7.8.1 Überblick
Die Regelungen des § 8 Abs. 6 EStG 1988, mit denen für Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen die Mindestnutzungsdauer gesetzlich festgelegt wird, gelten ab der Veranlagung 1996 sowohl für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 und 3 EStG 1988 sowie § 5 EStG 1988 als auch über den Verweis des § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 auf den (gesamten) § 8 EStG 1988 für die außerbetrieblichen Einkunftsarten (zB wenn ein nichtselbständig Erwerbstätiger ein Fahrzeug beruflich nutzt und die anteiligen Fahrzeugkosten - also auch die AfA - absetzt). Der Anwendungsbereich ist aber auf die Fälle des Ansatzes von AfA oder der Kalkulation von AfA in einer Leasingrate beschränkt. Werden Fahrzeugkosten im Wege des amtlichen Kilometergeldes geltend gemacht, so bleibt dessen Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von diesen Bestimmungen unberührt.Zur Möglichkeit der Anwendung einer degressiven AfA für Kraftfahrzeuge mit einem CO2-Emissionswert von 0 Gramm pro Kilometer siehe Rz 3261 ff.
§ 8 Abs. 6 EStG 1988 hat keine Auswirkungen auf die UGB-Bilanz. Die Bestimmungen des UGB, wonach Vermögensgegenstände (einschließlich PKW und Kombi) planmäßig abzuschreiben sind (§ 204 UGB) bleiben unberührt. Der Aktivposten nach § 8 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 entspricht auch nicht einem "Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite" iSd § 198 Abs. 5 UGB. Er darf daher in der UGB-Bilanz nicht als solcher angesetzt werden. Bei der steuerlichen Gewinnermittlung ist daher darauf zu achten, dass das UGB-bilanzielle Ergebnis in diesen Punkten an die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften angepasst wird.7.8.2 Betroffene Fahrzeuge
7.8.2.1 Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen
Die Regelungen in § 8 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 sowie § 8 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 beziehen sich nur auf Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen. Der Begriffsinhalt dieser Fahrzeugkategorien ist in der Verordnung BGBl. II Nr. 193/2002 näher festgelegt. Siehe dazu Rz 4769a. Die Verordnung gilt auch für den Bereich des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994, also beim Vorsteuerausschluss für PKW und Kombi.7.8.2.2 Fahrschulkraftfahrzeuge, Fahrzeuge für gewerbliche Personenbeförderung, Fahrzeuge für gewerbliche Vermietung
Bei Fahrschulkraftfahrzeugen sowie bei mindestens zu 80% der gewerblichen Personenbeförderung dienenden Fahrzeugen gilt weder die Mindestnutzungsdauer noch der Aktivposten für das Leasing. Insoweit deckt sich § 8 Abs. 6 EStG 1988 mit der in § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 festgelegten Ausnahme vom Vorsteuerausschluss für PKW und Kombi. Für Fahrzeuge, die der gewerblichen Vermietung - also insbesondere dem Leasing - dienen, besteht zwar eine Ausnahme vom Vorsteuerausschluss, nicht hingegen von den Regelungen des § 8 Abs. 6 EStG 1988 betreffend die Mindestnutzungsdauer sowie den Aktivposten beim Leasing. Im Bereich des Leasing mit PKW und Kombi besteht somit für den Leasinggeber ein Recht auf den Vorsteuerabzug, nicht hingegen auf eine kürzere Abschreibung als die Mindestabschreibungsdauer; beim Leasingnehmer kann ein Aktivposten zu bilden sein. Von der Anwendung der Mindestabschreibungsdauer und vom Aktivposten sind verleaste Fahrzeuge nur dann ausgenommen, wenn sie als Fahrschulkraftfahrzeuge oder als Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% der gewerblichen Personenbeförderung dienen, verwendet werden.7.8.2.3 Andere Fahrzeuge
Bei Fahrzeugen, die nicht von den Regelungen des § 8 Abs. 6 Z 1 und 2 EStG 1988 betroffen sind (zB Lastkraftwagen bzw. Kleinbusse iSd Verordnung BGBl. Nr. 273/1996 und der Verordnung BGBl. II Nr. 193/2002), kann die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nach den allgemeinen Grundsätzen des § 7 EStG 1988 (siehe Rz 3113 ff) ermittelt werden. Bei Lastkraftwagen beträgt die Nutzungsdauer erfahrungsgemäß zwischen 5 und 8 Jahren.7.8.3 Mindestnutzungsdauer
7.8.3.1 Wesen
Bei der Nutzungsdauer von acht Jahren handelt es sich um eine Mindestnutzungsdauer. § 8 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 lässt somit keine kürzere als eine achtjährige Nutzungsdauer zu. Ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer aber länger als die Mindestnutzungsdauer, so kommt die "echte" betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zum Ansatz. Eine solche längere Nutzungsdauer kann sich insbesondere bei Gebrauchtfahrzeugen ergeben, bei denen die Mindestnutzungsdauer nach der so genannten Differenzmethode zu ermitteln ist (siehe Rz 3218 ff).Kommt die Mindestnutzungsdauer zum Tragen, so sind ausgeschlossen- jede einer kürzeren Nutzungsdauer entsprechende (höhere) AfA.
- eine Teilwertabschreibung.
- eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung.
Zum Ausscheiden eines Fahrzeuges siehe Rz 3221.
Dem vorstehend umschriebenen Wesen der Mindestnutzungsdauer entsprechend kommen die übrigen Bestimmungen des § 7 EStG 1988, wie das Gebot der linearen Abschreibung, die Regelung über die Halbjahres-AfA, der AfA-Beginn mit Inbetriebnahme des Fahrzeugs sowie die Bestimmungen über die Führung der Anlagekartei auch in den Fällen des § 8 Abs. 6 EStG 1988 zum Tragen. Sollte bei einem Fahrzeug im Hinblick auf dessen hohe Anschaffungskosten (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988) eine Repräsentationstangente auszuscheiden sein, so wären die nach Ausscheiden der Repräsentationstangente verbleibenden steuerlich maßgeblichen Anschaffungskosten auf die Mindestnutzungsdauer zu verteilen.7.8.3.2 Mindestnutzungsdauer bei Neufahrzeugen
Die Mindestnutzungsdauer bei Neufahrzeugen beträgt acht Jahre. Dies entspricht einem AfA-Satz von 12,5% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Als Neufahrzeuge gelten Fahrzeuge, die weder beim Steuerpflichtigen selbst noch beim Voreigentümer des Fahrzeuges in Nutzung gestanden sind. Die bloße Zugehörigkeit zum Umlaufvermögen lässt die Eigenschaft als Neufahrzeug unberührt. Als Neufahrzeug gelten auch Vorführwagen und Fahrzeuge, die durch den Händler für einen Tag zugelassen wurden (Tageszulassungen). Es bestehen keine Bedenken, wenn bei einem länger als sechs Monate als Vorführwagen eingesetzten Fahrzeug vom "Verbrauch" einer Nutzungsdauer im Ausmaß eines halben Jahres ausgegangen wird.Beispiel 1:
Ein PKW wird drei Monate als Vorführfahrzeug eingesetzt und sodann an einen Unternehmer veräußert. Der Unternehmer setzt als Mindestnutzungsdauer eine solche von acht Jahren an.
Beispiel 2:
Ein PKW wird neun Monate als Vorführfahrzeug eingesetzt und sodann an einen Unternehmer veräußert. Der Unternehmer setzt als Mindestnutzungsdauer eine solche von siebeneinhalb Jahren an.
7.8.3.3 Mindestnutzungsdauer bei Gebrauchtfahrzeugen
Die Mindestnutzungsdauer von Gebrauchtfahrzeugen errechnet sich anhand der so genannten Differenzmethode. Als Gebrauchtfahrzeug gilt jedes Fahrzeug, das beim Voreigentümer einer Nutzung zugeführt worden ist, die nicht im Rahmen des Umlaufvermögens erfolgt ist. Bei der Differenzmethode wird von der Mindestnutzungsdauer von acht Jahren der Zeitraum der Nutzung durch den (die) Voreigentümer abgezogen. Es ist dabei gleichgültig, ob der (die) Voreigentümer das Fahrzeug für betriebliche Zwecke, für eine außerbetriebliche Einkunftserzielung oder für die private Lebensführung genutzt hat (haben). Für Zwecke der Ausmessung der Dauer der Fahrzeugnutzung beim Voreigentümer (bei den Voreigentümern) ist auch die Regelung für die Halbjahres-AfA zu beachten. Als Zeitpunkt der ersten Nutzungsnahme gilt im Zweifel der Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung.Beispiel 1:
Ein Fahrzeug wird am 4.2.1996 erstmals in Nutzung genommen. Am 10.6.1998 wird es als Gebrauchtfahrzeug erworben. Es sind verstrichen:
das volles Nutzungsjahr 1996 ("Ganzjahres-AfA"),
das volle Nutzungsjahr 1997 ("Ganzjahres-AfA"),
das halbe Nutzungsjahr 1998 ("Halbjahres-AfA").
Die Mindestabschreibungsdauer nach der Differenzmethode beträgt 8 Jahre minus 2 1/2 Jahre, also 5 1/2 Jahre. Der AfA-Satz beträgt demgemäß 18,18%. Es stehen dem Erwerber des Fahrzeuges für die Jahre 1998 bis 2002 jeweils eine Ganzjahres-AfA zu, für das Jahr 2003 kommt eine Halbjahres-AfA zum Tragen.
Beispiel 2:
Ein Fahrzeug wird am 4.11.1996 erstmals in Nutzung genommen. Am 10.12.1998 wird es als Gebrauchtfahrzeug erworben. Es sind verstrichen:
das halbe Nutzungsjahr 1996 ("Halbjahres-AfA"),
das volle Nutzungsjahr 1997 ("Ganzjahres-AfA"),
das volle Nutzungsjahr 1998 ("Ganzjahres-AfA").
Die Mindestabschreibungsdauer nach der Differenzmethode beträgt 8 - 2 1/2 Jahre, also 5 1/2 Jahre. Der AfA-Satz beträgt demgemäß 18,18%. Es stehen dem Erwerber des Fahrzeuges für das Jahr 1998 eine Halbjahres-AfA von 18,18%: 2 = 9,09% zu, für die Jahre 1999 bis 2003 kommt jeweils eine Ganzjahres-AfA zum Tragen.
Beispiel 3:
Es wird ein PKW angeschafft, der beim Voreigentümer bereits sieben Jahre in Nutzung stand. Im Jahr der Anschaffung beträgt die betriebsgewöhnliche (wirtschaftliche Rest-)Nutzungsdauer iSd § 7 Abs. 1 EStG 1988 drei Jahre. Das Fahrzeug ist somit nicht auf die sich nach der Differenzmethode ergebende (Rest-)Nutzungsdauer von einem Jahr, sondern auf eine (Rest-)Nutzungsdauer von drei Jahren abzuschreiben.