VwGH 90/13/0064

VwGH90/13/006420.6.1990

AN und BN gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. Jänner 1990, Zl. 6/5-5051/88-04 (betreffend den Erstbeschwerdeführer) und Zl. 6/5-5052/88-04 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin), betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1984:

Normen

EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §27;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §27;
EStG 1972 §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer waren Gesellschafter einer Gesellschaft m. b.H., über deren Vermögen im Jahre 1982 der Konkurs eröffnet wurde. Sie hafteten für Kredite dieser Gesellschaft als Bürge und Zahler und wurden in dieser Eigenschaft zur Zahlung herangezogen. In ihren Einkommensteuererklärungen für 1984 machten sie aus diesem Grund negative Einkünfte aus Kapitalvermögen geltend, und zwar der Erstbeschwerdeführer S 2,372.000,-- und die Zweitbeschwerdeführerin S 2,000.000,--.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, daß die geltend gemachten Verluste aus Kapitalvermögen nicht anerkannt werden könnten. Das Finanzamt folgte dieser Auffassung und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide für 1984.

Die dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer wies die belangte Behörde mit den angefochtenen Bescheiden als unbegründet ab und führte aus, Verluste aus Bürgschaften, die zur Stützung einer Kapitalgesellschaft von den Gesellschaftern übernommen worden seien, stellten keine Werbungskosten dar. Die Zahlung von Schulden der Gesellschaft durch die Gesellschafter (als Bürgen) stelle ebenso wie die Einlage des Gesellschafters eine Kapitalanlage dar, deren Verlust oder mangelnde Realisierungsmöglichkeit einkommensteuerlich keine Berücksichtigung finden könne.

Gegen diese Bescheide richten sich die im wesentlichen gleichlautenden Beschwerden, die aus Zweckmäßigkeitsgründen zur gemeinsamen Entscheidung verbunden wurden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 2 EStG 1972 sind Einkünfte aus Kapitalvermögen der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 15 und 16). Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist allein strittig, ob es sich bei den von den Beschwerdeführern im Jahre 1984 geleisteten Zahlungen auf Grund der von ihnen eingegangenen Bürgschaften um Werbungskosten handelt. Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1972 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen wird der Begriff der Werbungskosten am engsten gefaßt. Darunter fallen ausschließlich die mit der Erzielung der Erträge zusammenhängenden Aufwendungen, nicht aber die den Vermögensstamm betreffenden Ausgaben (siehe Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer III B, § 27 Tz 35). Verluste am Stammvermögen sind demnach nicht abzugsfähig, ebensowenig Aufwendungen zur Vermeidung von Kapitalverlusten. Auch Verluste aus Bürgschaften, die - wie in den Beschwerdefällen - von Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft übernommen wurden, sind keine Werbungskosten (siehe Hofstätter-Reichel, a.a.O., § 16 Abs. 1 allgemein, Tz 9 Seite 46). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5. Juli 1988, Zl. 85/14/0111, bei der Beurteilung der Frage, ob derartige Verluste eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1972 darstellen können, ausgeführt hat, soll einkommensteuerlich nicht differenziert werden, ob der Gesellschafter seine Gesellschaft von vornherein mit entsprechend hohem Eigenkapital ausstattet, das in der Folge durch Verluste der Gesellschaft verloren geht, ob er später Einlagen tätigt oder ob er - wie die Beschwerdeführer - als Bürge Schulden der Gesellschaft bezahlt, ohne bei ihr Rückgriff nehmen zu können. In all diesen Fällen handelt es sich um Kapitalanlagen, deren Verlust oder mangelnde Realisierungsmöglichkeit einkommensteuerlich keine Berücksichtigung finden kann.

All diese Erwägungen kommen auch in den Beschwerdefällen voll zum Tragen, weshalb die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen waren.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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