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20.1.2 Verhältnis zu anderen Einkunftsarten

BMF2023-0.871.81931.3.2023

Rz 6104
Einkünfte aus Kapitalvermögen liegen vor, wenn sie weder zu den betrieblichen Einkünften noch zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören. Zu beachten ist, dass auch bei Erfassung unter diesen Einkunftsarten die Besteuerung zu den besonderen Steuersätzen gemäß § 27a Abs. 6 EStG 1988 erhalten bleibt. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und die sonstigen Einkünfte gemäß § 29 Z 1 und § 30 EStG 1988 sind subsidiär gegenüber den Einkünften aus Kapitalvermögen. Einkünfte aus Derivaten, die unmittelbar zur Zinssicherung im Zusammenhang mit einem Anschaffungskredit im Rahmen der Vermietung und Verpachtung verwendet werden, sind jedoch im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen (siehe Pkt. 5 der Ergebnisunterlage ESt, Salzburger Steuerdialog 2011, Erlass des BMF vom 06.10.2011, BMF-010203/0464-VI/6/2011). Die sonstigen Einkünfte gemäß § 29 Z 3 EStG 1988 sind gegenüber den Einkünften aus Kapitalvermögen subsidiär.

Rz 6104a
Einkünfte aus Kapitalvermögen, das sich im Betriebsvermögen befindet, sind der jeweiligen betrieblichen Einkunftsart zuzurechnen. Die bloße Nutzung eigenen Kapitalvermögens, zB durch Darlehensvergabe, stellt grundsätzlich keinen Gewerbebetrieb dar (VwGH 21.11.1972, 2096/71). Auch das bloße Optimieren eines Wertpapierportefeuilles (ohne Fremdfinanzierung oder ohne konkretes planmäßiges Handeln) führt für sich allein nicht zur Gewerblichkeit. Ein Gewerbebetrieb liegt jedoch vor, wenn durch die Entfaltung einer berufsmäßigen, nach außen hin hervortretenden und den Beteiligten erkennbaren Tätigkeit die Erzielung eines besonderen Gewinnes beabsichtigt wird (zB Ausleihen eigener Gelder gegen Zinsen im Rahmen eines bankmäßigen oder ähnlichen Betriebes, Aufnahme beträchtlicher Fremdgelder und Weitergabe an Darlehensnehmer, VwGH 21.11.1972, 2096/71, VwGH 10.06.1981, 2509/80).

20.1.3 Werbungskosten und Anschaffungsnebenkosten

20.1.3.1 Allgemeines

Rz 6105
Gemäß § 20 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 dürfen Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, die mit Einkünften im Sinne des § 27 Abs. 2 bis 4 EStG 1988 in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, auf die die besonderen Steuersätze gemäß § 27a EStG 1988 anwendbar sind. Das Abzugsverbot umfasst somit Aufwendungen und Ausgaben im Zusammenhang sowohl mit den Früchten aus der Überlassung von Kapital als auch im Zusammenhang mit Substanzgewinnen und Einkünften aus verbrieften Derivaten. Das Abzugsverbot gilt auch

  • bei in einem Betriebsvermögen gehaltenem Kapitalvermögen;
  • im Rahmen der Veranlagung;
  • bei Aufwendungen für unverbriefte Derivate, bei denen gemäß § 27a Abs. 2 Z 7 EStG 1988 eine der Kapitalertragsteuer entsprechende Steuer einbehalten wird (Rz 7752a);
  • wenn die Regelbesteuerungsoption (§ 27a Abs. 5 EStG 1988) ausgeübt wird.

Hingegen dürfen Aufwendungen und Ausgaben, die mit Einkünften aus Kryptowährungen (§ 27 Abs. 4a EStG 1988) in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nur dann nicht abgezogen werden, wenn der besondere Steuersatz tatsächlich angewendet wird. Daher greift das Abzugsverbot nicht, sofern die Regelbesteuerungsoption ausgeübt wird oder der besondere Steuersatz aufgrund von § 27a Abs. 6 EStG 1988 nicht angewendet wird.

Kapitalvermögen, dessen Erträge stets dem progressiven Tarif unterliegen, sind nicht vom Abzugsverbot betroffen (zB Einkünfte aus echter stiller Gesellschaft). Zu "negativen Zinsen" siehe Rz 6121h.

Rückerstattete (zurückgezahlte) Einnahmen stellen gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 grundsätzlich Werbungskosten dar, womit bei Einkünften im Sinne des § 27 EStG 1988, sofern ein Sondersteuersatz gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 anwendbar ist bzw. bei Einkünften aus Kryptowährungen angewendet wird, das Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 zur Anwendung käme. Die Bestimmung des § 20 Abs. 2 EStG 1988 muss allerdings bei zurückgezahlten Kapitaleinkünften aus verfassungsrechtlichen Gründen teleologisch reduziert werden, weshalb die als Werbungskosten geltenden Rückzahlungen bei der Ermittlung dieser Einkünfte abgezogen werden können. Zur Abzugsfähigkeit zurückgezahlter Kapitaleinkünfte im Rahmen der Einkünfteermittlung bei anderen Einkunftsarten siehe Rz 6231.

Rz 6105a
Um eine Umgehung des Abzugsverbotes für Aufwendungen und Ausgaben im Zusammenhang mit Einkünften, die einem der beiden besonderen Steuersätze (25% bzw. 27,5%) unterliegen, zu verhindern (zB Verlagerung von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten auf Anschaffungsnebenkosten, etwa durch höhere Gebühren bei Kauf und Verkauf anstatt einer fixen Depotgebühr), sieht § 27a Abs. 4 Z 2 EStG 1988 vor, dass außerbetrieblich gehaltenes Vermögen im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 stets ohne Anschaffungsnebenkosten anzusetzen ist. Aufwendungen im Zusammenhang mit der Anschaffung von Kapitalvermögen dürfen daher im außerbetrieblichen Bereich weder unmittelbar als Werbungskosten noch im Zuge der Realisierung als Anschaffungsnebenkosten steuerlich berücksichtigt werden.

§ 27a Abs. 4 Z 2 EStG 1988 gilt nicht für Kryptowährungen im Sinne des § 27b Abs. 4 EStG 1988. Daher können Kryptowährungen inklusive Anschaffungsnebenkosten angesetzt werden.

20.1.3.2 Einzelfälle

Rz 6106
Agrargemeinschaftskosten

Wegaufschließungskosten, Wegerhaltungskosten, Reparaturkosten sowie die Kosten für die Errichtung einer Almhütte und der Zäune stellen keine Anschaffungs(neben)kosten für den Erwerb der Agrargemeinschaftsanteile dar und können daher bei der Veräußerung der Anteile nicht vom Veräußerungserlös abgezogen werden. Sie stellen auch keinen Herstellungsaufwand bezüglich der Anteile dar, weil sich durch diese Aufwendungen die Anteile nicht wesentlich ändern oder erweitern. Vielmehr stellen diese Aufwendungen laufenden Aufwand des Anteilsinhabers iZm mit den Agrargemeinschaftsanteilen dar. Da die Ausschüttungen der Agrargemeinschaft der KESt unterliegen und damit endbesteuert sind, unterliegt der damit im Zusammenhang stehende Aufwand dem Abzugsverbot nach § 20 Abs. 2 EStG 1988.

Anschaffungskosten

Anschaffungskosten für die Kapitalanlage selbst können im Zuge der Realisierung steuerlich geltend gemacht werden (§ 27a Abs. 3 Z 2 EStG 1988). Die Anschaffungskosten umfassen auch die anlässlich der Anschaffung bezahlten Stückzinsen. Anschaffungsnebenkosten sind dagegen im außerbetrieblichen Bereich nicht umfasst und daher bei der Veräußerung nicht zu berücksichtigen.

Anwaltskosten

Anwalts- und Prozesskosten zur Hereinbringung der Kapitalerträge sind nicht abzugsfähige Werbungskosten (VwGH 10.09.1998, 93/15/0051), solche im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung der Kapitalanlage sind Anschaffungsnebenkosten. Im außerbetrieblichen Bereich können Anwaltskosten daher in beiden Fällen nicht abgezogen werden. Siehe auch "Prozesskosten".

Ausgabeaufschlag

Der Ausgabeaufschlag, insbesondere bei Investmentfonds, stellt Anschaffungsnebenkosten dar und ist daher im außerbetrieblichen Bereich bei der Veräußerung nicht zu berücksichtigen.

Bankspesen

Bankspesen im Zusammenhang mit der Verwahrung und Verwaltung der Kapitalschulden (zB Depotgebühren) stellen nicht abzugsfähige Werbungskosten dar. Bankmäßige Transaktionskosten sind hingegen beim Veräußerer nicht abzugsfähige Werbungskosten, beim Erwerber Anschaffungsnebenkosten. Im außerbetrieblichen Bereich können Bankspesen daher generell nicht abgezogen werden.

Siehe auch "Festpreis".

Beurkundungskosten

Beurkundungskosten sind als Teil der Anschaffungsnebenkosten für die Gesellschaftsanteile bei der Veräußerung nicht zu berücksichtigen.

Bonitätsprüfung des Schuldners

Ausgaben im Zusammenhang mit einer Bonitätsprüfung sind nicht abzugsfähige Werbungskosten.

Broker-Gebühren

Zählen zu den Anschaffungsnebenkosten und sind daher im außerbetrieblichen Bereich bei der Veräußerung nicht zu berücksichtigen.

Bürgschaft

Kosten aus der Übernahme einer Bürgschaft bzw. Inanspruchnahme hieraus sind keine Werbungskosten (VwGH 20.06.1990, 90/13/0064).

Depotgebühren

Siehe "Bankspesen".

Emissionsphase

Es bestehen keine Bedenken, wenn die depotführenden Stellen für Zwecke der Abgrenzung von Anschaffungsnebenkosten während der Emissionsphase eines Wertpapieres wie folgt vorgehen:

  • Kauf in der offiziellen Zeichnungsfrist:
    Eine Vertriebsprovision, die der Kunde trägt, ist dem Emissionsprospekt zu entnehmen und steuerlich als nicht zu berücksichtigende Anschaffungsnebenkosten zu qualifizieren. Der Re-Offer-Preis (Emissionskurs-Vertriebsprovision) wird als steuerlicher Anschaffungskurs während der gesamten offiziellen Zeichnungsfrist je Emission zentral vom Datenprovider eingespielt. Sofern eine tägliche Anpassung des Emissionskurses erfolgt, ist eine entsprechende tägliche Anpassung des Re-Offer-Preises erforderlich. Erfolgt während dieser Frist ein Verkauf unter dem Re-Offer-Preis ist der tatsächliche Kaufkurs als steuerlicher Anschaffungswert anzusetzen (damit ist klargestellt, dass die Anschaffungsnebenkosten bereits abgezogen worden sind). Erfolgt während dieser Frist ein Verkauf über dem offiziellen Emissionskurs, ist immer der Re-Offer-Preis als steuerlicher Anschaffungswert anzusetzen.
    Es bestehen keine Bedenken, bei der Ermittlung der Anschaffungsnebenkosten für Zwecke des KESt-Abzuges bei Daueremissionen von einer 5-tägigen Zeichnungsfrist auszugehen, sofern es der depotführenden Stelle aus organisatorischen Gründen nicht möglich ist, zwischen Primärerwerben und Käufen vom Sekundärmarkt zu unterscheiden.
  • Kauf am Sekundärmarkt:
    Von der depotführenden Bank ausgewiesene Konditionen und Spesen (Transaktionsspesen) sind als Anschaffungsnebenkosten zu qualifizieren.

Festpreis

Werden Wertpapiere zu einem "Festpreis" erworben, so stellt dieser Festpreis die Anschaffungskosten des Wertpapieres dar, sofern sich eine allfällige Spanne überwiegend aus Änderungen des Zinsniveaus oder der Bonität des Schuldners ergibt (und nicht überwiegend Transaktionskosten abgegolten werden).

Fremdwährungsdarlehen

Fremdwährungsdarlehen stellen keine Wirtschaftsgüter nach § 27 Abs. 3 EStG 1988 dar (VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0026). Damit liegt im Falle einer Realisierung (Wechsel in Euro oder in zum Euro wechselkursstabile Währung) kein steuerwirksamer Verlust oder Überschuss iSd § 27 EStG 1988 vor. Ein Abwertungsverlust infolge einer Änderung des Wechselkurses zählt somit auch nicht zu den Werbungskosten.

Kapitalverlust

Ein Kapitalverlust stellt bei Realisation negative Einkünfte aus § 27 Abs. 3 EStG 1988 dar und ist als solcher im Rahmen des § 27 Abs. 8 EStG 1988 ausgleichsfähig.

Maklerprovision

Zählt zu den Anschaffungsnebenkosten und ist daher im außerbetrieblichen Bereich bei der Veräußerung nicht zu berücksichtigen.

Prozesskosten

Prozesskosten, die zur Abwendung der Auflösung einer Kapitalgesellschaft von einem Gesellschafter aufgewendet werden, stehen mit dem Bestand und Wert der Kapitalanlage (Gesellschaftsanteil) im Zusammenhang und stellen nicht abzugsfähige Werbungskosten dar. Im Übrigen siehe "Anwaltskosten".

Reisekosten

Reisekosten zur Haupt- oder Generalversammlung sind nicht abzugsfähige Werbungskosten.

Rücknahmeabschlag

Ein Rücknahmeabschlag stellt nicht abzugsfähige Werbungskosten dar.

Rückzahlungen von Einnahmen

Siehe Rz 6105.

Steuerberatungskosten

Können ungeachtet § 20 Abs. 2 EStG 1988 als Sonderausgaben abgezogen werden (vgl. VwGH 24.10.2002, 98/15/0145).

Veräußerungskosten

Stellen nicht abzugsfähige Werbungskosten dar.

Verwahrungs- und Verwaltungskosten

Siehe "Bankspesen".

Vermittlungsprovision

Eine vom Erwerber zu leistende Vermittlungsprovision zählt zu den Anschaffungsnebenkosten und ist daher im außerbetrieblichen Bereich bei der späteren Veräußerung nicht zu berücksichtigen. Eine vom Veräußerer zu leistende Vermittlungsprovision stellt nicht abzugsfähige Werbungskosten dar.

Versicherungssteuer

Bei steuerpflichtigen Unterschiedsbeträgen zwischen der eingezahlten Versicherungsprämie und der Versicherungsleistung im Sinne des § 27 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 zählt die Versicherungssteuer zu den Anschaffungsnebenkosten und mindert als solche die steuerliche Bemessungsgrundlage, weil der besondere Steuersatz nicht anzuwenden ist (§ 27a Abs. 2 Z 6 EStG 1988).

Zinsen

Zinsen für Fremdmittel zur Anschaffung der Kapitalanlagen sind nicht abzugsfähige Werbungskosten.

20.1.4 Zeitpunkt der Anschaffung von Kapitalanlagen/Derivaten

Rz 6106a
Anschaffungszeitpunkt bei Kapitalanlagen und Derivaten ist im Allgemeinen der Zeitpunkt des Erwerbs des wirtschaftlichen Eigentums.

Im Bereich des Depotgeschäfts ist dies der Zeitpunkt, zu dem das Wertpapier für den Steuerpflichtigen verfügbar ist; dabei ist zu vermuten, dass dies grundsätzlich jenem Zeitpunkt entspricht, zu dem das Wertpapier auf dem Depot als zugegangen ausgewiesen ist (Einbuchung). Siehe dazu auch die Info des BMF vom 18.9.2014, BMF-010203/0314-VI/1/2014.

Für Zwecke der Bestimmung der Anschaffungskosten und für Zwecke des KESt-Abzugs ist jedoch auf den Kurs abzustellen, zu dem ein Kaufauftrag zustande kommt (Schlusskurs).

Rz 6106b
Sollte in Ausnahmefällen aufgrund der technischen Abwicklung der Depoteinlieferung eine Situation entstehen, bei der ein Wertpapier weder beim Veräußerer bzw. Übertragenden, noch beim Empfänger eingebucht ist, so ist der Nachweis des Vorliegens des wirtschaftlichen Eigentums im Einzelfall möglich.

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