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3.3.36 Mitarbeitergewinnbeteiligung (§ 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988)

BMF2023-0.715.24515.12.2023

Rz 112e
Gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 sind Gewinnbeteiligungen des Arbeitgebers an aktive Arbeitnehmer bis zu 3.000 Euro im Kalenderjahr von der Einkommensteuer befreit.

Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG 1988 auszahlt. Entgelt von dritter Seite, wie zB eine Mitarbeitergewinnbeteiligung, welche die Konzernmutter den Arbeitnehmern der Konzerntöchter gewährt, ist von der Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 nicht umfasst.

Unter aktiven Arbeitnehmern sind grundsätzlich nur Personen zu verstehen, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen und im Zeitpunkt der Gewährung der Gewinnbeteiligung im aufrechten Dienstverhältnis - unabhängig von dessen Dauer - stehen. Darunter fallen auch Dienstverhältnisse, die arbeitsrechtlich aufrecht, aber zB durch Karenz, Präsenzdienst, Freizeitphase bei geblockter Altersteilzeit, Sabbatical oder ähnliche Dienstfreistellungen unterbrochen sind. Die Mitarbeitergewinnbeteiligung ist vergangenheitsbezogen als Beteiligung am Vorjahresergebnis zu verstehen. Als aktive Arbeitnehmer gelten auch Personen, mit welchen das Dienstverhältnis im Zeitpunkt der Gewährung der Gewinnbeteiligung (zB wegen Alterspension) zwar schon beendet ist, die aber in dem für die Gewinnbeteiligung maßgeblichen Wirtschaftsjahr beschäftigt waren. Eine Aliquotierung der Steuerbegünstigung anhand des Beschäftigungsausmaßes ist zulässig aber nicht zwingend vorzunehmen.

Rz 112ea
Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Gewinnbeteiligung allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern gewährt wird.

Unter Gruppen von Arbeitnehmern sind grundsätzlich Großgruppen oder abgegrenzte Berufsgruppen zu verstehen (vgl. Rz 76). Das Gruppenmerkmal ist nicht erfüllt, wenn willkürlich nur bestimmte Personen eine Gewinnbeteiligung erhalten oder die Mitarbeitergewinnbeteiligung eine individuelle Leistungsbelohnung darstellt.

Die Höhe der Gewinnbeteiligung kann, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 vorliegen, auch von betriebsbezogenen Kriterien (zB Umsatz, Erlös, Deckungsbeitrag) abhängig sein. Grundvoraussetzung ist aber, dass die Zuwendungen an alle Arbeitnehmer oder an bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern geleistet werden. Damit diese Voraussetzung erfüllt wird, muss die Höhe der jeweiligen Gewinnbeteiligung sachlich begründet und aus der freiwilligen Vereinbarung bestimmbar sein.

Ob die Gewinnbeteiligung auf betriebsbezogenen Kennzahlen, auf nicht-finanziellen Kriterien oder auf der Gewährung von erfolgsunabhängigen Beträgen beruht, ist grundsätzlich nicht maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, dass alle Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern am Gewinn beteiligt werden und wenn unterschiedliche Gruppen gebildet werden, die Gruppenbildung anhand objektiver Kriterien nachvollziehbar ist und sich nicht als Umgehung für eine individuelle Belohnung herausstellt. Maßgebend sind somit lediglich die sachliche Gruppenbildung und die Beteiligung der Mitarbeiter auf Grund sachlicher, nachvollziehbarer Kriterien.

Eine unterschiedliche Höhe der Gewinnbeteiligung innerhalb einer Gruppe von Arbeitnehmern muss ebenso anhand objektiver Kriterien sachlich begründet und nachvollziehbar sein. Durch die Anknüpfung an ein objektives Merkmal (zB das Ausmaß eines einheitlichen Prozentsatzes des Bruttobezuges) kann sich daher im Ergebnis ein unterschiedlich hoher Vorteil (Gewinnbeteiligung) ergeben. Individuelle Zielvorgaben oder Leistungsziele sind weder als Abgrenzungsmerkmal zur Gruppenbildung noch als sachliche Begründung der Höhe der ausbezahlten Mitarbeitergewinnbeteiligung geeignet. Erhalten einzelne Mitarbeiter der Gruppe ohne sachliche Begründung abweichende, vorteilhaftere Prämienzusagen, steht die Steuerbefreiung insoweit nicht zu.

Auch wenn einzelne Mitarbeiter auf Grund besonderer Vorkommnisse keine Mitarbeitergewinnbeteiligung erhalten, sind die Gründe hierfür nach objektiven, nachvollziehbaren Kriterien im Voraus festzulegen, damit die Steuerbefreiung für die übrigen Mitarbeiter nicht verlorengeht.

Beispiel:

Der Arbeitgeber hat mit allen angestellten Lagerarbeitern eine Mitarbeiterbeteiligungsvereinbarung geschlossen. Hiervon sollen all jene Lagermitarbeiter, welche im für die Beteiligung relevanten Wirtschaftsjahr Dienstpflichtverletzungen begangen haben, ausgeschlossen werden. Trotz dieser zusätzlichen, sachlich gerechtfertigten Einschränkung kann die Mitarbeiterbeteiligung unter den sonstigen Voraussetzungen an die übrigen Lagerarbeiter steuerfrei gewährt werden.

Rz 112eb
Insoweit die Summe der jährlich gewährten Gewinnbeteiligung das unternehmensrechtliche Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) der im letzten Kalenderjahr endenden Wirtschaftsjahre übersteigt, besteht keine Steuerfreiheit. Es ist das EBIT des Vorjahres heranzuziehen, das sich aus der unternehmensrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung ableitet (idR auf Basis von § 231 Abs. 2 Z 17 zuzüglich Z 15 UGB oder § 231 Abs. 3 Z 16 zuzüglich Z 14 UGB). Abweichend davon gilt:

Die steuerfreie Mitarbeitergewinnbeteiligung ist somit betraglich zweifach begrenzt:

  1. 1. insgesamt mit dem Gewinn (EBIT, Gewinn iSd § 4 EStG 1988 oder § 5 EStG 1988 bzw. EBIT des Konzerns) des im letzten Kalenderjahr endenden Wirtschaftsjahres und
  2. 2. bezogen auf einen Mitarbeiter mit 3.000 Euro im Kalenderjahr.

Heranzuziehen ist - einheitlich für sämtliche Konzernunternehmen, die als Arbeitgeber einen freiwilligen oder verpflichtenden Lohnsteuerabzug gemäß § 47 Abs. 1 EStG 1988 vornehmen und ihren Mitarbeitern tatsächlich Gewinnbeteiligungen nach § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 gewähren - das Unternehmensergebnis oder das Ergebnis des Konzerns (siehe bereits obiger Bulletpoint). Ist die diesbezügliche Vorgehensweise innerhalb dieser Konzernunternehmen uneinheitlich, kann von der Regelung des § 3 Abs. 1 Z 35 lit. b zweiter Teilstrich EStG 1988 nicht Gebrauch gemacht werden; maßgeblich ist diesfalls für die Unternehmen des Konzerns das jeweilige eigene EBIT nach Maßgabe von § 3 Abs. 1 Z 35 lit. b erster Satz EStG 1988. Wird hingegen von sämtlichen Konzernunternehmen einheitlich das Konzern-EBIT herangezogen, ist das Konzern-EBIT für Zwecke der Begrenzung den einzelnen Konzernunternehmen im Verhältnis des Personalaufwandes der jeweiligen Konzerngesellschaft zum Personalaufwand des Konzernabschlusses zuzuordnen, wobei auf die für den Konzernabschluss geltenden Rechnungslegungsvorschriften abzustellen ist. Ein Herausschälen aus einem Teilbereich des Konzerns (zB lediglich das EBIT der inländischen Konzernbetriebe unter Ausblendung ausländischer Konzerngesellschaften) ist nicht zulässig.

Weiters ist das Unternehmensergebnis bzw. das Konzernergebnis unter Berücksichtigung der Mitarbeitergewinnbeteiligung maßgebend, es sei denn, darin wurden bereits Rückstellungen für die Mitarbeitergewinnbeteiligung abgebildet. Bereits getroffene Vorsorgen für Mitarbeitergewinnbeteiligungen sollen bei der Ermittlung der relevanten Grenze nicht berücksichtigt werden; daher sollen sowohl die Bildung als auch die Auflösung einer Rückstellung für Mitarbeitergewinnbeteiligungen für die Berechnung der Grenze außer Betracht bleiben.

Da Kreditinstitute spezifischen Rechnungslegungsbestimmungen unterliegen und das EBIT bei bestimmten Geschäftsmodellen (klassisches Bankgeschäft) nicht aussagekräftig ist, können Kreditinstitute aufgrund von § 3 Abs. 1 Z 35 lit. b dritter Teilstrich EStG 1988 an Stelle des EBIT das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gemäß Anlage 2 zu § 43 BWG heranziehen. Dies gilt auch, wenn von sämtlichen Unternehmen des Konzerns einheitlich von der Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht wird, auf die jeweilige Größe im Konzernabschluss abzustellen.

Bei Versicherungsunternehmen ist hingegen die Summe der Gewinnbeteiligungen, die an die aktiven Arbeitnehmer jährlich steuerfrei gewährt werden kann, bereits aufgrund der Grundregel des § 3 Abs. 1 Z 35 lit. b EStG 1988 zu ermitteln. Das EBIT wird daher nach den unternehmensrechtlichen Vorschriften - die auch die für Versicherungsunternehmen geltenden Sondervorschriften des VAG mitumfassen - auf Basis des Ergebnisses aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gemäß § 146 Abs. 5 Z 7 VAG 2016 zuzüglich der Zinsaufwendungen gemäß § 146 Abs. 5 Z 3 lit. c VAG 2016 berechnet. Dies gilt auch, wenn von sämtlichen Unternehmen des Konzerns einheitlich von der Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht wird, auf die jeweilige Größe im Konzernabschluss abzustellen.

Rz 112ec
Steuerfrei sind pro Mitarbeiter maximal 3.000 Euro im Kalenderjahr, wobei die Beschäftigungsdauer im Jahr des Zuflusses für die maximale Begünstigung unbeachtlich ist. Wird dieser jährliche Freibetrag zB durch Gewährung einer Mitarbeitergewinnbeteiligung von mehreren Arbeitgebern überschritten, liegt ein Pflichtveranlagungstatbestand nach § 41 Abs. 1 Z 14 EStG 1988 vor.

Gewährt ein Arbeitgeber mehr als 3.000 Euro im Kalenderjahr als Mitarbeitergewinnbeteiligung, ist der 3.000 Euro (Freibetrag) übersteigende Betrag, sofern es sich grundsätzlich um einen sonstigen Bezug handelt, nach § 67 Abs. 1 und 2 bzw. Abs. 10 EStG 1988 zu versteuern, es sei denn, es liegt eine Vereinbarung iSd Rz 1052 ("Sechsteloptimierung") vor.

Wird eine Mitarbeitergewinnbeteiligung einerseits Mitarbeitern gewährt, welche die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 nicht erfüllen und werden anderseits Mitarbeiter beteiligt, für welche die Voraussetzung zutreffen, bleibt die Zuwendung nur für Letztere steuerfrei. Das heißt, die Steuerfreiheit der Mitarbeitergewinnbeteiligung wird durch steuerpflichtige Zuwendungen an andere Mitarbeiter nicht beeinträchtigt.

Beispiel:

Mit den Arbeitnehmern wurde vereinbart, dass alle Mitarbeiter ab dem vollendeten fünften Dienstjahr eine Mitarbeitergewinnbeteiligung in Höhe von 2.000 Euro erhalten. Zusätzlich soll ein Mitarbeiter im dritten Dienstjahr aufgrund besonderer Qualifikationen ebenso in den Genuss der Mitarbeiterbeteiligung kommen. Im gegenständlichen Fall wurde die notwendige Gruppe grundsätzlich sachlich (fünf Dienstjahre) nachvollziehbar gebildet. Die gewährte Mitarbeitergewinnbeteiligung an den Mitarbeiter, der das Gruppenmerkmal nicht erfüllt, ist steuerpflichtig, führt jedoch für die übrigen Gruppenmitglieder nicht zum Verlust der Steuerbefreiung.

Rz 112ed
Übersteigen die steuerfrei gewährten Mitarbeitergewinnbeteiligungen das Unternehmensergebnis, sind die Gewinnbeteiligungen insoweit steuerpflichtig. Der Arbeitgeber kann bis zum 15. Februar des Folgejahres eine Aufrollung nach § 77 EStG 1988 durchführen. Andernfalls wird die Steuerfreiheit beim einzelnen Mitarbeiter nicht anteilig rückgängig gemacht, sondern der Arbeitgeber haftet gemäß § 82 EStG 1988 für die zu wenig einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer. Die Haftung und Nachversteuerung erfolgt aliquot im Verhältnis des Unternehmensergebnisses zu den tatsächlich gewährten Mitarbeitergewinnbeteiligungen.

Beispiel:

Der Arbeitgeber gewährt seinen 11 Mitarbeitern jeweils eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 3.000 Euro. Das Unternehmensergebnis des im vorangegangenen Kalenderjahr endenden Wirtschaftsjahres beträgt 25.000 Euro. Das Unternehmensergebnis beträgt daher 75,76% (25.000 im Verhältnis zu 33.000) der insgesamt gewährten Mitarbeitergewinnbeteiligungen. Daher sind 24,24% der Mitarbeitergewinnbeteiligung steuerpflichtig.

Rz 112ee
Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Zahlung nicht aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 erfolgt. Zahlungen auf Grund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 sind nicht steuerbefreit. Hingegen sind innerbetriebliche Vereinbarungen für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 7 EStG 1988 zulässig. Demnach können bisher auf Grund einer Vereinbarung iSd § 68 Abs. 5 Z 7 EStG 1988 gewährte Prämien (zB auf Grundlage des § 97 Abs. 1 Z 16 ArbVG) als steuerfreie Mitarbeitergewinnbeteiligung behandelt werden, sofern die sonstigen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 erfüllt sind.

Rz 112ef
Eine Mitarbeitergewinnbeteiligung ist steuerpflichtig, wenn sie (ganz oder teilweise) anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder einer üblichen Lohnerhöhung, auf welche jeweils ein arbeitsrechtlicher Anspruch besteht (Bezugsumwandlung), geleistet wird.

Individuell vereinbarte Leistungsbelohnungen, die bisher vom Arbeitgeber freiwillig unter Anspruchsvorbehalt gewährt wurden, gelten nicht als Teil des bisher gezahlten Arbeitslohns und können als steuerfreie Gewinnbeteiligung gewährt werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen (§ 3 Abs. 1 Z 35 lit. a, b und d EStG 1988) erfüllt sind.

Rz 112eg
Nach § 20 Abs. 2 EStG 1988 dürfen Aufwendungen und Ausgaben, welche in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, nicht abgezogen werden. Daher dürfen die Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung, welche auf die steuerfreie Gewinnbeteiligung entfallen, von der Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer nicht abgezogen werden. Im Lohnzettel (L16 ab 2022) wird dies in der Vorkolonne zur Kennzahl 243 und in der Kennzahl 226 entsprechend berücksichtigt.

Beispiel:

Die Arbeitnehmerin A erhält im Kalenderjahr 2022 laufende Bezüge in Höhe von 36.000 Euro, sonstige Bezüge in Höhe von 6.000 Euro und eine zukünftig jährlich wiederkehrende Mitarbeitergewinnbeteiligung in Höhe von 3.000 Euro.

Lohnzettel (L16) für 2022:

KZ 210

 

45.000,00

KZ 220

 

- 6.000,00

Insgesamt einbehaltene SV-Beiträge:

8.064,00

 

KZ 225

1.027,20

 

KZ 226
(3.000*17,12%)

513,60

 

KZ 230

 

- 6.523,20

Mitarbeitergewinnbeteiligung

3.000,00

 

KZ 243

 

- 3.000,00

KZ 245

 

29.476,80

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