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2.3. Rechtsnachfolger (§ 9 UmgrStG)

BMF2022-0.764.61327.10.2022

2.3.1. Gesellschafter der errichteten Personengesellschaft

Rz 485
Bei einer errichtenden Umwandlung im Sinne des § 5 UmwG wird das Vermögen einer Kapitalgesellschaft auf eine im Zuge des Umwandlungsaktes neu entstehende inländische Personengesellschaft übertragen (siehe Rz 412 ff). Zivilrechtlicher Nachfolgerechtsträger der übertragenden Kapitalgesellschaft ist die Personengesellschaft.

Rz 486
Personengesellschaften sind im Bereich des Ertragsteuerrechtes, abgesehen von der Ausnahmebestimmung des § 3 KStG 1988, nicht als eigenständiges Steuerrechtssubjekt anerkannt. Ihr Einkommen und Vermögen wird den Gesellschaftern (Mitunternehmern) aliquot zugerechnet (siehe EStR 2000 Rz 5801 ff). Steuerrechtlicher Rechtsnachfolger einer umgewandelten Kapitalgesellschaft sind demgemäß die Gesellschafter (Mitunternehmer) der umwandlungsbedingt errichteten Personengesellschaft (§ 7 Abs. 3 UmgrStG, siehe Rz 417 ff).

2.3.2. Hauptgesellschafter bei verschmelzender Umwandlung

Rz 487
Bei einer verschmelzenden Umwandlung im Sinne des § 2 UmwG wird das Vermögen der übertragenden Kapitalgesellschaft auf den zu mindestens 90% beteiligten Hauptgesellschafter (zivilrechtlicher Nachfolgerechtsträger) übertragen (siehe Rz 425).

Rz 488
Der Hauptgesellschafter ist idR auch der steuerrechtliche Rechtsnachfolger. Sofern aber Hauptgesellschafter eine Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) ist, sind aus den in Rz 486 dargestellten Gründen die Gesellschafter (Mitunternehmer) des Hauptgesellschafters die Rechtsnachfolger (§ 7 Abs. 3 UmgrStG, siehe Rz 429).

2.3.3. Gesellschaftsrechtliche und steuerrechtliche Gesamtrechtsnachfolge

Rz 489
Nach § 1 UmwG geht das Vermögen der übertragenden Kapitalgesellschaft bei verschmelzender wie auch errichtender Umwandlung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Nachfolgerechtsträger über. Mit der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge ist gemäß § 19 Abs. 1 BAO unmittelbar die steuerrechtliche Gesamtrechtsnachfolge verknüpft, sodass nach Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch alle sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten der übertragenden Kapitalgesellschaft auf den Rechtsnachfolger (siehe Rz 486 und Rz 487 f) übergehen.

Die Gesamtrechtsnachfolge führt im Bereich des Steuerrechtes beim Rechtsnachfolger zu den in Rz 118 ff angeführten Auswirkungen.

In Bezug auf die gewinnermittlungsrechtlichen Positionen hat die Gesamtrechtsfolge für die Rechtsnachfolger ua. die nachstehenden Konsequenzen (siehe dazu auch Rz 120 ff):

Zum Übergang der Arbeitgebereigenschaft siehe Rz 594. Zum Übergang der umsatzsteuerrechtlichen Unternehmereigenschaft siehe Rz 602 ff.

2.3.3a. Verfahrensrechtliche Rechtsnachfolge

Rz 489a
Verfahrensrechtlich liegt ein Anwendungsfall des § 19 BAO vor. Mit der Eintragung der Umwandlung im Firmenbuch erlischt die übertragende Kapitalgesellschaft (§ 2 Abs. 2 Z 2 UmwG) und ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr Träger abgabenrechtlicher Rechte und Pflichten. Abgaben- oder sonstige Bescheide, die die umgewandelte Kapitalgesellschaft betreffen, sind dann grundsätzlich an den zivilrechtlichen Nachfolgerechtsträger als Rechtsnachfolger der übertragenden Gesellschaft iSd § 19 Abs. 1 BAO zu richten (VwGH 07.08.1992, 89/14/0218; VwGH 27.08.2008, 2006/15/0256). Zivilrechtlicher Nachfolgerechtsträger und damit Bescheidadressat ist

Eine Abweichung bewirkt allerdings die Rechtsnachfolgeregelung des § 7 Abs. 3 UmgrStG für errichtende und verschmelzende Umwandlungen auf eine Personengesellschaft insoweit, als für ertragsteuerliche Zwecke die Mitunternehmer Gesamtrechtsnachfolger für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer sind, da nur diese Einkommen- und Körperschaftsteuersubjekte darstellen. Daher kann in diesen Fällen die Körperschaftsteuer der übertragenden Körperschaft nach erfolgter Umwandlung nicht der Personengesellschaft vorgeschrieben werden, sondern haben der Körperschaftsteuerbescheid und alle anderen die Körperschaftsteuer betreffenden Bescheide (zB Prüfungsauftrag oder Wiederaufnahmebescheid) an alle Mitunternehmer als Rechtsnachfolger gemäß § 199 BAO einheitlich zu ergehen.

Zur Bescheidadressierung im Zusammenhang mit der Ausschüttungsfiktion gemäß § 9 Abs. 6 UmgrStG siehe Rz 549.

Die Ausführungen in den Rz 142 ff gelten entsprechend.

Beispiel:

Die X-GmbH wird zum Stichtag 31.12.X6 auf die A&B-KG errichtend nach Art. II UmgrStG umgewandelt. Gesellschafter der X-GmbH sind A und B. Die Umwandlung wird am 14.11.X7 im Firmenbuch eingetragen. Mit diesem Tag ist die X-GmbH erloschen (§ 2 Abs. 2 Z 2 iVm § 5 Abs. 5 UmwG). Im Jahr X8 soll eine Außenprüfung über die Wirtschaftsjahre X4 bis X6 der X-GmbH durchgeführt werden. Dabei ist zu unterscheiden:

Sämtliche Schriftstücke (zB Prüfungsauftrag, Vorhalte, verfahrensleitende Verfügungen) und auch alle Bescheide (Wiederaufnahme, Abgabenbescheid, usw.) betreffend Körperschaftsteuer sind von der Abgabenbehörde zu richten:

"An A und B als Rechtsnachfolger der X-GmbH"

Eine Aufteilung der Körperschaftsteuer auf die einzelnen Rechtsnachfolger ist im Zuge der Festsetzung nicht vorzunehmen. Vielmehr kann § 199 BAO angewandt werden und der neue Körperschaftsteuerbescheid kann einheitlich ergehen.

Sämtliche Schriftstücke und Bescheide betreffend die anderen Steuern und Abgaben sind zu richten:

"An die A&B-KG als Rechtsnachfolgerin der X-GmbH"

Bei einer nicht unter Art. II UmgrStG fallenden Umwandlung ist die Rechtsnachfolgeregelung des § 7 Abs. 3 UmgrStG hingegen nicht anwendbar. Dies führt dazu, dass ein Anwendungsfall des § 19 Abs. 1 BAO vorliegt, wodurch die zivilrechtliche Gesamtrechtsnachfolge auch für die errichtende Umwandlung und die verschmelzende Umwandlung auf eine Personengesellschaft maßgeblich wird und Bescheidadressat einer allfälligen KöSt-Nachzahlung somit die Nachfolge-Personengesellschaft ist.

Randzahl 490: derzeit frei

2.3.4. Zeitpunkt der steuerlichen Vermögensübernahme

Rz 491
Zivilrechtlich erfolgt bei einer Umwandlung der sachenrechtliche Vermögensübergang von der übertragenden Kapitalgesellschaft auf den Nachfolgerechtsträger erst am Tag der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses im Firmenbuch (§ 2 Abs. 2 Z 1 UmwG). Steuerrechtlich ist das Einkommen des Rechtsnachfolgers der übertragenden Kapitalgesellschaft so zu ermitteln, als ob der Vermögensübergang mit Beginn des dem Umwandlungsstichtag folgenden Tages erfolgt wäre (§ 9 Abs. 1 Z 1 UmgrStG

Rz 492
Sämtliche Geschäftsvorfälle der übertragenden Kapitalgesellschaft mit Dritten gelten als Geschäftsvorfälle der errichteten Personengesellschaft oder des Hauptgesellschafters (Rz 473). Daraus ergeben sich idR dem Grunde nach keine Änderungen. Zu den Änderungen im Zusammenhang mit KESt-Tatbeständen siehe Rz 565a und Rz 565b.

Rz 493
Sämtliche Geschäftsvorfälle der übertragenden Kapitalgesellschaft mit ihren Gesellschaftern, die am Umwandlungsstichtag nicht abgerechnet sind, können unter den Begriff der steuerneutralen oder steuerwirksamen Buchgewinne oder Buchverluste fallen (siehe Rz 498 ff) oder führen zu steuerwirksamen Folgen (siehe Rz 531 ff). Geschäftsvorfälle, die nach dem Umwandlungsstichtag anfallen, sind steuerunwirksam, soweit nicht Sonderbestimmungen eine Verlängerung der Steuerwirksamkeit bewirken (siehe Rz 594 ff).

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