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29.6.2.2.3.2 Offenkundige verdeckte Ausschüttungen

BMF2023-0.871.81931.3.2023

Rz 7758
§ 1 Z 2 VO BGBl. Nr. 56/1995 § 8 Abs. 2 KStG 1988 einen zwingenden KESt-Abzug mit nachfolgendem Rückerstattungsverfahren vor. Es wird damit die ausländische Muttergesellschaft gezwungen, der ausländischen Finanzverwaltung die Umstände und Gründe der verdeckten Ausschüttung mitzuteilen.

Eine offenkundige verdeckte Ausschüttung liegt nach § 3 der VO BGBl. Nr. 56/1995 2002/14/0112). Eine Nichtbeachtung der Verrechnungspreisrichtlinien löst bei unbestreitbar feststehendem Sachverhalt eine offenkundige verdeckte Ausschüttung aus (VPR 2021 Rz 516).

Die Behörde kann jedoch in Fällen verdeckter Ausschüttungen von der Inanspruchnahme der KESt-Haftung gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung zur Erlassung eines Haftungsbescheides (vgl. VwGH 9.7.2008, 2004/13/0175) absehen, wenn bereits vor dessen Erlassung zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass der Muttergesellschaft eine Entlastung von der Kapitalertragsteuer aufgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie zusteht. Zum Nachweis siehe Rz 7759 ff.

29.6.2.2.4 Nachweispflichten

29.6.2.2.4.1 Entlastung an der Quelle

Rz 7759
§ 1 Z 3 iVm § 4 Abs. 1 VO BGBl. Nr. 56/1995 sieht vor, dass von der abzugsverpflichteten Tochtergesellschaft der Nachweis der Voraussetzungen für die Befreiung vom KESt-Abzug durch Unterlagen zu führen ist, aus denen die Voraussetzungen jederzeit leicht nachprüfbar sind. Konkret wird in § 4 Abs. 2 der VO gefordert, dass die Ansässigkeit der Muttergesellschaft durch eine von der Steuerverwaltung des Ansässigkeitsstaates der Muttergesellschaft zeitnah erteilte Bescheinigung auf dem Vordruck ZS-EUMT nachzuweisen ist. Eine KA1-Meldung ist dennoch vorzunehmen. Die Ansässigkeitsbescheinigung gilt als zeitnah, wenn sie innerhalb eines Jahres vor oder nach der Ausschüttung ausgestellt wurde. Daneben muss die ausschüttende Tochtergesellschaft auch die Unterlagen zur Nachprüfbarkeit der Erklärung iSd § 2 Abs. 2 VO der Muttergesellschaft zur Entkräftung des Missbrauchsverdachts führen.

Rz 7759a
Bei einer Ausschüttung an eine ausländische Holdinggesellschaft, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 der VO BGBl. Nr. 56/1995 nicht erfüllt, an der jedoch eine ausländische - in einem EU-Mitgliedstaat ansässige - Körperschaft unmittelbar (oder über eine Personengesellschaft mittelbar) zu 100% beteiligt ist, die selbst die Voraussetzungen der Mutter-Tochter-Richtlinie erfüllt, bedarf es für die Entlastung an der Quelle (siehe dazu bereits Rz 7757a) abhängig davon, ob die Holdinggesellschaft als funktionslos oder als mit wirtschaftlicher Funktion ausgestattet anzusehen ist, unterschiedlicher Nachweise (vgl. EAS 3244, EAS 3414):

  • Handelt es sich um eine mit wirtschaftlicher Funktion ausgestattete Holding, der die Einkünfte zuzurechnen sind, bedarf es eines von der Holdinggesellschaft vorgelegten Vordruckes, der hierfür vorgesehen ist. Die Holdinggesellschaft kann dann zwar nicht die im Vordruck vorgesehene Substanzerklärung abgeben, da zumindest eines der drei in § 2 Abs. 2 VO geforderten Kriterien nicht erfüllt ist. Der in § 2 VO verankerte Missbrauchsverdacht kann jedoch mittels Ansässigkeitsbescheinigung und Substanzerklärung der Muttergesellschaft (gegebenenfalls unter Darlegung weiterer relevanter Umstände) widerlegt werden.
  • Handelt es sich um eine funktionslose Holding, sodass die Einkünfte der operativen Muttergesellschaft zuzurechnen sind, so ist neben dem für die Entlastung vorgesehenen Vordruck der Muttergesellschaft auch eine formlose Bestätigung der direkt beteiligten funktionslosen Holding darüber vorzulegen, dass ihr die Einkünfte nicht zuzurechnen sind.

In anders gelagerten Fällen kann von der ausschüttenden inländischen Körperschaft vom besonderen Auskunftsverfahren nach § 5 der VO BGBl. Nr. 56/1995 Gebrauch gemacht werden, sodass bei entsprechender Nachweisführung eine ex ante-Kontrolle der Entlastungsberechtigung erfolgen kann (vgl. Rz 7757d).

29.6.2.2.4.2 Rückerstattungsverfahren

Rz 7759b
Zu einem KESt-Rückerstattungsantrag gemäß § 94 Z 2 EStG 1988 befugt ist nach dem Gesetzeswortlaut die unmittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft beteiligte Muttergesellschaft. Der Antrag ist gemäß § 240a BAO erst nach Ablauf des Jahres der Einbehaltung zulässig.

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO grundsätzlich fünf Jahre. Vor Stellung des Antrags auf Rückzahlung der einbehaltenen KESt hat der Antragssteller eine elektronische Vorausmeldung gemäß § 240a Abs. 1 BAO abzugeben. Aus der Vorausmeldung wird ein Antrag generiert, welcher sodann in Papierform beim Finanzamt für Großbetriebe (bis 31.12.2020: beim Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart) einzureichen ist.

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