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5.4.7 Beteiligung am Betrieb

BMF2021-0.103.7266.5.2021

5.4.7.1 Mitunternehmerschaft

Rz 1181
Eine steuerlich beachtliche Mitunternehmerschaft liegt grundsätzlich dann vor, wenn die Beteiligten zur Erreichung des Gesellschaftszweckes durch Mitarbeit, Hingabe von Kapital oder Überlassung von Wirtschaftsgütern in der Form beitragen, wie es im wirtschaftlichen Leben zwischen fremden Gesellschaftern üblich ist (vgl. hiezu allgemein Rz 5801 ff). Bei Gestaltungen zwischen nahen Angehörigen ist mittels Fremdvergleichs zu prüfen, ob sie eine Mitunternehmerschaft zu begründen vermögen (VwGH 18.12.1996, 94/15/0168). Ein schriftlicher Vertrag ist nicht unbedingt erforderlich; ausreichend sind etwa - sofern die sonstigen Kriterien erfüllt werden - ein mit ausreichender Deutlichkeit nach außen dringendes konkludentes Verhalten (VwGH 13.10.1987, 87/14/0114) bzw. eine über die Beistandspflicht hinausgehende Mitarbeit (VwGH 21.1.1986, 84/14/0057).

Rz 1182
Bezieht sich die Mitunternehmerschaft auf Vermögen iSd § 23 Abs. 2 UmgrStG, sind die Regelungen des Art. IV UmgrStG zu beachten.

Rz 1183
Vereinbarungen über eine von den §§ 1193 bzw. 1197 ABGB abweichende (dh. eine nicht dem Verhältnis der Kapitalbeiträge entsprechende) Einkunftsverteilung, die dem Finanzamt erst im Nachhinein mittels der Abgabe von Steuererklärungen bekannt gegeben werden, erfüllen nicht das Merkmal der Publizität (VwGH 15.12.1987, 87/14/0163). Eine unübliche unangemessene Gewinnverteilung ist auf eine angemessene zu korrigieren (VwGH 5.10.1994, 94/15/0036). Ein Umlaufbeschluss, der eine vom Gesellschaftsvertrag abweichende Gewinnverteilung zwischen den Kommanditisten und der als Geschäftsführerin fungierenden Komplementär-GmbH beinhaltet, hat die für nahe Angehörige maßgeblichen Kriterien iSd Rz 1130 ff zu erfüllen (VwGH 27.4.2000, 96/15/0185). Ein völlig unüblicher Modus der Gewinnverteilung kann sogar zur Nichtanerkennung des Gesellschaftsverhältnisses führen (VfGH 20.6.1984, B 514/79; VwGH 22.9.1987, 85/14/0033, betreffend eine der alleinigen Entscheidungsbefugnis eines Gesellschafters vorbehaltene Aufteilung des Gewinnes).

Rz 1184
Im Widerspruch zu einem behaupteten Gesellschaftsverhältnis stehende Handlungen (zB keine Gewinnaufteilung, keine Führung entsprechender Konten) berechtigen zu Zweifeln am klaren Inhalt eines Gesellschaftsvertrages (VwGH 20.1.1988, 87/13/0022, 87/13/0023); dies gilt ebenso für eine differierende rechtliche Einstufung des Gesellschaftsverhältnisses (VwGH 13.6.1989, 86/14/0037, betr. Wechsel zwischen stiller Gesellschaft und Gesellschaft nach bürgerlichem Recht). Hinsichtlich einer rückwirkenden Änderung der Gewinnaufteilung siehe Rz 5894 f.

Rz 1185
Bei Einbringung der Arbeitskraft ist zu prüfen, ob die Höhe des Gewinnanteiles des eintretenden Angehörigen zur erbrachten Arbeitsleistung in einem angemessenen Verhältnis steht; die Mitarbeit im Betrieb muss eine für die Unternehmereigenschaft typische sein (VwGH 8.6.1982, 2994/78). Werden von allen Mitgliedern Arbeiten (im gleichen Umfang) geleistet, so heben sich diese gegenseitig auf (VwGH 15.12.1987, 87/14/0163).

Rz 1186
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit sind grundsätzlich demjenigen, der den Beruf ausübt, zuzurechnen (VwGH 22.3.1963, 2052/62); eine gemeinsame Einkunftsquelle wäre nur dann denkbar, wenn beide Ehegatten die gleiche Ausbildung oder Berufsbefugnis aufweisen oder berufsrechtliche Vorschriften Gesellschaften mit Berufsfremden (dh. Personen, die nicht die für einen freien Beruf erforderliche Vorbildung besitzen) zulassen (vgl. zB § 68 Abs. 1 Z 2, WTBG, BGBl. I Nr. 58/1999, siehe Rz 5839 ff).

Rz 1187
Bei freien Berufen ist idR jedoch davon auszugehen, dass der Gewinn fast ausschließlich durch den Arbeitseinsatz des Berufsträgers erzielt wird und ein Gesellschaftsvertrag mit einem nur mittätigen Fremden ohne entsprechende Vorbildung nicht abgeschlossen würde. Aus dem Fremdvergleich kann daher - trotz gesetzlicher Zulässigkeit - die steuerliche Nichtanerkennung eines solchen Gesellschaftsverhältnisses abzuleiten sein (VwGH 29.9.2004, 2001/13/0159). Für die Ermittlung des Ausmaßes der steuerlich zu berücksichtigenden Gewinnbeteiligung ist hinsichtlich der Mitarbeit des nicht qualifizierten Angehörigen der Fremdvergleich anzustellen. Kann der Betriebsinhaber keine hinreichenden Aussagen darüber machen, wann, für welche konkreten Leistungen seiner Ehegattin und in welchem Ausmaß er Vergütungen geleistet hat, ist die behauptete Gewinnbeteiligung steuerlich nicht anzuerkennen (VwGH 27.4.1983, 2813/80).

Rz 1188
Von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen kann bei freien Berufen nur in besonders gelagerten Fällen ein Gesellschaftsverhältnis unter Ehegatten begründet werden (zB wenn die Ehegattin eines Arztes durch Kapitalbeteiligung für die Kosten der Ordinationseinrichtung aufkommt); zur Frage, welche Einkünfte aus einer solchen Mitunternehmerschaft bezogen werden, siehe Rz 5839 ff. Ist ein derartiges Gesellschaftsverhältnis steuerlich anzuerkennen, ist für die Kapitalüberlassung nur eine Gewinnbeteiligung in Form einer angemessenen Verzinsung zu berücksichtigen. Es wäre somit fremdunüblich, für die Zurverfügungstellung der Hälfte des Betriebsvermögens eine Gewinnbeteiligung im Ausmaß von 40% oder 50% einzuräumen (VfGH 20.9.1984, B 471/80; VwGH 27.4.1983, 2813/80; VwGH 6.3.1985, 84/13/0242).

Beispiel:

Nach erfolgreicher Ablegung der Steuerberaterprüfung eröffnet ein Steuerpflichtiger eine Kanzlei. Seine keine entsprechenden Vorkenntnisse besitzende Ehegattin stellt ihm dafür aus ererbten Mitteln 1 Mio. S zur Verfügung und verrichtet außerdem in einem Ausmaß von 10 Wochenstunden administrative Tätigkeiten (Schreibarbeiten, Postbearbeitung, usw.). Hiefür wird sie im Rahmen einer OEG mit 50% am Gewinn beteiligt.

Die Gesellschaftsgründung ist gemäß den §§ 66 Z 1 und 68 Z 2 WTBG zwar zulässig, die vorgenommene Gewinnaufteilung ist jedoch fremdunüblich.

Fremdüblich wäre allenfalls eine entsprechende angemessene Verzinsung des hingegebenen Kapitals sowie eine Gewinnbeteiligung, die von der Höhe her ungefähr einer angestellten Schreibkraft im selben Beschäftigungsausmaß entspricht.

Rz 1188a
Kostengemeinschaften, die nicht nach außen hin auftreten, sondern bloß ihre Kosten intern aufteilen, sind keine Mitunternehmerschaften. Im Falle von Kostengemeinschaften kommt daher auch § 188 BAO nicht zur Anwendung.

Rz 1189
Eine Beteiligung eines Alleingesellschafters einer GmbH an dieser als atypisch stiller Gesellschafter, lediglich zum Zwecke der Verlustübernahme, stellt einen Missbrauchstatbestand dar (VwGH 11.12.1990, 89/14/0140; VwGH 2.2.2000, 97/13/0199). Bei der Einkunftszurechnung hinsichtlich einer behaupteten Mitunternehmerschaft zwischen nahen Angehörigen sind ggf. auch Untersuchungen dahingehend anzustellen, ob einer der Mitunternehmer allenfalls als Strohmann anzusehen ist (VwGH 27.5.1999, 97/15/0113).

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