Für die Identifizierung potenziell vergleichbarer Geschäftsvorfälle wird in der Praxis häufig mit Datenbankrecherchen gearbeitet (deduktiver Ansatz, vgl. Z 3.42 OECD-VPL; der ebenfalls zulässige additive Ansatz ist in der Praxis von untergeordneter Bedeutung). Datenbankrecherchen führen grundsätzlich nur dann zu verlässlichen Margenermittlungen, wenn einwandfrei feststeht, dass hierdurch vergleichbare Sachverhalte untersucht worden sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn von Seiten des Steuerpflichtigen nachvollziehbar dokumentiert werden kann, dass die fünf Vergleichbarkeitsfaktoren (Rz 57) berücksichtigt worden sind und gegebenenfalls Anpassungsrechnungen getätigt wurden. Dabei wird zunächst in einer Datenbank eine große Anzahl an Unternehmen ausgewählt, die im gleichen Bereich tätig sind, im Großen und Ganzen vergleichbare Funktionen ausüben und keine offensichtlich unterschiedlichen wirtschaftlichen Merkmale aufweisen (Z 3.42 OECD-VPL). Zur Verfeinerung der Ergebnisse ist sodann im Zuge eines qualitativen Screenings jedenfalls auch eine Internet-Recherche durchzuführen und die hierbei zugänglichen Informationsquellen sind zur Überprüfung der Vergleichbarkeit heranzuziehen.
Die Verwendung von Mehrjahresdaten kann Vergleichbarkeitsanalysen verlässlicher gestalten (Hinweis auf Z 3.75 ff OECD-VPL). Dies gilt sowohl für Daten des geprüften Unternehmens (tested party) als auch für jene der herangezogenen Vergleichsunternehmen. Für die Ermittlung der Bandbreite (Rz 76) kann daher ein Mehrjahreszeitraum angesetzt werden, wobei durch die Anwendung eines (zB nach Umsatz) gewichteten Durchschnitts unverhältnismäßig großen Schwankungen einzelner Jahre entgegenzuwirken ist. Bei der Anwendung von Mehrjahresdaten ist auf ein konsistentes Vorgehen zu achten. Dabei bestehen zB keine Bedenken, wenn wiederholt Mehrjahreszeiträume herangezogen werden, die jeweils einer Dauer von drei Jahren entsprechen und unmittelbar aufeinander folgen, ohne dass einzelne Jahre aus der Mehrjahresbetrachtung herausfallen. Es wird in der Regel nicht zu beanstanden sein, wenn die vom geprüften Unternehmen tatsächlich erzielte Marge ausnahmsweise in einem Jahr geringfügig außerhalb der durch die Datenbankstudie ermittelten Bandbreite liegt, wenn die erzielte Marge im Mehrjahresschnitt innerhalb dieser Bandbreite gelegen ist.
Beispiel:
Eine österreichische Vertriebsgesellschaft (Limited-Risk-Distributor) einer deutschen Unternehmensgruppe ermittelt ihre Verrechnungspreise auf Basis der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode. Im Jahr X4 erzielt die Gesellschaft eine am Umsatz orientierte Nettogewinnspanne (EBIT-Marge) von 2,97%. Zur Ermittlung von Vergleichswerten wurde eine Datenbankstudie durchgeführt. Nach dem qualitativen Screening verblieben zwölf Vergleichsunternehmen, deren EBIT-Margen der Jahre X1 bis X3 herangezogen wurden.
Um Sondereffekte einzelner Jahre zu reduzieren, wurde zunächst für jedes Vergleichsunternehmen ein nach Umsatz gewichteter Durchschnitt ermittelt. Dabei wird die Summe der EBIT der Summe der Umsätze über die drei Jahre gegenübergestellt:
| Vergleichsunternehmen | Durchschnitt |
| X1 | X2 | X3 | einfach | gewichtet |
Umsatz | 1000 | 500 | 5000 | | |
EBIT | 30 | 24 | 15 | | |
EBIT-Marge | 3,00% | 4,80% | 0,30% | 2,70% | 1,06% |
Bei der Ermittlung von Fremdvergleichsdaten ergibt sich regelmäßig eine Reihe möglicher Werte (Z 3.55 OECD-VPL). Soweit mehrere Werte gleichermaßen einen Anschein der Richtigkeit haben, bildet sich eine Bandbreite. Diese Bandbreite ist unabhängig von der Anzahl der Vergleichswerte nur dann in vollem Umfang zu berücksichtigen, wenn auf Grund zuverlässiger Datenqualität und vollständiger Informationen feststeht, dass eine sehr hohe Vergleichbarkeit der Geschäftsbedingungen besteht (siehe auch Rz 50; Z 3.47 OECD-VPL). Sofern feststellbar ist, dass einzelne Vergleichsunternehmen einen geringeren Grad an Vergleichbarkeit aufweisen als andere, sollten diese ausgeschlossen werden (Z 3.56 OECD-VPL). Dies gilt auch für Vergleichsunternehmen mit mehrjährigen betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbaren Werten (zB mehrjährige Verlustsituation), sofern sie ein nicht vergleichbares Funktions- und Risikoprofil aufweisen.
Wird eine Bandbreite von Werten erreicht, für die angenommen wird, dass Vergleichbarkeitsmängel verbleiben, die nicht identifiziert und/oder quantifiziert und deshalb nicht korrigiert werden können, können statistische Instrumente die Verlässlichkeit der Analyse verbessern (Z 3.57 OECD-VPL). Es ist international üblich, durch Bildung von Quartilen eine Bandbreitenverengung in der Form herbeizuführen, dass die kleinsten und größten Werte jeweils im Ausmaß von 25% der Gesamtmenge der Vergleichswerte ausgeschieden werden (Interquartilsbandbreite).
Beispiel (Fortsetzung):
Die Datenbankrecherche umfasst 20 unabhängige Fremdunternehmen, von denen nach Durchführung eines qualitativen Screenings 12 als ausreichend vergleichbar angesehen werden. Da noch gewisse nicht quantifizierbare Vergleichbarkeitsmängel bestehen, wird - zB mithilfe der Excel-Formel QUARTILE.INKL - eine Interquartilsbandbreite der EBIT-Margen ermittelt.
Schritt 1: Ermittlung der gewichteten Durchschnitte
Vergleichsunternehmen | Jahr 01 | Jahr 02 | Jahr 03 | Gewichteter Durchschnitt* |
U-1 | 3,05% | 4,76% | 0,35% | 1,72% |
U-2 | 1,31% | 2,09% | 2,40% | 2,11% |
U-3 | 2,41% | 2,23% | 2,90% | 2,47% |
U-4 | 2,34% | 1,90% | 2,27% | 2,25% |
U-5 | 2,19% | 2,71% | 2,96% | 2,69% |
U-6 | 3,20% | 3,01% | 4,92% | 3,46% |
U-7 | 3,12% | 3,55% | 3,07% | 3,33% |
U-8 | 2,46% | 3,18% | 3,28% | 3,09% |
U-9 | 3,62% | 3,44% | 3,18% | 3,35% |
U-10 | 4,07% | 3,16% | 3,75% | 3,74% |
U-11 | 3,99% | 4,52% | 4,41% | 4,08% |
U-12 | 5,10% | 5,77% | 6,33% | 5,83% |
Schritt 2: Ermittlung der Interquartilsbreiten
Minimum | 1,31% | 1,90% | 0,35% | 1,72% |
1st | 2,39% | 2,59% | 2,78% | 2,42% |
Median | 3,09% | 3,17% | 3,13% | 3,21% |
3rd | 3,71% | 3,79% | 3,92% | 3,53% |
Maximum | 5,10% | 5,77% | 6,33% | 5,83% |
* Anmerkung: Die Ermittlung der gewichteten Durchschnitte für jedes einzelne Vergleichsunternehmen erfolgt wie in Rz 75 beschrieben und ist hier nicht im Detail dargestellt.
Auf Basis der gewichteten durchschnittlichen EBIT-Margen ergibt sich ein unteres Quartil in Höhe von 2,42%, ein Median in Höhe von 3,21% und ein oberes Quartil in Höhe von 3,53%. Das heißt, die Interquartilsbandbreite, innerhalb derer jeder Wert als fremdüblich anzusehen ist, reicht von 2,42% bis 3,53%. Mit einer gewichteten durchschnittlichen EBIT-Marge von 2,97% liegt die österreichische Vertriebstochter innerhalb der fremdüblichen Bandbreite.
Liegt der vom Steuerpflichtigen angesetzte Preis außerhalb der Bandbreite der Fremdvergleichswerte, muss die Finanzverwaltung eine Berichtigung auf einen Punkt innerhalb der Bandbreite vornehmen (Z 3.61 OECD-VPL). Dabei kann es zweckmäßig sein, auf statistische Messgrößen der zentralen Tendenz zurückzugreifen und auf den Medianwert zu korrigieren (Z 3.62 OECD-VPL;
UFS 30.7.2012, RV/2515-W/09). Kann jedoch der Nachweis erbracht werden, dass ein bestimmter Vergleichswert innerhalb der Bandbreite am verlässlichsten ist, so ist dieser maßgeblich.