vorheriges Dokument
nächstes Dokument

4.5 Verlustrücktrag und COVID-19-Rücklage (vorgezogene Verlustberücksichtigung)

BMF2021-0.768.4855.11.2021

4.5.1 Allgemeines

Rz 475aa
Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Krise durch eine Ergebnisglättung steuerlich abzumildern, besteht zeitlich befristet seit dem Konjunkturstärkungsgesetz 2020, BGBl. I Nr. 96/2020 iVm COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung, BGBl. II Nr. 405/2020, die Möglichkeit eines Verlustrücktrages und einer vorgezogenen Verlustberücksichtigung durch die Bildung einer COVID-19-Rücklage.

Gemäß § 26c Z 76 KStG 1988 idF COVID-19-Steuermaßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 3/2021, stehen der Verlustrücktrag und die COVID-19-Rücklage nach § 124b Z 355 EStG 1988 auch Körperschaften zu. Hierfür gelten im Allgemeinen die Ausführungen in den EStR 2000 Rz 3901 ff sinngemäß.

4.5.2 Sonderfragen bei Körperschaften

4.5.2.1 COVID-19-Rücklage

4.5.2.1.1 Voraussetzungen zur Bildung der COVID-19-Rücklage

Rz 475ab
Die COVID-19-Rücklage steht in persönlicher Hinsicht grundsätzlich allen Körperschaften offen. Daher können sowohl juristische Personen des privaten Rechts (Kapitalgesellschaften, Privatstiftungen, Vereine etc.) als auch Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie sonstige körperschaftsteuerpflichtige Personenvereinigungen, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen im Sinne des § 3 KStG 1988 die COVID-19-Rücklage beantragen.

Rz 475ac
Voraussetzung ist allerdings auch bei Körperschaften, dass der Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte im Jahr 2019 positiv und im Jahr 2020 voraussichtlich negativ ist (§ 1 Abs. 1 Z 1 COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung). Körperschaften, die in einem der beiden Veranlagungszeiträume nicht über (im Inland steuerpflichtige) betriebliche Einkünfte verfügen, können dementsprechend keine COVID-19-Rücklage bilden (zB beschränkt Steuerpflichtige der ersten Art ohne Betriebsstätte oder beschränkt Steuerpflichtige der zweiten Art). Bei Körperschaften, die § 7 Abs. 3 KStG 1988 unterliegen, sind sämtliche Einkünfte betriebliche Einkünfte und damit für Zwecke der COVID-19-Rücklage grundsätzlich in voller Höhe zu berücksichtigen.

Rz 475ad
Als Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte gilt auch bei Körperschaften der Saldo der nach dem Tarif zu versteuernden Gewinne und Verluste (§ 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988) aus Wirtschaftsjahren, die im jeweiligen Kalenderjahr enden.

Wenngleich bei Körperschaften im Allgemeinen ein einheitlicher Steuertarif von 25% gilt, so sind demnach bei diesen auch nur jene Einkünfte zu berücksichtigen, die steuerwirksam in die Gewinnermittlung und die synthetische Einkommensermittlung miteinzubeziehen sind. Für Zwecke der Ermittlung der COVID-19-Rücklage dürfen folglich insbesondere nicht berücksichtigt werden:

Rz 475ae
Soweit Privatstiftungen über betriebliche Einkünfte verfügen, können auch diese eine COVID-19-Rücklage bilden. Für die Ermittlung der COVID-19-Rücklage nicht zu berücksichtigen sind Einkünfte, die der Zwischenbesteuerung nach § 13 Abs. 3 KStG 1988 unterliegen.

Rz 475af
Für die Ermittlung einer COVID-19-Rücklage ergeben sich aus den Regelungen des KStG 1988 insbesondere folgende Besonderheiten:

  • Einkünfte, die der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen (§ 10a KStG 1988) sind zu berücksichtigen.
  • Teilwertabschreibungen auf Kapitalanteile sind nur in dem Ausmaß zu berücksichtigen, in dem sie in dem betreffenden Veranlagungszeitraum steuerwirksam sind (§ 12 Abs. 3 KStG 1988).
  • Voraussichtliche Liquidationsverluste (§ 19 KStG 1988) sind vor dem Hintergrund der Zielsetzung des § 124b Z 355 EStG 1988, werbende Unternehmen in der Krise zu stärken, für Zwecke der COVID-19-Rücklage nicht zu berücksichtigen.
  • Sanierungsgewinne (§ 23a KStG 1988) sind für die Ermittlung der COVID-19-Rücklage zu berücksichtigen.

Rz 475ag
Durch die Bildung der COVID-19 Rücklage wird der positive Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres 2019 vermindert, ohne dass die Höhe der betrieblichen Einkünfte vermindert wird (§ 1 Abs. 2 COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung). Die COVID-19-Rücklage kürzt daher die Basis (Gesamtbetrag der Einkünfte) für den Verlustabzug und geht damit auch der Berücksichtigung von Verlustvorträgen nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 iVm § 18 Abs. 6 EStG 1988 aus Vorjahren vor.

Für Körperschaften verändert sich durch den Abzug der COVID-19-Rücklage somit auch die Basis (= Gesamtbetrag der Einkünfte) für die in der Veranlagung 2019 zu berücksichtigende 75%-Verlustvortragsgrenze gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit. a KStG 1988.

Rz 475ah
Die Geltendmachung der COVID-19-Rücklage erfolgt aufgrund eines gesonderten Antrages, wenn die Veranlagung für 2019 bereits erledigt worden ist (Formular CoV19-RLZE-PDF-2019 bzw. über FinanzOnline). Der Antrag gilt als rückwirkendes Ereignis gemäß § 295a BAO.

Rz 475ai
Für jene Fälle, in denen die Steuererklärung 2019 noch nicht eingebracht worden ist, besteht die Möglichkeit der nachträglichen Herabsetzung der Vorauszahlungen für das Jahr 2019 nach § 124b Z 355 lit. a EStG 1988 idF COVID-19-StMG, BGBl. I Nr. 3/2021, iVm § 5 COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung (siehe EStR 2000 Rz 3938). Außerdem kann im Zuge der Abgabe der Steuererklärung 2019 (Formulare K 1, K 2, K 3) gemeinsam mit der Steuererklärung 2019 auch der Antrag auf COVID-19-Rücklage gestellt werden.

4.5.2.1.2 Höhe der COVID-19-Rücklage

Rz 475aj
Zur Ermittlung der Höhe der COVID-19-Rücklage siehe grundlegend EStR 2000 Rz 3911 f.

Für Körperschaften ist insbesondere zu beachten, dass die COVID-19-Rücklage - ohne weiteren Nachweis des Steuerpflichtigen - bis zu 30% des positiven Gesamtbetrages der betrieblichen Einkünfte beträgt, wenn die Körperschaftsteuervorauszahlungen 2020 nur in Höhe der Mindeststeuer (§ 24 Abs. 4 KStG 1988) festgesetzt wurden. Voraussetzung ist aber dennoch, dass der Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2020 voraussichtlich negativ sein wird. Maßstab dafür ist die Sachlage zum Zeitpunkt der Antragstellung.

4.5.2.1.3 Keine steuersubjektübergreifende Bildung der COVID-Rücklage

Rz 475ak
Zur steuersubjektübergreifenden Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage siehe EStR 2000 Rz 3913 ff.

4.5.2.1.4 Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage

Rz 475al
Zur Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage bei der Veranlagung siehe EStR 2000 Rz 3920.

4.5.2.2 Verlustrücktrag

4.5.2.2.1 Voraussetzungen für den Verlustrücktrag

Rz 475am
Die Voraussetzungen des Verlustrücktrages sind den Voraussetzungen des Verlustvortrages (Verlustabzug iSd § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 iVm § 18 Abs. 6 EStG 1988) nachgebildet. Siehe dazu EStR 2000 Rz 3922 ff.

Rz 475an
Der Verlustrücktrag steht - wie die COVID-19-Rücklage - in persönlicher Hinsicht grundsätzlich allen Körperschaften offen, die in den betreffenden Veranlagungszeiträumen steuerpflichtige betriebliche Einkünfte erzielt haben (Rz 475ab f). Nach Maßgabe von § 19 KStG 1988 ermittelte Liquidationsverluste sind vor dem Hintergrund der Zielsetzung des § 124b Z 355 EStG 1988, werbende Unternehmen in der Krise zu stärken, von der Vornahme eines Verlustrücktrages ausgeschlossen (siehe dazu EStR 2000 Rz 3922).

Rz 475ao
Für die bei der Ermittlung und Anwendung des Verlustrücktrages außer Ansatz bleibenden Einkünfte siehe bereits Rz 475ad.

Rz 475ap
Für die sich bei der Ermittlung des Verlustrücktrages aus den Regelungen des KStG 1988 ergebenden Besonderheiten siehe bereits Rz 475af.

Rz 475aq
Der Abzug des Verlustrücktrages erfolgt vom Gesamtbetrag der Einkünfte vor Berücksichtigung von Sonderausgaben (§ 124b Z 355 lit. a EStG 1988) und damit auch vor Berücksichtigung des Freibetrags für begünstigte Zwecke. Auch der Verlustrücktrag kürzt die Basis (Gesamtbetrag der Einkünfte) für den Verlustvortrag (Verlustabzug) und geht damit der Berücksichtigung von Verlustvorträgen nach Maßgabe von § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 iVm § 18 Abs. 6 EStG 1988 aus Vorjahren vor.

Für Körperschaften verändert sich durch den Verlustrücktrag auch die Basis (= Gesamtbetrag der Einkünfte) für die in der Veranlagung 2019 zu berücksichtigende 75%-Verlustvortragsgrenze gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit. a KStG 1988.

Rz 475ar
Soweit Verluste in den Verlustrücktrag miteinbezogen wurden, erhöhen diese in eben diesem Ausmaß den Gesamtbetrag der Einkünfte für 2020. Damit scheidet ein Verlustvortrag (Verlustabzug) für jene Verluste aus, die bereits rückgetragen worden sind.

4.5.2.2.2 Höhe des Verlustrücktrages

Rz 475as
Für die Höhe des Verlustrücktrages sehen § 124b Z 355 lit. a EStG 1988 und § 7 COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung besondere Regelungen vor. Siehe dazu EStR 2000 Rz 3925 ff.

Rz 475at
Wenngleich der Verlustrücktrag grundsätzlich unter den gleichen Bedingungen zusteht wie der Verlustvortrag, unterliegt der Verlustrücktrag nicht der Verlustverrechnungsgrenze von 75% nach § 8 Abs. 4 Z 2 lit. a KStG 1988. Die Regelungen des § 124b Z 355 EStG 1988 und § 7 der COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung sind insoweit als die spezielleren Regelungen anzusehen. Allerdings bleiben die Regelungen zur Mindeststeuer unberührt (§ 24 Abs. 4 KStG 1988).

4.5.2.2.3. Kein steuersubjektübergreifender Verlustrücktrag

Rz 475au
Zur steuersubjektübergreifenden Anwendung des Verlustrücktrages siehe EStR 2000 Rz 3935 ff.

Stichworte