

Rz 773
Die Rückwirkungsfrist ist von der Anzeigefrist des § 43 Abs. 1 UmgrStG zu unterscheiden, deren Einhaltung keine Anwendungsvoraussetzung des Art. III UmgrStG ist (siehe auch Rz 1899 ff).

3.2.2.3. Ende der Rückwirkungsfrist

Rz 774
Für die Fristenberechnung ist in abgabenrechtlicher Sicht sowohl bei Zuständigkeit des Firmenbuches als auch bei jener des Finanzamtes § 108 BAO maßgebend. Das bedeutet unter anderem, dass es sich bei der Neunmonatsfrist um eine verfahrensrechtliche Frist handelt und die Tage des Postenlaufs daher nicht eingerechnet werden. Allerdings ist bei Zuständigkeit des Firmenbuchs für die Anmeldung der Einbringung (vgl. Rz 776) daher hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Anmeldung wie folgt zu differenzieren:

  • Sollte eine innerhalb der nach § 108 BAO berechneten Neunmonatsfrist erstattete aber nach Firmenbuchrecht verspätete Anmeldung einer Einbringung vom Firmenbuchgericht zurückgewiesen werden, ist eine Einbringung im Sinne des Art. III UmgrStG auch abgabenrechtlich nicht zustandegekommen.
  • Sollte eine innerhalb der nach § 108 BAO berechneten Neunmonatsfrist erstattete, aber nach Firmenbuchrecht verspätet angemeldete Einbringung vom Firmenbuchgericht nicht zurückgewiesen werden, ist die Einbringung im Sinne des Art. III UmgrStG wirksam geworden.
  • Sollte eine außerhalb der in § 108 BAO vorgesehenen Frist angemeldete Einbringung und auch nach Firmenbuchrecht verspätet angemeldete Einbringung vom Firmenbuch nicht zurückgewiesen werden, kommt die Ersatzstichtagsregelung des § 13 Abs. 1 fünfter Satz zur Anwendung (Rz 792 ff).

Rz 775
Aus der Maßgeblichkeit der BAO ergeben sich für Umgründungsstichtage zu einem Monatsende steuerlich folgende Fristen:

Umgründungsstichtag

letzter Postaufgabetag

31.1.

31.10.

28.2. (Normaljahr)

28.11.

29.2. (Schaltjahr)

29.11.

31.3.

31.12.

30.4.

30.1. des Folgejahres

31.5.

28.2. des Folgejahres (Normaljahr) bzw.

29.2. des Folgejahres (Schaltjahr)

30.6.

30.3. des Folgejahres

31.7.

30.4. des Folgejahres

31.8.

31.5. des Folgejahres

30.9.

30.6. des Folgejahres

31.10.

31.7. des Folgejahres

30.11.

30.8. des Folgejahres

31.12.

30.9. des Folgejahres

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