a) Grundtatbestände
Der Lieferverkehr zwischen Körperschaft und Anteilsinhaber löst - von den Fällen des Vorteilsausgleichs (siehe Rz 666 bis 675) abgesehen - dann eine verdeckte Ausschüttung aus, wenn die Körperschaft- vom Anteilsinhaber zu teuer kauft oder
- an den Anteilsinhaber zu billig liefert.
Eine verdeckte Ausschüttung ist auch dann anzunehmen, wenn eine Kapitalgesellschaft an eine andere Kapitalgesellschaft Wirtschaftsgüter zu einen unangemessenem Preis verkauft, sofern an beiden Körperschaften die selben Personen beteiligt sind oder der Lieferverkehr innerhalb verbundener Unternehmen (zB Schwestergesellschaften) erfolgt.
Hieraus ergeben sich im Wesentlichen folgende steuerliche Konsequenzen:- Bei einem zu teuren Verkauf des Anteilsinhabers ist bei der Körperschaft eine Kaufpreiskorrektur nach unten vorzunehmen.
- Wird ein abnutzbares Wirtschaftsgut angeschafft, ist die AfA, insoweit sie auf die überhöhten Anschaffungskosten entfällt, zuzurechnen.
- Bei der Anschaffung von nicht abnutzbaren Anlagegütern bzw. von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens zu einem überhöhten Kaufpreis erhöht sich das Einkommen der Körperschaft in dem Zeitpunkt, in dem der zu hoch angesetzte Buchwert erfolgswirksam aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden wird bzw. ein zu hoher Wareneinsatz angesetzt wird. Teilwertabschreibungen, die von überhöhten Anschaffungskosten (Buchwerten) ausgehen, sind ebenfalls zu korrigieren.
Insoweit der Veräußerungsgewinn auf einen unangemessen hohen Kaufpreis zurückzuführen ist, können die Begünstigungen für den Veräußerungsgewinn (§ 24 EStG 1988) nicht zur Anwendung kommen.
Die verdeckte Ausschüttung ist beim Anteilsinhaber grundsätzlich im Zeitpunkt des Zufließens, bei Einbeziehung der Beteiligung in einen Betriebsvermögensvergleich im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung auf den (überhöhten) Kaufpreis zu erfassen.
Liefert die Körperschaft an den Anteilsinhaber zu billig, ist das Einkommen der Körperschaft so zu ermitteln, als hätte sie einen angemessenen Veräußerungserlös erzielt und den tatsächlich nicht in Rechnung gestellten Kaufpreisteil dem Anteilsinhaber in Form einer Gewinnausschüttung zukommen lassen.
Beim Anteilsinhaber hat eine Erhöhung der Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes zu erfolgen. Im Ausmaß dieser Korrektur liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen (Beteiligung im Privatvermögen) oder betriebliche Einkünfte (Beteiligung im Betriebsvermögen) vor. Wird das erworbene Wirtschaftsgut zur Einkunftserzielung verwendet, hat die Erhöhung der Anschaffungskosten eine Berichtigung der AfA bzw. im Bereich des Umlaufvermögens gegebenenfalls eine Berichtigung des Wareneinsatzes zur Folge; allfällige Teilwertabschreibungen sind von den berichtigten Anschaffungskosten vorzunehmen. Bei Wirtschaftsgütern des abnutzbaren Anlagevermögens sind geltend gemachte Investitionsbegünstigungen über Antrag den richtig gestellten Anschaffungskosten anzupassen.
Die verdeckte Ausschüttung ist beim Anteilsinhaber in dem Zeitpunkt zu erfassen, in dem er Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut erlangt.
b) Elemente der Angemessenheit
Bei der Angemessenheitsprüfung sind sämtliche Elemente der geschäftlichen Beziehung zu berücksichtigen. Ein unangemessener Preis kann daher bei Vorliegen eines prinzipiell angemessenen Preises auch durch Rabatte oder sonstige Preisnachlässe sowie durch Nachzahlungen der Körperschaft zustande kommen. Geschäftsübliche Rabatte und Preisnachlässe, die auch Fremden gewährt werden (zB für Zahlung innerhalb bestimmter Frist, Mengenrabatt, Auslaufware), führen idR nicht zur Annahme einer verdeckten Ausschüttung.Die Angemessenheit des Kaufpreises ist im Schätzungsweg zu prüfen. Dabei ist vorrangig zu untersuchen, zu welchen Bedingungen gleichartige Wirtschaftsgüter an fremde Personen verkauft werden. Zeigen sich keine eindeutigen Ergebnisse, ist das Niveau der Marktpreise zu betrachten. Diesbezüglich ist auch die Methode des Rohgewinnvergleiches (Vergleich der Rohgewinnspannen) zulässig. Die Methode der angemessenen Kapitalverzinsung ist insoweit problematisch, da sie am wenigsten die konkreten Verhältnisse der Körperschaft berücksichtigt. Sollte sich allerdings absolut kein anderer Anhaltspunkt ergeben, kann subsidiär auch darauf zurückgegriffen werden. Als Verzinsung ist - im Hinblick auf den Charakter des eingesetzten Kapitals als Risikokapital - etwa der doppelte Kapitalmarktzins anzusetzen.
Anhaltspunkte für die Unangemessenheit von Lieferbedingungen bietet die Ertragssituation der Körperschaft. Laufende Verluste aus Geschäften mit dem Anteilsinhaber weisen auf unangemessene Lieferbedingungen hin, ausgenommen am Markt ist nur ein Preis unter den Selbstkosten erzielbar. Eine vereinbarte Gewinnlosigkeit einer Körperschaft ist steuerlich nicht anzuerkennen.
Liegt eine fremdübliche Vereinbarung dergestalt vor, dass eine Erhöhung der Produktionskosten im Betrieb des Anteilsinhabers zu einer Erhöhung der Preise führen soll, stellt eine derartige Nachzahlung - sofern sie sich im Angemessenheitsrahmen bewegen - keine verdeckte Ausschüttung dar. Zahlt hingegen eine Körperschaft nach, weil der vertraglich festgelegte Lieferpreis unangemessen gering war, ist eine Nachzahlung außer bei in der betrieblichen Sphäre gelegener Preiskorrekturen (zB - wie oben dargestellt - Produktionskostenerhöhung oder Nachzahlung wegen Anfechtung nach den §§ 934, 935 ABGB) eine verdeckte Ausschüttung; ein steuerlich anzuerkennender Vorteilsausgleich (vgl. hierzu Rz 609 bis 632) kommt deshalb nicht in Betracht, weil diesem sowohl der ursprüngliche Kaufvertrag als auch mangelnde Fremdüblichkeit entgegensteht.
c) Einzelfälle
- Grundstücksverkäufe siehe das Stichwort "Grundstückstransaktionen", Rz 802 bis 805.
- Kauf und Verkauf einzelner Wirtschaftsgüter.
- Entspricht der (Rest-)Kaufpreis eines Wirtschaftsgutes nach mehrjähriger Vermietung an eine GmbH durch deren Gesellschafter nicht der fremdüblichen Höhe, liegt in Höhe des Mehrbetrages eine verdeckte Ausschüttung vor. Dabei ist es nicht unschlüssig, wenn zur Prüfung der rechtlichen Gestaltung auf ihre Fremdüblichkeit für Vergleichszwecke entsprechende Vertragsabschlüsse im Leasinggeschäft herangezogen und dabei entsprechend der Finanzierungsfunktion Miete und Erwerbspreis wirtschaftlich einheitlich beurteilt werden (VwGH 27.5.1999, 97/15/0067, betreffend den Ankauf einer Maschine nach siebenjähriger Mietdauer um mehr als 70% des seinerzeitigen Kaufpreises [entspricht einer Verzinsung von jährlich 20%], bei einer fremdüblichen Verzinsung von 15%).
- Veräußerung des gesamten Warenbestandes an einen Gesellschafter.
- Eine verdeckte Ausschüttung liegt dann nicht vor, wenn der gesamte Warenbestand an einen Gesellschafter zwar mit einem niedrigeren Gewinnaufschlag als bei Einzelverkäufen abgegeben wird, wenn damit bspw. aber auch alle Risken der Sortimentsgestaltung einschließlich der Übertragung des gesamten Vertriebs- und Verwaltungsaufwandes an den Übernehmer erfolgt.
- Billigpreise
- Eine derartige Preisfestsetzung zur Überwindung von Liquiditäts- oder Insolvenzproblemen des belieferten Anteilsinhabers ist dann keine verdeckte Ausschüttung, wenn sich die Körperschaft den durch den Anteilsinhaber repräsentierten Absatzmarkt sichern will oder auch ein Nichtgesellschafter sich so verhalten hätte.
- Lieferverkehr zwischen Betrieben gewerblicher Art und der Trägerkörperschaft.
- Verzichtet der Betrieb gewerblicher Art bei Lieferungen (von Strom) an die Trägerkörperschaft auf einen angemessenen Gewinn bzw. eines Teiles hievon, ist darin eine verdeckte Ausschüttung zu sehen. Der zum Ausschluss der verdeckten Ausschüttung führende Fremdvergleich gelingt dabei insoweit nicht, wenn Stromlieferungen zwar auch an andere Abnehmer zum selben Preis erfolgen, dort aber für andere Zwecke verwendet wird (VwGH 25.1.2001, 2000/15/0224, 2000/15/0225, betreffend Stromlieferungen eines Betriebes gewerblicher Art einer Stadtgemeinde an die Stadtgemeinde zum Zwecke der Straßenbeleuchtung sowie an ein Bundesland zum Zwecke der Beleuchtung und Entlüftung von Straßentunnels).
Lizenzeinnahmen, Verzicht auf
Überlässt eine Kapitalgesellschaft dem Gesellschafter die aus der Weitergabe eines Nutzungsrechts an einer ungeschützten Erfindung herrührenden Vergütungen, liegt eine verdeckte Ausschüttung vor.Materialüberlassung
Überlässt eine Körperschaft verkäufliche Wirtschaftsgüter ohne Entgelt der Einzelfirma eines Gesellschafters, liegt darin eine verdeckte Ausschüttung.Mehrgewinne, Zurechnung
Die bei der Gewinnermittlung einer Kapitalgesellschaft unter dem Titel verdeckte Ausschüttung zugerechneten Mehrgewinne, die im Betriebsvermögen der Gesellschaft keinen Niederschlag gefunden haben, sind idR als den Gesellschaftern zugeflossen zu werten (VwGH 27.4.1994, 92/13/0011, 94/13/0094; VwGH 19.7.2000, 97/13/0241, 97/13/0242; 28.5.2015, Ro 2014/15/0046; 1.6.2017, Ra 2016/15/0059). Dies gilt auch dann, wenn die Geschäftsführung der Gesellschaft von einem Minderheitsgesellschafter ausgeübt wird und die Abgabenbehörde zur Überzeugung gelangt, dass die Mehrgewinne als verdeckte Ausschüttung an den Minderheitsgesellschafter und Geschäftsführer anzusehen sind (VwGH 21.9.2005, 2001/13/0261; 28.5.2015, Ro 2014/15/0046). Nach jüngerer Rechtsprechung des VwGH bewirkt nicht erst der Verzicht der Gesellschaft auf eine Rückforderung, sondern bereits das deliktische Verhalten des Gesellschafter-Geschäftsführers eine verdeckte Ausschüttung, weil das Verhalten des Geschäftsführers der Gesellschaft grundsätzlich zuzurechnen ist (VwGH 21.9.2005, 2001/13/0261; 28.5.2015, Ro 2014/15/0046).Die Aufteilung der verdeckten Ausschüttung erfolgt 83/14/0037). Da aber trotz der in der Regel eintretenden Endbesteuerungswirkung eine unmittelbare Abhängigkeit des Einkommensteuerbescheides des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft vom Körperschaftsteuerbescheid nicht besteht, kann vor Zurechnung einer bei der Gesellschaft angenommenen verdeckten Ausschüttung an den einzelnen Gesellschafter im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu prüfen sein, ob und inwieweit er für die Vereinnahmung der verdeckten Ausschüttung in Betracht kommt (VwGH 5.4.1989, 87/13/0223). Jedem Gesellschafter steht dabei offen, alles vorzubringen, was dagegen spricht, dass auch auf ihn ein Anteil entfällt (VwGH 8.11.1983, 83/14/0037). Prinzipiell trifft aber den Gesellschafter die Beweislast über einen behaupteten Nichtzufluss des entsprechenden Anteils des Mehrgewinns (VwGH 10.12.1985, 85/14/0080; VwGH 21.12.1989, 89/14/0151) oder einen vom Anteilsverhältnis abweichenden Zufluss (VwGH 28.1.1998, 95/13/0069).
Eine fehlende Zeichnungsmöglichkeit des Geschäftsführers auf den Konten der angeblichen Subfirmen bedeutet noch nicht die fehlende Rückflussmöglichkeit der strittigen Beträge an den Gesellschafter-Geschäftsführer (VwGH 19.7.2000, 97/13/0241, 97/13/0242).